Welche Filter würde ich zum Fotografieren mit auf eine einsame Insel nehmen? Ganz klar das Polfilter, genauer gesagt das Polarisationsfilter! Für uns ist das Polfilter, neben dem Graufilter und dem Grauverlaufsfilter, unser wichtigstes Kamerazubehör ist. Schon in den Zeiten der Analogen-Fotografie war das Polfilter fast unser „Immer Drauf“-Filter. Schau Dir die Bildbeispiele an, die werden Dich überzeugen.
Ist die digitale Bildbearbeitung einfacher als die Arbeit mit einem Filter?
Für die klassischen Anwendungsgebiete ist in der digitalen Fotografie das Polarisationsfilter nicht mehr nötig – sagen einige Leute.
Verstärkung des Himmelsblaus und höhere Sättigung der Farben kann man ja am Computer mit dem Verschieben von ein paar Reglern komfortabel vornehmen. Ich bin da ganz anderer Meinung.
Das Polfilter verstärkt direkt keine Farben, sondern es verringert Spiegelungen und Reflexionen auf glänzenden Oberflächen. Dadurch kommen die Farben kräftiger. Die Bildbearbeitung scheitert schon daran, die im Sonnenlicht silbrig glänzenden Blätter eines Baumes im saftigen Grün leuchten zu lassen.
Allein aufgrund der Funktionsweise des Polfilters ist es unmöglich den gleichen Effekt in der Nachbearbeitung hinzubekommen!
Wenn du eine Sonnenbrille mit Polarisationsgläsern besitzt, kennst du den Effekt bereits. Beim Neigen des Kopfes nach rechts und links ändert sich die Farbkraft des Himmels und auch der Landschaft.
Das Polarisationsfilter ist deshalb in einer drehbaren Filterfassung gelagert. Um den gewünschten Effekt zu erhalten, musst du es in die richtige Position drehen. Am stärksten ist die Löschung von Reflektionen, wenn das Licht im rechten Winkel zur Aufnahmerichtung auf das Motiv fällt. Zum Beispiel ist die Verstärkung des Himmelsblaus in Richtung Sonne und von der Sonne weg weniger stark. Am kräftigsten wird das Blau, wenn die Sonne seitlich, rechts oder links von dir steht.
Mit und ohne Polfilter in Bleik, Vesteralen. Schau auf auf das Grün im Gras und auf die Wasseroberfläche. Die Reflektionen des Abendlichts sind fast vollständig eliminiert und lassen die Farben des Wassers und des Grases voll zur Geltung kommen. „Ohne Polfilter“ ist ähnlich wie mit Polfilter in der schwächsten Dreh-Stellung. Das macht es dir einfach, die Veränderung im Kamerasucher zu beobachten, während du das Polarisationsfilter drehst.
[caption id="attachment_8357" align="aligncenter" width="700"] Ohne Polfilter, Northumberland
Mit Polfilter[/caption]
Typisch englische Landschaft mit Schafen und Wolken – wenn das Polfilter auf volle Wirkung gedreht ist, heben sich die Wolken erst richtig vom Himmelsblau ab. Diese Kontrastverstärkung wäre mit Bildbearbeitung unmöglich, zumindest extrem aufwändig.
Nur durch Bildbearbeitung unmöglich
- Mit Polfilter & Graufilter – wir kombinieren diese beiden Filter auch gerne
- Ohne Filter – Lodingen, Norwegen
- Mit Polfilter
- Ohne Polfilter – schwedischer See
Das Polarisationsfilter ist unser Standardfilter
Warum benutzen wir das Polarisationsfilter dann als Standardfilter? Immerhin klaut es auch eineinhalb Blenden Licht.
Das Polfilter besitzt die unschätzbare Eigenschaft, Reflektionen zu unterdrücken. Auf allen nichtmetallischen Oberflächen, ganz besonders in Verbindung mit Wasser.
Auf Standard-Zooms, Tele- und Makroobjektiv ist das Polfilter ständig aufgeschraubt. Beim Superweitwinkelobjektiv verwenden wir es nur bei Bedarf, wenn nicht zu viel blauer Himmel im Bild ist. Weil der Effekt blickwinkelabhängig ist, sind einige Himmelspartien stärker, andere weniger von dem Effekt betroffen. Dadurch erscheinen großflächige Himmelspartien ungleichmäßig blau.
Warum sehe ich manchmal den Effekt und manchmal nicht?
Weil der Polarisationseffekt von der Richtung des einfallenden Lichts abhängig ist, ist der Effekt in verschiedenen Bereichen des Himmels unterschiedlich stark. Das sieht nicht immer gut aus. Der Himmel wirkt fleckig. Verwende ich längere Brennweiten, fällt das nicht auf, weil ich nur einen kleinen Teil des Himmels im Bild habe.
Wie schon erwähnt, am stärksten ist die Löschung von reflektiertem Licht, wenn ich im rechten Winkel zur Lichteinstrahlrichtung fotografiere. Das heißt, mit der Sonne im Rücken oder gegen die Sonne habe ich relativ wenig Polfilterwirkung. Seitlich rechts und links von der Sonne ist der Blaueffekt im Himmel am stärksten.
Bei diffusem Licht, wie an bewölkten Tagen, gibt es keine eindeutige Lichtrichtung. Da ist die Polarisationswirkung allgemein gering. Trotzdem lohnt es, auch hier zu probieren. Reflektionen in Fenstern, auf glänzenden Pflanzen oder auf nassen Oberflächen kann man auch an trüben Tagen noch steuern.
Das Polfilter klaut Licht
Die rund eine bis eineinhalb Blenden, die das Filter an Lichtverlust mitbringt, nutzen wir auch gerne für unsere beliebten Langzeitbelichtungen mit und ohne ND-Filter – manchmal reicht dieser geringe Verlängerung der Belichtungszeit schon aus, um Bewegung durch Verwischung zu verdeutlichen und kreativ einzufangen. Als Landschaftsfotografen haben wir immer das Stativ dabei, da ist die Verwacklungssicherheit sowieso gegeben. Den Verlängerungs-Effekt nutzen wir hauptsächlich bei fließendem Wasser, an Seen und am Meer.
Außerdem ist es keine Sache den Lichtverlust mit einer leichten Erhöhung der ISO-Einstellung zu kompensieren. Wenn ich anstatt 100 ISO auf 320 ISO, bzw. von 200 ISO auf 640 ISO hochgehe, habe ich die Belichtungsverlängerung wieder egalisiert.
Nutze nicht immer den vollen Polfilter-Effekt
In vielen Situationen ist das Drehen des Polfilters auf die maximale Wirkung etwas zu viel des Guten. Der blaue Himmel ist vielleicht viel zu dunkel oder wirkt fleckig, die Farben von Objekten wirken zu krass. Dann nehme ich wieder etwas von der Wirkung weg, bis mein Bild harmonischer wirkt.
Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Beim Drehen des Polfilters verändern sich die Kontrastverhältnisse fließend, die Farben und die Helligkeit der einzelnen Bildobjekte wechseln.
Wie das aussieht, lässt sich am Besten an den folgenden Beispielen demonstrieren.
Polarisationsfilter und spiegellose Systemkameras
Im Sucher einer Spiegelreflexkamera ist der Polarisationseffekkt am Besten zu erkennen und die Veränderung des Bildes beim Drehen des Filters am deutlichsten zu sehen. Mit einem elektronischen Sucher oder dem rückseitigen Display von spiegellosen Systemkameras und Kompaktkameras ist der Effekt schwieriger auszumachen.
Sobald die Polfilterwirkung einsetzt (zum Beispiel die Verstärkung des Himmelblau), kompensiert die automatische Belichtungssteuerung der Kamera den geringeren Lichteinfall, belichtet länger und hellt somit das Blau wieder auf. Im Sucher wirkt der Himmel nicht mehr dunkel, sondern wird entsprechend aufgehellt. Die Helligkeitswerte von Landschaft und Himmel verschieben sich zwar, aber diese unauffällige Änderung ist schwieriger zu erkennen.
Positiv daran ist, dass das Sucherbild einer spiegellosen Digitalkamera (bei entsprechender Kameraeinstellung) in etwa das Aussehen des fertigen Bildes anzeigt. Wenn du die Farben kräftiger haben möchtest, kannst du mit der Belichtungskorrektur gegensteuern, indem du etwas unterbelichtest und so das Himmelsblau wieder zum saftigen Blau hinzukriegst.
Wir nutzen aus Gründen der Qualität B+W Polarisationsfilter, die günstigen Filter von Rollei, oder die Slim-Filter von Haida, in Kombination mit Filterhalter oder als Einschraubfilter.
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung
- Polfilter – unterschiedliche Einstellung