Aktualisiert im April 2024
Welchen Filter würde ich zum Fotografieren mit auf eine einsame Insel nehmen? Ganz klar das Polfilter, genauer gesagt das Polarisationsfilter!
Für uns ist das Polfilter, neben dem Graufilter (nd-Filter) und dem Grauverlaufsfilter, unser wichtigstes Kamerazubehör. Schon in den Zeiten der Analog-Fotografie war das Polfilte unser fast „Immer Drauf“-Filter.
Schau Dir die Bildbeispiele an, die werden Dich überzeugen.
Kann man ein Polfiltereffekt in der Bildbearbeitung erreichen?
Für die klassischen Anwendungsgebiete ist in der digitalen Fotografie das Polarisationsfilter nicht mehr nötig – behaupten einige Leute.
Verstärkung des Himmelsblaus und höhere Sättigung der Farben kann man ja am Computer mit dem Verschieben von ein paar Reglern komfortabel vornehmen.
Ich bin da ganz anderer Meinung.Ein Polfilter kann nicht in der Bildbearbeitung simuliert werden!
Das hängt mit der besonderen Wirkung des Polfilters zusammen:
Wie wirkt ein Polarisationsfilter?
Das Polfilter verstärkt keine Farben, sondern es verringert Spiegelungen und Reflexionen auf glänzenden Oberflächen. Dadurch kommen die Farben kräftiger.
Die Bildbearbeitung scheitert schon daran, im Sonnenlicht silbrig glänzende Blätter eines Baumes im saftigen Grün leuchten zu lassen.
Polfilter vermindern auch die Spiegelung von Wasseroberflächen. Was darunter verborgen ist, wird mit einem Polfilter sichtbar.
(Darum haben manche Seevögel quasi ein eingebautes Polfilter in ihren Augen. Ein Basstölpel könnte sonst keine Fische fangen).
Du siehst, allein aufgrund der Funktionsweise des Polfilters ist es unmöglich den gleichen Effekt in der Nachbearbeitung hinzubekommen!
Ein Polfiter wird gedreht
Wenn du eine Sonnenbrille mit Polarisationsgläsern besitzt, kennst du den Effekt bereits. Beim Neigen des Kopfes nach rechts und links ändert sich die Farbkraft des Himmels und auch der Landschaft.
Das Polarisationsfilter ist deshalb in einer drehbaren Filterfassung gelagert. Um den gewünschten Effekt zu erhalten, musst du es in die richtige Position drehen.
Polfiltereffekt ist nicht überall zu erreichen
Am stärksten ist die Löschung von Reflektionen, wenn das Licht im rechten Winkel zur Aufnahmerichtung auf das Motiv fällt. Zum Beispiel ist die Verstärkung des Himmelsblaus in Richtung Sonne und von der Sonne weg weniger stark. Am kräftigsten wird das Blau in den Himmelsteilen rechts und links von der Lichtrichtung.
[caption id="attachment_47314" align="aligncenter" width="1400"] Bleik, Norwegen, mit Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47315" align="aligncenter" width="1400"] Bleik, Norwegen, ohne Polfilter[/caption]
Mit und ohne Polfilter in Bleik, Vesteralen. Schau auf auf das Grün im Gras und auf die Wasseroberfläche. Die Reflektionen des Abendlichts sind fast vollständig eliminiert und lassen die Farben des Wassers und des Grases voll zur Geltung kommen. „Ohne Polfilter“ ist ähnlich wie mit Polfilter in der schwächsten Dreh-Stellung. Das macht es dir einfach, die Veränderung im Kamerasucher zu beobachten, während du das Polarisationsfilter drehst.
Farbverstärkung bei Farnen am Mittag
[caption id="attachment_47319" align="aligncenter" width="1400"] Farn mit Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47318" align="aligncenter" width="1400"] Farn ohne Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47306" align="aligncenter" width="1400"] Utakleiv-Spiegelung, Ohne Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47307" align="aligncenter" width="1400"] Utaklein, Spiegelung mit Polfilter weggedreht, nd-Filter[/caption]
Leuchtturm auf Ameland, Niederlande
Der große Leuchtturm von Ameland wurde hier mit 24 mm aufgenommen. Da kann ein Polfilter schon unschöne Effekte im Himmel generieren. Bei diesem Foto finde ich die Polfilterverstärkung des Himmelsblaus etwas zu stark und deswegen nicht optimal.
[caption id="attachment_47312" align="aligncenter" width="1400"] Leuchtturm von Ameland ohne Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47313" align="aligncenter" width="1400"] Leuchtturm von Ameland mit Polfilter[/caption]
Das Polarisationsfilter im Weitwinkel- und Telebereich
Auf Standard-Zooms, Tele- und Makroobjektiv schrauben wir sehr oft ein Polfilter.
Vorsicht bei Superweitwinkelobjektiven
Beim Superweitwinkelobjektiv verwenden wir es nur bei Bedarf, wenn nicht zu viel blauer Himmel im Bild ist. Weil der Effekt blickwinkelabhängig ist, sind einige Himmelspartien stärker, andere weniger von dem Effekt betroffen. Dadurch erscheinen großflächige Himmelspartien ungleichmäßig blau. Das Foto kann durch den Polfiltereffekt ruiniert werden.
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Polfilter an Teleobjektiven
Bei langen Telebrennweiten musst du entscheiden, ob du das Bild farbkräftiger möchtest oder ob dir eine kürzere Belichtungszeit wichtiger ist. Das Polfilter blockt nämlich den Teil des Lichts, der die Reflektionen verursacht, was natürlich zu längeren Belichtungszeiten führt. Das ist insbesondere bei Teleobjektiven ein wichtiger Aspekt.
Bildbeispiel Leuchtturm Lilia mit 200mm und Polfilter
[caption id="attachment_47326" align="aligncenter" width="1400"] Lilia, mit Polfilter[/caption]
[caption id="attachment_47327" align="aligncenter" width="1400"] Lilia, ohne Polfilter[/caption]
Noch ein Bildbeispiel mit 120 mm Tele und Polfilter
[caption id="attachment_47328" align="aligncenter" width="1400"] Kerfissien mit Polfilter, 120 mm[/caption]
[caption id="attachment_47329" align="aligncenter" width="1400"] Kerfissien ohne Polfilter, 120 mm[/caption]
Außerdem stellt der Einsatz an Teleobjektiven höhere Ansprüche an die Qualität von Polfiltern. Billigprodukte ruinieren deine Tele-Aufnahmen und vermindern manchmal auch im Weitwinkelbereich sichtbar die Bildqualität.
Warum sehe ich manchmal den Effekt und manchmal nicht?
Weil der Polarisationseffekt von der Richtung des einfallenden Lichts abhängig ist, ist der Effekt in verschiedenen Bereichen des Himmels unterschiedlich stark. Das sieht nicht immer gut aus. Der Himmel wirkt fleckig. Verwende ich längere Brennweiten, fällt das nicht auf, weil ich nur einen kleinen Teil des Himmels im Bild habe.
Wie schon erwähnt, am stärksten ist die Löschung von reflektiertem Licht, wenn ich im rechten Winkel zur Lichteinstrahlrichtung fotografiere. Das heißt, mit der Sonne im Rücken oder gegen die Sonne habe ich relativ wenig Polfilterwirkung. Seitlich rechts und links von der Sonne ist der Blaueffekt im Himmel am stärksten.
Bei diffusem Licht, wie an bewölkten Tagen, gibt es keine eindeutige Lichtrichtung. Da ist die Polarisationswirkung allgemein gering. Trotzdem lohnt sich auch hier der Einsatz. Reflektionen in Fenstern, auf glänzenden Pflanzen oder auf nassen Oberflächen kann man auch an trüben Tagen noch in den Griff kriegen.
Das Polfilter klaut Licht
Die rund eine bis eineinhalb Blenden, die das Filter an Lichtverlust mitbringt, nutzen wir auch gerne für unsere beliebten Langzeitbelichtungen mit und ohne ND-Filter. Manchmal reicht diese geringe Verlängerung der Belichtungszeit schon aus, um Bewegung durch Verwischung zu verdeutlichen und kreativ einzufangen.
Als Landschaftsfotografen haben wir immer das Stativ dabei, da ist die Verwacklungssicherheit sowieso gegeben. Den Verlängerungs-Effekt nutzen wir hauptsächlich bei fließendem Wasser, an Seen und am Meer.
Außerdem ist es keine Sache den Lichtverlust mit einer leichten Erhöhung der ISO-Einstellung zu kompensieren. Wenn ich anstatt 100 ISO auf 320 ISO, bzw. von 200 ISO auf 640 ISO hochgehe, habe ich die Belichtungsverlängerung wieder kompensiert.
Nutze nicht immer den vollen Polfilter-Effekt
In einigen Situationen ist die maximale Wirkung etwas zu viel des Guten. Der blaue Himmel ist vielleicht viel zu dunkelblau oder wirkt sogar fleckig, die Farben wirken zu krass bunt. Dann nehme ich wieder etwas von der Wirkung weg, bis mein Bild harmonischer wirkt.
Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Beim Drehen des Polfilters verändern sich die Kontrastverhältnisse fließend, die Farben und die Helligkeit der einzelnen Bildobjekte wechseln.
Im Zweifelsfall machst du mehrere Variationen eines Bildes. Außerdem kannst du zu starke Farben in der Nachbearbeitung abschwächen. Dabei unsterstützt dich tatsächlich die Bildbearbeitung.
Wie unterschiedlich die Bildwirkung sein kann, lässt sich am Besten an den folgenden Beispielen demonstrieren.
Polarisationsfilter und spiegellose Systemkameras
Im Sucher einer Spiegelreflexkamera ist der Polarisationseffekkt am leichtesten zu erkennen, und die Veränderung des Bildes ist beim Drehen des Filters am deutlichsten zu sehen. Mit einem elektronischen Sucher oder dem rückseitigen Display von spiegellosen Systemkameras und Kompaktkameras ist der Effekt schwieriger auszumachen.
Sobald die Polfilterwirkung einsetzt (zum Beispiel die Verstärkung des Himmelblau), kompensiert die automatische Belichtungssteuerung der Kamera den verringerten Lichteinfall in Echtzeit, belichtet länger und hellt somit das Blau wieder auf. Die Helligkeitswerte von Landschaft und Himmel verschieben sich zwar, aber diese Änderung ist schwieriger zu erkennen. Erst auf dem Computermonitor treten die Unterschiede deutlich hervor.
Positiv daran ist, dass das Sucherbild einer spiegellosen Systemkamera (bei entsprechender Kameraeinstellung) in etwa das Aussehen des fertigen Bildes anzeigt. Wenn du die Farben kräftiger haben möchtest, kannst du mit der Belichtungskorrektur gegensteuern, indem du etwas unterbelichtest und so das Himmelsblau wieder verstärkst.
Wir nutzen aus Gründen der Qualität B+W Polarisationsfilter, oder die Slim-Filter von Haida, in Kombination mit Filterhalter oder als Einschraubfilter.
Bei sehr hohen Kontrasten im Bild, wie bei zu hellem Himmel in Gegenlichtaufnahmen, nutze ich die Grauverlaufsfilter von Haida.