Shetland Wolle
Was macht die Shetland-Wolle so einzigartig?
„Shetland Wool, taking all its properties together, is perhaps the completest article of the kind in the universe, possessing at the same time, the gloss and softness of silk, the strength of cotton, the whiteness of linen, and the warmth of wool.“
Sir John Sinclair
September 22, 1790
„Wenn man all ihre Eigenschaften zusammennimmt, ist Shetland-Wolle wahrscheinlich das vollkommenste Produkt seiner Art im ganzen Universum. Sie hat den Schimmer und die Geschmeidigkeit von Seide, die Robustheit von Baumwolle, das Weiß von Leinen und die Wärme der Wolle.“
Sir John Sinclair
22. September 1790
Das Shetland Schaf
Das Shetland-Schaf ist eine primitive Rasse, primitiv wird hier im Sinne von „kaum verändert“ verwendet. Die Wurzeln dieser Rasse lassen sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen. Viele der ursprünglichen Merkmale haben sich über die Zeit hinweg gerettet. Shetland-Schafe sind nicht überzüchtet, wie die meisten modernen Rassen. Die recht kleinen, kurzschwänzigen, langsam wachsenden und langlebigen Tiere haben ihren ausgeprägten Überlebensinstinkt erhalten. Sie sind sehr widerstandsfähig und geben sich auch mit kargem, nährstoffarmem Futterangebot zufrieden.
Damit kann man sie getrost unbeaufsichtigt in der freien Natur herumstreunen lassen. Sie können gut auf sich selbst aufpassen, anders als die kommerziellen Züchtungen, deren Haltung um einiges aufwändiger ist.
Shetland-Schafe kommen in allen möglichen Färbungen und Mustern vor. Über 30 verschiedene Benennungen, wie „katmoget“ (dachsgesichtig), oder „yuglet“ (hell, mit Pandaflecken im Gesicht) sind in Gebrauch. Die Bezeichnungen sind weit über tausend Jahre alt, stammen von nordischen Sprachen ab, und sind heute in ähnlicher Form auch in Skandinavien und Island in Gebrauch.
Anfangs des 20. Jahrhunderts war die Rasse ernsthaft vom Aussterben bedroht. Viele Schaffarmer kreuzten ihre Shetlands mit größeren, grobwolligeren Schafsrassen. Das brachte zwar mehr Fleisch auf die Rippen, minderte aber die Wollqualität so stark, dass niemand mehr die Wollprodukte kaufen wollte. Dadurch geriet die shetländische Wollindustrie an den Rand des völligen Ruins. Als Konsequenz daraus wurde eine Zucht-Gesellschaft gegründet, die sich die Rassenreinheit und einen hohe Wollqualitätsstandard zum Ziel setzte. Trotzdem nahm die Zahl der reinen Shetlands so weit ab, dass die Rasse in den 70er Jahren als bedroht eingestuft wurde.
Nur intensive Anstrengungen der Schafzüchter, die strikteste Kontrolle des Zuchtstandards und die penible Auswahl und Begutachtung jedes einzelnen Zuchtschafs, führte dazu, dass wieder exquisite Wollgüte produziert werden konnte.
Inzwischen hat sich der Schafbestand wieder erholt. Die Nachfrage nach Shetland-Wolle hat phänomenal zugenommen, seitdem die Qualität stabil auf hohem Niveau liegt. Auf den Britischen Inseln gibt es heute wieder mehr als 3000 Schafe.
Noch mehr zum Thema Shetland Schaf mit Film hier!
Die Wolle
Seit Generationen ist die Wolle der Shetland-Schafe bekannt für ihre guten Wärmeeigenschaften und ihre Feinheit. Sie ist äußerst weich, und die Fasern sind fein gekräuselt, was dem Wollstoff eine hohe Elastizität und Flauschigkeit verleiht. Dadurch lässt sie sich auch angenehm direkt auf der Haut tragen.
Berühmt sind die Schals aus handgewebter Spitze (gossamer lace), die so fein sind, dass man sie durch einen Ehering ziehen kann. Die gestrickte „Fair Isle Knitwear“ mit den charakteristischen Mustern und der feine Shetland-Tweed sind weitere berühmte Wollprodukte der Inseln.
Die Haltbarkeit der Wollsachen ist so hoch, dass viele gute Stücke weitervererbt werden. Wir sind Leuten begegnet, die über 40 Jahre alte Pullover tragen, die nur hin und wieder in Form gezogen werden müssen – vor allem nach dem vorsichtigen Waschen per Hand.
Die Shetland-Schafe tendieren im Frühjahr dazu, ihre Winterwolle abzustreifen. Sie löst sich leicht, so bietet es sich an, die Schafe zu „pflücken“, anstatt zu scheren. Dieses aufwendige Verfahren ergibt die allerfeinste Wollqualität, da die Faserenden keine durch das Scheren verursachten scharfen Kanten und Brüche aufweisen.
Die Muster der klassische Wollprodukte werden aus ungefärbter Wolle hergestellt. Das funktioniert, weil das Wollkleid der Shetland-Schafe eine ganze Palette von Farben aufweisen kann:
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„white“ – weiss
„light grey“ – helles Grau
„grey“ – grau
„black“ – schwarz
„dark brown“ – dunkelbraun
„emsket“ – rauchiges blaugrau
„musket“ – helles graubraun
„shaela“ – dunkles stahlgrau
„fawn“ – rehbraun
„moorit“ – rotbraun
„mioget“ – honigfarben, gelbbraun
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Heute sorgt die nachträglich eingefärbte Wolle für den Hauptumsatz. Sie ermöglicht farbenfrohere und moderne Designs, und ist kostengünstiger in der Herstellung und Verarbeitung. Wahrscheinlich sind deswegen die meisten heute lebenden Schafe weiss. Auf unserer Reise hatten wir aber den Eindruck, dass die Schaffarmer anfangen, wieder mehr „Farbe“ in die Zucht einzubringen.
Im November 2011 erhielt die auf den Shetland-Inseln produzierte Wolle als erstes Nonfood Produkt in Großbritannien den Status eines geografisch geschützten Begriffes: „Native Shetland Wool“.
Die Bezeichnungen „Shetland Sheep Wool“ und „Shetland Wool“ gelten zwar für Wolle von reinrassigen Shetland-Schafen, diese müssen aber nicht zwangsläufig auf den Shetland-Inseln leben.
Über Shetlands Jamiesons haben wir ausführlich berichtet. Sogar mit Film.
Fair Isle Knitwear, die Strickwaren von der Fair Isle
Die bekannte Fair Isle Rundstricktechnik hat sich über Generationen auf der Insel entwickelt.
Es wird gemunkelt, dass diese Technik aus Zeitnot geboren wurde. Früher kam einmal die Woche ein Handelsschiff vorbei, so mussten die bestellten Pullover innerhalb dieser Wochenfrist fertiggestellt sein. Und das Rundstricken ging schneller von der Hand und ergab gleichmäßigere Maschen.
Der Ursprung der charakteristischen Muster liegt im Dunkeln. Einige der Muster ähneln maurischen Verzierungen, deshalb geht die Sage, die spanischen Seeleute des gestrandeten Armada-Flaggschiffs „El Gran Grifon“ hätten diese Muster im Jahr 1588 eingeführt. Es ist aber wahrscheinlicher, dass die regelmäßig anlegenden Handelsschiffe gemusterte Webwaren gegen Wasser und Proviant eintauschten, und die findigen Strickerinnen auf der Insel diese nach und nach für die Pullover übernahmen und weiterentwickelten. Erst gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts tauchten die ganzflächigen Muster mit den wechselnden, zweifarbigen Reihenmustern auf. Die Frauen benutzten die natürlich vorkommenden Farben der Wolle (siehe oben), oder färbten mit „Korkalett“, einer lokalen Flechtenart (rot) und einer Knöterich-Art, genannt „Blocks“ (gelb).
Fair Isle ist heutzutage ein weltweit benutzter Begriff für jegliche Form von mehrfarbigen Strickwaren, trotzdem gibt es auch eine kleine Zahl originaler Fair Isle Pullover und Accessoires. Diese exklusiven Stücke sind aus handgesponnener Wolle handgewebt, müssen von der Fair Isle stammen und tragen das Markenzeichen „Star Motif“, einen stilisierten achtzackigen Stern in Webmusterdesign.
Nach dem Stricken werden die Pullover auf ein „Wooleyboard“ in Form gespannt und einige Tage lang Wind und Wetter ausgesetzt. Dabei verfilzen die Fasern leicht, und das Kleidungsstück wird formstabil, wind- und wasser dicht.
Keine Frage, dass so was nicht über Kaufhäuser und Discounter erhältlich ist. Die Strickwaren werden nur an Besucher der Fair Isle verkauft, oder können dort über den Versandweg bestellt werden.
Über Bettys Strickwunder hatte ich bereits von unterwegs aus berichtet.
Burra Bears
Wendy Inkster, die Designerin der bekannten Burra-Teddybears ist immer auf der Suche nach Shetland-Wolle und abgelegten Shetland-Pullovern für die Herstellung ihrer Bären. Viele Pulloverinhaber bringen ihr die alten Pullis, denen sie ein zweites langes Leben als Teddybär gibt. Wir hatten Wendy besucht und über sie und ihre Bären berichtet. Trotzdem möchte ich in diesem Blgbeitrag ein Foto von den Burra Bären haben – sozusagen als evloutionären Abschluss der Shetland Wolle :-)
Nun, mit diesem kuscheligen Burra Bears beende ich diesen Artikel jedoch nicht. Auf den schottischen Inseln waren wir jeden Tag und manchmal auch Nachts unterwegs. Wir liefen über die Wiesen, kletterten über die Zäune, landeten im Matsch und passten andauernd auf, dass wir nicht in das hier traten:
Das war sozusagen die Evolution der Shetland Wolle :-) Habt Ihr schon mal von dieser besonderen Wolle gehört? oder habt ihr sogar einen Pullover? Es wäre wunderbar, von den modernen, synthischen Outdoorklamotten wegzukommen und wieder auf diese wunderbar natürlichen Kleidungsstücke zurück zu kommen. Da denke ich übrigens auch an den Harris Tweed!
Übersichtsseite Shetland
Zum nächsten Blogbeitrag:
Ein toller Beitrag. Ich nehme Wissen mit und das Lesen war sehr kurzweilig. Vielen Dank.
Ich habe gerade Shetlandwolle versponnen und wollte natürlich einiges über die Wollgeber wissen.
Hallo!!! wir haben schon viele Schafe gehabt, auf dem Bauernhof, es gab viele Babies und schöne Muttis und Papis, mit wundervollen Namen, herrlicher Wolle- ich kann spinnen habe kein Spinnrad je gehabt. Mein Traum ist es Wolle zu färben mit Naturfarben und zu verkaufen. Das ist ein alter Traum. Unsere Babies sind dieses Jahr wieder mal so niedlich.
Ich verspinne Shetlandwolle sehr gern und bin jedes mal von neuem von den schönen Naturfarben und der Weichheit begeistert. Das die Wolle „gepflückt“ wird wusste ich allerdings auch noch nicht.
Hallo, liebe 5 Reicherts!
Als ich gestern beim Schreiben eines Blogposts zum Thema Shetland-Pullis gegoogelt habe, bin ich auf Eure Shetland-Woll-Geschichte gestoßen – klasse, sehr informativ! Ich habe unter http://mariabettina.twoday.net/stories/existentielle-strickmuster über eine Strickerin geschrieben, die die alten Traditionen auf Fair Isle wiederbelebt, und Euch zu diesem Anlass verlinkt – vielleicht mögt Ihr ‚reinschauen. Herzliche Grüße!
… Schafe pflücken… Blumen pflücken… tönt so ähnlich und ist doch so unterschiedlich!
Spannden, und wie immer lernt man, wie meine Vorschreiberinnen bereits vermerkt haben, eine ganze Menge!
Eure Reisen sind einfach fantastisch mit allem drum und dran!
Früher habe ich auch sehr viel gestrickt, doch heute fehlt die Zeit, oder ich ziehe ein gutes Buch vor… ;-)
Liebe Grüsse
Sandra
Das war ein interessanter Artikel ….
Und es lenkt vom Arbeiten ab, am liebsten würde ich mich mit meinem Strickzeug in die Sonne setzten ;-)
Liebe Grüße Gabi
Ricarda, dir auch liebe Grüße, hab gerade mal nach geschaut und wir sind ja in 16 Tagen in eurer Nähe! Also bitte behalte die Sonne so lange bei euch (sie scheint ja auch noch bei uns, ist also okay…)
Wieder was dazu gelernt ! Auch ich hatte bisher noch nicht gehört, daß man Schafwolle pflücken kann…..
Das mit der Rundstricktechnik kannte ich bisher nur von den Islandpullovern (wollte es auch schon längst mal selbst versuchen…..) aber scheinbar hat sich diese Methode doch weiter ausgebreitet.
Interessanter Artikel – freu mich schon auf den nächsten….!
Ganz liebe Grüsse aus dem sonnigen Sørlandet
Das Schafe gepflückt werden können war mir völlig neu – und auch diese Muster hatte ich noch nicht gesehen. Ich finde es immer wieder faszinierend was es immer wieder neu zu entdecken gibt, ob vor Ort oder als „Mitreisender“ im Internet.