Interview mit Karin – die Slow & Simple Fotografie
Den Blog „Fotonomaden“ von Karin und Markus lese ich schon länger. Ich mag die tollen Tipps für Fotoausrüstungen, wie zum Beispiel den Beach Rolly für Fotografen. Habe ihn mir aber noch nicht gekauft.
Wir – Gabi und Karin – schreiben gern Bücher über den eher ruhigen Ansatz der Fotografie bei dem die Technik eine untergeordnete Rolle spielt. Darüber tauschen wir uns im folgenden Interview aus. Karin stellt zwei ihrer vier Bücher der Slow & Simple Reihe vor: „Waldfotografie“ und „Winterfotografie“. Ich habe beide Bücher gelesen. Die Anregungen für die Motivsuche im Wald und im Winter sind gelungen. Du wirst nach dem Lesen mit wacheren Augen durch die Natur streifen und Motive sehen, die dir vorher vielleicht nicht aufgefallen wären.
Klick auf die Bücher für mehr Information!
1. Stellt ihr Euch kurz vor. Wie lange fotografiert ihr beiden schon? Was magst du an der Fotografie am meisten?
Mein Mann Markus und ich sind Natur- und Reisefotografen aus Leidenschaft. Seit über fünf Jahren arbeiten wir auch als Foto-Coaches. Was die Fotografie betrifft, so ist uns ganz wichtig, die Dinge so einfach wie möglich zu halten und zu erklären. Wir stehen für Outdoor-Fotografie mit vorhandenem Licht und wenig Fotoausrüstung.
2008 haben wir die ersten Foto-Workshops besucht. Von 2012-2014 haben wir dann unsere Ausbildung an der Prager Fotoschule Österreich absolviert.
Beim Fotografieren mag ich am liebsten, wenn Markus und ich alleine in der Natur sind, die Zeit völlig vergessen, in den Flow kommen und uns komplett auf den Ort und die Gestaltung der Bilder fokussieren. Das entschleunigt total und ist eine echte Kraftquelle!
2. Mit deinem Mann Markus betreibst du den Blog Fotonomaden.com. Was ist euer Schwerpunkt?
Wir fokussieren uns auf Natur- und Reisefotografie. Seit Beginn der Pandemie liegt der Fokus stark auf der Naturfotografie im näheren Umfeld. Jetzt wollen wir aber wieder vermehrt auch Reisebeiträge veröffentlichen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Europa, da wir aus Umweltgründen mittlerweile so wenig wie möglich fliegen und eher mit der Bahn oder dem Wohnmobil unterwegs sind.
3. Wir sind ja auch ein Fotografen-Ehepaar. Das hat viele Vorteile so im Team zu arbeiten. Kannst du, auch im Bezug auf deine Fotocoachings eine unterschiedliche Herangehensweise an die Fotografie zwischen Frauen und Männern sehen? Sind Frauen eher intuitiv?
Wir finden es auch großartig im Team zu arbeiten. Dabei haben wir sowohl gemeinsame Lieblingsmotive (Wildtiere & Landschaften), als auch die jeweils eigenen Spezialbereiche. Markus ist der Profi für Weitwinkel-Landschaftsaufnahmen, HDRs, Panoramen und komplexere Bildbearbeitung. Mein Fokus liegt auf Detailaufnahmen und Bildgestaltung. Dementsprechend teilen wir uns auch die Coachings thematisch nach unseren Stärken auf.
Ich würde definitiv sagen, dass der Zugang zur Fotografie von Frauen und Männern oft unterschiedlich ist. Die meisten Männer sind, unserer Erfahrung nach, wesentlich mehr auf die Technik von Kamera und Fotoausrüstung fokussiert.
Ich weiß nicht, ob Frauen intuitiver sind, aber vielen geht es mehr darum, Emotionen und Stimmungen einzufangen. Die Kamera ist dabei das Mittel zum Zweck.
3. Vor einiger Zeit hast du mit der slow & simple Fotografie angefangen. Was ist das und wie unterscheidet sie sich von der herkömmlichen Fotografie?
Slow & simple Fotografie bedeutet für mich, sich für jedes einzelne Motiv wirklich Zeit zu nehmen, anstatt im Vorübergehen schnell eine Menge Fotos zu knipsen.
Mein Ansatz ist, dass meine Fotos besser werden, wenn ich mein Motiv zuerst einmal „kennenlerne“, in dem ich es von allen Seiten und aus verschiedenen Perspektiven betrachte. Wenn ich dann eine Aufnahme gemacht habe, prüfe ich gleich vor Ort, ob ich noch etwas verbessern könnte.
Ansonsten zeichnet sich die slow & simple Fotografie durch einen starken Fokus auf die Bildgestaltung und möglichst einfache Kameratechnik aus. Es geht darum, beim Fotografieren in den Flow zu kommen, die Kreativität zu entfalten, zu entschleunigen und gleichzeitig Kraft in der Natur zu tanken.
Der Mainstream Zugang zur Fotografie ist im Vergleich sehr techniklastig. Das spiegelt sich auch in den meisten Fotokursen und Büchern wieder. Bei der slow & simple Fotografie geht es dagegen darum mit dem notwendigen Minimum an Technik und der Konzentration auf Kreativität und Bildgestaltung mit Freude und Leichtigkeit, ohne Druck zu fotografieren.
4. Wie bist du auf die slow & simple Fotografie gekommen?
Über die Jahre hat sich immer mehr herauskristallisiert, dass das mein Zugang zur Fotografie ist. Gerade seit Beginn der Pandemie, die ja ein Stressfaktor ist und uns örtlich sehr eingeschränkt hat, haben wir gemerkt, wie gut es uns tut, langsam und achtsam in der Natur zu fotografieren und unserer Kreativität Raum zu geben.
Natürlich kann man das slow & simple Prinzip überall anwenden, aber die Natur verstärkt den Entschleunigungs- und Erholungseffekt sehr stark. Ich glaube, dass das etwas ist, was die meisten von uns heute als Ausgleich brauchen in unserer schnelllebigen, oft stressigen Zeit.
Außerdem haben wir bei unseren Workshop- und KursteilnehmerInnen immer wieder gemerkt, wie ihnen die Freude am Fotografieren abhanden gekommen ist, weil sie sich zu viel Druck gemacht haben. Besonders Plattformen wie Instagram tragen dazu stark bei.
Deshalb ist es mir auch ganz wichtig bei der slow & simple Fotografie den Perfektionsanspruch rauszulassen. Es geht um die Freude im Moment des Fotografierens. Wenn dann auch noch schöne Bilder entstehen, auf die man stolz ist, ist das ein Bonus.
5. Braucht man dafür eine spezielle Fotoausrüstung?
Nein, braucht man nicht! Sogar mit dem Smartphone kann man mittlerweile großartige Fotos machen, wenn man weiß, wie man Bilder schön gestaltet. Wir sagen immer: Die beste Kamera ist die, die du dabei hast! Die teure, schwere Fotoausrüstung bringt nichts, wenn man dann keine Freude daran hat, sie zum Fotografieren nach draußen mitzunehmen.
6. Beim Lesen deiner Bücher habe ich mich natürlich sehr wiedererkannt. Siehe mein Buch: „Natur-Fotografie macht glücklich“ Bei Fotografinnen scheint der technische Aspekt der Fotografie nicht so wichtig. Ich stimme dir zu, dass das Motiv und das Sehen lernen wichtiger ist als die perfekte Kameraausrüstung. Wie kann man die slow & simple Fotografie nützen, um Kraft in der Natur zu tanken?
Ja, wir haben da seinen sehr ähnlichen Ansatz. Das war auch der Grund, warum ich mir dein Buch gekauft und sehr genossen habe, es zu lesen und mich von den fantastischen Fotos inspirieren zu lassen!
Um mit der slow & simple Fotografie in der Natur Kraft zu tanken ist es vor allem wichtig, sich Zeit zu nehmen. Wenn man sich bewusst und achtsam in der Natur umschaut, entdeckt man immer wieder Neues und wird automatisch langsamer. Das funktioniert besonders gut, wenn man sich ein konkretes Thema vornimmt und dann nach Motiven dazu Ausschau hält. Zu sagen: „Heute fotografiere ich Knospen!“ verändert und schärft den Blick sofort.
Besonders der Wald hat eine heilende Wirkung auf uns, was in zahlreichen Studien nachgewiesen wurde.
Slow & simple Fotografie kann man sich vom Effekt her ein bißchen wie Waldbaden mit Kamera vorstellen.
7. Du hast zwei E-Books zu dem Thema herausgegeben. Ich habe beide gelesen und fand die kreative Inspiration sehr anregend. Wen möchtest du mit deinen Büchern erreichen? Eignen sich die Bücher für Anfänger und Fortgeschrittene?
Es freut mich riesig, dass dir meine E-Books so gut gefallen haben! Bis jetzt gibt es eines zu Waldfotografie und eines zu Winterfotografie. Wobei sich 28 der 40 Winter-Inspirationen auch ohne Schnee und Eis umsetzen lassen.
Mein Ziel ist es, Menschen damit zu inspirieren, sich kleine Auszeiten im stressigen Alltag zu gönnen, um in der Natur fotografieren zu gehen und sich dabei kreativ zu entfalten.
Damit möchte ich anderen dabei helfen, das Gedankenkarussell zu stoppen, runterzukommen, sich zu erden und ganz im Moment zu sein. Außerdem erlebe ich bei meinen Coachings immer wieder, dass sich viele, vor allem Frauen, für unkreativ halten. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, ihnen das Gegenteil zu beweisen und ihre Kreativität wieder zu entfachen.
In den E-Books gebe ich jeweils konkret Inspirationen zu 40 Fotoideen, die sich praktisch mit jeder Kamera umsetzen lassen. Der Fokus liegt dabei auf der Bildgestaltung. Die Kameratechnik wird nur am Rande gestreift. Insofern fühlen sich eher Frauen von meinen Büchern angesprochen, obwohl die slow & simple Fotografie Männern genauso gut täte!
Der überwiegende Teil der Fotoideen eignet sich für jedes Können. Vereinzelte Inspirationen richten sich konkret an Fortgeschrittene, weil sie technisch etwas anspruchsvoller sind.
Vielen Dank, dass ich auf eurem Blog Interview-Gast sein durfte. Ich bin schon gespannt auf eure nächsten Projekte!
Da wir in unserer Heimat eigentlich keinen richtigen Winter haben, fokussieren sich unsere Winterfotografie Tipps hier im Blog auf Schweden und Norwegen. Klick dich mal durch!