Die Calvarie von Plougastel-Daoulas
Die Calvarie von Plougastel-Daoulas, Bretagne
Der neue Tag beginnt kalt und grau mit leichtem Regen, da haben wir es mit dem früh aufstehen nicht so eilig. Nach ausgiebigem Frühstück mit viel heißem Kaffee gehts los nach Plougastel-Daoulas. Das ist der Hauptort der sogenannten Erdbeer-Halbinsel. Nicht schwer zu erraten, was da auf den Feldern wächst. Im Ort wollen wir nur kurz halten und uns die berühmte Calvarie ansehen. Leichter Nieselregen und eiskalter Sturm, der sogar weh tat, sorgt dafür, dass dieser Halt nicht allzu lange ausfällt. Im Städtchen ist fast nichts los. Plougastel-Daoulas ist auch kein Touristenmagnet, und das Wetter tut ein Übriges, um die Leute von den Gassen fernzuhalten. So können wir weitgehend ungestört die Calvarie neben der Kirche fotografieren. Naja, ungestört trifft es nicht. Wir kämpfen gegen Regentropfen auf der Linse und Schmerzen in den Ohren aufgrund des Sturmes. Das bedeckte Wetter ist allerdings vom Licht her gar nicht verkehrt, da stören auch keine harten Schatten auf den Steinfiguren.
[yellow_box]
Calvarien, Kalvarienberge in der Bretagne
Wir reden dauernd von Calvarien. Eigentlich müsste es Calvaire (französisch) oder Kalvarienberg (deutsch) heißen. Aber Calvarie klingt für uns irgendwie passender. Es spricht sie wie im Deutschen, sieht aber nicht so kantig aus, wie der deutsche Ausdruck.
Calvarien sind ein integraler Bestandteil der Bretagne. Sie wurden vom 15. bis zum 17. Jahrhundert in extra umfriededen Pfarrereien errichtet und zeigen in Stein gehauene Stationen des Leidens- und Kreuzigungsweges von Jesus Christus.
Es gibt ganz einfache Calvarien, nur mit der Kreuzigungsszene, und sehr komplexe mit allen Stationen der Passion. Sie sollen den Gläubigen den Leidensweg Christi verdeutlichen uns sie in ihrem Glauben bestärken. Die Erbauer hatten wohl kein unbedingtes Vertrauen in die Gläubigkeit ihrer Schäfchen, denn neben den klassischen Passionsstationen finden sich allerhand in Stein gehauene Teufel, Dämonen und Höllenszenen, die zweifelnden Gemütern die Gefahren der Abtrünnigkeit nahebringen sollten.
Berühmte bretonische Kalvarienberge stehen in Guimilliau, Plougastel-Daoulas, Saint-Thégonnec, Saint-Jean-Trolimon (die älteste der Bretagne) und Plougonven.[/yellow_box]
Klick dich durch die Galerie für all die interessanten Details!
Schnell laufen wir wieder zurück zu unserem Gefährt und fahren wir weiter nach Landerneau. Auf dem dortigen Stellplatz hängen wir uns direkt an die Stromversorgung und aktivieren die Heizung. Nasse Klamotten und kaltes Wohnmobil, das geht ja gar nicht. Hier wollen wir so lange ausharren, bis sich das Wetter wieder bessert. Die Zeit werden wir nutzen, um unsere Bildausbeute der letzten Tage oder besser Wochen zu sichten und zu sichern, und zum Schreiben der Berichte.
Die Brückenhäuser der Pont de Rohan von Landerneau
Es regnet Gott sei Dank nicht ununterbrochen, da lohnt der eine oder andere Abstecher zum Altstadtkern von Landerneau. Neben einigen historisch interessanten Straßenzügen ist die Brücke Pont de Rohan über den Elorn die Hauptattraktion der Stadt. Die Brücke Pont de Rohan stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist eine der wenigen noch existierenden mit Häusern bebauten Brücken in Europa (Übrigens haben wir daheim in der Nähe auch Brückenhäuser, in Bad Kreuznach).
Die Kirche Saint-Houardon in Landerneau
Nassgeregnet und in der fortschreitenden Dämmerung wirken die teils schieferbeplankten Brückenhäuser besonders düster und bedrohlich. Die Kulisse wäre ideal für eine Gruselfilm. Nach einem ausgedehnten Streifzug durch die Gassen der Altstadt beenden wir die Fotosession in der Nacht und sind bald wieder zurück im trockenen warmen Womo.
Tags darauf drückt sich etwas Sonnenschein durch die Wolken und lässt die Brückenhäuser eine ganze Ecke freundlicher erscheinen. Es ist erstaunlich, wie drastisch sich die Eindrücke in so kurzer Zeit ändern können. Auch die Altstadt-Gassen wirken an diesem Morgen viel freundlicher und einladender.
Einen Regentag müssen wir noch überstehen, sagt uns der Wetterbericht. Da passt es wunderbar in die Planung, auf dem Weg nach Saint-Mathieu unsere Freunde Norbert und Corinne in Brest zu besuchen. Wir haben uns auf der Ile d’Ouessant kennengelernt und das letzte Mal vor zweieinhalb Jahren gesehen. Von Landerneau nach Brest ist es nur ein Katzensprung, und der befürchtete chaotische Stadtverkehr bleibt auch aus. Nur die gefühlten hundert Vekehrskreisel auf der Durchgangsstraße um Brest nerven gewaltig. Ständig bremsen, anfahren, bremsen, anfahren. Mit dem dicken Wohnmobil macht das echt keinen Spaß.
Notre-Dame ist abgebrannt
Gerade sitzen wir nach dem leckeren Abendessen bei einem Glas Cidre mit Norbert und Corinne gemütlich zusammen und unterhalten uns angeregt, da schickt uns unsere Tochter eine Nachricht aufs Handy, die Kathedrale Notre Dame in Paris stünde in Flammen. Erst halten wir das für einen schlechten Scherz, doch Corinne schaltet den Fernseher ein, und dort laufen auf allen Programmen nonstopp Live-Reportagen. Ich weiß auch nicht, warum uns das so mitnimmt. An diesem Abend drehen sich die Gespräche um das Feuer, da gibt es kein anderes Gesprächsthema mehr.
Wir übernachten im Wohnmobil am Straßenrand und das sanfte Trommeln des Regens wiegt uns in den Schlaf. Als uns der Wecker aus den Betten holt, schauen wir als Erstes raus. Kein Regen, blauer Himmel, wunderbar. Nach einem gemütlichen Frühstück bei unseren Freunden verabschieden wir uns und fahren weiter. Die Küste und die Leuchttürme ziehen uns an.
_______________________________________________________________