Sommer mit dem Vari Trike

Vari Trike – Reha auf dem Trike

Mein Rad ist knallgelb, aber es ist aus einem ganz anderen Grund DER Hingucker. Es hat drei Räder und wird mit Beinen UND Arme angetrieben. So ein Rad zu fahren, war mein langgehegter Wunsch. Wie plötzlich ich mich allerdings dazu gedrängt sah, diesen Wunsch in Realität umsetzen zu müssen, das hatte ich nicht geahnt. Ich brauchte nach einem Unfall dringend ein Reha Bike.

Ein Unfall führt mich zum Varibike-Trike

Ein kleiner Fehltritt beim Wandern ließ mich mit mehreren Knochenbrüchen und Sehnenverletzungen an Bein, Arm und Schulter im Krankenhaus landen. Tschüss Fahrradfahren! Nicht mal zur Toilette konnte ich humpeln.
Wie gut einem die Bewegung in der Natur tut, merkt man erst, wenn es plötzlich nicht mehr geht. Ich bin ein Bewegungsmensch, und mich wochenlang passiv im Rollstuhl umherschubsen zu lassen ist gar nicht mein Ding.

Das Trike von Varibike für die Reha war meine Rettung in der Not.

Unabhängig voneinander treibt man das Rad entweder mit Arm – und/oder Beinantrieb an. Zudem sind die Handkurbeln und die Fußkurbeln voneinander entkoppelt, so dass es auch einarmig oder auch nur mit einem Bein zu fahren ist. Zum Lenken schwenkt man einfach den Vorderrahmen in die gewünschte Richtung.
Man kann das Varibike Trike mit den Armen oder den Beinen lenken.
Ich musste das Rad unbedingt Probefahren und vereinbarte eine Termin beim Hersteller. Ich schaffte es tatsächlich, mit nur einem Arm und einem Bein Rad zu fahren! Die schwierigste Übung dabei war das Ein- und Aussteigen, da brauchte ich Assistenz von meinem Mann.

Auf der Varibike mit gebrochenem Knöchel und Arm

Auf der Varibike mit gebrochenem Knöchel und Arm

Das neue „Extreme“ System des Varibike-Trikes

Das oben bereits erwähnte neueste Feature beim Varibike Trike ist das „Extreme“ System. Das Varibike „Extreme“ ist die Kombination von Liegerad, Varibike-Armkurbeln und Powercranks-Beinkurbeln.
Bei den Powercranks sind die Tretkurbeln voneinander entkuppelt, sie bewegen sich unabhängig voneinander. Die Kombination von Liegerad und Powercranks erlaubt erstmalig ein kraftvolles synchrones Beinkurbeln, ohne hohen Satteldruck auf den Genitalbereich.

Die Kombination Varibike-Armkurbeln und Extreme-Pedale ermöglicht ein ganz außergewöhnliches, rundes Ganzkörperrudern.

Radsportlern und Triathleten dürften die Powercranks (Extreme-Pedale beim Varibike) als Trainingsgeräte für den runden Tritt bekannt sein. Das Bein muss nicht nur treten, sondern auch ständig ziehen. Klickpedale sind obligatorisch, um nicht den Kontakt zum Pedal zu verlieren.
Das Radfahren damit muss geübt werden und ist arg anstrengend. Aber der Trainingseffekt ist enorm. Besonders Triathleten nehmen die Mühen auf sich, da das Fahren mit den Powercranks gleichzeitig die Laufmuskulatur trainiert.

Für mich war es anfangs wichtig, dass ich mit den Extreme-Pedalen nur mit einem Bein treten konnte, während das andere ruht. Aber, dass ich beim Radfahren meine Laufmuskulatur trainieren konnte, war absolut genial! So kam ich endlich wieder sicher auf die Beine.

Mit dem Varibike-Trike hatte ich ja zusätzlich noch die Unterstützung durch die Handkurbeln. Wenn ich ein Bein ausruhen wollte, war das die ideale Unterstützung.
Als ich das Varibike Trike zu ersten Mal mit beiden Beinen fuhr, realisierte ich schnell, dass mich das Fahren mit diesem Antrieb vor eine große Herausforderung stellen würde.

Mein anfänglicher Kampf mit den Extreme-Pedalen

Bei jeder Umdrehung mit dem Pedal gab es dieses „ins Leere treten“ bevor ich beim Zurückziehen des Beines wieder Widerstand fühlte. Ich konnte nicht wirklich rund treten, denn ich hatte das „Ziehen“ noch nicht gelernt und auch die Kraft dazu in den Beinen noch nicht aufbauen können.
Ich fluchte anfangs gewaltig vor mich hin, ich konnte das Rad nur hochkonzentriert fahren und war schnell erschöpft. Ließ ich auch nur kurz in der Konzentration nach, klackerte es sofort wieder im Beinantrieb.

Zu alldem kam noch der Armantrieb und die Lenkung mittels Schwenkbewegung des Vorderrahmens hinzu. Ich kam oft mit der Harmonie dieser vier eigenständigen Pedalen durcheinander und mein Gatte meinte, wenn ich so fahre, sähe ich aus, wie eine Spinne auf Drogen.
Gebremst wird das Varibike Trike mit einer kurzen Rückwärtsbewegung der linken Armkurbel. Die Bremskraft lässt sich gut dosieren, das hatte ich schnell im Griff. Zusätzlich hat das Trike noch eine arretierbare Hinterradbremse.

Rudern mit dem Vari Trike

Rudern mit dem Vari Trike

Der runde Tritt mit Beinen und Armen

Nach rund sechs Wochen hatte ich den runden Tritt gemeistert, ich konnte die Leerräume beim Treten vermeiden. Treten, kurbeln, lenken, bremsen und in die Kurven legen, das alles ist jetzt Routine und läuft fast unbewusst ab.
Ich bin nicht die Kräftigste, schon gar nicht mit lädierten Gliedmaßen, aber ich merkte nach einigen Wochen der Eingewöhnung, dass mich die kombinierten Kräfte von Treten, Ziehen und Armkurbeln sehr schnell vorankommen lassen und sich mein ganzer Körper straffer anfühlte.

Hier nochmal: Mein ganzer Körper war trainiert.

Besonders gern nutze ich mein Varibike-Trike als „Rudergerät.“ Dabei stehen die Bein und die Armkurbeln jeweils parallel zueinander und nicht um 180° versetzt, wie bei einem normalen Fahrrad. Dann kurbele und trete ich synchron und das bringt die ultimative Kraftentfaltung. Es katapultiert mich geradezu voran. Denn im Gegensatz zum klassischen Rudern, bei der nur die Zugbewegung mit Kraft ausgeführt wird, kann man beim Varibike durchgehend mit Kraft Rudern, also während der kompletten 360° Kurbelbewegung. Das Rudern hielt ich anfangs allerdings nur kurze Zeit durch, es ist extrem kräftezehrend. Jetzt ist es kein Problem mehr und ich kann recht lange rudern.

Anfangs war es schwierig langsam zu fahren

Langsam fahren, war für mich am anfang viel schwieriger. Ich schaffe den „ruckelfreien“ Antrieb nur bei ungewohnt schnellerer Trittfrequenz und voller Konzentration. Ich bin dann sehr flott, oft zu flott unterwegs. Aber auch das hatte den Vorteil, dass ich durch die aufgezwungene, schnelle Trittfrequenz Ausdauer aufbauen konnte.

Nach wenigen Wochen hatte ich endlich Bauchmuskeln!

Bei meinen täglichen Trainingseinheiten mit dem Varibike lag mein Augenmerk auf Arm- und Beinmuskulatur, meine Bauchmuskeln beachtete ich gar nicht. Muskelkater bekam ich da auch nicht. Nach fünf Wochen waren sie aber da – die lang ersehnten Bauchmuskeln.
Beim Liegeradfahren sind die Beine nach vorne gestreckt, anstatt nach unten wie beim „normalen“ Rad. Durch das alternierende Ziehen und Treten in halbliegender Position sind die Bauchmuskeln permanent gefordert, noch mehr, wenn ich im Rudermodus fahre. Ich war die erste Zeit so sehr mit den Bein- und Pomuskeln beschäftigt, dass ich die Veränderungen am Bauch erst wahrnahm, als ich die neuen Muskeln sogar im Alltag spürte. Ich hatte mehr Halt aus meiner Mitte heraus. Innerhalb von drei, vier Wochen hatte ich Muskeln trainiert, an denen ich mich schon jahrelang erfolglos abgemüht hatte.
Bei meinem Muskelaufbau- und Ausdauertraining war es enorm hilfreich, dass das Varibike „Extreme“ so viele Möglichkeiten des Antriebs durch unterschiedliche Muskeln bietet. Werden die Beine beim Rudern müde, paddelt oder rudert man einfach ein paar hundert Meter mit den Armen.

Schonung und Training des Knies

Mein Knie braucht nach einer Verletzung mit OP von vor drei Jahren regelmäßig Bewegung, um halbwegs schmerzfrei zu bleiben. Das fehlte mir sehr in der bewegungsarmen Zeit meines neuerlichen Unfalls. Das Knie schmerzte wie nie zuvor. Glücklicherweise kam das Varibike zur rechten Zeit.
Auf den ersten Touren mit dem Rad schmerzte das Knie anfangs eher mehr als weniger. Ich war ja auch andauernd unterwegs und aktiv. Jedenfalls merkte ich schnell, dass die Knieprobleme beim Treten wesentlich stärker waren als beim Ziehen. Ich verminderte die Kraft beim Treten und konzentrierte mich auf das Ziehen. Doch das Knie schmerzte noch immer.
Um die Bewegung auf dem Varibike zu analysieren, filmte ich mich mit einer Helmkamera. Aha – mein rechtes Knie pendelte hin und her und blieb nicht in der „Spur“, also auf Pedalabstand in der Rotationsebene. Ein weiterer Aspekt auf den ich mich konzentrieren musste, und das schaffte ich auch. Die Schmerzen beim Radfahren ließen nach und irgendwann waren sie ganz weg.

Knieschonendes Radfahren

Mein Physiotherapeut erklärte mir, dass man besonders mit der Zugbewegung die Haltemuskulatur des Knies stärkt. Die Ziehbewegung beim Radeln entspannt das Knie und schont zudem die Gelenkflächen. Aber die korrekte Knieposition beim Fahren ist für die Stabilität wichtig.
Weil ich auch über den Winter fast täglich mit dem Varibike trainierte, habe ich ordentlich Kondition und Muskelkraft aufgebaut. Als Nebeneffekt kann ich jetzt auch wieder längere Strecken schmerzfrei laufen. Die runde Trittbewegung der „Extreme“-Kurbeln ist extrem gelenkschonend, wenn man auf eine exakt parallele Trittbewegung achtet. Durch die absolute Sonderstellung des Rades, die Kombination mit Handkurbeln, gibt dem Thema Gelenkschonen noch einen weiteren Joker.
Bei auftretenden Knieschmerzen in den Belastungsspitzen kann ich diese mit gezielter Kraftverlagerung zu den Armkurbeln entschärfen.

Mehr Sportgerät als Langstreckentourer

Nach mehr als einem Jahr Fahrpraxis mit dem Varibike-Trike kann ich guten Gewissens sagen, das Gefährt ist mein täglicher Begleiter geworden. Ich habe den Luxus, mich spontan für eine kurze Tour auf das Trike zu schwingen und absolviere so mein Fitness-Training. Und das kann ich leicht mit anderen Dingen, wie Fotografieren oder Einkaufen verbinden.
Wenn ich mal ein paar Tage auf das Fahren verzichten muss, dann kribbelt es mich schon heftig in Fingern und Zehenspitzen, mein Körper verlangt wenigstens eine kurze Spritztour.
In meiner Heimatgegend unternahm ich mit den Trike noch keine Langstrecken Touren. Ich bin es gewohnt mich auf circa 20 km langen Touren auszupowern und müsste jetzt das Langsamfahren ersteinmal „lernen“.
Auf unserer kürzlichen Reise auf die niederländische Insel Ameland waren längere Wege kein Problem. Da konnte ich stundenlang fahren und die Aussicht aus der bequemen Sitzposition während des Fahrens genießen.
Falls ich mich irgendwann einmal eine Radreise unternehmen möchte, würde ich dafür mein Varibike-Trike auf konventionelle Tretkurbeln umrüsten. Damit bin ich dann zwar ein wenig langsamer unterwegs, kann aber meine Kräfte besser einteilen und ausdauernder fahren. Den runden Tritt habe ich jetzt gelernt.

Übrigens bin ich auf meinem „normalen“ Fahrrad jetzt wesentlich schneller unterwegs als vor dem Vari Trike Training.

Technische Spezifikationen meines Vari Trikes

RAHMEN Hochfestes Aluminium EN AW 7020
FARBE Gelb
BREMSEN Zwei Scheibenbremsen. Und eine Handbremse mit Feststellfunktion zum Parken. Optional: Rücktrittsbremse an einer Armkurbeln. Diese wird einfach durch eine Kurbelbewegung entgegen der Antriebsrichtung aktiviert.
LENKUNG Die innovative VariTrikelenkung ermöglicht antriebsneutrale alternierende Arm- und Beinkurbelbewegungen. Der vordere Rahmen neigt sich beim Lenken in Kurvenrichtung.
SITZ Die tiefe Sitzposition des Mesh-Sitzes sorgt für einen niedrigen Schwerpunkt. Der Sitz ist in seiner Neigung einstellbar.
ARMKURBELEINHEIT An der Armkurbel kleines Antriebsritzel mit nur 22 Zähnen. Synchronkette mit Kettenschutz. Die Armkurbelposition ist 2-D (in Höhe und Tiefe) einstellbar und kann somit optimal an die Bedürfnisse des Fahrers angepasst werden.

VARIANTRIEB
Durch den VariAntrieb kann zwischen diesen 7 Antriebsstilen gewählt werden:
1. Cycling (wie beim Fahrrad)
2. Alternate mit Armen (ähnlich Paddeln)
3. Synchron mit Armen (ähnlich Rudern)
4. Alternate mit Armen + Cycling
5. Synchron mit Armen + Cycling
6. Rechter oder linker Arm
7. Rechter oder linker Arm + Cycling

Der Antriebsstil kann während der Fahrt gewechselt werden und dies ohne Umschalten.

SCHALTUNG Shimano Alfine 11-Gang. Betätigung durch Taster an der Armkurbeleinheit.

So sieht das Varibike Trike in Aktion aus:

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