Eines unserer Lieblingsreiseziele in der Bretagne ist die Halbinsel Crozon. Camaret-Sur-Mer, der Pointe de Penhir, die Grotten von Morgat, Strände und wilde Küste am Cap de la Chevre ziehen uns immer wieder unwiderstehlich an. Unser Hauptziel war dieses mal der berühmte Plage de Ile Vierge am Pointe de St.-Hernot.
Auf Umwegen zum Cap de la Chevre
Dieses Mal steuern wir das südliche Cap de la Chevre, das Ziegenkap an. Unser Navi tut natürlich wieder einmal besonders schlau und nimmt in Morgat eine falsche Ausfahrt im Kreisel. Das hat zur Folge, dass wir unser Mobil kurze Zeit später über enge und steile Sträßchen quälen müssen, und bei jedem entgegenkommenden Fahrzeug fast komplett im grasüberwachsenen Straßengraben landen. Die Asphaltkante ist einige Zentimeter hoch, und unsere Kiste schaukelt bei jedem Ausweichen bedenklich.
Fahrgestresst kommen wir endlich am über 100 Meter hohen Kap de la Chevre an. Wir könnten hier auch übernachten, der Parkplatz ist als Stellplatz in unserer App eingetragen, aber warten wir erst einmal ab. Eine Kaffeepause bessert unsere Laune wieder, dann wandern wir durch die Heidelandschaft am Rand der Klippen entlang. Die Wanderwege soll man nicht verlassen, die gespannten niedrigen Drähte sind aber eher eine symbolische Absperrung. Wir halten uns trotzdem daran, denn der Pflanzenbewuchs an den Hängen des Kaps hat durch die Gedankenlosigkeit unzähliger durch die Gegend streunender Wanderer stark gelitten und benötigt unbedingt eine längere trampelfreie Ruhepause.
Trotzdem krabbeln einige Unverbesserliche in den Klippen herum. Die Strände um das Kap herum sind wunderschön gelegen, aber sehr schwierig zu erreichen. Wir gehen ein Stück einen steilen Pfad hinunter, bis die richtige Kletterei beginnt. Das wollen wir Gabis kürzlich entmetallisiertem Knie doch noch nicht zumuten, da bleibt es bei der Betrachtung aus der Ferne. Außerdem sehen die Strände von oben herunter auch richtig gut aus.
Übernachtung auf dem Stellplatz in Morgat
Wir entscheiden uns doch gegen eine Übernachtung auf dem Cap, weil wir hoffen, in Morgat mehr Fotomotive zu finden. So fahren wir gegen Abend zurück nach Morgat, und zwar auf der stressfreien Staße, die wir gern zum Cap hin genommen hätten. Morgat hat einen praktischen Stellplatz in der Nähe des Ortskerns und des weitläufigen Strandes. Im schwindenden Abendlicht laufen wir noch ein gutes Stück den Küstenpfad entlang bis zur verlassenen Festung Kador.
Die Grotten von Morgat sind sehr berühmt. Wir besuchten die kleineren am Nordende des Stadtstrandes auf einem früheren Besuch. Bei Ebbe kann man da leicht zu Fuß hin. Zu den größeren Grotten gibt es Bootstouren.
Wanderung zum Pointe de St.-Hernot
Morgen wollen wir sehr früh starten und den Küstenpfad bis zum Pointe de St.-Hernot entlang wandern. Was uns hier schon abends an Krabbelei erwartet hat, gibt uns einen Vorgeschmack auf die bevorstehende Route. Ob wir das schaffen? Und wenn, schaffen wir es zu fotogenen Zeiten?
Weit vor sieben Uhr in der Frühe mühen wir bei 9° C Innentemperatur frierend aus dem Bett, genehmigen uns einen schnellen Morgenkaffee, schultern unsere Fotorucksäcke, einigen uns auf ein Stativ und wandern los.
Das erste Stück laufen wir über die Straßen, wir wollen die Schleife um das Kap Kador abkürzen. Aber der schräge Asphalt läuft sich noch bescheuerter als der krummste Wanderweg. Die erstbeste Abzweigung nutzen wir, um nach links auf den Küstenwanderweg einzuschwenken. Und auf dem geht es wieder richtig auf und ab. So RICHTIG auf und ab. Teilweise geht es sehr steil hinunter und direkt darauf wieder so steil hinauf, dass wir die Hände zu Hilfe nehmen. Es geht über Felsen, torfigen Waldboden und lockeres Geröll. Gerade so wie ein richtiger Weg an Steilklippen entlang sein muss. Die Luft ist erfüllt vom intensiven vanilleartigen Duft der blühenden Ginsterhecken. Zu Beginn unserer Tour liegt noch Bodenfrost auf den Pflanzen am Wegesrand. Wir sind ganz allein unterwegs und genießen das weiche Licht und die grandiosen Aussichten.
Nach zwei Stunden angestrengtem Wandern erreichen wir den Pointe de St.-Hernot. Die baumbestandene Landzunge streckt sich felsig und steil weit ins Meer, die Steinbögen und die kleine Strandbucht auf der Südseite liegen aber noch im tiefen Schatten. Schade! Die morgendlichen Lichtbedingungen sind für diese Location echt schwierig. Die Wege auf das Kap sind nochmals steiler und rutschiger, dafür führen sie direkt am Rand der Steilklippe entlang. Da wird es uns schnell mulmig in der Magengrube.
Mit dem kleinen Pfad hinunter zum Strand und zu den Felsenbögen haben wir das gleiche Problem wie am Cap de la Chevre. Er ist einfach zu steil und rutschig, und wir wollen das Risiko auszurutschen nicht auf uns nehmen. Vor allem nicht mit einem Bein, welches noch vom Beinbruch geschwächt ist. Die Flut hat sowieso den größten Teil des Strandes in Beschlag genommen.
Leuchtturm von Kardor, Morgat
Wir beschließen, wegen der Lichtverhältnisse später am Nachmittag nochmal hierher zurückzukehren und machen uns auf den langen Rückweg nach Morgat. Dieses Mal ohne Straße.
Und wie es der Zufall will, gegen Ende der Strecke schaut plötzlich ein Leuchtturm frech durch die Bäume. Wir sind ungewollt auf den Leuchtturm von Kador gestossen, den wir auf den vorigen Reisen vergeblich gesucht hatten. So einfach stellt sich ein großes Glücksgefühl ein.
Zweiter Besuch des Pointe de St.-Hernot
Nach einem Imbiss, wie immer Baguette mit irgendwas drauf, und einer Ruhepause unternehmen wir den zweiten Anlauf. Dieses Mal fahren wir mit dem Womo nach St.-Hernot, parken dort vor dem Mineralienmuseum und gehen das relativ kurze Stück zum Kap. Ewig führt der schmale Weg durch dichte Ginsterhecken, dann steil den Hang hinab. Unterwegs stoßen wir auf eine Bauruine im Wald, an deren Wände sich Graffitti-Künstler verewigt haben. Wer da auf die verrückte Idee gekommen war, mitten im Nichts ein Haus hinzustellen? Erfolgreich war es jedenfalls nicht.
Als die Sonne lange vor dem offiziellen Sonnenuntergang hinter der Halbinsel verschwindet und das Kap und die benachbarte kleine Jungfraueninsel im Schatten liegen, ist es an der Zeit, zurückzugehen.
Pointe de Pen Hir
Am Pointe de Penhir läuft Gabi in der Dämmerung nochmal los, während Gunter sich um das Abendessen kümmert. Die Nacht stehen wir auf dem Stellplatz von Camaret. Heute haben wir für unsere Reise einen neuen persönlichen Streckenrekord zu Fuß aufgestellt. Ganze 30 km sind wir über schwieriges Gelände gewandert. In Anbetracht der Tatsache, dass Gabi zu Beginn der Reise noch sichtbar humpelte, ist das eine sehr erfreuliche Leistung. Ich wusste es, man kann sich »gesund-fotografieren«.