Endlich richtig ausschlafen! Das tat gut. Aber alles ist relativ. Die Sonne schien schon ca. 30 Minuten früher als auf der Isle of Lewis ins Fenster rein; ich sprang schnell raus aus dem Bett. Da will ich doch gleich wieder los und mir die Gegend anschauen.
Meine unstillbare Neugierde
Die anderen Reicherts sind da ruhebedürftiger als ich. In mir steckt unstillbare Neugier. Bei dieser fantastischen Leuchtturmunterkunft muß ich ja nur aus der Tür hinaus, um Wellen zu sehen. Freudig stelle ich fest, dass das sogar auf Socken geht. Genial! Mein Blick schweifte über das glitzernde Wasser, das Meer hatte sich seit gestern schon etwas beruhigt. Die Wellen knallten nicht mehr allzuhoch an die Felsen, es gab nicht mehr überall weisse Wellenkämme. Etwas nördlich von uns sind Überreste eines alten Hafens zu sehen. Richtig angezogen und mit Schuhen an den Füßen, kletterte ich wenige Minuten später über die Felsen und dann zur glitschigen, moosigen Hafenmauer. Immer vorsichtig, ich weiss ja, wie schnell das gehen kann mit dem Abrutschen. Außer dem Rauschen der Wellen und dem Wind war es still. Kalt schnitt mir der Wind ins Gesicht und in die Finger. Dafür ist die Luft sauber, frisch und meerig salzig.
Ungeduldig frühstückte ich nach dem kurzen Ausflug mit der Familie; ich will raus, nur raus und die Insel ansehen. Sonst hatte ich keine Gedanken. Noch wollte keiner mit mir losziehen. Die Wohnung war wohlig warm, der Wind wehte geräuschvoll am Leuchtturm vorbei. Ich wählte Noah als Freiwilligen aus! Einer musste jetzt mit mir gehen.
Wanderung Richtung Insel Noss
Der Leuchtturm, der übrigens von David & Thomas Stevenson im Jahr 1858 erbaut wurde, liegt nur 32 m über dem Meer. Hinter dem Haus geht es den Berg hinauf, Eissturmvögel segeln beständig entlang des Kliffs. Begleitet von den Luftakrobaten liefen wir den Berg hinauf. Könnten wir doch auch so wunderbar mühelos segeln, wie diese Vögel. Wir gewannen auch wandernd an Höhe; kamen ins Schwitzen, denn der Hang war windgeschützt. Immer höher stiegen wir hinauf, immer besser wurde die Aussicht. Fantastisch. Noah konnte die Aussicht nicht ohne meine begeisterten Ausrufe genießen. Ich war ganz aus dem Häuschen. Vor uns lag die Insel Noss, die Naturreservat und Schaffarm in sich vereint. Die meisten der Sommergäste sind noch nicht angekommen, die stecken wohl noch in Deutschland im Schnee fest.
Ab Mai ist es möglich mit einem kleinen Schlauchboot zur Insel zu fahren. Schade, das schaffen wir nicht, denn wir werden im April wieder gen Deutschland fahren. 100000 Vögel brüten dann auf der Insel und es ist in dieser Zeit möglich, fotografierend nahe an zahlreiche verschiedene Vögel heran zu kommen.
Aussicht vom Hang über die Insel Noss
Wir liefen bis ganz hoch, standen auf der Spitze angekommen, staunend im jetzt sehr kalten Wind. Geschäftig und ununterbrochen schwebten die Eissturmvögel an uns vorbei. Wolken lockerten das Himmelsblau auf, so konnte die Sonne richtig schöne Sonnenstrahlen gen Meer schicken. Das Wasser glitzerte und tanzte auf der einen Seite, lag dunkel grau, oder schwarz, oder blau auf der anderen. In der kahl wirkenden Moorlandschaft lockerten kleine, strahlende Seen das Bild auf. Perfekt! Zwei Stunden später waren wir im Leuchtturm zurück! Mein erster Eindruck: Shetland ist unglaublich schön! Ja, ja ich wiederhole mich! Was ist, das ist!
Ich drängte die Familie zum Aufbruch. Die Sonne schien, vielleicht würde das nicht lange so bleiben. Es soll ja viel regnen, hier in Shetland. Am besten wir nutzen jeden Tag. „Carpe diem“, das ist mein Motto.
Erste Begegnung mit den Shetland Ponies
Auf dem Weg zur Bressay Sund Fähre sahen wir zum erstenmal Shetland Ponies. Ja, klar, davon hatten wir gehört. Ich fand die bisher immer etwas langweilig. Eher sowas für kleine verwöhnte Mädchen – sorry. Ich parkte das Auto. In der Ferne sahen wir die beiden kleinen Tiere. Wie klein sie wirklich sind, sahen wir erst, als sie in unsere Richtung trabten. Wir mußten sie übrigens nicht rufen, das Zuschlagen der Autotür reichte aus. Innerhalb von Sekunden kamen sie zum Zaun und wollten von uns geknuddelt werden. Die halben Pferde schmusten sich richtig an uns an; sei waren neugierig und freundlich. So süß! Ich geb es nur ungern zu: das dauerte nur wenige Minuten, bis sie mich von ihrer Schönheit überzeugt hatten. „Die sind ja sowas von genial!“ Hätte ich nicht gedacht! Ich verspreche, dass ich mir ganz besonders viel Mühe geben werde, mal richtig gute Fotos von denen zu machen. So, dass das auch rauskommt, wie durchweg überzeugend diese Tiere sind! Eins habe ich schon mal, was denkst du?
Robben im Yachthafen, Bressay, Shetland
Wir fuhren nur wenige Meter weiter, da sah ich im kleinen Yachthafen etwas liegen, das die Form einer Robbe hatte. Hmm, war das eine? Ja, und da sonnten sich noch weitere Meeressäuger auf den Felsen. Also Objektiv wechseln und wieder raus. Gunter traute sich einmal zu nah ran und drei der Robben robbten ins Wasser. Die Tiere waren enorm dick, sie schafften es kaum ins feuchte Nass.
Dann erreichten wir tatsächlich die Fähre, groß ist die Insel ja nicht. 400 Menschen leben hier, es gibt fast nur Single Track Roads auf der 11 mal 8 km großen Insel.
Fahrt in den Süden Shetlands
Die Fähre muss nur auf der Hinfahrt bezahlt werden, was ich praktisch finde. Bis zur südlichen Spitze Shetlands ist es nur ca. 40 km weit. Schon auf der Fahrt kam ich wieder ins Schwärmen: überall der Blick aufs blaue Meer, die Hügel und die Siedlungen. Die Wolken waren so fotogen, ein Fotoclub auf Tour hätte die nicht besser bestellen können. Traumhaft!
Die Straßen sind gut ausgebaut und angenehm zu fahren. Immer wieder finden sich gute Park- oder Haltemöglichkeiten. Wir nutzten sie für kurze Fotostopps. Kurz vor dem Sumburg Leuchttum (der nach der umfassenden Renovierung auch als Unterkunft zu mieten ist) gab es zahlreiche Warnschilder und unglaublich viel Asphalt. Ah, hier ist die Landebahn des Flughafens und wir fahren gerade drüber. Interessant. Der Leuchtturm liegt auf der Höhe, er wirkt wie ein Schloss oder eine Burg. Die Wolken umschlossen ihn, als wäre er in Watte gepackt. Im Sommer gibt es hier viel Geschrei und Gekreisch, dann wimmelt es hier nur so von brütenden Seevögeln. Was für eine Unterkunft das ist! Hier kann man dann in Socken Papagaitaucher aufnehmen. Im Leuchtturm zwischen den Vögeln mitten im Meer zu leben ist einer meiner Träume! In Gedanken plane ich bereits eine weitere Reise, im Mai. Wenn wir uns das nur leisten könnten!
Wir wanderten erst den einen Berg, dann den anderen hoch, staunten, genossen, froren, hatten viel Spaß und fotografierten.
Dann fuhren wir weiter, Richtung Westküste. Einige Male endeten wir auf Farmen, weil die Straße meist einfach mitten drin aufhört. Wir fanden keinen Zugang zur Küste – vielleicht gibt es den, wenn man weiß wie. Das Parken ist an diesen Stellen schwierig, oft tun wir uns schon beim Wenden des langen VW’s schwer.
Spiggie Beach, Shetland
An der Spiggie Beach liefen wir im weichen Sand bis der eiskalte Wind uns zurück ins Auto trieb. Der Wind tat jetzt wieder im Gesicht und dann den Händen weh.
Tombolo am St Ninians Beach
Auch den berühmten Strand von St Ninian verpassten wir fast, weil man das Gefühl hat, auf einen privaten Hof zu fahren. Doch die Straße schlängelt sich irgendwie durch die engen Gassen und weiter geht’s auf einer Single Track Road. Die Kids entschieden sich dazu, jetzt im Wagen zu blieben und von dort die Sicht auf die Insel zu genießen. Es war mehr als unangenehm draußen und wir konnten sie verstehen. Die Insel liegt nah vor der Küste, von beiden Seiten lädt das Meer den Sand ab, es bildet sich ein perfekter Tombolo, ein Streifen aus Sand, der die Insel mit dem Festland (ha!) verbindet.
Mainland Shetland
Apropos Festland. Die Insel, auf der Lerwick liegt nennt sich Mainland Shetland. Schottland, was ja eigentlich Mainland wäre, wird hier nur der „Süden“ genannt!
Wir fotografierten also, bis die steif gefrorenen Finger den Dienst quittierten. Wie sehr vermisse ich doch meine schwedischen, winddichte Handschuhe!! (Dass ich den rechten davon daheim in Deutschland tagelang suchte, schrieb ich bei den Vorbereitungen zur Reise)
Lerwick
In Lerwick fanden wir den Tesco und kauften ein. Wir verpassten eine Fähre nach Bressay, schlenderten im Dunkel der Nacht durch die verlassen wirkende Hauptsstad Shetlands. So begnügten wir uns mit einem Schaufensterbummel auf der Insel. Die Schilder über den Läden wirken altertümlich, wir fühlten uns fast wie Zeitreisende, und um 50 Jahre zurück versetzt, wären da nicht die teilweise doch sehr modernen Schaufensterauslagen gewesen.
Auf der Fahrt zum Leuchtturm schien es uns, als verfolgten uns zwei Autos, tatsächlich fuhr eines davon bis zur Unterkunft hinter uns her, wendete dann und verschwand in der Nacht.
Und hier gibt es noch ein großes Panorama der Insel St Ninian.
Unser ausführlicher Live Reisebericht Shetland zum Schmökern
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