Der Sturm war heftig und die Regenwolken hing tief. Trotzdem fuhren wir den ganzen Tag mit dem Rad über die kleine Insel Kökar. Die Straße ist stark gewunden und schlängelt sich über die Insel. Deswegen weht der Wind nie lange ins Gesicht, es wechselt dauernd zwischen Anschieben und Abbremsen. Manchmal schaffte ich Innerorts fast 50 km, so schnell wurde ich angeschoben.
Casper und Susanna
Gegen 15:00 Uhr waren wir mit Casper und Susanna im Café der Bäckerei verabredet. Wir wollten alles über das Aland Brot, das Skargardsbröd erfahren.
Das schwarze Brot war uns zuerst bei Sandra und Peter aufgefallen, dann sahen wir es bei Heidrun und Eberhard. Natürlich versuchten wir es auch, es schmeckt süßlich und nach Malz, hat einen eigenwilligen, herzhaften Geschmack. Wir mögen es vor allem mit Marmelade, es schmeckt aber auch mit Käse oder Wurst.
Dass Aland ein eigenes Brot hat fand ich ja schon interessant, dass es ausgerechnet auf der kleinen, abgelegenen Insel Kökar gebacken wird, verwunderte mich schon sehr. Aber jetzt kam es noch viel besser!
Es geht nicht nur um Brot – es geht um Lebensqualität
Casper und Susanna hießen uns wilkommen. „Soll ich die kurze oder lange Geschichte erzählen?“ fragte er. „Wir haben Zeit, wie es Dir am besten passt“, unsere Antwort.
„Wir sind seit vierzehn Jahren verheiratet“ fängt er an. Es geht ihm vor allem um Lebensqualität. Die beiden lebten in Helsinki und auch drei Jahre lang in Paris. Die Hektik und Anonymität des Stadtlebens zehrte langsam an ihren Nerven. Susanna ist Halbbrasilianerin, sie lebte auch in Brasilien. Eigentlich mag sie die Kälte des Nordens überhaupt nicht – deswegen ist sie in der Backstube gut aufgehoben, dort ist es immer schön warm.
Er fängt als Insel Taxifahrer an
Es war Casper, der auf die Idee kam, von der Stadt auf eine kleine Insel zu ziehen. Susanna fand das erstmal nicht gut. Auf Kökar wurde ein Taxi Fahrer gesucht. Viel gibt es nicht zu tun, aber man muss immer bereit sein. 24 Stunden jeden Tag. Auf einer kleinen Insel ist ein Taxi extrem wichtig – die Senioren brauchen einen Beförderungsdienst, die Kinder werden mit dem Taxi zur Schule gebracht – für einen Bus reicht die Kinderzahl nicht aus.
Dann geht alles ganz schnell
An einem richtig kalten Januartag schauten sich Casper und Susanna die Insel an. Es brauchte nur den einen Tag und Susanna war auch überzeugt, dass das die Insel war, wo auch sie leben wollte. Die Leute, die Ruhe und die Natur – ja, hier wollten die beiden hin. Susanna wurde direkt eine Arbeit im Kindergarten angeboten. Nur EINE Woche später luden sie den Umzugswagen voll.
Die moderne Infrastruktur der kleinen Insel überzeugt auch: es gibt einen Süßwassersee, der frisches, gutes Wasser liefert, dazu das entsprechende Abwassermanagement, und es gibt modernes, superschnelles Internet, welches die Inselbewohner mit dem Rest der Welt verbindet. Susanna meint, da kann man in langen Winternächten wunderbar shoppen, wenn man es denn dennoch vermissen sollte!
So fing Casper als Insel Taxi Fahrer an.
Eine Bäckerei als Gemeinde Projekt
Um die Weihnachtszeit las er in der Facebookgruppe der Insel einen Beitrag, wo jemand für eine Geschäftsidee auf Kökar gesucht wurde. Außer einer Telefonnummer gab es nicht viel mehr Info. Casper rief nach kurzem Zögern an. Einer der Brüder, die seit 30 Jahren das Aland Schwarzbrot gebacken hatten, war erstaunt: er hätte nicht damit gerechnet, dass sich jemand melden würde. Jetzt erfuhr Casper um was es ging. Die beiden Karlsson Brüder wollten gern in Rente gehen und suchten einen Nachfolger. Das Vertrauen mussten sich Casper und Susanna erst erarbeiten, doch sie blieben dran. Zeigten Interesse, waren lernfähig und wurden schließlich in die Geheimnisse des Schwarzbrotbackens eingeführt. Schon im Februar war alles bereit: Casper und Susanna übernahmen die Rechte und das Rezept. Im März fingen sie an, die Bäckerei aufzubauen, im Mai war sie fertig und das erste Brot konnte gebacken werden. Die ganze Gemeinde arbeitete zusammen, um dieses Ziel zu erreichen. Die Bäckerei hat einen großen Raum, der als Cafe eigerichtet ist. Es soll als Treffpunkt für die Inselbewohner dienen, die es jetzt schon gerne annehmen. Die Cafeteria wurde am 1. Juli eröffnet.
Im Juli buken die beiden „Neubäcker“ 13000 Schwarzbrote!
Casper erzählt begeistert, dass das nicht nur Schwarzbrot ist. Für ihn steht das Brot als Symbol dafür, dass alles möglich ist. Die Lebensqualität auf einer kleinen Insel, ein erfolgreiches Unternehmen, welches Tradition und Fortschritt verbindet. Er hat bereits neue Ideen, wie das typische Alandbrot vermarktet werden kann. Dank Internet steht ihnen die Welt offen.
Das Leben auf der Insel bekommt den Eheleuten gut. Casper meint, dass es nun mehr in Wellen verläuft. Der Kontrast sei stärker. Wenn ihnen die Einsamkeit zu viel wird, fahren sie für ein paar Tage nach Paris. Danach genießen sie das ruhige Inselleben wieder umso mehr. Man schätzt einige Dinge einfach viel mehr, und das steigert den Genuß. Wir können das aufgrund der Erlebnisse von langen Reisen im Mobil auch nur bestätigen.
Die Geschichte von Casper und Susanna macht Mut, selbst auch etwas zu wagen im Leben!
Ach ja, das Rezept für das Aland Schwarzbrot ist kein Geheimnis. Da gibt es sogar Postkarten wo es draufsteht. Na, wer will eine? Meldet euch per Kommentar.
Hier die Webpage von Casper & Susanna.
Fahrradfahren im Sturm macht Spaß
Im Sturm traten wir kräftig in die Pedale, wieder zurück zum Wohnmobil – und obwohl die Insel so klein ist, haben wir 35 km auf dem Tacho. Kaum sind wir im Mobil, klatscht wieder Regen geräuschvoll aufs Dach. Fast sofort werden wir schwer und müde. Die Wanderung entlang der Küste wollten wir unbedingt machen, doch das Wetter spielte leider nicht mit, äußerst schade!
Ich fotografierte später am Abend den Sturm. Die glatten, flachen Felsen auf dem Campingplatz und das alte Holzboot sind reizvolle Motive. Einen Saunagang schaffe ich dann sogar noch. zusammen mit Amy, und dann schlüpfen wir relativ früh ins Bett.
Wir wollten die 6:00 Uhr Fähre am nächsten Morgen nehmen – die sollten wir nicht verschlafen.