Iron Age House, Bosta Beach
von Esra
Wie es scheint, trifft man auf Lewis und Harris überdurchschnittlich oft auf geschichtlich und archäologisch interessante Stellen und Dinge. Die Calanish-Steine, die vielen nordischen Langhäuser, mittelalterliche Steingebäude… die Liste an sehenswerten Dingen ist sehr lang.
So ist es auch nicht allzu verwunderlich, dass auch auf unserer recht kleinen Insel, Great Bernera, irgendwo eine historische Stätte der ein oder anderen Art zu finden ist: Das Eisenzeit-Haus am Strand von Bosta.
Bis 1993 ruhte eine ganze Siedlung von über 1000 Jahre alten Steinhäusern unentdeckt unter den Dünen von Bosta, erstklassig preserviert von dem Sand, der sie bedeckte. Als aber dann ein besonders wilder Sturm das Erscheinungsbild dieses Küstenabschnitts radikal veränderte und den Sand in großen Mengen abtrug, offenbarten sich die Häuser.
Man hatte schon lange vorher geahnt, dass irgendwo bei Bosta etwas besonderes versteckt liegen musste, denn immer und immer wieder tauchten am Strand höchst merkwürdige und vor allem alte Artefakte auf: Kämme, Knochen, Töpferei und die verschiedensten vormittelalterlichen Haushaltsgegenstände steckten im Sand und vermehrten sich, so wie es schien, nach jedem starken Unwetter.
Als die Quelle dieser Schätze schließlich bekannt wurde, stürzten sich die Archäologen darauf wie ein Rudel Wölfe auf ein sterbendes Reh. Sie legten die Gebäude gänzlich frei, sammelten alles und jeden noch so kleinen Gegenstand, untersuchten diese akribisch und rekonstruierten anhand von unzähligen Beweisen und Indizien das Leben der Menschen auf Bernera um 500 bis 800 nach Christus.
Da jedoch die steinalten Gebäude ohne Schutz vor Wind und Wetter gänzlich verfallen würden, fasste man den Entschluss, sie zu konservieren; und eine sehr effektive Konservierungsmethode war nun einmal, sie wieder mit Sand zuzuschütten.
So waren die originalen Häuser nach Monaten schon wieder vom Gesicht der Erde verschwunden, und sie fristeten ihr Dasein wie zuvor geschützt im Sand von Bosta-Beach.
Nur war diese Lösung nicht besonders zufriedenstellend für die doch sehr interessierte Öffentlichkeit, man wollte sich das Gefundene schließlich auch besichtigen können. So wurde nach kurzer Zeit die Entscheidung gefasst, ein exaktes Replikat von einem der entdeckten Häuser zu bauen.
Dazu mussten zwar zuerst alle Details des vormittelalterlichen Lebensstils herausgefunden werden, doch noch Mitte der Neunziger konnte man mit den Arbeiten beginnen.
Eine sehr charakteristische Eigenschaft der Eisenzeit-Häuser war, dass sie halb in die Erde integriert waren. Man hob eine große Grube aus, mauerte am Rand davon die Wände des Hauses und sorgte so dafür, dass lediglich das Dach über dem Erdboden lag. Das hatte sehr viele Vorteile, vor allem war das Haus aber erstklassig isoliert und vor eisigen Stürmen und Unwettern geschützt.
Ein Nachteil dieser Bauweise allerdings ist, dass man keine großen Fenster haben kann. Das mussten wir auch herausfinden, als wir das nachgebaute Haus betraten; in den ersten Momenten war es stockfinster, man konnte die Hand kaum vor Augen ausmachen.
Die Finsternis legte sich allerdings nach kurzer Zeit, und man gewöhnte sich an das Licht der wenigen verfügbaren Lichtquellen: Ein wärmendes, vor sich hinglimmendes Torffeuer in der Mitte des Raumes, eine handvoll Kerzen an den Wänden und kleine Löcher im Dach, durch die auch der Rauch des Feuers abziehen konnte. Die Luft war glücklicherweise bei Weitem nicht so Qualm-trächtig und verpestet wie die in dem Blackhouse von Arnol, welches wir vor einiger Zeit besucht hatten, da sie ja abziehen konnte.
Während wir in dieser dunklen, aber warmen Behausung standen und die Eindrücke auf uns wirken ließen, erzählte uns Elisabeth, (die Frau, die uns hereingelassen hatte) alle möglichen wissenswerten Fakten über die Eisenzeit-Häuser. Zum Beispiel erfuhren wir, dass man solche in den Boden integrierten Häuser nur in Strandnähe bauen kann, überall sonst würde man beim Graben auf Steine und Felsen treffen. Aus genau dem selben Grund findet man auch Friedhöfe fast nur in der Nähe des Meeres, weil man nur dort auch wirklich ein Loch von 1.80m Tiefe ausheben kann.
Auch erfuhren wir, dass der Aufbau des Daches nicht mal auf gefundenen Indizien beruht… nach über 1000 Jahren war vom Holz, Torf und Stroh des originalen Daches nichts mehr übrig. statdessen hatten die Forscher einfach mit verschiedenen Dach-Designs herumgespielt und haben herausgefunden, dass es nur mit einer Bauweise richtig funktioniert.
Möbel und wirklich „nützliche“ Dinge gab es nicht… davon hatten die Archäologen keine finden können. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Natürlich wollten die Bewohner der Häuser nichts brauchbaren zurücklassen, als sie ihre Behausungen verließen
Wir blieben eine ganze Weile in dem Haus, unterhielten uns und machten Fotos. Der Torfqualm verscheuchte uns, wie gesagt nicht annähernd so schnell wie der im Blackhouse von Arnol, doch wir sammelten genau wie in Arnol ein paar höchst interessante Erfahrungen.
Wir waren an diesem Tag übrigens sehr munter und viel unterwegs. Wir trafen uns in Stornoway mit Nemi, die hier im Blog kommentierte. Wir erzählten kaffee- und teetrinkend eine ganze Weile. Wie immer waren wir voller Fragen. Nemi war sehr geduldig mit uns. Wie lebt es sich auf einer Insel? Und warum sind ie Wasserhähne so unpraktisch? Wir stellten halt die Fragen, die per google nicht beantwortbar sind :-) Ein weiteres sehr interessantes Thema war das der erneuerbaren Energien! Danke Nemi für das nette Treffen!
Vor einiger Zeit hatte ich den Quilt von Anne bereits gezeigt. Da kam ich auf die Idee, das gute Stück vor Ort aufzunehmen. Wir machten das nach der Besichtigung des Ironage Houeses.
Wir liefen den Weg Richtung Tolsta, also Richtung „unseres“ Hauses nocheinmal ein Stückchen, denn beim letzten Mal hatten wir die Ruinen der Blckhouses nicht gesehen. Wir hatten einfach nicht darauf geachtet. Es ist erstaunlich, wieviele Ruinen zu finden sind und vor allem, wie gut sie sich in die Landschaft einfügen.
Ich lern hier immer wieder was Neues ! Echt klasse ! Macht weiter so !
Bin jetzt schon gespannt was morgen hier zu Lesen sein wird…..
Gruss, Ricarda
Guten Morgen
Das war ja wieder ein interessanter Bericht! Vielen Dank! Am liebsten würde man vor Ort sein und alles mit eigenen Augen sehen! Eure Berichte sind aber so spannend und mit Geschichte geladen, dass es nur wenig Fantasie benötigt, um „dabei“ zu sein…
Übrigens, das vierte Bild „Im Iron Age House, Bosta Beach, Bernera“ finde ich fantastisch… das Feuer und das Licht durchs Dach… toller Kontrast!
Passt gut auf euch auf und viel Interessantes weiterhin!
Liebe Grüsse
Sandra