Die schöne, mittelalterliche bretonische Stadt Dinan mit Reisetipps und Tipps für Fotografen.
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Erfahrungsbericht Stativ – Rollei Rock Solid Beta
Ursprünglich hatten wir das Manfrotto 190 Carbon als Nachfolger für unsere betagten Manfrottos ausgesucht. Leider ist das Manfrotto 190 Carbon mit ziemlich „bissigen“ Schnellverschlüssen an den Beinsegmenten ausgestattet, deren Rückprall Gabi überhaupt nicht mochte. Der Rückprall fühlte sich an, wie ein elektrischer Schlag auf die Hand. Darum ging das Manfrotto wieder zurück. In dem ganzen Wust von Billigangeboten ist es nicht einfach, hochwertige Stativlinien zu finden. Und immer wieder kommen neue Marken dazu. Zufällig ist mir irgendwann das Rollei Rock Solid Carbon Alpha XL ins Auge gefallen. Das Alpha XL ist ein wahres Monster, das 60 kg tragen kann, fast 2 Meter hoch ist, schlappe 3,5 kg wiegt, und „nur“ 700 Euro kostet. Es ist relativ gesehen nicht wirklich teuer im Vergleich zu Gitzo, Sachtler und Co., für unsere Zwecke ist es trotzdem völlig überdimensioniert.
Zum Glück hat das Alpha XL noch eine Reihe kleinerer Geschwister, das Alpha, das Beta und das Gamma. Parallel dazu gibt es die Rock Solid 180 Linie mit Schnapp- anstelle von Drehverschlüssen und schwenkbarer Mittelsäule. Die 180er Linie trägt aber konstruktionsbedingt weniger Nutzlast, dafür ist sie alternativ in Alu-Ausführung erhältlich. Da hatten wir plötzlich die Qual der Wahl.
Die Varianten ohne umlegbare Mittelsäule können das doppelte an Last tragen als die 180er Gegenstücke. Das hat mich überzeugt – eine verstellbare Mittelsäule und Schnappverschlüsse brauchen wir nicht unbedingt, Stabilität und Robustheit haben Priorität. Mein Aufmerksamkeit richtete sich auf das zweitkleinste Stativ der Linie, das Rock-Solid Beta.
AKTUELL: Inzwischen gibt es die Rock Solid Stativlinie schon als Mark II. Und noch eine volle Stufe hochwertiger angesiedelt hat Rollei seine Lion Rock Serie
Die Spezifikationen des ROLLEI Rock Solid Carbon Beta:
- Professionelles Stativ – für einen sicheren Stand der Kamera – Stativrohre aus 100% Carbon – Gewicht 1720g – Maximale Höhe 165cm – Maximale Traglast 22kg
- Packmaß 51,5 cm (Beine 180° umgeklappt), wobei die Stativtasche 67 cm lang ist
- Beindurchmesser 32 / 28 / 24 / 21 mm
- 8 Carbonlagen in Kreuzstruktur gefertigt für eine extreme Stabilität – optimale Schwingungsdämpfung bei Einsatz von Optiken mit großen Brennweiten
- Stabil und vor Korrosion geschützt – Robust und stark – an jedem Einsatzort, auch im Sand und Salzwasser! – Geeignet für alle Temperaturen
- Ideal für bodennahe Aufnahmen – Speziell für Reise- und Naturfotografen konzipiert – Spikes für einen sicheren Halt
- Ein Stativbein abschraubbar, mit Mittelsäule als Einbeinstativ verwendbar
- Unverbindliche Preisempfehlung: 399,99 Euro. Der Straßenpreis liegt nur unwesentlich tiefer.
Der erste Eindruck
Das Rollei-Stativ kommt produkttypisch in einem länglichen Karton, dieser enthält:
- eine robust wirkende gepolsterte Nylontasche, und darin:
- das Rock Solid Carbon Stativ Beta
- eine kurze Mittelsäule
- drei einschraubbare Spikes
- drei Inbus-Schlüssel
- eine Bedienungsanleitung
Als ich das Beta-Stativ aus der Tasche hole, war mein einziger Gedanke: „Wow, ist das Fett!“ Der Durchmesser der oberen Carbonbeine ist mit 32 mm imposant, zwei der Beine haben eine Moosgummi-Ummantelung, das dritte eine extravagante Lederscheide. Das lässt das Rock Solid Beta noch massiger erscheinen. In Relation dazu fühlen sich die 1720 Gramm geradezu leicht an.
Schnell sind die Beine auf Vollauszug herausgezogen, die Drehverschlüsse sind mit einer Vierteldrehung aus dem Handgelenk schnell gelöst und auch wieder fixiert.
Da steht es nun mit voll ausgefahrener Mittelsäule vor mir im Zimmer. Ich stütze mich auf das Zentralgelenk, versuche es zu verwinden, stoße es an, um ein Schwingen zu provozieren. Nichts passiert. Wie ein gutmütiger Riese sitzt es da und ist durch nichts aus der Ruhe zu bringen.
Die maximale Traglast scheint nicht übertrieben zu sein, wie bei so vielen anderen Dreibeinen. Ich hätte Lust, mich einmal dranhängen und zu schaukeln. Das Rock Solid Beta könnte das aushalten, aber ich kann mich beherrschen. Schließlich bringe ich gut das Vierfache der empfohlenen Nutzlast mit.
Bedienung und Funktionen
Das Lösen und Fixieren der Drehverschlüsse geht wesentlich zügiger, als ich mir das vorgestellt habe. Ich kann alle drei Verschlüsse eines Beines gemeinsam mit einem kurzen Dreh aus dem Handgelenk lösen. Das gleiche beim Zusammenschieben. Erst löse ich die Drehverschlüsse einzeln, schiebe dann die Beinsegmente zusammen und fixiere die Drehverschlüsse wieder gleichzeitig mit einem Dreh..
Zum Verändern der Beinspreizwinkel müssen die drei Anschlagplatten am Kopfende herausgezogen werden. Sie haben keine Rückholfeder, sondern bleiben draußen, was mich anfangs irritiert hat. Jedes Bein lässt sich um volle 180° stufenlos nach oben klappen. Durch das Einschieben der Anschlagplatte sind drei feste Abspreizwinkel vorgegeben. Ich nenne sie „Normal,“ „Breitbeinig“ und „Bodennah.“ Für die bodennahe Position muss entweder die Mittelsäule hochgefahren werden, was unsinnig ist, oder die kurze Mittelsäule verwendet werden, was einen kurzen Umbau erfordert. Vorausgesetzt man hat die kurze Mittelsäule dabei.
[caption id="attachment_20503" align="aligncenter" width="860"] Entriegelte Beinanschlagsplatte – das Stativbein lässt sich 180° nach oben klappen[/caption]
[caption id="attachment_20502" align="aligncenter" width="860"] Verriegelt arretiert die Anschlagplatte das Stativbein in drei Positionen[/caption]
Vorher: Entriegelte Beinanschlagsplatte – das Stativbein lässt sich 180° nach oben klappen
Nachher: Verriegelt arretiert die Anschlagplatte das Stativbein in drei Positionen
Beim Einsatz des Rollei-Stativs für Tabletop-Aufnahmen habe ich die Anschlagplatten ausgefahren gelassen. So kann ich für Änderungen der Kameraposition die Beinwinkel bequem stufenlos verstellen. Trotz des fehlenden Beinanschlages hat sich nichts verstellt, kein Bein ist weggeklappt. Die werksseitig eingestellte Spannung der Stativbeinbefestigung ist ausreichend straff gewählt, damit eine Kamera mit Standardzoom noch sicher steht. Dabei lässt sich der Widerstand der Stativbeinbefestigung auch einfach über je zwei Inbusschrauben einstellen.
In einem Punkt kann ich zarte Kritik üben. Die Moosgummibeine sind für Gabis Hände zu voluminös. Wahrscheinlich tun sich da Frauen mit kleineren Händen schwer. Und die Lederscheide hat einen innenliegende Naht, die ihr Griffgefühl gestört hat. Das ist aber inzwischen kein Thema mehr, Gabi hat sich dran gewöhnt. Ansonsten hätte ich Abhilfe geschafft, indem ich eine Moosgummihülle entfernt und durch Fahrradlenker- oder Tennisschlägerband ersetzt hätte. Wie ich es bei meinem alten 055er Manfrotto gemacht habe – hier zu sehen.
Modifikationen und Umbau
Spikes und Gummifüße
Zum Wechseln der Gummifüße muss man sie nur abschrauben und die beiliegenden Spikes eindrehen, fertig. Gummifuß- und Spikesgewinde haben eine rote Gummi- oder Silikondichtung, damit kein Wasser in die Stativbeine eindringen kann. Zum festen Anziehen oder zum Lösen zu stramm angezogener Spikes steckt man einfach einen der beiliegenden Inbusschlüssel in das Querloch der Spikes und nutzt die Hebelwirkung.
Demontage der Stativbeine
Sollte doch einmal Wasser, Salz oder Dreck in ein Stativbein eingedrungen sein, lässt sich die Fixierschraube komplett lösen und das Beinsegment herausziehen. Aber bitte vorsichtig! Am Ende des Segments befinden zwei Kunststoffplättchen, die ein versehentliches Herausgleiten des Beines, und auch das Verdrehen im montierten Zustand verhindern.
Beim Einsetzen musst du die Plättchen in Position bringen und das Bein in korrekter Stellung sachte wieder zurück schieben. Dabei achte gut auf die exakte Ausrichtung, als Verdrehschutz sind an den Innenwänden der Beine zwei Stege angebracht, die genau im Spalt zwischen den beiden Blättchen laufen.
Ach ja, das Stativbein mit der Lederumhüllung lässt sich abschrauben und mit der herausgezogenen Mittelsäule verschrauben. Damit hast du ein Einbeinstativ, mit dem auch 2-Meter-Naturen aufrechtstehend arbeiten können.
Wechsel der Mittelsäule
Die lange Mittelsäule lässt sich durch eine kurze ersetzen. Das ist perfekt für bodennahes Arbeiten, und spart auch Gewicht, wenn du den Mittelsäulenauszug nicht brauchst.
Zum Austauschen wird die untere Hakenplatte abgeschraubt und die Mittelsäule nach oben herausgeschoben. Dann löst du die Sicherungsschraube des Auflagetellers mit dem 3mm-Inbusschlüssel, drehe den Teller aus der Säule und schraube ihn auf die kurze Säule. Die steckst du in die Mittelsäulenaufnahme und ziehst die Fixierschraube an, fertig. Leider kann die Hakenplatte nicht an der kurzen Mittelsäule verwendet werden.
Beim Wiedereinsetzen der langen Säule achte bitte auf den Verdrehschutz und vergiss nicht, die Hakenplatte wieder einzuschrauben.
Praxistest der Rollei Rock Solid Beta und Gamma Stative in Spanien und Portugal
Das Rollei Rock Solid Beta wurde uns von der Firma Rollei zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. Wir waren von der Qualität und dem Handling so überzeugt, dass wir uns daraufhin das Rock Solid Carbon Gamma, das kompakteste und leichteste der Serie, kurz vor der Reise gekauft haben.
Vergleich des Rock Solid Carbon Gamma mit dem Beta:
- Das Gamma ist mit 1350 Gramm 370 Gramm leichter
- Die maximale Höhe von 151 cm ist 14 cm niedriger
- Die minimale Höhe ist mit 7 cm nochmal 8 cm niedriger
- Das Packmaß ist mit 47,5 cm 4 cm kürzer, die Stativtasche mit 51 cm ganze 16 cm kürzer
- Die maximale Traglast ist mit 16 kg gegen 22 kg immer noch ausreichend hoch
Mit den beiden Carbon Stativen und dem Rollei Compact Traveler No1 als Backup ging es dann auf große Tour in den Süden.
Während unserer neunwöchigen Reise entlang der iberischen und französischen Atlantikküste von Gibraltar bis Bordeaux, hatten wir täglich Gelegenheiten, die beiden Rollei-Stative ausgiebig einzusetzen und zu testen.
Ausrüstung und Zubehör
Das Rollei Rock Solid Beta hält in der Praxis, was es schon beim Auspacken angedeutet hat. Bestückt mit einem Linhof Kugelkopf II und einem kompakten Novoflex Miniconnect Schnellspannsystem bot es sicheren Halt in fast allen Situationen. Die kurze Mittelsäule hatten wir nicht eingesetzt, die mitgelieferten Spikes aber des öfteren gegen die Gummifüße getauscht.
Der Umbau zum Einbeinstativ dauert keine Minute: Hakenplatte an der unteren Mittelsäule abschrauben – Mittelsäule herausziehen – lederbezogenes Stativbein abschrauben – Abgeschraubtes Stativbein an Mittelsäule schrauben – fertig.
Der Rückbau ging genauso schnell.
Das Rock Solid Gamma war der Favorit, wenn nur ein Stativ auf eine Tour mitgenommen wurde. Wir haben das Gamma mit einem FLM Centerball 38 E und dem breiteren Novoflex Miniconnect Schnellspannsystem eingesetzt.
Unser erstes Rolleistativ hatten wir bereits ausführlich letztes Jahr in der Bretagne getestet. Wir waren von dem kleinen Rollei Compact Traveller No1 so begeistert, da waren wir auf die beiden „großen“ Rock Solid Stative gespannt.
Die mitgelieferten Tragetaschen sind gut gepolstert und schützen die Stative beim Transport. Der Tragegurt ist allerdings eine Zumutung bei beiden Modellen. Ausreichend breit ist er, aber scharfkantig und ohne Polsterung. Der Handgriff hat immerhin eine Neopren-Umhüllung, die dem Tragegurt sicher auch gut gestanden hätte.
Das können wir vielleicht hinnehmen, wenn wir mit Outdoorjacken in kalten Regionen unterwegs sind. Mit leichter Bekleidung im heißen Süden Europas unterwegs scheuerten die Gurtkanten unangenehm am bloßen Hals. Wir gingen dazu über, die Stative in der Hand zu tragen, um uns keine wunden Hälse zu holen.
Widerstandsfähigkeit in Meerwasser und Sand
Das Carbon der Stativbeine erwies sich als ausreichend widerstandsfähig gegen Kratzer, Meerwasser und Salzkrusten. Oft standen unsere Dreibeine im Meerwasser und waren von der Gischt klatschnass. Die weiße Salzschicht war mit feuchten Tüchern leicht zu entfernen.
Mehr Schwierigkeiten machte der Sand, der an dem klebrigen Gischtbelag wunderbar fest haftete. Die meiste Zeit hatten wir kräftigen bis sehr kräftigen Wind bis hin zur Sturmstärke. Mit Abbürsten und Nachwischen bekamen wir auch das in den Griff. Nur einmal mussten wir zur Reinigung ein Beinsegment zerlegen, weil Sand ins Gewinde vorgedrungen war. Das ging fix, aber man muss auf die beiden Rückhalteplättchen der oberen Beinenden aufpassen. Die sind so unscheinbar, dass sie leicht verloren gehen können.
Einige der Positionsmarken an den untersten Beinsegmenten des Gamma haben unter dem permanenten Schmirgeleffekt des Sandes gelitten. Das Gamma-Stativ hat zudem von einem festgeklemmten Sandkorn einen knapp 1 cm langen Kratzer am unteren Beinsegment erhalten. Der ist zwar als weißer Strich sichtbar aber nicht fühlbar.
Die Rollei Rock Solid Stative bei der Arbeit
Auf unseren Fototouren an Sandstränden und auf Felsklippen haben wir die Stative ohne Stativtasche in der Hand getragen. Da hat uns der scharfkantige Tragegurt nicht gestört und die Stative waren schneller einsatzbereit. Die Stativtaschen kamen nur beim Fahrradtransport auf dem Gepäckträger zum Einsatz. Da ist der Tragegurt zur Befestigung allerdings ganz praktisch und wir waren jedesmal dankbar, nicht extra mit Zurrgurten und Polstern rumhantieren zu müssen.
Für festen und felsigen, aber auch erdigen Untergrund mit Bewuchs waren die Spikes ideal. An den Sandstränden waren die Gummifüße die bessere Wahl, die wir zusätzlich noch kräftig in den Boden hineingedrückt haben. Das Tauschen ging einfach von der Hand, wenn man einen der mitgelieferten Inbus-Schlüssel zum Herausdrehen der Spikes mitgenommen hatte. Die Gummifüße drehten wir einfach mit der Hand los.
Die stark verbesserte Standhaftigkeit der Stative mit den Spikes erstaunte uns jedes Mal aufs Neue. Darauf möchten wir nun überhaupt nicht mehr verzichten.
Die Verstellkraft der Beinscharniere hat sich über die Reisedauer und unter verschiedenen Temperaturen nicht verändert. Bei Bedarf hätten wir mit Hilfe der beigelegten Inbus-Schlüssel die Verstellkraft der Beinscharniere anpassen können, das war aber nicht nötig.
Die ausziehbare Mittelsäule haben wir nur genutzt, um bequem aus Augenhöhe fotografieren zu können. Voll ausgefahren ist sie am Beta standfest und brauchbar, am Gamma ist es sinnvoll, den Mittelsäulenauszug auf die Hälfte zu beschränken. Voll ausgezogen leidet hier doch die Stabilität, wohlgemerkt unter ziemlich windböigen Konditionen.
Das eingebautes Einbeinstativ ist ein echter Mehrwert
Wir die Rollei Stative auch als Einbeinstative benutzt und waren sehr dankbar für diese Möglichkeit. Bei der Wellenfotografie mit schwerem Teleobjektiv brachte das Einbeinstativ eine fast totale Entlastung der Arm- und Schultermuskeln. So fotografiert man problemlos über längere Zeit ermüdungsfrei und kann doch blitzschnelle Richtungswechsel machen. Die Fotos sind einen ganzen Ticken schärfer als ohne Einbeinstativ. Also unser Tipp: nutze diese Funktion des Stativ unbedingt. Der Umbau geht ja super leicht und schnell von der Hand.
Ein nicht Rollei-spezifisches Problem: Carbon vibriert bei Sturm
Etwas hat uns als langjährige Alu-Stativ Anhänger überrascht. Bei den permanent wehenden kräftigen, böigen Winden an der Atlantikküste fingen die Carbonbeine bei manchmal an, ganz fein zu vibrieren. Dieser Effekt war etwas stärker beim Gamma wegen der grazileren Bauweise zu spüren.
Das komplette Einfahren der untersten Beinsegmente zum Stabilitätsgewinn, wie es auch Rollei empfiehlt, war an den Sandstränden nicht praktikabel.
Mit zur Hälfte eingefahrenen Beinen und zusätzlicher Gewichtsbelastung haben wir das Vibrieren gut in den Griff bekommen. Bei Sturm arbeiteten wir schließlich einfach mehr in Bodennähe. Andere Fotografen hatten da schon längst das Fotografieren aufgegeben.
Bei unseren Alu-Stativen hat es früher ausgereicht, das Stativ zu belasten, indem wir kräftig und gleichmäßig auf den Stativkörper nach unten drückten. Die Stativbeine konnten voll ausgefahren bleiben.
Mit angepasster Arbeitsweise war die Ausbeute an scharfen Langzeitaufnahmen (länger als 10 Sekunden) in Ordnung. Das geringere Gewicht des Gamma-Statives und das komfortable und angenehme Handling wiegen den Mehraufwand beim Fotografieren locker wieder auf.
Gabi erinnerte sich in diesem Zusammenhang an ein Gespräch mit einem Fotografenkollegen auf der Ile d’Ouessant, die für ihre mächtigen Wellen und starken Stürme bekannt und berüchtigt ist. Seine erste Frage unsere Stative betreffend war: Alu oder Carbon? Aluminium wäre in stürmischem Wetter die bessere Wahl, da Carbon im Wind leichter zu schwingen anfinge. Dieses Verhalten sei unabhängig von der Marke des Stativs. Es würde mich sehr interessieren, wer von euch auch diesbezüglich Erfahrungen gemacht hat.
Beim bewussten Anstoßen des Stativs halten beide Stative fast unmittelbar danach wieder still. Ein kurzes Zittern, dann ist wieder Ruhe. Das ist wohl die vielzitierte bessere Dämpfung von Carbon gegenüber Aluminium, das langsamer und länger schwingt. Das Carbonmaterial kehrt zwar bei einmalig kurzer Krafteinwirkung sehr schnell wieder in den Ruhezustand zurück. Bei andauernder, gleichmäßig massiver Krafteinwirkung aus der gleichen Richtung, scheinen sich die Schwingungen zu einer Art stehender Welle zu überlagern und zu verstärken, was in dem besagten Summen/Vibrieren resultiert. Nur so meine persönliche Theorie. Aber wie schon gesagt, das passiert unter ziemlich extremen Windbedingungen, da fotografieren andere schon nicht mehr.
Unser Fazit
Die Rollei Rock Solid Carbon Stative wirken edel in der Materialwahl, sind hochwertig verarbeitet, lassen sich sehr gut handhaben und sind mit sinnvollem Zubehör versehen. Durch die um 180° verstellbaren Beinwinkel, kombiniert mit dem Einsatz der kurzen Mittelsäule sind sie äußerst flexibel einsetzbar, auch für bodennahe Makrofotografie. Aufgrund ihres niedrigen Gewichts sind sie als Reisestative ideal.
Die Standfestigkeit und Stabilität ist in den meisten Situationen tadellos. Dass insbesondere das leichtere Rock Solid Gamma bei starkem Wind manchmal anfängt, summend zu vibrieren und zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen erfordert, möchte ich nicht wirklich kritisieren. Das ist ein Phänomen, das anscheinend alle Carbon-Stative betrifft.
Das Rock Solid Carbon Beta, das einen optimalen Kompromiss aus Gewicht und Stabilität darstellt, können wir uneingeschränkt empfehlen.
Das Rock Solid Carbon Gamma trägt nicht ganz so viel und ist mit eingefahrener Mittelsäule signifikant niedriger. Das Gamma dürfte für diejenigen die interessantere Variante sein, die auf geringes Gewicht und kleines Packmaß achten müssen und trotzdem ein vollwertiges Stativ ihr eigen nennen wollen.
Es macht jedenfalls großen Spaß, mit den Rollei Stativen zu arbeiten. Wir haben das coole Handling bei jedem Fotoshooting in vollen Zügen genossen.
Wir danken der Firma Rollei GmbH & Co. KG für die freundliche Bereitstellung des Rollei Rock Solid Carbon Beta Statives. Unsere Meinung wird dadurch nicht beeinflusst. Wo Kritik angebracht ist, wird sie auch geäußert.
Lohnt sich ein Kompaktstativ?
Vielleicht denkst du, was ist denn jetzt in die Reicherts gefahren? Warum geben die sich mit so einem Kleinkram ab? Diese Kleinstative sind doch nur Spielzeug für fotografisch unerfahrene Leute.
- Wir brauchen zur Sicherheit einen Notersatz für alle Fälle. Und wir sind neugierig, ob die Vorurteile gegen leichte Reisestative fundiert sind. Gabis treues Manfrotto 190 hat schon viele Jahre auf dem Buckel und auch einige schwere Misshandlungen hinter sich gebracht. So mussten wir schon ein durch versehentliches Drauftreten verbogenes unteres Beinsegment wieder geraderichten, was bisher der Funktionalität dest Stativs zum Glück keinen Abbruch tut.
- Der zweite Grund ist besonders gewichtig. Wir sind jetzt in einem Alter, wo wir gerne einmal mit leichterem Fotogepäck unterwegs sein würden und trotzdem nicht auf ein Stativ verzichten wollen. Und ein Kompaktstativ ist besser als gar keins, oder etwa nicht? Zumindest wäre das kein Problem, so lange das Stativ hinreichend stabil ist.
- Unser Nachwuchs sorgt für Grund Nummer drei. Esra und Noah sind so langsam auf den Fotografiergeschmack gekommen und oft auf Foto- oder Fahrradtour mit der GoPro oder der Canon EOS M unterwegs. Da passt so ein Kompaktstativ wunderbar dazu.
Dann wollen wir jetzt einmal sehen, was man so einem doch recht filigranen Teil an Kameralast zumuten kann.
Darum entscheiden wir uns für das Rollei Compact Traveler Stativ
Zum einen ist es eine Preisfrage. Über 100 Euro wollten wir nicht investieren. Da fallen schon mal alle Carbon-Stative und höherpreisige Stative, wie das Manfrotto MT190 weg.
Die absoluten Billigheimer sind wie immer keine Option. Standfestigkeit und Robustheit sind für diese Konstrukte Fremdwörter. Leichte Stative von Mantona und Benro hatten wir schon in den Händen, die hatten uns nicht ganz überzeugen können.
Darum schauen wir einfach mal bei Amazon.de vorbei, was sich so auf der Beliebtheitsskala bei den Reisestativen tummelt. Und schau an, die Auswahl an Kandidaten ist gar nicht so klein. Von Amazon gibt es die Basics-Modelle in Alu und Carbon, Manfrotto, Cullmann, Mantona und Rollei sind gut vertreten, und auch einige Exoten. Das Rollei Compact Traveler No.1 fällt uns ins Auge, weil es im Zusammenhang mit unserer Manfrotto-Suche aufgetaucht ist.. Zudem liegt es ziemlich weit vorne in der Kundengunst.
Das ist jetzt noch kein wirklicher Kaufgrund, denn viele Käufer, sprich Rezensenten, gehen einfach nur über den Preis und achten weniger auf die Qualität. Auch der Traditionsname Rollei spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Marke gehört schon lange diversen Investorengruppen, unter deren Ägide wurde schon allerlei minderwertiges Zeug verhökert wurde.
Die Bauart des Rollei-Stativs macht von der Beschreibung und von den Bildern her keinen schlechten Eindruck. Es wirkt durchdacht und einigermaßen solide konstruiert. Und die Kundenkritiken sind in der Summe sehr positiv. Das Gewicht von knapp 1,2 kg und das Mini-Packmaß von nur 32 cm unterstreichen die Reisetauglichkeit und sind wohl die überzeugendsten Argumente für dieses Stativ.
Wir wollen uns selbst ein Bild vom Compact Traveler machen und bestellen das Stativ kurzentschlossen in der günstigen Ausführung „titansilber“. Die anderen Farbvarianten orange, blau, grün oder schwarz sind teurer oder haben längere Lieferzeiten. Noch keine 24 Stunden später halten wir ein kompaktes Paket in der Hand. Schnell ist das Kleinstativ aus seinem Karton befreit und direkt einsatzfähig.
Der erste Eindruck
Die Konstruktion des Stativs
Unser erster Eindruck ist eindeutig positiv. Es wirkt solide, der einfache Kugelkopf läuft flüssig und hält eine ausgewachsenen DSLR ohne nachzugeben fest. Nun zur Stabilität, dem absoluten Hauptkriterium jedes Statives.
Die doppelt ausziehbare Mittelsäule werden wir in der Regel nicht nutzen, den Auszug der Mittelsäule nutzen wir bei unseren großen Stativen auch nur in der Not. Die kurzen Stummelbeine des Rollei haben vier Auszüge, die mit Drehverschlüssen fixiert werden. Eine Handgelenkdrehung reicht fürs Lockern und Feststellen. Zusammengeschoben lassen sich alle vier Drehverschlüsse auf einmal bedienen. Als langjährige Schnappverschlussnutzer sind wir positiv überrascht.
Sind die dickeren drei Beinsegmente ausgezogen, erreicht die Schnellspannplatte eine Höhe von 88 cm. In dieser Stellung ist das Traveler erstaunlich solide. Auf das letzte dünne Beinsegment werden wir im Normalfall nicht oder nur wenig ausfahren, denn der Vollauszug kann die Verwacklungsgefahr beim Einsatz mit schwereren Kameras erhöhen. Nur ein paar Zentimeter erlaube ich mir, wenn ich das Stativ auf sandigem Untergrund einsetze, damit keine Sandkörnchen in den Feststellmechanismus geraten. Rollei empfiehlt ebenfalls, auf den untersten Beinauszug zu verzichten, wenn die Höhe nicht benötigt wird.
Auch wenn es nicht ohne Stabililtätsverlust höher hinaus geht, wir kommen mit etwas über einem Meter Höhe ganz gut klar. Niedrigere Einstellungen gehen immer, dafür lassen sich die Stativbeine in drei rastbaren Stufen abspreizen. Da die dritte Raststufe im fast rechten Winkel zur Vertikalachse steht, muss die Mittelsäule ausgefahren werden, was die Nutzbarkeit dieser Stufe wieder einschränkt. Insbesondere Makrofans dürfte das stören.
Eigentlich ist das Rollei in Kombination mit einer leichten spiegellosen Systemkamera mit Makroobjektiv ideal für bodennahe Makroaufnahmen. Radikalere Naturen können natürlich auf den Gedanken kommen, die Mittelsäule abzusägen. Damit ginge der Zubehörhaken an der Mittelsäule verloren, was noch zu verschmerzen wäre. Mehr stört uns, dass das Stativ ohne die auszgezogene Mittelsäule nicht mehr so einfach kompakt zusammenklappbar ist.
Der Kugelkopf mit der Schnellspannplatte
Der Rollei Kugelkopf hält eine ausgewachsene Spiegelreflexkamera mit einem 24-105mm Zoom sicher, auch in einer schrägen Position. Für den Preis gibt es verständlicherweise keine extra Stellknöpfe für Panoramaschwenks und Friktion. Die Schwalbenschwanz-Schnellspannplatte benötigt einige Umdrehungen der Fixierschraube, um sie aus der Führung nehmen zu können. In der Schnellspannaufnahme sind drei Libellen für eine exakte Ausrichtung eingearbeitet. Die Libelle in der Arretierschraube finde ich persönlich sehr gut, sie erleichtert die plane Ausrichtung bei spontanen Reproaufnahmen. Die Aufnahmekupplung ist mit einer Inbusschraube auf dem Kugelkopf befestigt, sie kann also gegen ein anderes Schnellspannsystem ausgewechselt werden. Der Kugelkopf ist mit einer 3/8“ Schraube auf der Mittelsäule fixiert und ist ebenfalls auswechselbar.
Das Compact Traveler Zubehör
Mitgeliefert wird ein leichter Nylonbeutel mit Schnüren zum über die Schultern hängen. Zwei Inbusschlüssel liegen bei, damit kannst du die Leichtgängigkeit der Beinspreizung anpassen.
Das Rollei Compact Traveler No.1 geht mit auf unsere aktuelle Bretagnereise und hat Gelegenheit, auf der Ile d’Ouessant zu zeigen was in ihm steckt.
Erster Einsatz in der Bretagne am Leuchtturm Saint Mathieu
Nach langer ermüdender Fahrt erreichen wir spät nachmittags Le Conquet und parken am Leuchtturm von Saint Mathieu. Ich beschließe spontan, mein Manfrotto 055 gegen das Rollei Compact Traveller zu tauschen und die Probe aufs Exempel zu machen.
Die Testbedingungen sind ideal. Die Dämmerung bricht an und verspricht Belichtungszeiten bis zu mehreren Sekunden. Eine frische Brise vom Meer her mit kräftigen Böen steuert die nötigen Umweltfaktoren für die Standfestigkeitsprüfung zu.
Um uns herum huschen etliche Gestalten mit Dreibeinen unterm Arm durch die Dunkelheit. Da tummelt sich gerade eine Fotoworkshopgruppe, da fühle ich mich mit dem spinnenbeinigen Rollei doch ziemlich deplatziert. Ganz abgesehen von den eher mitleidigen Blicken, die ich damit ernte. Rot werden tue ich deswegen nicht, da heiße es eben, Kopf hoch und durch.
Mit den drei oberen der vier Segmente ausgezogen und der Canon 7D mit dem Tamron 2.8/17-50mm oben auf dem Kugelkopf habe ich keine Verwacklungsprobleme. Das Stativ steht robust da. Der Wind oder kurzes Anschubsen bringt es auch nicht in Schwingung. Die Aufnahmen, egal ob ¼ Sekunde oder 20 Sekunden sind in der vergrößerten Rückschau scharf, was sich auch am PC bestätigt.
Die Bückerei geht mit allerdings auf die Dauer ins Kreuz und ich mache das, was ich eigentlich vermeiden wollte. Ich fahre die vierten Beinsegmente voll aus und nutze sogar den Auszug der Mittelsäule. Zu meinem Erstaunen steht das Rollei mit voll ausgefahrenen Beinen immer noch sicher. Die ausgefahrene Mittelsäule ist ebenfalls nutzbar, nur muss ich hier viel mehr auf Schwingungen achten. Den zweiten Auszug der Mittelsäule habe ich dieser Situation nicht ausprobiert. Er ist trotzdem nicht nutzlos, als Unterstützung beim Arbeiten mit schweren Teleobjektiven entlastet das vollständig ausgefahrene Rollei-Stativ Arme und Schultern ähnlich wie ein Einbeinstativ.
Auch Hochformataufnahmen meistert das Rollei Compact Traveler ohne Mühe. Die Schnellspannplatte sitzt verdrehfest am Kameraboden und der Kugelkopf hält die Kamera unnachgiebig fest.
Die Nacht bricht an, wir ziehen uns ins Wohnmobil zurück und sind bei Tagesanbruch wieder auf den Beinen. Die Sonne quält sich gerade am Horizont durch ein paar Wolken und der Wind hat merklich an Geschwindigkeit zugelegt. Sicherheitshalber lasse ich die Mittelsäule und den letzten Beinauszug des Rollei bis auf einen kleinen Rest drin. Wenn der Wind allzu böig auffrischt, packe ich zur weiteren Stabilisierung das Stativ am Zentralgelenk und drücke es mit gleichmäßiger Belastung sanft Richtung Boden. Auf diese Weise gelingen mir auch unter diesen widrigen Bedingungen scharfe Aufnahmen. Wenn ein Foto wirklich einmal verwackelt ist, hat es meist am zu weichen Untergrund gelegen.
Fazit des ersten Testeinsatzes
Das Reisestativ Rollei Compact Traveller No.1 erweist sich seines Namens würdig. Es ist ein leichter, zuverlässiger, wenn auch nicht allzu hoher Begleiter auf Fototouren mit wenig Ballast. Die relativ geringe Höhe ist auch unser einziger Kritikpunkt. Bei längeren Fotosessions geht die dadurch bedingte gebückte Haltung doch ins Kreuz und in die Beine. Mit einer Kamera mit ausklappbarem Display sieht die Sache schon besser aus. Da stört die niedrige Maximalhöhe nicht. Das Sucherbild lässt sich entspannt im ausgeklappten Display beurteilen.
Das Rollei kann ohne weiteres mit System- und Spiegelreflexkameras mit Standardzooms eingesetzt werden. Eine Canon 7D mit 24-105mm Objektive trägt es sicher, auch bei Langzeitbelichtungen. Sollten wir auf unseren Wanderungen einmal keine Lust auf die Stativschlepperei haben, steht uns jetzt immerhin eine leichtgewichtige brauchbare Alternative zur Verfügung.
Was ich allerdings mehr befürchte, unser fahrradreisender Sohn hat schon mehr als ein Auge auf das Rollei Compact Traveler geworfen und es inzwischen schon einige Male in seine Radtouren integriert. Dann heißt es für uns nur noch: bye bye Rollei.