Die Insel Yell, Nordlichter am Abend
Fototour in Eshaness am frühen Morgen
Wieder rappelte der Wecker um 6:00 Uhr. Wenn die Sonne den ganzen Tag so völlig ohne Wolken auf uns runterbrezelt, dann ist es noch sinnvoller, das weiche Licht der Morgenstunden zu nutzen. Im grellen Licht der Mittagssonne macht es wenig Spaß zu fotografieren. Wir liefen wieder gemeinsam los, entlang der Klippen. 6:00 Uhr ist jetzt Ende März fast zu spät.
Wir fanden die eingefallene Höhle, die gigantische Ausmaße hat, und an der wir trotzdem bereits zweimal vorbeigelaufen sind. Immer mit Blick zum Meer, erwartet man nicht im Landesinneren plötzlich Meeresrauschen. Diese Region um den Leuchtturm ist von langen Höhlen durchzogen. Etwa 100 m im Landesinneren stürzte die Decke der Höhle ein, zurück blieb ein großes, tiefes Loch. Eine Herausforderung, das Ausmaß des Erdlochs aufzunehmen.
Wieder liefen wir nicht bis zum Grind o da Navir (Gate of the borer). Dort rauschen bei Stürmen die Wellen durch eine Art Tor. Sie entwickeln ungeheuerliche Kraft an dieser Stelle. Tonnenschwere Felsbrocken werden regelmäßig 50m hinter den 30-40m hohen Klippen abgeladen. Dorthin müssen wir alle gemeinsam laufen.
Das Windhouse, Geisterhaus der Insel Yell, Shetland
Ich war der Meinung, dass wir Yell nicht wirklich gesehen hatten. Im Reiseführer und in der Broschüre standen einige interessante Sachen. So machten wir uns auf den Weg, die Fährezeiten wieder nicht im Blick. Diesmal hatten wir Pech, wir mußten eine Stunde warten. Doch wir wußten bereits, dass es hier Internet gibt und hatten die Notebooks vorsorglich im Auto. So verging die Wartezeit relativ schnell.
Yell war an diesem Tag von grandiosen Wolken beglückt. Sie regneten glücklichweise immer in der Ferne, nicht jedoch über uns ab.
Auf der Insel gibt es da „most haunted house of Shetland“, das Haus mit den meisten Geistern. In den Büchern steht, welche Geister was machen und wo die Skelette der Verstorbenen gefunden wurden. Das reizt natürlich. Da die Broschüre auch ein Bild des Geisterhauses zeigte, fanden wir es recht schnell. Zwischen alten Traktoren parkte ich den VW Bus. Das Parken ist hier nicht immer einfach, meist gibt es Wendehämmer aber keine Parkplätze. Und vor Farmen liegen sehr häufig Metallteile auf dem Weg, ich pass da lieber auf und rangiere nicht zu viel, sonst riskieren wir einen Platten.
In der Ferne bellten Border Collies, sechs oder sieben sprangen um einen älteren bärtigen Farmer herum. Immer wieder schrie er ihnen nach, bei ihm zu bleiben. An einem Gatter, welches anscheinend zum Haus führte stand ein Schild: „Beware of Bull“. Ich fragte besser nach, so kamen wir ins Gespräch. Er hätte 1500 Schafe. Nur schwerlich könne man seinen Lebensunterhalt damit verdienen. Jedes Schaf bringt ein Kilo Wolle aber die Schafscherer bekommen schon 1,5 Pfund, pro Tier für die Schur. Die Scherer kämen sogar aus Neuseeland. Ein gute Schafscherer packe 600 Schafe am Tag! Das Halten der Schafe würde sich nur aufgrund der Subventionen lohnen. Die Hunde hätte er für die Schafe. Manche wäre gute Hütehunde, andere nicht. Die quirligen Tiere sprangen um uns herum, an uns hoch. Wir wurden ausgiebig geschnüffelt. Ein Feld vor dem Haus lag voller Knochen. Das sah gruselig aus. „Das haben die Hunde einen Winter über gefressen“, meinte er grinsend, als ich nach den Knochen fragte. Wir nahmen einen Schafschädel mit Hörnern mit.
„Hast Du denn die Geister des alten Hauses schon einmal gesehen?“ fragte ich, mein Blick noch immer auf dem Knochenfeld. „Ach was!“, lachte er. Wir verabschiedeten uns, alle mit zahlreichen Hundepfotenabdrücken auf Hosen und Jacken und liefen zum Gruselhaus. Dicke, schwere, tiefblaue Wolken hingen passend über der Ruine. Schafzäune versperrten uns den Einstieg und das nähere Inspizieren des Hauses. Schade. Außerhalb des Zaunes würden wir sicher keine Geister finden. Tief in meinem Innersten dachte ich: „das ist auch gut so“ :-)
Treffen mit einem quirligen Spaniel, weiter Sandstrand
Das wechselhafte Wetter bescherte uns fantastische Blicke über die Küste. Auf kleinen, einspurigen Straßen fuhren wir in den Norden der Insel. Immer wieder endete die Straße an einer Farm. Meist gab es über Weiden und entlang von Scheunen einen Zugang zu den einsamen Stränden. Wir fotografierten gerade Tang, der seicht im flachen Wasser schwankte, als ich einen Otter entdeckte. Ich schaffte es nicht rechtzeitig, die Kamera mit dem Teleobjektiv aus dem Rucksack zu zerren, da war er auch schon wieder abgetaucht. Gerne würde ich die Otter fotografieren, doch dazu brauche ich mehr Zeit und Geduld. Da reichen drei Wochen Shetland nicht aus!
Wir parkten den Wagen vor einer anderen Farm, wieder sprangen viele Hunde um uns herum. auf Yell gibt es fast so viele Border Collies wie auf der Isle of Lewis. Wir erreichen gerade den weiten Sandstrand als uns ein junger quirliger Spaniel umtanzte. Er lies sich von jedem einmal ausgiebig graulen, naja, so ausgiebig es ein junger Hund so schafft, dann schoss er in die andere Richtung den Hang hinauf.
Auf unserem Rückweg sahen wir unseren Freund als kleinen weißen Punkt auf uns zukommen. Er lief schwer, schleppte etwas grosses Totes im Maul heran. Stolz präsentierte er uns schwanzwedelnd ein Kaninchen. Im Vergleich zum Hund sah das tote Tier sehr gross aus! Das Kaninchen war nicht sonderlich frisch, das muss schon länger auf der Wiese gelegen haben, die Gedärme hingen heraus, es roch streng und verwest. Der kleine Spaniel wuselte um uns herum, wollte gestreichelt werden aber auch nicht. Wir wollten ihn streicheln, aber auch nicht :-) Die Beute musste beschützt werden. Er schwänzelte ein paar Minuten um uns herum und zog dann wie ein Blitz in die andere Richtung ab.
Auf dem Rückweg warteten wir wieder fast eine Stunde auf die Fähre. Zu Esras großem Frust funktionierte das Internet nicht. Der verliebte Teenager leidet besonders sehr unter dem Internet Entzug.
Die Fahrt zum Wifi
Ich versprach ihm, abends nochmal zur Schule – wo wir free Wifi gefunden hatten – zu fahren. In Eshaness liefen wir dann nochmal entlang der KLippen, wo das schon so schön ist, vor der Tür! Ein Fotograf stand mit Stativ vor dem Leuchtturm. Leute mit Stativ spreche ich generell an :-) Es gibt sie nämlich kaum! Jetzt lernte ich Dave kennen! Einer meiner Shetland Facebook Freunde. Seine Fotos kenne ich schon lange! Wir quatschten eine Weile, tauschten uns fotografisch aus. Und schon am nächsten Abend schrieb er mir auch eine email. Ich hoffe, dass wir ihn nächste Woche im Süden von Shetland nochmal treffen werden.
Ich sicherte die Fotos und schrieb ein wenig am Bericht, dann fuhren Esra und ich die 10 km Richtung Hillswick.
Nordlichter auf den Shetland Inseln
Im Auto war es kalt, mit dem Notebook ist es extrem unbequem. Der Blick auf die Nordlichtvorhersage lies mich aufstöhnen! Wow, der kp Wert war gerade auf 5!!! Ich richtete die Kamera auf Norden und machte eine Testaufnahme. Es war grün! „Esra“, rief ich ungeduldig, „wir müssen schon wieder los!“ Das können wir uns nicht entgehen lassen!! Der Arme, hatte gerade zum ersten Mal seit Tagen, seine Freundin in Skype. Er tat mir leid! Ich rief Gunter an, um ihn zu warnen, er solle sich warm anziehen. Dann schnell zurück zum Leuchtturm. Im Dunkeln zeigt das Licht uns schon von Weitem den Weg zurück.
Ich lief direkt zu den Klippen und machte Aufnahmen, da parkte ein Wagen neben uns: „Seht ihr den Kometen dort drüben?“ fragte ein junger Mann. „Siehst Du das leichte Nordlicht da hinten?“ fragte ich zurück.
Geschäftig zogen wir beide in verschiedene Richtungen los. Ich war hin und her gerissen, die Klippen oder der Leuchtturm?
Der Mond versteckte sich hinter Wolken, die Klippen lagen also tiefschwarz in der Nacht, das Nordlicht war nicht hell genug um die Landschaft ins rechte Licht zu setzen. So machte ich nur wenige Aufnahmen mit den Klippen und konzentrierte mich dann auf den Leuchtturm. Das sich drehende, grelle Licht des Turm machte die Sache schwierig. Ich fand schließlich eine gute Position und fotografierte. Esra hatte das Essen fertig gebrutzelt, wir hatten den ganzen Tag noch nichts gegessen. Normalerweise würde ich nicht mit der Nordlichtfotografie aufhören, vor allem jetzt, wo wir schon seit Wochen drauf gewartet hatten. Doch am Himmel tat sich nicht wirklich viel, es war leicht grün und das Nordlicht bewegte sich nicht. So ging ich rein und ass etwas. Ich packte mich danach in den warmen Norwegeranzug ein und zog doppelte Socke und die warmen Schuhe an. Gunter schaute aus dem Fenster und meinte nur: „jetzt aber flott, da ist es rot und es bewegt sich“ Mist, schnell raus und wieder zu den Klippen. Da stand ich nun allein in der Nacht (Gunter mußte sich noch anziehen) und es war gerade wie zuvor, leicht grün, wenig spektakulär. Hatte mein Gatte mich verarscht? Nein, das Nordlicht hatte sich tatsächlich nur für wenige Minuten so farbenfroh gezeigt! Um beiden Seiten gerecht zu werden, psotionierte ich eine Kamera am Zaun in Richtung Klippen und programierte den Timer auf alle 10 Sekunden. Ein Timelapse war da doch die beste Idee!
Nordlicht und Leuchtturm ist schwierig zu fotografieren
Ich stellte mich danach wieder der Herausforderung des Leuchtturms mit seinem Lichtstrahl. Vielleicht würde ich auch den Kometen aufnehmen können?
Wir fotografierten schließlich mit drei Kameras, der 5d MII, der alten 5d und der 7d. Jede dieser Kameras gibt die Farbe des Nordlichts anders wieder. Interessant. Die alte Canon 5d ist immer noch die BESTE!
Die Batterie der TimeLapse Kamera war schwach, ich hatte Gunter gebeten, sie zu tauschen, während ich die zweite Kamera hinter dem Leuchtturm einrichtete. Leider gab es da ein Missverständiss und es ging vergessen. Gerade, als der grüne Schein sich zu richtigem Nordlicht entwickelte, gab die Batterie auf. MIST aber auch! Das TimeLapse hätte ich gern vollständig gehabt.
Noch bis 2:00 Uhr blieben wir draußen. Irgendwann lies auf der kalte Wind nach und die Finger waren nicht mehr allzu kalt. Während die Kameras schließlich allein weiter arbeiteten, lud ich einen Teil der Aufnahmen auf den Rechner. Bis tief in die Nacht hielten wir den Himmel im Blick. So stark, wie direkt nach dem Essen wurde das Nordlicht nicht mehr. Schade. Das war ein langer Tag gewesen! Völlig erschöpft, doch auch aufgedreht, schlich ich ins Bett. Und war nur zwei-drei Stunden später wieder wach. Diesmal zwang ich mich dazu, noch ein wenig liegen zu bleiben, auch, wenn die Sonne draußen lachte.
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Hallo!
Lese gerade noch einmal mit Spannung die Berichte Eurer Shetlandreise.
Ich würde ja auch gerne mal dorthin und frage mich, wie die Entfernungen dort so einzuschätzen sind. Schafft man es beispielsweise bequem, d.h. mit Fotostops von Bressay in den Norden oder ist das dann ein Gehetze?
Die Ferienhäuser im nördlichen Teil sind ja rar gesät. Könnt Ihr mir einen Tip bzgl. der Unterkunft geben (z.B. in welchem Haus ward Ihr in der letzten Woche, war es „günstig“ u. empfehlenswert?
Danke für die Antwort.
Liebe Grüße
Michaela
Hi Maria,
lass uns doch was planen! MIt Träumen soll man nicht zu lange warten!
Und einmal Nordlicht gesehen zu haben! Das ist wirklich genial!
Heute nacht könnte es evtl sogar in Deutschland klappen mit dem Nordlicht!
liebe Grüße
Gabi
Hi Ricarda,
ja, manchmal ist es anstrengend! Ich merke das meist so nach 6-7 Wochen. Da bräuchte ich tatsächlich mal wenigstens ein, zwei Tage Pause, die ich mir meist nicht gönne! Die Touren sind relativ teuer – da kann ich mich nicht hängen lassen.
DIesmal habe ich so 7 kg abgenommen! In Norwegen damals war es wesentlich mehr! Ich muss da tatsächlich aufpassen, dass ich nicht zu viel mache!
ABER: ich genieße es sehr! Ich liebe es in der Natur unterwegs zu sein. Zu spüren, wie klein wir Menschen doch wirklich sind, aber im positiven Sinn! Erführchtig bin ich und das ist gut!
liebe Grüße
Gabi
Hi Mutti,
Ja, was für ein Tag. Das sind diese Fototage, auf die man lange wartet.
Ich denke, wir haben das Beste draus gemacht!
liebe Grüße
Gabi
Hallo Gabi,
boah, Nordlicht…was für ein Erlebnis…und tolle Fotos,einfach klasse.
Ein wenig beneide ich euch ja doch,vielleicht habe ich in den nächsten 10 Jahren doch noch mal die Ehre und Möglichkeit, Nordlicht in Natura zu erleben.
Ich genieße eure Berichte und Fotos, danke,dass ihr sie teilt.
LG Maria
Ah ja, heut funktionieren die Kommentare wieder…..
Also wollte eigentlich gestern schon erwähnen, daß die Nordlichtbilder fantastisch sind ! Es ist echt bewundernswert, welche Mühen ihr auf Euch nehmt – das sind schon sehr sehr lange Tage die ihr da zu bewältigen habt. Aber Hauptsache ist ja, daß ihr Spaß dabei habt !
Gruß, Ricarda
hallo,
das sind ja lange Tage bei euch, besonders mit Nordlicht, kenne ich ja noch von Norwegen. Wir kamen ja auch fast nicht zum Schlafen.
Süß die Aufnahme vom Spaniel mit Kaninchen und dem freudig wedelnden Schwänzchen.
Mein absoluter Hit hier ist:
Nordlicht, Komet und Speigelung, Eshaness, Shetland
lg edeltraud