Shetland ist nicht nur für die grandiosen Landschaften und den immerwährenden Wind, sondern vor allem für seine feine Wolle berühmt. (starte am besten vor dem Weiterlesen das Video weiter unten :-)
Aber fangen wir mal ganz vorne an: Auf jeder Fahrt über diese wundervolle Inselgruppe begegnet man den wolligen Tieren, ohne die es keinen Pullover gäbe. Unter uns nennen wir sie manchmal Woll-Elche oder Pulloverschweine. Nach den Wochen auf der Isle of Skye und den Hebriden waren die Schafe natürlich nichts Außergewöhnliches mehr. Mich nervten die Tiere eher indirekt, weil sie für die unglaublich langen und zahlreichen Zäune verantwortlich sind. Die Landschaft ist so weit, das Meer und die fotogene Küste immer in Sichtweite – nur die Zäune, egal ob aus Draht, Holz oder Stein – nehmen mir das Gefühl von Freiheit.
Trotz allem schafften es die Schafe mich in ihren Bann zu ziehen. Die Tiere sind immer neugierig und interessiert. Und das, obwohl sie eine große Scheu vor Menschen haben. Sie erinnern mich, obwohl es weit her geholt ist, an das Buch von Susan Jeffers Feel The Fear And Do It Anyway.
Bei jeder Begegnung spürte ich diese Scheu der Schafe vor allem Neuen, trotzdem kamen sie gelaufen, trotzdem war das Gras vor dem Zaun doch immer am Besten.
Eines schönen, kalten Wintertages mit super dramatischen Wetterwechseln erlebten wir das Schafstreffen – das Schaffotoshooting – schlechthin. Trotz großer Müdigkeit schrieb ich direkt nach dem Treffen einen ausführlichen Bericht mit dem Titel Schafe und Schnee in Südshetland. Nur so kann ich die kleinsten Feinheiten dieses Erlebnisses einfangen.
Jetzt habe ich die Zeit tiefer auf den fotografischen Aspekt dieser glücklichen Begegnung einzugehen. Es ist eine Herausforderung, gefühlte Wetterverhältnisse in einem Foto festzuhalten. Eiskalter Sturm ist besonders schwierig einzufangen. Wie transportiert man dieses Gefühl des beißenden Windes auf ein zweidimmensionales Foto? Es schneite harte, eisüberzogene Schneeteile – es war kein richtiger Hagel, und bei weitem keine Flocke. Angetrieben vom böigem Sturm, der noch dazu ständig die Windrichtung wechselte, schossen diese Teile durch die Luft und taten weh, wo sie auftrafen, der scheinbar polare Wind ging sogar noch unter die Kleidung und sogar die Haut. Die Finger schmerzten schon nicht mehr, jedes Gefühl war aus ihnen gewichen.
Innerhalb weniger Minuten war der Boden von Schnee bedeckt, noch hing der Himmel voller schwerer, dunkelblauer Schneewolken. Wir waren mit dem Wagen im Süden Shetlands unterwegs. Im Freien peinigten uns die Eisgeschosse, als wir diese Kulisse genießen wollten. Wir bogen um eine Kurve, hatten plötzlich einen freien Blick über eine Weide in Richtung Meer, dahinter die dramatischen Schneewolken. Die Weide war von Schafen bevölkert. Ihnen war es trotz ihres wärmenden Wollüberzuges eindeutig zu kalt. Alle lagen dicht am Boden gekauert, hatten die Hälse soweit es welche gibt, eingezogen, um sich vor dem bissigen Inselwind zu schützen. Die schwere Wolke hatten den Schnee auch auf den Schafen abgeladen. Wie schneebedeckte kleine Hügel suchten sie Schutz vor dem shetländischen Wetter. Ja, dieser Anblick war der Inbegriff der Kälte und des Sturms. Ich schnappte die Kamera und wagte mich hinaus, war mir der Gefahr dieser Witterung bewußt. Mutig stellte ich mich ihr! Was tut man nicht alles für DAS Bild! Was sind schon kalte Finger? Die tauen schon wieder auf, aber das Foto, das kann ich jahrelang, ja das können sogar mal meine Enkel, anschauen :-)
Leider ging mein Plan nicht ganz auf. Sobald die Autotür unachtsamerweise geräuschvoll zufiel, kamen die Schafe neugierig auf mich zugetrabt. Nicht einmal ein einziges Foto mit den liegenden Schafen war möglich. Sie kamen erst zögerlich langsam, dann immer zügiger und mutiger. Schließlich fingen sie an, fordernd zu blöken. Sie stellten sich nach Futter fragend vor mir auf. Es war sowas von genial! Grinsend wechselte ich zwischen den Kameras hin und her – eine mit Superweitwinkel, eine mit normaler Brennweite. Ich steckte das Mikrofon auf eine der beiden und filmte das Schafkonzert. Der kräftige Wind steuerte trotz großem Puschel ein paar Takte bei.
In Facebook fand ich eine Gruppe von Shetland begeistertetn Fotografen und teilte eines dieser dramatischen Schaf-Wolken-Schnee-Fotos. Schon nach wenigen Minuten kam die Meldung: „tis is my sheep“. Was für eine große Freude für mich! Ich hatten per Zufall den Besitzer dieser freundlichen Schafe gefunden. Oder besser, er mich.
Shetland Wolle ist so cool, da haben wir nen ganzen Artikel drüber geschrieben! Nicht nur für Stricktanten interessant!
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