Isle of Harris, weite Strände und Wanderung zum Leuchtturm Scalpay
Lange vor Sonnenaufgang war das Licht pastellig weich und fotogen. Ich schlich mich aus dem Haus und arbeitete mich fotografiernd über die Schafweide zum alten Haus. Tief im Gras und Erde versteckt fand ich eine grüne Glaslasche, die wahrlich alt wirkte, weil sie eingedruckte Buchstaben drauf hatte. Ich kämpfte einige Minuten um sie zu befreien, nur um fest zu stellen, dass da keine Flaschenpost drin war. Haben die früher auch schon Spam verschickt. So eine Frechheit :-)
Immer noch strahlte die Sonne am völlig blauen Himmel. Das war das ideale Wetter für weite Sandstände, die es auf der Isle of Harris wie Sand am Meer gibt. Für uns, in der Mitte von Lewis & Harris bedeutet das etwa 1,5 h Fahrt. Wir pendeln sozusagen von Nord nach Süd und wieder in die Mitte. Es hört sich an, als seien Lewis & Harris zwei Inseln. Der Name stammt aus Zeiten, zu denen die Menschen eher mit Booten als per Auto unterwegs waren. Es gab keine Straße durch die bergige Mitte und per Boot schienen es zwei Inseln zu sein. Der Süden der Insel ist bergiger, felsiger mit vielen Sandstränden und Buchten. Der Norden der Insel ist nur hügelig, weniger Strände, hat mehr Klippen. Zwei völlig unterschiedliche Gesichter also. Daher dachten die Menschen früher, es seien zwei Insel und gaben dem Süden den Namen Harris, dem Norden den Namen Lewis. Tatsächlich handelt es sich um eine Inselgruppe. Wir sind zum Beispiel auf Great Bernera, einer kleinen Inselgruppe in der Mitte. Südlich von Bernera liegt noch ein weiteres Gebiet mit eigenem Namen, Uig.
Wir machten uns also auf, den Süden der Insel, der mittlerweile mit einer Straße verbunden wurde, zu besuchen. Wir genossen grandiose Aussichten auf leicht schneebedeckte Berge, hielten hie und da für Fotos. Die 100 km lange Fahrt zog sich. Weitläufige helle Sandstrände entlohnten bald die Mühe. Am Horizont hingen glücklicherweise fotogene Wölkchen. Es bereitete uns große Freude einfach nur an der Wasserlinie des enlosen, langen Strandes entlang zu laufen und einen leichten Wind um die Nase zu spüren. So nach und nach klapperten wir einige Strände ab, an manchen war die leichte Brise zu einem bissigen Wind angewachsen, was die Verweildauer direkt proportional zur Windstärke verkürzte. Die fotogenste Stelle für uns war allerdings ein felsiger Küstenabschnitt. Wie durch einen Tunnel schoß in unregeläßigen Abständen die Welle einige Meter hoch in den Himmel. Ich kletterte mutig tief hinuter, natürlich nachdem ich das Spektakel eine Weile beobachtet hatte und mich sicher fühlte, und war so sehr nah am Geschehen und windgeschützt noch dazu. Gunter meinte nur, dass ich klatschnaß geworden wäre, hätte der Wind einen kurzen moment ausgesetzt, weil ich dann unter der Wellenfontäne gestanden hätte.
Stundenlang waren wir in der frischen Winterluft, hatten kilometerweit Sand unter die Füße genommen, jetzt verlangte der Körper nach Nahrung. Harris kam uns einsamer als Lewis vor und weit und breit war keine Stadt in Sicht. Alle Buden oder Fish & Chips Lädchen zum Beispiel in Bussen, waren winterfest verschlossen. Ein kleiner Supermarkt bot vor allem Bohnen in Dosen und Angelausrüstung. In Tarbert leuchtete weit sichtbar neongrell ein Fish & Chips Schild in einem winzigen Fensterchen. Esra rüttelte halb ausgehungert an der Tür, sie zeigte sich von all der jugendlichen Manneskraft unbeeindruckt. Sie war verschlossen und blieb es auch, egal wie hungrig wir waren. Die Tage der Inselerkundung sind lang. Fast scheint es, als wären wir Robinson auf der einsamen Insel – ganz allein und auf der Suche nach Nahrung :-)
Nun, dann müssen wir zukünftig doch Brote schmieren. Schade, wo wir ausgerechnet heute mal Essen gehen wollten!
Auf der kleinen Insel Scalpay steht seit 1789 der älteste Leuchtturm der Hebriden. Von der Fähre Uig – Tabert aus kann man den rot-weiß gestreiften Turm zwischen den Klippen sehen. Mir war der typische Stevenson mit außergewöhnlicher Farbe natürlich auch direkt ins Auge gefallen. Dabei war ich in diesem Moment tief ins Gespräch mit dem Amerikaner Charles vertieft gewesen.
Die Straßen der Insel sind tatsächlich der Rede wert :-) Wie froh ich doch mal wieder war, nicht im Mobil, sondern im VW Bus zu sitzen. Ständig kurvig geht es auf und ab auf einer Straße, die exakt die Breite unseres Autos hatte. Wir fragten einen älteren Herrn nach dem Leuchtturm: „Ja, am Ende der Straße und dann 30 Minuten zu Fuß.“ kam die Antwort. Hmm, die Zeitangaben sind sehr relativ – wir scheinen immer langsamer als die Schotten zu wandern! Es war etwa 90 Minuten vor Sonnenuntergang, würden wir es schaffen?
Erst seit 1997 gibt es eine Brücke auf diese kleine Insel Scalapy.
Hügelig, wie die ganze Insel, ging es auf der Wanderung weiter. Über Stock, nein eher nicht, über Stein, ja, schon eher, und durch Matsch und über weiches, dickes, trockenes Gras. Den Markierungen folgend legten wir einige Höhenmeter zurück. Die Wellen rauschten über Felsen, dann wieder Ruhe auf der Höhe. Wir liefen schnell und kamen kräftig ins Schwitzen. Wenn’s nicht regnet wird man eben von innen nass. Und dann noch einmal den Berg hinauf und wieder hinunter. Der höchste Hügel der Insel ist 100m, wir sind diesen gefühlt fünf mal hoch und runter. In der Ferne sahen wir die Spitze des Leuchtturms, dann war sie wieder weg, weil wir wieder im Tal waren. Der Wind blies auf die geschwitzte Haut, auch durch winddichte Pullis.
Immer hielten wir die Sonne im Blick, würde sie bloß nicht noch früher untergehen! Die Landschaft sah traumhaft aus und es verzückte uns über all die Hügel, in die Täler und auf die Seen und das Meer zu schauen. Ach, grandios! Doch der Zeitmangel verdarb den Spaß. Der Leuchtturm schien so nah, noch ein wenig weiter und wir würden ihn ganz sehen; doch, kennt ihr das auch? Es täuscht! Viel weiter ist der Weg, das Ziel schien vor uns davonzulaufen. Gunter verdrehte sich in der Eile das Knie. Das war gar nicht gut! Wir übernahmen sein Fotogepäck, er humpelte nun etwas vorsichtiger aber jetzt in Richtung des Autos. Für heute hatten wir aufgegeben. Schade!
Ein Foto habe ich vom halben Turm, aber nur zur Dokumentation! Die Gefahr uns in der Dunkelheit der Nacht zu verirren war uns zu groß. Immerhin ist es Winter und friert nachts. Durch das hügelige Gelände würden wir im Dunkeln keine Orientierung mehr haben. Wir nahmen uns vor, diese Wanderung mit mindestens zwei Stunden mehr Puffer nochmal zu machen.
In Tarbert fuhren wir einen kleinen Umweg, ob da jetzt vielleicht jemand Fritten brutzeln würde? Die Tür, an der Esra vorher ach so vergebens gerüttelt hatte, strand nun offen. Der typische Geruch von heißem Fett strömte uns bereits entgegen, bevor die Tür des Autos offen war. Wir bestellten soviel, dass uns der nette Herr fragend und etwas mitleidig anschaute: „Nein, nicht nur für uns, da sind noch zwei im Auto“ meinte Gunter verlegen. Er und hungrig oder gar verfressen – wie kommt der Mann bloß darauf!
Wir mapften wie auch wahrscheinlich Robinson sein erstes warmes Mahl auf der Insel eingenommen hat. Schmatzend und mit den Fingern. Und es war ach so lecker! Jetzt konnten wir mit brummendem Auto, ohne knurrende Mägen die Rückfahrt antreten. Es war auch gar nicht mehr so übel, dass sie so lange war. Wir hören zur Zeit fast nur klassische Musik. Beethoven hat es uns angetan. Vor allem die Beethoven: Symphonies Nos.5 & 7
Auf der Isle of Skye kam in Fernsehen eine tolle deutsche Sendung über diese Symphonie – war klasse! Nur so „by the way“!
Es war tiefe Nacht – nun im Winter beginnt sie bekanntlich wesentlich früher als später im Jahr – als wir endlich „daheim“ eintrudelten. Wir waren verdient müde!
…. ich schliesse mich Gabi an: Herzlichen Glückwunsch! Und ja, ihr hättet auf jedenfall den 1. Platz verdient…
Meine Medaille habt ihr ja schon lange… würde ich euch sonst bereits seit…. mmmhh…ach ich weiss gar nid wieviele Jahre es sind, aber die zweistellige Zahl ist wohl nicht mehr… begleiten….?
Vielen Dank für all eure Bemühungen und die immer wieder tollen Berichte!
Liebe Grüsse
Sandra
So, nun hat es ein Ende! Herzlichen Glückwunsch zum 4.Platz beim Award! Hätte euch mehr gegönnt, denn für mich seid ihr die Favoriten. Aber: wenn interessiert das Ergebnis, wichtig ist eure Seite und die ist gut, sehr gut, besser als die anderen ….
Also. Glückwunsch! LG Gabi
Hallo ihr 5,
musste eben wieder an Euch denken, als ich in der NDR-Mediathek den Bericht über die Hebriden sah…..
Scheint ja echt eine fantastische Landschaft zu sein und wenn man dann noch Eure interessanten Berichte dazu täglich lesen darf – einfach klasse !
Kann mich übrigens Sandra anschließen, das letzte Bild ist wunderschön, wobei mir aber auch das vorletzte mit der herrlichen Wolkenspiegelung im Wasser gut gefällt.
Viel Spaß weiterhin ! Gruß, Ricarda
Guten Morgen in den Norden… (hey das reimt sich sogar… ;-)
Ohja, das sich das Ziel immer weiter entfernt, obwohl man eigentlich laut „Kopf“ bald da sein müsste, kenne ich auch… Die Autobahn Richtung Süden in der französichen Provence geht auch immer auf und ab… jedesmal wenn man oben ist denkt man, nur noch einmal runer und dann rauf, dann sind wir da…………..
Hättet ihr mehr Zeit gehabt, und nicht so arg der Sonner hinterher jagen wollen, wäre die Wanderung sicherlich auch viel entspannter und angenehmer gewesen, nicht?
Zu blöd, dass sich Gunter nun auch noch verletzt hat! Ich wünsche ihm herzlichst gute Besserung und hoffe, dass es keine langwierige Angelegenheit wird, sondern mit etwas Schonen und Ruhe bald wieder besser ist!
Die Bilder sind wunderschön, vorallem das Letzte „Blick über die Insel Scalapy“ strahlt für mich soviel Ruhe aus!
Passt gut auf euch auf!
Liebe Grüsse
Sandra