Ich war schon früh allein auf unserer kleinen Insel unterwegs gewesen. Ich hatte Schafe fotografiert. Die blieben nämlich im Vergleich zu den zahlreichen Reihern, die mein bevorzugtes Motiv gewesen wären, stehen! Gerade als ich die andere Seite des Meeres erreicht hatte setzte ein Schneesturm ein. Horizontal bewarf mich die Wolke mit kleinen Hagelkörnern. Das tat richtig weh! Ich fotografierte also nicht gegen den Wind! Der Himmel blieb blau, es wirkte surreal. So schnell der Hagel gekommen war, so schnell war er auch wieder weg. Die Sonne schien auf ein schwach schneebedecktes Land. Malcoms Schafe beobachteten mich. „Ob ich was zu Fressen bringen würde? Nein, das ist wieder die mit diesem kleinen Apparat :-)“
Unsere Vermieterin Anne meinte, wir sollten unbedingt Matt, einen Ranger des North Harris Trusts, kontaktieren. Ich hatte ihm eine email geschickt seine begeistere Antwort lies keinen Tag auf sich warten. Im moment hätte er keine Aktivitäten geplant. Am Montag hätte er Zeit, ob wir dann kommen wollten?
Das Büro des North Harris Trusts ist in Tarbert, dort gibt es auch den Harris Tweed Laden, den wir noch besuchen wollten. Weil wir vergeblich auf eine email Antwort von Freunden gewartet hatten – mit einer möglichen Unterkunftsmöglichkeit in der Nähe von Edinburg – waren wir jetzt mit der Planung für unsere weitere Unterkunft zu spät dran. In Pennan hatte ich ein Haus gefunden, die Bezahlung per Online-banking muckte leider. Wir kamen fast 2 Stunden später als geplant von unserer kleinen Insel herunter. Wie schade, denn diese Zeit fehlte uns später zur Erkundung der traumhaft schönen Isle of Harris.
Der Harris Tweed Laden in Tarbert
In Tarbert fanden wir den Tweed Laden nach zweimaligem Fragen. Fasziniert schauten wir uns die Stoffe, Mützen, Jacken und auch die Preise an! Viel würden wir uns nicht leisten können. Gabi, eine der netten Kommentarorinen des Blogs, hatte Stoff bestellt. Wir waren uns nicht einig, welchen wir kaufen sollten? Die Farben, die Länge, Single- oder double width? Der Single Width – also 75cm breit – ist günstiger, die Farbauswahl sehr dürftig. So mußten wir auf den Double Width zurückgreifen. Würde Gabi da beim Nähen klar kommen? Sollten wir zwei, oder drei Farben nehmen? Und auch ein kleines Stückchen für uns? Vorne im Laden lagen Reststücke, da griffen wir alle nach einem hellblauen Teil. Schade, diese Farbe gab es nicht mehr, nur dieses eine Stück. Wir kauften es und zwei verschiedene andere Farben für Gabi.
Ich hatte mir bereits im Internet ein kleines Portmonai ausgesucht – auch blau, wie das Meer!
Im Büro kam Matt schon auf uns zu bevor alle 5 Reicherts drinnen waren. Wir fuhren mit nur einem Auto direkt los um gemeinsam zum Adlerzentrum im Glen Meavaig zu wandern. Wir genossen ein Fotografenwetter, fotogene Wölkchen tummelten sich am blauen Himmel, die Sonne beschien fleckig die tweedfarbene Hügellandschaft, ein kleiner Bach plätscherte neben uns das Tal hinunter. Matt beantwortete geduldig unsere Fragen und erklärte noch viel, viel mehr. Meine Begeisterung für diese Insel wuchs und wuchs, höher noch als die Berge um uns herum.
Matt und der North Harris Trust
Ich denke immer, dass mein Job als Fotografin der Beste der Welt ist. Nun, Matt macht mir da Konkurrenz :-) Er ist als Ranger beim North Harris Trust angestellt. Seine Aufgabe ist, Leuten völlig kostenlos die Natur näher zu bringen. Er bietet Wanderungen an, führt Exkursionen zu den Adlern, unterrichtet in Schulen und macht mit den Schülern längere Projekte in der Natur.
Seine Arbeitgeber sind die Leute aus Nord Harris, denen seit 2003 das Land gehört. (Gunter hatte einen ausführlichen Text über das Thema Croft und Landbesitz geschrieben. Leider hält unser Fotonotebook in seinem stromlosen Dasein diesen bis auf weiteres fest. Ihr müßt warten, bis wir es reparieren können.) Jetzt nur ganz kurz zur Erklärung: Früher gehörte das Land, teilweise eine ganze Insel, einem reichen Landbesitzer. Die Menschen, die das Land bewirschaften zahlen Pacht, ihre Häuser stehen nicht auf eigenem Grund und Boden. So nach und nach gehen die Landbesitzer dazu über, den Anwohnern die Grundstücke zu übergeben. Teilweise für einen relative geringen Preis. Etwa das zehnfacher der Pacht, die so um die 30 Pfund pro Jahr liegt, teilweise aber auch ganz kostenlos. In manchen Fällen startet auch ein Streit um den Preis. Der Besitzer einer Region auf der Insel versucht den Preis für die Grundstücke neu auszurichten. Das Land eignet sich für die Energiegewinnung per Windmühlen, der Grundstückspreis steigt und diesen noch imaginären Wert möchte er aus dem Land herauskitzeln.
In Harris gehört das Land schon der Gemeinde, und diese Menschen machen das Beste daraus! Der North Harris Trust versucht die Qualität der Häuser zu verbessern, Jobs zu schaffen, somit die Landflucht rückläufig zu gestalten. Die Erhaltung und Pflege der wilden, schönen Natur in Nord Harris steht genauso auf dem Plan.
www.north-harris.org
Glen Meavaig
Matt wollte uns die Adler im Glen Meavaig zeigen. Die typischen Ruheplätze der Adler sucht er immer wieder mit dem Fernglas ab. In der Luft bewegt sich nichts! Nur die weißen Wolken ziehen langsam und gemächlich zwischen den Bergen hindurch. Immer wieder entschuldigt er sich dafür, dass die Adler an diesem Tag wohl anderweitig beschäftigt sind. Uns macht das nichts, noch sind wir mit der Bewunderung der Berglandschaft von Nord Harris beschäftigt. Gunter sogar so sehr, dass der fotografierend weit hinter uns erzählenden Naturliebhabern zurück fällt. Wir legen immer wieder Pausen ein, Gunter denkt dann: „Ah, da sind sie ja!“ und läuft noch langsamer. So dauert die kurze Wanderung länger als gedacht. Wir besichtigen die Hütte zur Adlerbeobachtung. Sie bietet Wetterschutz an windigen, regnerischen Tagen. Den hatten wir heute glücklicherweise nicht nötig. Es hatte zwar ganz kurz aus heiterem Himmel geschneit, doch nach wenigen Minuten auch wieder aufgehört. Wir erzählten den ganzen Rückweg, Gunter fotografierte die Steine, Wolken und Berge.
So gegen 16:00 Uhr fuhren wir Matt nach Tarbert zurück. Die Straße Richtung Huisinis war traumhaft, aber auch anstrengend zu fahren. Am Ende liegt ein einsamer Strand. Der ursprüngliche Plan nocheinmal zum Leuchtturm von Scalpay zu wandern schlug fehl. Es war bereits zu spät. Aber diese Straße nach Huisinis hatte nun unseren Forscherdrang geweckt. Wir fuhren zurück, fotografierten unterwegs hie und da. Dunkle, schwere Wolken hingen am Horizont, noch schien die Sonne auf den einsamen Strand. Was für ein Kontrast! Wie es wohl sein muß hier zu wohnen? Die Straße geht auf und ab, kurvig, und kilometerweit durchs Land. Fast wie die nach Great Bernera, sie ist vielleicht noch ein Tick schwieriger zu fahren.
Wir parken das Auto auf einem sandigen Parkplatz, laufen den Hügel hoch um auf die andere Seite der Bucht zu schauen und schon haut uns schmerzhaft der hagelartige Schnee ins Gesicht. Aua! In der Ferne scheint nich die Sonne, die Wolken hängen so tief am Himmel sie berühren fast das Meer. Was für eine Stimmung. Der Schnee bleibt auf dem weißen Sand liegen, der Wind bläst alle Wärme aus den Fingern. Wir berechen auf! Jetzt sehen wir eine völlig andere Landschaft als auf dem Hinweg. Was für ein Kontrast! Die Kinder überreden uns zu Fish & Chips. Der Laden hat gerade noch geöffnet, er schließt direkt nach unserem Einkauf. Gesättigt treten wir den langen, dunklen Heimweg an.