Die Hafenleuchttürme von Scheveningen, Den Haag, Niederlande
Scheveningen
Eigentlich ist es schon wieder zu spät zum Weiterfahren, aber wir wollen heute noch unbedingt nach Scheveningen. Dort steht ein 49 Meter hoher roter Leuchtturm, der gut in unsere Sammlung passen würde. Ein Bild im Licht der untergehenden Sonne wäre fantastisch. Was wir nicht bedacht haben, um sechs Uhr nachmittags stecken wir auf dem Weg nach Haarlem voll im rappeldichten Berufsverkehr um Amsterdam. Kilometerlang geht es nur im Schritttempo über die Schnellstraßen, manchmal geht es gar nicht vorwärts. Viel Geduld ist angesagt, das abendliche Fotografieren können wir uns abschminken.
Duinhorst in Den Haag
Als wir endlich auf den Campingplatz Duinhorst in Den Haag auffahren, ist es schon dunkle Nacht. Im Finstern suchen wir mühsam unseren zugewiesenen Stellplatz. Den Ausflug an die Küste werden wir wohl auf morgen früh verlegen müssen.
Am nächsten Morgen erwartet uns empfindlich kühles Wetter, ein böiger Wind frischt dauernd wieder auf. Wir packen besser mal die Regenjacken in die Fahrradtaschen und ziehen los, immer den numerierten Radwegweisern nach. Es sind nur ca. 10 km bis zum Hafen, aber wir fahren einige Umwege und Zickzacks. Die Böen werden heftiger und Regen liegt in der Luft, als wir am Scheveninger Strand in der Höhe des Piers angelangen. Wir müssen noch etwas weiter südlich Richtung Hafen, da fängt es auch schon an zu regnen.
Die Windböen haben inzwischen Sturmstärke erreicht und holen uns fast vom Rad. Jetzt tun die Regentropfen richtig weh, wenn sie auf die kalte Haut des Gesichtes treffen. Es ist zwar ungemütlich aber dramatisches Regenwetter ist gut für die Fotografie. Falls es zu schlimm werden würde, suchen wir uns ein Cafe.
Der Leuchtturm von Scheveningen
An der Nordmole des Hafens werfen wir einen Blick zurück zum Leuchtturm, aber da ist nichts Rotes zu sehen. Dort wo der Leuchtturm stehen soll, erhebt sich ein Gebilde wie ein riesiges in grau-weißes Papier verpacktes Paket. Entweder hat jemand dem Leuchtturm ein Riesenkondom übergezogen, oder der Verpackungskünstler Christo war hier am Werk, oder der Turm erhält gerade seinen neuen Außenanstrich.
Auf jedem Fall wirkt der eingewickelte Turm vor den tiefhängenden Sturmwolken mit dem aufgepeitschten Wasser im Vordergrund ziemlich dramatisch.
Hafenleuchttürmchen Scheveningen im Sturm
Wir konzentrieren unsere fotografischen Aktivitäten stattdessen auf die zwei Hafenlichter am Ende der Mole. Das Himkommen ist schwierig, weil an der Strandpromenade nicht nur der querfliegende Regen Probleme macht, sondern der Sand. Wir fürchten um die Räder, die Pedale knirschen schon. Es ist nicht wirklich einfach zu fotografieren, weil der Sturm permanent versucht, uns von der Mole herunter zu wehen. Zumindest gibt es weiter vorne keinen Sand mehr in der Luft. Es regnet nur immer wieder.
Zudem sitzt ein Vogelbeobachter mit seinem Spektiv vor dem Hafenlicht im Windschatten und hat auch keine Lust, seinen Platz dort aufzugeben, nur weil zwei Footgrafen unbedingt den Turm ablichten wollen. Irgendwann fasse ich all meinem Mut zusammen und frage, ob wir ein Foto vom Leuchtturm ohne ihn machen können, doch gerade in der zweiminütigen Pause zieht eine Wolke vor die Sonne und die Farbe fällt aus dem Bild. Tja, Mut gehabt, aber falsches Timing. Ich arbeite dran.
Umwege mit dem Fahrrad in Scheveningen
Der Rückweg zum Campingplatz gestaltet sich komplizierter als gedacht. Das Wetter hat sich beruhig, daran liegt es also nicht. Wir orientieren uns wieder an dem Nummernsystem der Radwege und verfransen uns damit diesmal total. Irgendwie kreisen wir dauernd weitläufig um das Campingplatzgelände, erreichen aber nie den Eingang. Gabi hatte eine halbe Stunde früher anders abbiegen wollen, was sich im Nachhinein als richtig erwiesen hat. Manchmal ist es eben besser, sich auf sein Gefühl zu verlassen. Nun, dann bekommen wir halt eine extra Portion Sport ab, obwohl wir sie an diesem Tag nicht unbedingt gebraucht hätten.
Nach ein paar extra Stunden sind wir endlich an unserem Womo angekommen und stillen den aufgestauten Hunger und Durst, dann entleeren wir noch die Abwassertanks und füllen frisches Wasser auf. Und los gehts weiter, weiter Richtung Süden.
„Dreiviertelinsel“ Ouddorp
Wir ahnen noch nicht, was uns auf den nächsten Leuchtturmstationen erwarten wird. Der Zwischenstopp am Vuurtoren Westhoofd auf der Dreiviertelinsel Ouddorp, südlich von Rotterdam, zaubert ungläubiges Erstaunen auf unsere Gesichter. Dieser Leuchtturm steht zwar malerisch in den strauchbewachsenen Dünen. Es ist windig, der Himmel ist blau, zur Dekoration hängen kleine weiße Wölkchen um den Leuchtturm herum, aber: auch dieser grandise Turm ist von einem Baugerüst eingehüllt. Durch das Gerüst pfeift der Wind und macht Musik. Komisch, das ist schon der Dritte eingepackte Turm.
Ouddorp – Insel mit drei Brücken
Nochmal zurück zur Dreiviertelinsel. Ouddorp ist eine Insel, die allerdings über drei Brücken ans Festland, beziehungsweise an die Nachbarinsel angebunden ist. Da habe ich Skrupel, Ouddorp als volle Insel zu sehen.
Nieuw-Haamstede
Frustriert fahren wir weiter nach Nieuw-Haamstede zum schick geringelten rot-weißen Vuurtoren Westerlicht. Das gibts doch nicht! Auch dieser Turm ist in irgendwelche Bauarbeiten verwickelt. Anscheinend werden alle Nordseeküstenleuchttürme der Niederlande nach der Hauptsaison im Herbst generalüberholt.
Geschafft von dem vielen Herumgekarre auf kleinen Sträßchen zu den Leuchttürmen und wieder zurück und der großen Enttäuscht so unverrichteter Dinge von dannen ziehen zu müssen, fahren wir in der anbrechenden Dunkelheit auf den Camperpark Zeeland bei Kamperland und machen Feierabend.
Lust rauszugehen hat keiner von uns beiden, es fängt auch wieder an zu nieseln. Vier eingepackte Leuchttürme auf dieser Tour stecken wir nicht so einfach weg.
Als wir aufstehen, ist das Wetter grau und regnerisch, das macht keine Lust auf irgendwelche Fototouren. Wir bummeln lieber etwas durch Middelburg und besuchen einige Fahrrad Läden. Wir lieben unsere Räder und die Niederlande haben unglaublich viele verschiede Radvariationen. In einem speziellen laden gibt es Liegeräder, danach hatten wir gesucht. Nachdem Gabi eine so großen Spaß am Handbike und vor allem der Sitzposition hatte, möchten wir gern neue Räder kennenlernen.
Das Wetter soll die nächsten Tage so trist bleiben, da machen wir uns auf den Nachhauseweg. Gabi hat einen wichtigen Orthopäden Termin, der nicht verschiebbar ist. Der Termin ist innerhalb weniger Minuten vorbei, verdutz stehe ich wieder auf der Straße. Das Wichtigste war allerdings geklärt – ich kann trotz Schmerz das Knie belasten!
Wenige Tage später setzen wir uns wieder ins Mobil, wir waren noch nicht fertig mit den Leuchttürmen in den Niederlanden. Wenn mans so sieht, sind wir für den Arzttermin mehr als 800 km gefahren. Nun denn, wir haben so auch Amys Geburtag nicht verpasst.
Eine Woche später sind wir im Norden in Westfriesland und wollen uns ein paar der vorgelagerten Inseln ansehen. Ja und dann sind wir wieder ganz in unserem Element Insel und Meeresfotografie angekommen.