Entschuldige bitte die relativ lange Blogpause. Auf der Ile d’Ouessant gefiel es mir so gut, dass ich soviel Zeit wie möglich draußen in der Natur verbrachte. Ich radelte auf der kleinen Insel von einem Ende zu anderen und wieder zurück.
Meist zwischen 20 und 30 Kilometer pro Tag. Was sich zwar wenig anhört, aber mit Fotorucksack auf dem Rücken, Stativ auf dem Gepäckträger und Wanderungen zwischen den Etappen doch sehr anstrengend, aber unglaublich schön. Wir waren tagsüber und nachts unterwegs, wieviele Stunden kann ich nicht sagen. Sechs Kilogramm habe ich abgenommen, trotz Schoko-Croissant-Frühstück, so viel waren wir unterwegs. Ich schaffte es jedenfalls nicht, mich an der Insel satt zu sehen.
Ruine am Pointe de Pern und La Jument
Wellen am Pern, Ouessant
La Jument, Ouessant
Gabi bei der Arbeit
Creach und Felsen, Ouessant
Ideale Bedinungen für den Fotokurs auf Ouessant
In der zweiten Woche hielten wir unter besten Bedingungen unseren ersten Fotoworkshop. Wir hatten zwar nur eine Teilnehmerin mit ihrem Partner und einen Freund von uns dabei, aber es war ein interessantes Erlebnis. Wir fotografierten die Strahlen des Leuchtturms Creac’h in der Nacht, wir hatten mehrere Male beste Licht- und Wellenbedingungen am Pointe de Pern, dem wilden, westlichen Ende der Insel. Wir unternahmen Fotowanderungen in weichem Morgenlicht und futterten dabei die saftigen wilden Brombeeren, die überall auf Ouessant wuchern. Wir rückten die fünf Leuchttürme der Insel fotografisch ins richtige Licht. Den Leuchtturm Stiff fotografierten wir mit Sternenbahnen. Bei Regenwetter rauschten hohe Wellen mit weißen Kämmen auf uns zu. Der inselbekannte Delfin absolvierte eine ganz besondere Show für uns im Fährhafen Stiff. Insgesamt also ein gelungenes Workshop-Programm.
Springender Delfin im Hafen
Gunter und Norbert fotografieren
Creac’h
Die Fahrräder und Gunter am Porz Goret
Lampaul am Abend
Wellen am Point du Pern, Ouessant
Ruhiges Meer auf der Insel Ouessant
Die dritte und letzte Woche waren wir wieder allein unterwegs. Es war ruhig, der Wind kam die ganz Zeit aus Osten, fiel also als Wellenerzeuger aus. Das Meer lag ruhig, manchmal fast spiegelglatt da. Das gab uns mangels dramatischer Meeresansichten die Gelegenheit, die skurrilen Granitfelsen intensiver zu fotografieren. Für eine gute Aussicht kletterten wir täglich auf die Felsen hinauf. Wir radelten, wanderten und kletterten und das tat uns gut.
Der lachende Fels, Ouessant
Welle und Leuchtturm Nividic, Ouessant
Unser Sohn Noah lernt das Fotografieren
Amy, Noah und Dackeldame Grindel waren auch mit auf die Insel gekommmen. Noah hatte den Wunsch geäußert, einen Fotokurs bei uns zu absolvieren. Logisch, das machen wir doch gern. Und was für eine Freude war es, als ich merkte: JETZT hat der Fotograf in ihm eingeschaltet. Es passierte nach dem Aufenthalt auf Ouessant, als wir Wellen am Leuchtturm Petit Minou fotografierten. Er kam zu mir, konnte gar nicht schnell genug reden, soviel Begeisterung sprudelte aus ihm heraus. Ich war selbst mitten in die Arbeit vertieft, aber musste die Wellen auf seinem Kameradisplay anschauen. Und ich muss sagen: er hat Talent!
Wellen, Noah
Ohne Französisch Kenntnisse miteinander Reden
Ich freundete mich mit unserer Vermieterin Veronique an. Da mein Französisch immer noch sehr rudimentär daherkommt und Veronique genauso wenig Englisch kann, wie ich Französisch, hätte man meinen können, wir haben uns nichts zu sagen. Dem war aber nicht so. Wir redeten trotzdem die ganze Zeit und gingen auch gemeinsam auf Fototour. Das hat mir riesigen Spaß gemacht. Hier ein herzliches Dankeschön an unsere Vermieterin! Unsere Wohnung war übrigens genial: vom Fenster aus schauten wir auf die Bucht, den Strand und auf drei von vier Leuchttürmen.
Creac’h am Abend, links unten im Bild Gunter mit unserer Kursteilnehmerin
PS: Der in Deutschland für die Filmmusik von „Die fabelhalfte Welt der Amelie“ bekannte Pianist Yann Tiersen wohnt auf Ouessant. Sein im September erschienenes Album Eusa ist der Insel gewidmet. Auf Ouessant habe ich vergeblich versucht, die CD zu kaufen. Später auf der Rückfahrt durch die Normandie habe ich sie endlich gefunden und höre seither nichts anderes mehr.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2016/11/MG_3497.jpg573860Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2016-11-09 20:27:532023-01-30 15:30:30Fotokurs auf der Insel Ouessant
Teil 2: Bildgestaltung – das Bild entsteht im Kopf
Im zweiten Teil unseres Reisefotografie-Tutorials wollen wir dich etwas weniger mit Technik konfrontieren. Hier steht das Bild im Vordergrund, und gute Bilder entstehen zuallererst im Kopf des Fotografen, also in deinem.
Zu der uralten Bemerkung: „du hast ’ne teure Kamera, die macht bestimmt gute Bilder“ fällt mir noch folgende Story ein: Ein Fotograf kauft sich eine neue Kamera, geht raus und stellt sie aufs Stativ. „Auf jetzt, mach ein Foto, los jetzt, mach schon!“ Nicht passiert. Enttäuscht bringt er die Kamera zurück. „Von wegen, Sie haben behauptet, die Kamera macht gute Bilder.“
Gegenlicht am frühen Morgen. Die Sonnenstrahlen sind gut im Morgendunst zu erkennen, die grelle Sonne wir durch das Geäst gedämpft. Die Stimmung ist freundlich, der Weg führt direkt ins Licht, geleitet durch die zusammenlaufenden Diagonalen.
Die entscheidenden Schritte zum guten Bild:
Schau dich aufmerksam um.
Achte auf Details und auf das Spiel des Lichts.
Was weckt dein Interesse, und was empfindest duals aufnahmewürdig?
Welche Szenen berühren dich persönlich und wecken Emotionen?
Was findest dulustig, traurig, schockierend, interessant oder stimmungsvoll?
Hast du ein lohnendes Motiv ausgemacht, überlege im zweiten Schritt, wie du es bildwirksam und motivgerecht fotografieren kannst.
Motive entdecken und das Entdeckte gestalten, das ist der kreative Prozess. Die Foto-Industrie beglückt uns mit immer ausgefeilteren Methoden zur automatischen Motivanalyse und Bildgestaltung. Aber keine noch so fortschrittliche Kamera nimmt dir das Denken und Fühlen ab. Die Kamera ist und bleibt ein Werkzeug, welches dich bei der Umsetzung deiner Kreativität unterstützt.
In diesem zweiten Kapitel ist es unser Ziel, dir grundsätzliche Tipps zur Bildgestaltung mitzugeben. Damit bist du in der Lage, die häufigsten Gestaltungsfehler vermeiden zu können. Das wird deine Ausbeute an ansprechenden Fotos steigern.
Für diesen Ratgeber haben wir uns an den vielen Begegnungen mit anderen Reisenden orientiert, denen wir fotografisch mit Rat und Tat zur Seite stehen konnten.
Regenwetter, Castle Kilchum. Bei Nieselregen schattenfrei aufgenommen wirkt die Ruine wie ein Gemälde.
1. Gestaltung mit Licht
Das Entscheidende in der Fotografie, das Medium, mit dem wir arbeiten, ist das Licht. Übersetzt aus dem griechischen „photos“ = Licht und „graphein“ = malen/schreiben, bedeutet Fotografie wortwörtlich: „Malen mit Licht.“
Du hast etliche Möglichkeiten, das Licht für deine Zwecke einzusetzen. Die Wahl der Tageszeit, bei welchem Wetter du fotografierst, und aus welcher Richtung das Licht auf dein Motiv treffen soll. Ob duzusätzliches Blitzlicht einsetzt, und das vielleicht noch mit bunten Folien versiehst, liegt in deiner Hand. Das Spiel mit dem Licht und den Farben hat einen entscheidenden Einfluss auf die Bildwirkung.
Wenn das Licht tagsüber langweilig war, gehe am Abend nochmal raus. Im Dunkeln bieten sich oft interessante Stimmungen. Speziell am Wasser, oder wenn sich Lichter in regennassen Oberflächen spiegeln.
1.1 Sonne im Rücken
Mit der Sonne im Rücken wirkt die vor dir liegende Szenerie sehr farbig und ist fast schattenfrei. Im Gegenzug flacht die Perspektive, die Tiefenwirkung, stark ab. Die Landschaft hat keine Tiefe, Gesichter zeigen wenig Konturen. Dieses Rückenlicht ist interessant, wenn es in erster Linie auf die Farbe und Buntheit des Motivs ankommt, und weniger auf die Form, Gestalt oder Tiefenstaffelung.
Sonne im Rücken. Bei Aufnahmen mit Regenbogen ist das zwangsläufig der Fall. Der steht immer gegenüber von der Sonne.
1.2 Seitenlicht
Lichteinfall von der Seite modelliert Ecken, Kanten und Wölbungen, und bringt einen dreidimensionalen Eindruck ins Bild. Die Struktur der Oberflächen tritt deutlich hervor: glatt, rau, samtig, wellig usw. Die Fotos gewinnen an Plastizität und erscheinen am ehesten so, wie du es mit deinen zwei Augen wahrnimmst.
Die Schatten haben bei grellem Licht leider die Tendenz, abzusaufen. Das ist bei Gebäudeaufnahmen nicht wirklich tragisch, hier wirst du besser versuchen, die Schatten bildgestalterisch wirksam anzuorden. Es stört aber bei Porträts und Nahaufnahmen. Für deren harmonische Ausleuchtung an sonnigen Tagen schaltet einfach den Kamerablitz zur Aufhellung der Schattenpartien ein.
Seitenlicht, Linienführung, Vordergrundstaffelung. Das schräg einfallende Licht des späten Nachmittags zeigt plastisch Leuchtturm, Steine und Sand.
Stelle dabei die Blitzbelichtungskorrektur deiner Kamera auf -1 bis -2 Stufen, damit der Blitz nicht mit maximaler Leistung das Motiv „totblitzt.“ Der Blitz soll nur die Details in den Schatten sichtbar machen, der Schatten an sich soll nicht weggeblitzt werden.
Wollgras im Seitenlicht
Wollgras im Gegenlicht
1.3 Gegenlicht
Das Gegenlicht ist die am schwierigsten zu bändigende Lichtsituation, also Finger weg davon! Diesen Tipp hören wir nur allzu oft. Der gilt aber absolut nicht! Das Gegenteil ist der Fall.
Mit Gegenlicht bringst du eindruckvolle Ergebnisse zustande. Die Bilder sind lichtdurchflutet, teils transparent, Gegenstände und Menschen werden von Lichtsäumen eingerahmt, filigrane Strukturen wie Haare leuchten auf. Auch hier hilft euch der Aufhellblitz dabei, die Schattenpartien aufzuhellen.
Wir geben zu, viele Gegenlicht-Aufnahmen werden in die Hose gehen, farblos oder düster wirken. Das heißt für dich, mit dem Gegenlicht experimentieren und auf Detailansichten zu achten. Mit der Zeit entwickelst du ein Gespür dafür, was geht und was nicht.
Zur Beruhigung sei noch erwähnt: Viele unspektakulär wirkende Gegenlichtaufnahmen kannst du mit der RAW-Format-Entwicklung gewaltig verbessern. Du optimierst Helligkeit und Kontrast, und holst die Details aus dem Bild heraus. Dein Ziel ist es, das Bild so zu bearbeiten, dass es deinen erlebten Eindruck wiedergibt.
Gegenlicht bei Sonnenuntergang. Nur die Silhouetten der Personen sind erkennbar. Was vollkommen ausreicht.
Ohne direktes Sonnenlicht wirken Wellen unf Felsen matt, farblos und ohne Tiefe.
Gegenlicht, Nachmittagssonne von schräg hinten auf den gleichen Strand. Die Wellenkämme leuchten auf, das Licht dringt durch die Welle, sie leuchtet grün auf, und die Felsen staffeln sich perspektivisch durch die helle Gischt der Brandung.
2. Die Qualität des Lichts
hängt im Freien von der Tageszeit und von den Wetterbedingungen ab.
2.1 Mittagssonne ist hart und kalt
Die Schatten sind in der Mittagszeit kurz und scharf abgegrenzt. Das ist für Personen und Landschaften nicht wirklich vorteilhaft. Wenn du Gebäude fotografierst oder die Schatten selbst als Hauptmotiv im Bild haben willst, dann bietet dir dieses harte Licht interessante Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn dieses unbarmherzige Licht auf kalte, kantige Architektur trifft, verstärkt das die Bildwirkung ungemein. In dem Fall ergänzen und verstärken sich die Eigenschaften von Motiv und Licht.
Der Hafen liegt zwar in der Mittagssonne, aber die aufziehenden dunklen Regenwolken verleihen dem Bild eine farbintensive und dramatische Wirkung.
2.2 Schräg einfallendes Nachmittagslicht
Die gleiche Wirkung hat auch das gelbliche Licht des frühen Morgens.
Je weiter sich die Sonne dem Horizont nähert, desto länger werden die Schatten, desto ausgeprägter wird der Seitenlichtcharakter. Die Lichtqualität wird stetig weicher, die Schatten sanfter, und mehr Details treten darin zum Vorschein.
Die Lichtfarbe schwenkt langsam mehr und mehr ins rötliche. Motive, die mittags langweilig und harsch wirkten, zeigen sich plötzlich von einer anderen, oft magisch romantischen Seite.
Das schräg einfallende Abendlicht lässt die Brandungsgischt aufleuchten.
Frühmorgens herrschen prinzipiell die gleichen Lichtbedingungen wie nachmittags, das Licht ist aber mehr gelblich anstatt rötlich.
2.3 Sonnenuntergang
Sonnenuntergänge sind völlig totfotografierte Motive. Trotzdem übt der rote Feuerball eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.
Um etwas andere Bilder, als die immer gleichen roten Sonnenkreise aufzunehmen, probiere, mit der Telebrennweite den Himmel direkt neben der Sonne zu fotografieren, ohne Sonne im Bild. Oder drehe dich komplett von der Sonne weg und schaue nach, wie es in der Gegenrichtung aussieht.
Beobachte den Himmel weiter, wenn die Sonne schon lange hinter dem Horizont verschwunden ist. Achte dabei auf das Spiel der Farben. Das ist besonders interessant, wenn hohe Bewölkung vorhanden ist.
Wenn du den Sonnenball aufnehmen willst, versuche Menschen, Bäume, Gebäude und andere Dinge als Silhouette gegen die Sonne oder Abendhimmel aufzunehmen. Das wirkt hervorragend, erfordert aber etwas Vorausplanung und Lauferei bei der Suche nach einem geeigneten Standpunkt.
Sonnenuntergang, erhöhter Standpunkt. Die Sonne muss nicht immer im Bild sein. Das Bild ist auch so eindeutig als Sonnenuntergang zu erkennen.
2.4 Bedeckter Himmel
Heraufziehende Unwetter mit dunklen Wolken sind ein fabelhaftes Motiv. Es wirkt noch dramatischer, wenn die Sonne die Landschaft in Licht badet. Deshalb halte unbedingt die Kamera schussbereit, wenn dunkle Wolken im Anmarsch sind.
In solchen Situationen musst du aufmerksam sein, denn die Stimmung kann sich minütlich ändern, oder die Sonne bricht plötzlich durch. Ein stimmungsvolles Foto zu schießen birgt natürlich die Gefahr, in den aufziehenden Regenguss zu geraten. Da macht es Sinn, die wasserfeste Kameratasche oder wenigsten eine Plastiktüte dabeizuhaben
Was aber, wenn der Himmel über Tage hinweg in seinem langweiligen Einheitsgrau auftritt? Keine Schatten, keine kräftigen Farben, was kannst du da tun?
Halte Ausschau nach Details, die du formatfüllend fotografieren kannst. Den Himmelsanteil lässt du dabei weg, oder hältst ihn möglichst klein (wie auf dem Bild weiter vorne mit der Burgruine). Auch Menschen lassen sich jetzt gut portraitieren, weil keine harten Schatten die Gesichtszüge stören. Der graue Himmel übernimmt dabei die Funktion eines gigantischen Lichtzeltes.
Morgennebel im Gegenlicht. Wie Regen malerische Szenen erzeugt, haben wir an der Burgruine gesehen. Auch Nebel eignet sich hervorragend für außergewöhnliche Bilder. Im Gegenlicht kommt die Tiefe, der räumliche Eindruck, gut zur Geltung.
3. Die Bildkomposition
oder wie setze ich meine Motive wirksam ins Bild.
3.1 Ran ans Motiv
Die klassische Faustregel Nummer 1 heißt: RANGEHEN. Der häufigste Anfängerfehler ist der zu große Abstand zum Hauptmotiv. So kommen zwar viele verschiedene Details aufs Bild, leider verschwindet der bildwichtigste Teil in der Masse der Eindrücke. Das eigentliche Motiv ist viel zu winzig abgebildet und kommt nicht zum Tragen
Bevor du den Auslöser betätigst, schaue noch einmal genau auf/in den Sucher deiner Kamera, und achte auf die Bildränder, damit nichts Unnötiges mit aufs Foto kommt. Du kannst ja einfach dichter rangehen, zu Fuß oder mit dem Zoomobjektiv.
Im Extrem kannst du deinem Motiv so eng auf die Pelle rücken, dass du es über den Bildrand hinausragen lässt und es anschneidest. Probier das mal aus und beobachte, wie das Anschneiden die Bildwirkung verändert und den Fokus aufs Motiv intensiviert.
Die wilden Ponies auf den Shetland Inseln wirken im Vorderlicht ganz putzig. Ein harmonisches Kalendermotiv.
Nahe dran. Hier haben wir dem Pony buchstäblich die Kamera an die Nüstern gehalten. Die Wirkung ist viel intensiver, die Gesichtsausdruck des Polys kommt wunderbar rüber.
3.2 Das Motiv nicht immer ins Bildzentrum setzen
Es sind olle Kamellen, dies zu erwähnen, aber auf den meisten Fotos sitzt das Hauptmotiv immer noch schön im Bildzentrum. Über den Köpfen der Menschen ist noch Platz, dafür sind die Füße der Personen abgeschnitten. In Landschaftsaufnahmen verläuft der Horizont absolut mittig.
Du musst ja nicht stur der Drittel-Regel folgen, ein Drittel Himmel – zwei Drittel Landschaft, oder umgekehrt, zwei Drittel Himmel – ein Drittel Landschaft.
Setze bewusst den Horizont radikal Richtung unteren oder oberen Bildrand. Damit betonst du im ersten Fall die Weite des Himmels, und im zweiten Fall die Tiefe und den Detailreichtum der Landschaft.
Der Leuchtturm sitzt fast versteckt oben in der Ecke. Der flechtenbedeckte Granit und der Herbstwald verraten viel über den etwas ungewöhnlicheren Standort dieses Turms. Er steht auf einem bewaldeten Granithügel.
Personen, die am Bildrand angeordnet sind, lassen mehr Raum für ihr Umfeld, was du für zusätzliche Bildaussagen nutzen kannst. Z.B. eine Marktfrau mit ihren Auslagen, oder ein Landwirt vor seinem Acker.
3.3 Vordergrund – Mittelgrund – Hintergrund
Das ist die klassische Gestaltungsregel aus der Landschaftsfotografie. Ein markantes Vordergrundmotiv bringt nicht nur Tiefe ins Bild, sondern verdeutlicht auch die Größen- und Entfernungsverhältnisse.
Wenn du beispielsweise die Küste vom Boot aus fotografiert, wirkt sie gewöhnlich wie ein langweiliger Strich zwischen blauem Meer und blauem Himmel. Nimm die Schiffsaufbauten, den Bootsbug oder die Reling als Vordergrund mit ins Bild, das schafft erst den Entfernungseindruck und setzt die Größenverhältnisse in Relation.
Vordergrund muss nicht immer der Boden sein, nur weil er Grund heißt. Auch Äste, Gebäudeteile, Denkmäler, allgemein Gegenstände, die von oben oder von der Seite ins Bild ragen, erfüllen diesen Zweck. Das gibt dem Bild Tiefe und umrahmt dein Motiv.
Die Felsen im Vordergrund erzählen von der Wildheit der Küste am Phare de Créac’h auf Ouessant.
3.4 Die Aufnahmehöhe variieren:
Von der Frosch- bis zur Vogelperspektive.
Bei Bildern aus Augenhöhe solltest du immer beachten, dass du dich auf Augenhöhe des Motivs befindest. Fotografierst du Kinder oder Tiere von oben herab, wirken die mickrig, klein und disproportioniert.
Also auf die Knie mit dir und runter mit der Kamera! Trete dem Motiv Auge in Auge entgegen. Für diese Fälle ist eine Kamera mit schwenkbarem Display eine wertvolle Hilfe. Aber bitte bei Nahaufnahmen von knurrenden Kampfhunden oder fellsträubenden Katzen auf die eigene Sicherheit achten.
Die Froschperspektive schafft in Verbindung mit der Weitwinkelbrennweite eine dramatische Übersteigerung des Vordergrundes. Tiere, Pflanzen, Gegenstände, Personen, Nasen und Schnauzen wirken riesenhaft, oft schon bedrohlich. Mittel- und Hintergrund verschwinden dabei in relativer Bedeutungslosigkeit. Der Horizont liegt bei der Froschperspektive meist am unteren Bildrand.
Die Froschperspektive stellt die Felsnadeln gegen den Himmel frei. Der Kiesstrand im Vordergrund erzeugt die Bildtiefe.
Bei Landschaften ist die Vogelperspektive, das Fotografieren von einem erhöhter Standpunkt aus, oft von Vorteil. Der Standpunkt kann ein Hügel, eine Mauer, ein Gebäude oder ein Beobachtungsturm sein. Durch die Vogelperspektive breitet sich die Landschaft buchstäblich wie ein Teppich vor dir aus, und präsentiert sich in ihrer Vielfalt und ihrem Detailreichtum. Die Horizontlinie orientiert sich am oberen Bildrand.
Das gleiche Motiv aus der Vogelperspektive zeigt die Tiefenstaffelung. Das Auge wandert für die Details im Bild von Fels zu Fels.
3.5 Horizontlage und Linienführung
Ein tiefeliegender Horizont betont die Offenheit einer Landschaft und die Weite des Himmels. Laufen dann noch perspektivische Linien Richtung Horizont, zum Beispiel eine ins Bild hineinführende Straße oder Sonnenstrahlen, wird das Auge förmlich in das Bild hineingezogen.
Der tiefliegende Horizont lässt den Leuchtturm hoch in den Himmel ragen und verschafft der Landschaft Weite.
Legst du dagegen den Horizont näher an den oberen Bildrand, wirkt die Landschaft in sich geschlossener und weniger weitläufig. Der Blick weilt länger auf den Einzelheiten im Bild, das Auge wandert von Detail zu Detail.
Du kannst auch den Blick des Beobachters bewusst steuern. Fließt ein Bach oder windet sich ein Zaun schräg durch das Foto, folgt das Auge automatisch dieser Diagonale. Das kannst du gezielt ausnutzen, um den Blick des Betrachters auf das dir wichtige Bildobjekt zu lenken. Diagonalen bringen auch mehr Dynamik in deine Bilder. Aber tu mir bitte den Gefallen, und fangt nicht mit der Unsitte an, den Horizont dauernd schief zu setzen. Das vertragen nur Motive, die für sich allein schon dynamisch wirken.
Vordergrund, Linienführung. Die grünen Algenbecken bilden eine Zickzacklinie, die den Blick auf den Leuchtturm lenkt. Auch hier stellt der tiefe Standpunkt das Gebäude frei und lässt den Turm hoch aufragen.
Diagonalen müssen nicht zwangsläufig aus durchgezogenen Linien bestehen. Steine, Sträucher oder sonstige Gegenstände können in ihrer Anordnung eine imaginäre Linie bilden. Weil das menschliche Gehirn permanent bestrebt ist, Dingen einen Zusammenhalt, eine Form zu geben, schafft es sich in Gedanken diese Linie selber.
Linienführung, Abendlicht. Hier führen alle Diagonalen zum zentralen Felsen, der den Blick des Betrachters stoppt und festhält.
3.6 Hochformat oder Querformat
Die Faustregel, dass hochragende Gegenstände im Hochformat und breite Motive im Querformat aufgenommen werden sollen, musst du nicht allzu bierernst nehmen.
Klar kommt das Format dem jeweiligen Motiv entgegen, so werden klassische Porträts fast ausschließlich im Hochformat präsentiert. Wenn duaber Türme, einzelne Bäume und ähnlich aufstrebende Objekte im Querformat ablichtest, hast du weutere Möglichkeiten, das Objekt in seiner Umgebung zu zeigen. Wir machen das zum Beispiel mit unseren Leuchtturmkalendern im Querformat.
Und wenn du aus deinem Fundus von Reiseerinnerungen eine eigene Diashow zusammenstellst, bleibst du der Einfachkeit und Kontinuität halber konsequent beim Querformat.
Sonnenuntergang, Froschperspektive. Eigentlich ein Hochformatmotiv, aber das Querformat zeigt mehr von der Umgebung.
3.7 Fotografieren während der Fahrt
Auf deinen Reisen fotografierst du bestimmt hin und wieder aus dem Auto heraus. Dass dafür die Scheiben gut geputzt sein sollten, ist selbstverständlich. Und beachte ebenfalls, dass viele Seitenscheiben farbig getönt sind. Das wird der automatische Weißabgleich der Kamera nicht immer komplett kompensieren. Wenn es gefahrlos möglich ist, mach langsamer, und kurbele die Seitenscheiben herunter. Bei geringer Geschwindigkeit verwischt der Vordergrund, sprich Straßenrand weit weniger.
Diese Fahrt durch ein Waldstück ist aus der Hand mit 1/8 Sekunde aufgenommen. Hier ist zwar nichts richtig scharf, dafür entsteht der Eindruck von hoher Geschwindigkeit.
Straßenmotive sollten auf keiner Reise fehlen. Wege, die ins Bild führen, haben viel Symbolkraft.
Fotografierst du durch die Windschutzscheibe, spiegelt sich darin oft das Armaturenbrett. Diese Spiegelbilder sind besonders heftig, wenn die Sonne von vorne ins Auto scheint. Abhilfe schaffst du, wenn du unterhalb der Kamera ein mattschwarzes Tuch aufs Armaturenbrett legst und gleichzeitig das Objektiv sehr dicht an die Windschutzscheibe hältst. Pass aber auf, dass du die Kamera nicht an die Scheibe drückst. Die Vibrationen vom fahrenden Auto übertragen sich schnell auf die Kamera, und die Aufnahmen könnten unscharf werden.
In der Nacht bringen die Lichter vorbeifahrender Autos interessante Akzente ins Bild.
4. Zusammenfassend raten wir:
Trau dich und experimentiere ohne Hemmungen mit deinen Motiven!
Überlege gut, was genau dein Interesse gefesselt hat, und halte das in verschiedenen Einstellungen fest.
Fotoregeln sind keine ehernen Gesetze, Ausnahmen bestätigen, wie gewohnt, die Regel. Du solltest aber die Regeln kennen, damit du gezielt und bildwirksam dagegen verstoßen kannst.
Gegenlicht, Nahaufnahme. Das Licht von hinten dringt durch die filigranen Muschelwände und bringt die zarten Farben zum Leuchten. Nichts lenkt vom Motiv ab.
Im dritten Teil gehen wir auf die gestalterischen und technischen Möglichkeiten ein, die uns die Kameratechnik bietet. Der bewusste Einsatz von Zeit und Blende, das Gestalten mit verschiedenen Brennweiten und die Wirkung der verschiedenen Kameraeinstellungen. Auch die nützlichsten Filtertypen werden wir besprechen.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2016/01/Lichtnik_4083-2.jpg573860Gunterhttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGunter2016-01-31 00:54:592023-12-21 20:23:20Bildgestaltung – das Bild entsteht im Kopf
Wir waren gestern sehr lange unterwegs. Aßen aber vorher ausgiebig und schmierten auch mächtig viele Brote., dann noch Obst in Unmengen, gekochte Eier. Wow, was die Kinder eben verdrücken können! Trotzdem reichte es nicht….Wir genossen die hohen Wellen. Für einen meeresbegeisterten Menschen wie mich ist das Rauschen der Wellen die beste Musik. Ah, traumhaft. Das Wetter, nein eher nicht. Immer wieder regnete es. Morgens sahen wir für wenige Minuten die Sonne, dann war sie wieder weg und kam auch nicht mehr. Aber, wir machten trotzdem Meeresfotos mit halbwegs weißen Bergen im Hintergrund. Wir wollten andere Reisende treffen: Oliver, Karen und Andreas mit ihren beiden sehr ausergewöhnlichen Hunden. Vor Jahren hatte ich mal Hans getroffen, der hatte drei Lundehunde und wir waren genau in Uttakleiv ins Gespräch gekommen. Oliver und Karen haben einen dieser Hunde und von daher kam die Verbindung. Oliver wollte lernen, wie man das Nordlicht fotografiert.
Ein lappländischer Rentierhund und ein Lundehund
nordische Hunde von Oliver und Karen
lapplänischer Rentierhund, Saga und im Hintergrund der Lundehund Beite. Mehr Infos auf den oben verlinkten Seite von Hans.
Treffen in Utakleiv
So trafen wir uns dann in der Nähe von Haukeland. Im letzten Licht des Tages fotografierten wir die Wellen in Utakleiv, ich erklärte Oliver die Zusammenhänge von Blende und Zeit und der ISO. Die Wellen und das Licht waren fantastisch doch schnell waren die Farben weg. So saßen wir dann bei Kaffee und Keksen zusammen, unterhielten uns lange über Norwegen und unsere Begeisterung für das Land. Und schauten immer wieder nach dem Nordlicht.
Nordlichter fotografieren im Regen
Sterne standen am Himmel. Ein dicker Berg verbarg die Sicht nach Norden. Hmmm, Vorhersage war ja eher nicht so gut. Aber im Norden bei freiem Himmel. Ein Blick würde sicher nicht schaden. So fuhren wir auf die andere Seite des Berges und siehe da: ein kleiner Nordlichtbogen war zu sehen. So konnte Oliver das Gelernte jetzt direkt umsetzen. Die Wolken kamen jedoch bald wieder und es gab interessante Lichtmomente mit den orangenen tiefhängenden Wolken.
Schließlich hing immer mehr Feuchtigkeit in der Luft, und es fing wiede an zu regnen. Und immer noch der Nordlichtschimmer am Himmel. Interessante Mischung. Und die regennasse Landschaft so absolut schwarz.
Nordlichtbogen über dem Strand
Nordlicht in Regenweolken gehüllt
Wir fuhren erst sehr spät heim. Diese regennassen Straßen sind sowas von schwarz, ich mag das Fahren da gar nicht. Selbst das Fernlicht des Autos wird von der Schwärze verschluckt. Und die Temperatur fiel gut unter Null und die Nässe fror leicht an. Ein Auto lag im Graben.
Wir hatten angefangen einen spannenden Krimi von Charlotte Link zu hören. Das ist keine gute Idee in so finsterer Nacht. Viel zu spannend. Und Amy schlief aus diesem Grund dann bei mir im Bett, was den wohlverdienten Schlaf nicht ganz so erholsam machte.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2011/02/GReichert-6748.jpg533800Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2011-02-03 12:19:542022-10-04 10:19:14Nordlicht im Regen und hohe Wellen