Zucker ist ein effizientes und beliebtes Konservierungsmittel, welches zudem auch geschmacklich der Majorität zusagt. Wir Mitteleuropäer schätzen diese Eigenschaften hauptsächlich an Marmeladen und Gelees und, weniger hervorstechend, an Ketchup.
Da wir nun schon eine Weile in Schweden weilen, hatten wir schon ausreichend Kontakt mit einigen Eigenarten des schwedischen Nahrungsmittelangebotes. Was uns aufgefallen ist, die Schweden lieben süße Speisen. Ist ja bei uns auch nicht anders. Allerdings macht diese Affinintät zum Süßen nicht bei Desserts, Schokolade, Kuchen und Marmeladen halt. Das erste Problem fängt mit dem schwedischen Backwarenangebot an. Die Grenze zwischen Brot und Kuchen verläuft hierzulande fließend und ist nicht leicht auszumachen. Ein Brot nur nach dessen äußerlicher Erscheinung zu erwerben, kann sich fatal für deutsche Geschmacksnerven auswirken. Wir sind schon ein paar mal in diese Falle getappt uns saßen vor einem hübsch anzusehenden Brotlaib, dessen Geschmack extrem in Richtung labbrig süß ging, angereichert mit allerlei unpassenden Gewürzzutaten. Seitdem achten wir auf das Kleingedruckte an den Lebensmittelpackungen und kaufen nur noch Produkte, bei denen das Word „Socker“ unter „Ingredienser“ ziemlich weit hinten auftaucht.
Doch dummerweise hat es mich an Weihnachten noch einmal voll erwischt. Auf der Suche nach etwas Erfrischendem und Würzigem hatte ich im Hinterkopf, dass die Schweden traditionell gerne Matjeshering essen. Ich entdeckte dieselben als 2kg-Eimer im lokalen Supermarkt und habe sie, ohne das Etikett genauer in Augenschein zu nehmen, käuflich erworben.
Die Überraschung folgte auf dem Fuß. Zuhause schnell ein paar Kartoffeln gequellt und den Heringscontainer geöffnet, da blickte mich eine trübe, rötlichfarbene Brühe an, in der gräuliche Fischleichenteile herumschwammen. Das ganze Ausmaß der Katastrophe wurde mir erst klar, als der erste Bissen Heringsfilet mit meinen Geschmacksknospen in Berührung kam. Keine Meldung von Sauer, keine Meldung von Salzig, Alarmstufe Rot von Süß!!! Das war so ziemlich die größte Enttäuschung nach einer kulinarischen Erwartungshaltung, die mir bisher untergekommen ist. Die Filets schmeckten so widerlich süß, dass ich sie beinahe wieder rückwärts gegessen hätte. Glücklicherweise fand ich in unseren schwedischen Freunden Abnehmer für den Rest des Fischeimers, obwohl sie mir auch keinen besonders begeisterten Eindruck machten.
Und die Moral von der Geschichte? Traue nicht deinen Erwartungen und lese in Schweden IMMER das Kleingedruckte auf den Lebensmitteletiketten.
Nicht von ungefähr bezeichnen die Norweger ihre östlichen Nachbarn etwas hämisch als „unsere süßen Brüder“. Sie brauchen sich aber nicht hinter den Schweden zu verstecken. Wer einmal einen norwegischen Schokokuchen probiert hat, oder in Zucker konservierte Sardinen, oder den berüchtigten „Geitost“, Ziegenkäse mit karamelisiertem Zucker, weiss wovon ich rede.
von Gunter