Leider war der Morgen wieder trüb, die Wolken zogen es aber vor, sich nicht über uns zu entleeren. Wir verließen Vågsøy, die Brücke war ohne Sturm plötzlich angenehm zu fahren.
Wir nahmen die E39 Richtung Alesund, auf den Fährfahrten taten sich grandiose Aussichten auf Bergpanoramen mit farbkräftigen Booten auf. Kurz vor Alesund machten wir einen kurzen Abstecher zu den Devold Fabrikken, einer Sammlung von Outlet-Stores, wo es günstige Wollwaren zu kaufen gibt. Meine einzige wollene lange Unterhose löst sich durch andauernde Benutzung fast auf, jetzt war die Zeit, sie durch eine neue zu ersetzen.
Ein Roadtrip zum Genießen
Das Wetter hatte sich inzwischen von grau und bedeckt auf sonnig umgestellt. Jede Kurve, jeder Hügel eröffnete neue Aussichten. Das Abendlicht hüllte die Berge, Fjorde und Brücken in intensives rotorangenes Licht. Wir kennen Norwegen seit vielen Jahren und müssten mittlerweile an diese Grandiosität gewöhnt sein. Landschaft und Licht – besser als hier kann es wohl nicht werden!
Es war schon dämmrig, da fanden wir auf der Halbinsel Tingvoll einen Platz an einem einsamen Sandstrand. Ein Bauer verteilte gerade Gülle auf dem benachbarten Feld. Oh welch intensiver Geruch nach Landluft. Hier werden alle Sinne beansprucht :-)
Bäume am Fjord
früh morgens
Wir liefen den Strand entlang, seicht schwappte das klare Fjordwasser auf die Felsen. Baumstämme, die an riesige Skelette erinnerten, säumten das Ufer. Die müde Sonne verschwand gerade hinter den Bergen in der Ferne. Ein kleines Auto fuhr klappernd über die hölzerne Schwenkbrücke, bremste und wendete wieder. Vier junge Männer, die sich als deutsche und österreichische Studenten entpuppten, quollen aus dem Fahrzeug. Ob wir hier übernachten würden? Ja, das hatten wir vor. „Na dann gesellen wir uns zu euch“ meinte einer der Vier. Die Jungs bauten in Ufernähe ein kleines Zelt auf, sie sammelten Holz und machten es sich kurz daruf Würstchen grillend am Feuer gemütlich.
Die Dämmerung wich tiefdunkler Nacht, über uns erstreckte sich gut sichtbar die Milchstrasse. Klar funkelten die Sterne bis hinunter zum Horizont.
Ich fotografierte das Mobil und die vom flackernden Feuer beschienenen Bäume. Ein leichter Nordlichtschimmer zeigte sich am nördlichen Horizont. Die Nacht war ruhig und erholsam, trotz Landluft.
Lagefeuer und Sterne
Wir tranken morgens gemeinsam einen Kaffee mit den vier Studenten und erfuhren dabei einiges über Auslandstudiensemester in Norwegen. Das Studium in Trondheim würde, wenn es von Erasmus organisiert ist, nichts kosten. Die Professoren seien freundlich, sie würden den neuen Studenten sogar die Stadt zeigen. Die Zimmerpreise wären allerdings hoch, aber das Studentenheim bezahlbar.
Die Studenten bauen das Zelt wieder ab
Wir verbrachten wieder ewige Zeit auf der Straße, es geht langsam voran auf Norwegens Küstenwegen. Doch bietet die Fahrt zahlreiche traumhafte Aussichten und viel Abwechslung. Sonst fahren wir ja meist durch Schweden. Da geht es schneller, ist aber auch viel langweiliger.
In Trondheim verließen wir kurz den lebhaften Verkehr und suchten einen Netcom-Laden auf, der uns die seltsamen Meldungen auf unserem Internet-Stick enträtseln konnte. Der Shop in Arendal hatte uns tatsächlich eine Telefonkarte fürs Internet angedreht, die dafür nur bedingt geeignet war, dafür teurer. Jedenfalls bekam es der junge Verkäufer schnell hin, unser Guthaben auf den letzten verfügbaren Netcom-Internetstick zu transferieren, jetzt haben wir endlich störungsfreies, schnelles Internet, wenn Mobilfunk erreichbar ist.
Der Tag, der sonnig begann, trübte sich gegen Abend wieder etwas ein. Als wir auf die RV 17 kamen fiel das Licht am Wohnmobil aus – aber, darüber hatte ich bereits berichtet.
Hier noch ein kurzes Filmchen von einem Stein, der ganz zufällig direkt vor der Kamera ins Wasser fällt :-)
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/09/UN_7703.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-09-01 12:48:032018-04-20 13:20:29Von Vågsøy nach Namsos – und „Ein Stein fällt ins Wasser“
Das Mobil schaffte die steilen Straßen der Insel Vågsøy oft nur im 1. Gang. Dafür bieten sich immer wieder grandiose Aussichten. Von oben herab schaut man auf einen großen Sandstrand. Ich sah die Wellen sanft auf dem Sand ausrollen. Die Sonne schien, und am Himmel schwebten nur kleine Wölkchen. Die Landschaft wirkte nach dem ergiebigen Regen frisch und grün.
Sandstrand
Zu unserer freudigen Überraschung bot sich am Strandparkplatz eine Entleerungsmöglichkeit für die Toilette, gerade, als wir es nötig hatten.
Strasse und Berge auf Vagsoy
Aussichtspunkt auf den Strand
Womo Service mit den drei Reicherts Kids hinten drinnen :-)
Esra wirft ein Stöckchen
Nach dem Klo-Service nahmen wir den feinen Sand unter die Füße. Ein Border-Collie gesellte sich zu uns, forderte die Kids immer wieder zum Spielen auf. Das funktionierte wunderbar, bis das Herrchen immer und immer wieder durchdringend pfiff. Nach gefühlten Stunden, blieb dem Hund nichts übrig, er beschloss, zu gehorchen. Wir waren wieder unter uns. Die grünen Berge, das Rauschen der Wellen, die frische Luft und der leichte Wind in unseren Haaren, es war einfach perfekt.
Gezeitenbecken und Brandung
Am Ende einer Sackgasse und nach einer kurzen Wanderung klammert sich ein weiterer Leuchtturm an die steilen Klippen: der Hendanes Fyr. Wir parkten am Besucherparkplatz, sahen die Wellen vor unserer Tür auf die Felsen knallen und blieben erst mal ein, zwei Stunden am Wasser. Ich filmte die Brandung mit der GoPro am Besenstiel, doch Esra kam und riss mir mitten im Film die Kamera aus der Hand. Das neue Spielzeug gefällt ihm wirklich ausnehmend gut.
Pferdeaktinie im Gezeitenbecken
Pferdeaktinie im Gezeitenbecken
Das Leben in den unzähligen Gezeitenbecken faszinierte mich. Kleine Pferdeaktinien säumten den Rand der Becken, weiter unten wuchs Tang und überall waren die Schnecken beim Futtern.
Hendanes Fyr
Schließlich machten wir uns zum Leuchtturm auf. Der Pfad entlang der Küste, wo die Wellen nur so rauschten, war eng aber bequem zu laufen. Einmal rutschte Amy im Matsch aus. Sie erschreckte sich sehr, weil just an dieser Stelle das rostige Geländer bereits ins Meer gefallen war.
Der fast hundert Jahre alte Leuchtturm stand eng gedrängt am Fels und liess uns keinen Abstand fürs Fotografieren.
Hendanes Fyr
Pfad zum Leuchtturm
Der Kannenstein
Das Wahrzeichen der Insel Vågsøy ist der berühmte Kannenstein. Ein hervorragendes Motiv für uns Meeresfotografen!
Wir aßen gerade zu Mittag, als ein Otter vor unserem Fenster vorbeitrödelte. Esra schrie überrascht auf, und das scheue Tier verschwand schnell wie ein Fisch im gurgelnden Bach.
Die Sonne versteckte sich hinter einer zunehmend dichter werdenen Wolkendecke, die Wellen umspülten weiterhin ungerührt den Kannenstein. So ist er ja auch entstanden. Stetig über unglaublich viele Jahrtausende nagte das Meer am Fels, bis es dieses pilzartige Wahrzeichen herausgearbeitet hatte.
Der Kannenstein
Wellen
Gunter erschreckte mich, als ich gerade in die Fotografie versunken war. Ich sprang vor Schreck fast ins Wasser. Das Rauschen der Wellen hatte seine Schritte verschluckt. Das passierte mir an diesem Tag mehrmals.
Beim dritten Mal fuhr ich fast jemanden an, weil ich dachte, jetzt erschreckt mich meine Familie absichtlich. Wie es der Zufall so will, war es jemand aus unserem Heimatbezirk, Björn aus Stadecken Elsheim, direkt bei uns daheim um die Ecke.
Wir fotografierten noch eine ganze Weile und kamen ins Gespräch, welches wir bis in die Nacht noch im Wohnmobil bei einer Tasse lauwarmem Tee weiterführten.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/08/GA_0301.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-08-31 12:28:572015-02-17 20:57:03Ein großer weisser Sandstrand und der berühmte Kannenstein
Nach dem Sturm der letzten Nacht war der Morgen trocken! Müde ignorierte ich den Wecker, der um 6:00 Uhr rumpiepste. Vor dem Wohnmobil blökten Schafe, auch das ignorierte ich. Doch dann machte sich eines der Schafe an der Anhängerkupplung zu schaffen. Es rieb sich, oder schien dran zu knabbern?
Magisches Licht am frühen Morgen
Ein Blick aus dem Fenster ins magische Morgenlicht und schlagartig war ich wach. Der strömende Regen der vergangenen Nacht hatte Luft und Landschaft rein gewaschen. Die Kälte der Nacht lag noch in der Luft, zart rosa Wolken hingen am Horizont, dahinter reckten sich ein paar Sonnentrahlen hervor. Ich sprang in meine Hosen, weckte meinen Gatten und war draußen in der frischen Luft. Es wehte ein leichter Wind. Vom nächtlichen wilden Sturm war nichts mehr zu spüren. Ein fantastischer Tag begann.
Meeresstimmung im morgendlichen Licht – ja, es ist noch ein klein wenig schief….
Kann man nicht die sonnigen Tage nach einer stürmischen, nassen Nacht am besten genießen?
Ich fotografierte die Wellen und Felsen – wobei die Wellen nach meinem Geschmack noch etwas wilder hätten sein dürfen. Gunter kam und wir liefen gemeinsam zum Leuchtturm ganz vorne auf der Klippe.
Krakenes Fyr
Um einen besseren Blick auf ihn zu werfen blieb uns nichts anderes, als den Hügel dahinter hinaufzuklettern. Sehr vorsichtig auf allen Vieren, weil der ergiebige Regen für rutschigen Matsch und nasses Gras gesorgt hatte. Die traumhafte Aussicht im perfekten Licht entlohnte dafür. Auf der steilen Klippenkante stehend, fotografierten wir den Leuchtturm.
Die drei friedlich schlafenden Teenagern wurden erst durch den Kaffeeduft bei unserer Rückkehr geweckt.
Der Leuchtturm blieb an diesem Tag geschlossen, und wir packten es daher nicht, die beiden deutschen Betreiber zu treffen. Gerne hätten wir sie interviewt. Ein paar Infos gibt es auf der Webpage der beiden. Schaut doch mal dort vorbei.
Der Leuchtturm kann als Unterkunft gemietet werden. Das würde ich auch gerne mal machen. Wie sich ein Sturm hier anfühlt wissen wir jetzt! Wenn dann noch haushohe Wellen dazu kommen, ist das sicherlich gigantisch.
Ich habe übrigens im Internet nachgesehen: als wir über die Brücke fuhren hatten wir Windstärke 8! Kein Wunder, dass ich das Mobil gestern fast nicht auf der Strasse halten konnte! Seltsam, dass auf der Anzeigetafel keine Angabe zu lesen war?
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/08/GA_9916.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-08-29 22:57:542021-12-06 20:54:42Krakenes Fyr – der Leuchtturm auf der Klippe
Wir besuchten die norwegischen Homeschooler Mary und Luis in Løten. Der älteste Sohn Marys war gerade unterwegs, so konnten wir ihn leider dieses mal nicht kennenlernen. Die Kids tauschten sich bezüglich des Lernens aus, wir Erwachsenen sprachen vor allem über das Leben in Norwegen. Mary ist zwar in Norwegen geboren, doch in den USA aufgewachsen. So hat sich einen ganz eigenen Blick auf die norwegische Kultur.
Die Blaubeeren sind gerade reif. Mary nahm mich mit in den Wald zum pflücken unseres Nachtischs. Glücklicherweise gibt es diese Blaubeerpflücker, mit denen geht es geschwind. Wir schwätzten, und pflückten, wurden von Blutsaugern traktiert, dann wuschen wir die kleinen Beerchen und danach gab es Vanilleeis mit extra intensivem Waldbeerengeschmack. Lecker!
Zwei Wochen im Jahr können man Blaubeeren sammeln, dann ist es wieder vorbei. Da ist es gut, eine große Gefriertruhe zu haben.
Mary beim Blaubeeren pflücken
so geht es einfacher mit dem Pflücken
Ich habe einmal versucht, einen kurzen Film aus Sicht der Blaubeere zu machen. Hoffe, Ihr werdet nicht schwindelig :-)
Die Kinder spielten Darts oder sprangen auf dem Trampolin. Am Nachmittag gingen wir in einem warmen See baden. Das Bad war sehr erfrischend, das Wasser des Sees kristallklar und sauber. Trotz des sonnige Wetters am Sonntag waren kaum Leute draußen zum Schwimmen. Wie erholsam das doch alles in Norwegen ist! Kein Gestank nach Chlor, kein Trubel – nur Ruhe und frische Natur.
Im See – GoPRo Bild
GoPro Foto – Im See Amy und Luis- nach dem Tauchen :-)
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/08/MG_0494.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-08-26 08:00:092018-04-20 13:22:41Mit Mary zum Blaubeeren pflücken in den Wald
Es fiel uns nicht leicht, Lindesness zu verlassen – denn Lindesness ist einer dieser ganz besonderen magischen Orte. Doch wir brauchten eine Sim Karte für’s Telefon und eine Möglichkeit für’s Internet.
Spielerei mit dem Vollmond – Foto von Alex
Im Kristiansand kauften wir in einem Einkaufszentrum, welches wir mit Ricardas Hilfe sehr schnell fanden, einen Internetstick. Bisher bietet nur NetCom einen PrePaid Tarif an. Aber sebst da gibt es verschiedene Angebote. Eigentlich suchten wir den für 299 NOK für eine Woche 1GB. Doch der Laden bot nur einen für 399 NOK an. Wir kauften ihn, und testeten sofort. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Technik nicht immer auf Anhieb funktioniert. Leider behielten wir Recht. Wir steckten den Stick ein, installierten, stellten die Internetverbindung her und NICHTS passierte. Im Laden wurden wir von hier nach da geschickt, warteten, probierten aus, erklärten. Nein, auch die Leute dort fanden das Problem nicht. Stunde um Stunde verging. Wir sollten einen Wifi Verstärker kaufen um das Internet auf den Computer zu bringen. Doch 1500 NOK waren und zu viel. Wir gaben schließlich auf und das Gerät zurück, auch dafür warteten wir wieder mindestens eine Stunde.
In einem kleineren Laden waren alle NetCom Sticks ausverkauft, doch wir bekamen eine SimKarte, die wir allerdings nur zum Laufen bringen würden, wenn wir Internet hätten :-)
Die Internet Geschichte ist leider noch nicht abgeschlossen, doch für diesen Tag hatten wir die Nase voll.
Fünf Stunden hatte es gedauert, wir waren so hungrig und genervt.
Wir kauften schnell noch Brot und Käse ein, futterten direkt alles weg und fuhren dann aus der Stadt raus, um einen Platz für die Nacht zu suchen. An einem ruhigen Fjord, der Mond stand groß und strahlend über dem Wasser, liesen wir den Abend ausklingen.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/08/MG_0008.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-08-24 16:27:262017-10-01 11:22:52Internetzugang für Reisende
Morgens luden wir unsere belgischen Rastplatz-Nachbarn zu einem Kaffee ein. Vater und Sohn hatten in ihrem kleinen PKW geschlafen und auch sie sahen ziemlich übernächtigt aus. Die beiden waren nachts um 4:00 Uhr nach über 30 Stunden Fahrt mit dem Cargoschiff angekommen.
Trotz Regenwetter entschieden wir uns, nach Lindesnes, dem südlichsten Festlandleuchtturm Norwegens zu fahren. Wir wissen, dass das Wetter an der Küste schnell wechseln kann, und hofften inständig darauf. Bereits auf der kurvigen Fahrt auf den engen Strassen sahen wir kleine Stückchen blauen Himmels. Am Leuchtturm angekommen schien die Sonne! Auf den Parkplatz angekommen sah ich mächtige Wellen im gleißenden Sonnenlicht auf die Felsen zurollen!
Lindesnes Leuchtturm
Lindesnes ist der einzige Leuchtturm, der auch nach der Automatisierung noch einen richtigen Leuchtturmwärter hat. Wir fanden Rolf Dybvik in der kleinen Galerie, wo er seine Aquarelle ausstellt. Die meisten seiner Bilder zeigen den Leuchtturm, den er seit 40 Jahren – fast sein ganzes Berufsleben lang, betreut. Lindesnes ist nicht nur der einzige Leuchtturm mit Wärter, er ist auch der einzige mit intaktem Nebelhorn. Rolf war sich nicht sicher, ob es der einzige in Norwegen, oder gar weltweit ist. An einem Wochenende im Juli ist Nebelhorntag, da können Touristen dem Nebelhorn lauschen – naja, sie versuchen eher, mit den Händen an die Ohren gepresst, ihre eignenen Gedanken noch zu hören.
Lindesnes Leuchtturm, Norwegen
Amy und Noah, Lindesnes Leuchtturm
Lindesnes Leuchtturm
Rolf Dybvik, der Leuchtturmwärter
Was macht ein Leuchtturmwärter heute
Im Jahr 1979 wurde der Leuchtturm automatisiert, seither änderte sich die Arbeit für Rolf. Er betreut jetzt die Wetterstation, die Ferienwohnungen, er ist Hausmeister und ist für die Technik des ganzen Komplexes verantwortlich. Der braungebrannte, wettergegerbte, Leuchtturmwärter kümmert sich auch um Probleme in Restaurant Fyrgryta. Das Telefon klingelt und er muss los, um die dortige Kühltruhe zu reparieren.
Wir erklimmen die Treppen zum Leuchtturm auf dem Hügel, der Wind bläst kräftig, wild und böig. Kein Wunder, dass sich die gestrige Fährfahrt so ruppig angefühlt hatte. Das Meer glich einem überkochenden Wassertopf. Es machte trotzdem Spaß zu fotografieren, auch wenn Langzeitbelichtungen sehr schwierig waren, der Sturm zerrte heftigst an den Stativen.
Taucher
Am Hafenanleger trafen wir eine Familie aus den Niederlanden. Sie kamen gerade von einer Tauchtour zurück, die Fotoausrüstung und Tauchutensilien lagen zum Trocknen auf dem Steg. Innerhalb weniger Minuten waren wir in ein intensives Gespräch vertieft. Wir teilen die Begeisterung für die Unterwasserwelt, auch, wenn ich nur „trockene Unterwasserfotografie“ betreibe! Mit strahlenden Augen betrachtete ich die Ausbeute an Unterwasserfotos, die die beiden Männer zurückgebracht hatten.
Taucher aus den Niederlanden
Gegen Nachmittag saßen wir zusammen mit Rolf im Restaurant, um noch mehr über den Leuchtturm und Rolfs interessantes Leben zu erfahren. Das Essen, Klippfisk, also Trockenfisch von den Lofoten, war vorzüglich. Gunters Augen und die der Jungs strahlten.
Kein „Tanz auf Rosen“
Rolf bemerkte, dass der Beruf des Leuchtturmwärters kein „Tanz auf den Rosen“ sei, wie viele Touristen denken. Der Job ist anspruchsvoll und vor allem 24/7. Rolf wohnt während der zwei Wochen ständiger Bereitschaft im Leuchtturmwärterhaus, dann ist er wieder für zwei Wochen daheim. Der Arbeitstag wird vom Wetter bestimmt, ist es zu stürmisch und nass, dann werden Wartungsarbeiten im Inneren gemacht. Sobald das Wetter wieder besser ist, arbeitet er im Freien. Dieses Leben führt zwangsläufig dazu, Ehrfurcht für die Natur zu empfinden. Rolf liebt das Meer so sehr, dass er während der Arbeit in Lindesnes vor Begeisterung kaum Schlaf findet. Irgendwie kann ich das gut nachvollziehen. Mir geht es ganz genauso, wenn wir am Meer unterwegs sind.
Früher war das Leben als Leuchtturmwärter wesentlich einsamer. Heutzutage werden die Häuschen der ehemaligen Assistenen des Wärters an Touristen vermietet, das bringt Abwechslung in den Alltag. Rolf ist sich sicher, dass die Umgebung nicht nur ihn positiv beeinflusst, fast alle Besucher sind freundlicht und guter Laune. Einzig, wenn es richtig stürmisch ist, findet er seinen Job sehr hart. Es passiert schon hin und wieder, dass Touristen das Meer und dessen Gewalt falsch einschätzen. Windgeschützt laufen die Leute den Hügel hoch, sie rechnen nicht mit hohen Wellen auf der Meerseite. So erzählte er traurig von den stressigen Zeiten, wenn unachtsame Touristen ins Meer gespült wurden. Manchmal gelingt die Rettung, doch leider nicht immer.
Rolf zeigt uns stolz seine Werkstatt – hunderte von Werkzeugen hingen in Reih und Glied, sauber und gut sortiert. Hier bearbeitet er alle Materialien von Holz bis zu Metall.
Gleich nebenan befindet sich sein Atelier – auf der Tür prangt das lebensgroße Portrait eines einbeinigen, bärtigen Leuchtturmwärters. Das hunderte Jahre alte Holzbein hängt an der Wand. Es wurde eines Tages am Strand angespült, nachdem der dazugehörende Wärter verschwand und nie wieder gesehen wurde. Doch sein Geist hatte Rolf besucht, und er trägt nun diese Geschichte in die Welt.
Das Holzbein
Rolf in der Werkstatt
Rolf mit seinen Blumen
Leuchtturmfotografie bei Tag und Nacht
Die nächsten beiden Tage waren der Fotografie vorbehalten. Tag und Nacht waren wir auf den Beinen. Reisefotografie- und Journalismus können auch ein sehr interessanter 24/7 Job sein:-)
Neben uns strand eine österreichische Familie mit ihrem VW Bus, wir schwätzten, wenn das Licht eher uninteressant war, und zwischendurch wanderten wir entlang der Küste nach Westen oder Osten. Südlicher geht es ja nicht.
Die Wellen knallten westlich des Leuchtturms am heftigsten an die Felsen. Ich mußte eine anstrengende Klettertour unternehmen, um die Wellen dramatisch auf die Speicherkarte zu bannen. Etwas mulmig war mir das schon, denn ich war allein unterwegs und es war gerade der Jahrestag meines Beinbruchs auf den Lofoten.
Am Abend liefen wir mit Alex den Hügel hinauf, dem wir eine ernsthafte Einführung in die Fotografie geben wollten. Das Licht war lange nicht mehr so dramatisch wie am ersten Abend, wo sich Regen und Sonne abwechselten und grandiose Lichtstimmungen im Sturm zauberten. Trotzdem gelangen uns einige klassische Abendstimmungen.
Zurück sicherte ich die Fotos doppelt auf Festplatten nur um direkt danach wieder loszuziehen. Die fast sternklare Nacht war ein ergreifendes Erlebnis. Die Wolken zogen rasant am Himmel dahin, verdeckten zeitweise den vollen Mond und gewährten ihm hie und da auch sein Licht über die Meereslandschaft zu ergießen. Der Leuchtturm sendet einen mehrteiligen eigenartig schmalen und recht gemächlichen Lichtstrahl über das Meer und die davorliegenden Felsen. Immer wieder hatte ich den Eindruck, es liefe jemand über die Felsen, es war nur der vorübergleitende Strahl des Turmfeuers. Wir waren allein in der Nacht.
Regen und Sonne am Lindesnes Leuchtturm
Wellen am morgen, Lindesnes
Lindesnes Leuchtturm
glückliche Gabi (Danke an Gabi M. für die Mütze!)
Nach 2:00 Uhr krochen wir müde, aber zufrieden ins Bett. Mein Wecker klingelte mich um kurz nach 6:00 Uhr wieder raus, damit ich das weiche Morgenlicht nicht verpasste. Noch müde kletterte ich vorsichtig über die Felsen zum Wasser hinunter, um einen dynamischen Blick auf den Hügel mit dem Leuchtturm zu erhaschen. Ich machte den Fehler mich hinterher wieder ins Bett zu legen. Träumte nur sehr wirres Zeug und wachte gerädert auf. Diese zwei Stunden mühsamen Schlaf hätte ich mir ersparen können.
Am Spätvormittag war es völlig windstill. Hundertausende kleiner Saugbiester nutzten das aus, um unser Blut zu saugen. Wir verzichteten deshalb weise auf längere Gespräche im Freien. Ein schwacher Wind reichte schon aus, die Plagegeister wieder zu vertreiben.