Wanderung zum Kvalvika Strand
Der Kvalvika-Strand liegt nicht gerade in direkter Nachbarschaft mit der Zivilisation – er ist von typisch-lofotischen, rauen Bergen eingekesselt, und man muss über eine Stunde lang durch steiniges Gelände wandern, um von der nächstgelegen Straße dort hinzukommen.
Zwei Surfer lebten 9 Monate am Strand
Der „Wanderpfad“ ist nur sehr gelegentlich als solcher erkennbar, meistens geht es quer über Geröllhaufen, durch Schlammlöcher oder Wälder. Aber, alles ist gut markiert und über die matschigsten Stellen gab es gar Holzbretter. Das klingt also nicht gerade nach einem besonders geeigneten Ort, um den Winter – sogar einen ganzen – zu verbringen. Genau das haben aber die beiden jungen Norweger, Inge Wegge and Jørn Nyseth Ranum, vor zwei Jahren getan. Sie haben sich eine Hütte aus Treibholz, PET-Flaschen und anderem Strandgut gebaut, mit einem Ofen drin, der in seiner vorherigen Inkarnation als Ölfass am Strand verrostet ist, und haben es sich darin gemütlich gemacht. Geplant war ein relativ kurzer Aufenthalt, vielleicht zwei oder drei Wochen, am Ende wurden daraus neun Monate.
Leben ohne Geld
Ihre Nahrung holten sie aus den Müllcontaintern des nächstgelegenen Supermarks (wobei der Ausdruck „nächstgelegen“ relativ ist… immerhin mussten sie dazu eine stundenlange Wanderung durch Schnee und Eis auf sich nehmen) Es ist recht unbedenklich, die Container auszuräumen, da sie Supermärkte ihre Sachen, manche schon eine ganze Weile vor dem Ablaufdatum, wegschmeißen, und die Erlaubnis dazu hatten sie auch. Einmal haben sie sich wochenlang von Wackelpudding ernährt, weil sie davon eine große Palette gefunden hatten…
Ein Blogbeitrag über die beiden Surfer
Die beiden hatten weder Uhr noch Kalender mit – sie schliefen wenn sie müde waren, machten Feuer wenn es kalt war und surften, wann immer die Zeit gut dafür war. Ein Neoprenanzug und ein Surfbrett liegen, wie alles andere auch, immer noch für zukünftige Besucher bereit.
Wanderung zur Buch von Kvalvika
Wir hatten diese schön verrückte Geschichte von Henning und Lisa (über diese Beiden später mehr…) erzählt bekommen, zusammen mit einer Wegbeschreibung, also stapften wir am nächsten Tag los und zogen über den kleinen Bergrücken, um die Hütte und den Strand zu suchen. Die Wanderung war zwar ein wenig anstrengend was aber vor allem am Wind und der Wärme lag, die sich nicht gut kombinieren!
Es war einfach toll; die Landschaft um uns herum sah prächtig aus. Die herbstlichen Bäume und die Aussicht auf die Fjorde und alles.
Als wir den Strand schließlich erreichten, sahen wir ziemlich schnell, dass die beiden Überlebenskünstler wohl nicht lange nach Baumaterial gesucht haben mussten – alles, was irgendwie schwimmen kann, scheint vom Meer hier abgeladen zu werden. In jeder Ecke lagen große Haufen aus Treibholz, alten Ölfässern, Bojen, Kisten und Tonnenweise Plastikmüll.
Wie uns Henning erzählte, wird der Müll an manchen Stränden wohl zusammengesammelt und dann von einem Helikopter abgeholt. Sogar zwei Walknochen lagen im Sand herum und disintegrierten sich langsam.
Die beiden Surfer filmten ihr Abenteuer – schau bei Youtube nach.
Der Wanderer Heiko kurz vor seinem 1000 km
Wir liefen ein wenig auf dem weitläufigen Strand herum, der Sand flog uns mit den Böen nicht nur um, sondern auch in die Ohren. Nach einer Weile gesellten wir uns zu dem einzigen anderen Besucher, der auch gerade dort war; ein freundlichter, bartbehangener Wanderer mit einem mörderisch großen Rucksack. Wir setzten uns das schwere Ding probehalber auf, und waren sehr froh darüber nicht damit über den Hügel laufen zu müssen. Wir quasselten ein wenig in Englisch bis wir merkten, dass er auch aus Deutschland kam. Sein Name ist Heiko. Er sei schon seit fast 100 Tagen zu Fuß unterwegs, und bald dürfte der eintausendste Kilometer anstehen, erzählte er… Respekt!
Suche nach der Hütte am Strand von Kvalvika
Er hatte vor gleich sein Zelt aufzubauen, bis wir ihm von der Hütte erzählten, die hier irgendwo sein musste. Und da eine Hütte im heftigen, wilden Wind gemütlicher ist als ein Zelt, gesellte er sich zu uns und wir machten uns zusammen auf die Suche. Es dauerte nicht lange, da wurden wir fündig. Das kleine Bauwerk war hinter einen großen Felsen geklemmt, hatte eine runde Tür im Hobbit-Stil, welche sich bei näherer Betrachtung als Fassdeckel herausstellte, und einige Fenster, die sich als Salatschüsseln und Waschmaschinentüren entpuppten. Die Einrichtung war auch liebevoll aus allem Möglichen (und Unmöglichen!) zusammengezimmert. Es stand noch Kaffee im Regal, die Wand ist von Bildern des Königs und der Königin geziert, und es liegen überall kleine Gegenstände herum, die von dankbaren Besuchern zurückgelassen worden waren.
Wir verbrachten noch einige Zeit am Strand, plauderten mit Heiko und machten Bilder, aber da es langsam dunkel wurde, mussten wir uns irgendwann auf den Rückweg machen. Wieder dauerte es eine Stunde, bis wir über den steinigen Pass waren, aber die Bucht und die Aussicht war den Weg definitiv wert gewesen!
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- Die Bucht bei Kvalvika