Ich werde diesen Blogbeitrag mal in einem anderen Format als üblich verfassen, denn ich habe auf meiner letzten Reise mein Tagebuch in Form von Audioaufnahmen gespeichert, die ich hier direkt einfügen kann.
Kurz zu meiner Reise: Einer meiner Kommilitonen, der Falk, fragte mich vor einigen Wochen, ob ich mal Lust auf eine Radtour durch die Alpen hätte. Klar! Wieso denn nicht? Also planten wir ein bissschen, packten unsere Sachen, und nahmen den Zug nach Lausanne, einem schönen und bestimmt sündhaft teuren Ort am Nordufer des Genfer Sees. Von dort aus fuhren wir nach Martigny, wo momentan ein Freund meiner Familie wohnt (wer den Reisebericht zu Litløy Fyr gelesen hat kennt Nicolas vielleicht noch). Auf dessen Couch crashten wir, bevor wir am nächsten Tag in die Berge fuhren. Dort beginnt der Reisebericht. Viel Spaß beim Hören!
Letztendlich führte uns die Tour einmal durch die gesamten französischen Alpen, nach Nizza. Von dort fuhren wir wieder heim.
(Ich rede etwas leise, da wir direkt hinter einem Haus zelteten und die Leute, die uns die Stelle angeboten hatten, nicht stören wollten)
Das ist Falk, mein Reise-Buddy und ein Kommilitone von mir.
In Lausanne am Genfer See starten wir unsere Alpentour
Unser Erster Pass: Col de la Forclaz.
An das viele Kurbeln konnten wir uns schonmal gewöhnen.
Die Aussicht wurde nach jeder Kurve besser. Links ist Martigny zu sehen.
Geschafft!
Was futtern in Charmoix-Mont-Blanc
Irgendwo da hinten versteckt sich der Mont Blanc.
Fünf Minuten vor Ladenschluss nochmal auf Plünderfahrt gegangen – das war die Ausbeute.
Zwei nette Ferienhausbesitzer ließen uns hinter ihrem Haus zelten. Sogar ihre Dusche boten sie uns an – danke!
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2016/08/blog-4649.jpg533800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2016-08-29 05:22:392018-07-30 15:43:21Radtour durch die französischen Alpen, die ersten Tage. Ein Reisebericht von Esra
Das ist der letzte Teil meines Radtour-Reiseberichts. Nachdem ich lange in Schottland unterwegs war wollte ich noch meine Freunde in Schweden besuchen, also verlängerte ich meine Reise nochmal um knapp 1500 Kilometer.
Holland ist so flach
Nach knapp sieben Wochen in England und Schottland erreichte ich schließlich wieder das Festland. Der Rest der Familie wartete am Fährhafen auf mich, denn sie wollten am nächsten Tag selbst nach Schottland fahren.
Es gab viel zu erzählen, immerhin hatten wir uns seit einer Ewigkeit nicht gesehen, und ich hatte unzählige Geschichten gesammelt. Ich sicherte meine Fotos, wir fuhren ein wenig in der Umgebung Amsterdams herum, und ich schlief diese Nacht auf dem Boden des Wohnmobils statt in meinem Zelt. Das Mobil ist mittlerweile viel zu eng für uns fünf. Mein Zelt ist gemütlicher! Am nächsten Tag fuhr ich früh los.
Holland! Irgendwo in der Nähe von Amsterdam
Mein Ziel war Kiel, denn von dort würde ich eine Fähre nach Göteborg nehmen, und der einfachste Weg dort hin führte an der Küste entlang. Ich hatte keine Karte von Holland dabei und auch kein Smartphone (da der Akku sowieso immer nur leer wäre), doch ich brauchte eigentlich auch keine Orientierungshilfe, immerhin musste ich nur darauf achten, das Meer immer links von mir zu haben.
Flaches Land und Regen, Regen, Regen
Holland war, vor allem verglichen mit Schottland und seinen grandiosen Bergen, mystischen Lochs und nebligen Tälern, ziemlich langweilig. Die höchste Erhebung, die ich auf dem gesamten Weg von Amsterdam bis zur deutschen Grenze zu meistern hatte, war der Deich auf dem ich hin und wieder entlang fuhr. Teilweise führte der Weg so lange geradeaus, dass ich bis zum Horizont keine Kurve ausmachen konnte. Dazu kam noch, dass es unablässig regnete.
Es ist zwar sehr angenehm, dort Rad zu fahren, aber sooo langweilig!
Immer nur geradeaus. Auf diesem Damm gibt es in über 30km nicht mal eine Kurve!
An der Küste entlang zu fahren lohnt sich landschaftlich nicht.
Vom Glück des Rückenwindes und spontanen Reisepartnern
Ich war trotzdem sehr gut gelaunt, und das hatte zwei Gründe: zum einen den Rückenwind, der als steife Brise mal ganz ausnahmsweise nicht von vorne oder von der Seite kam, sondern mich merklich antrieb. Zum anderen war da Michelle, eine Radlerin aus Deutschland, die in die selbe Richtung fuhr. Ich traf sie gleich am Anfang meiner Holland-Etappe. Wenn man zu zweit ist kann die Landschaft so langweilig sein wie sie will. Eigentlich war es sogar ganz gut, dass die Strecke so anspruchslos war, denn das hieß, dass wir gemütlich nebeneinander fahren konnten, um uns zu unterhalten.
Irgendwo unweit der deutschen Grenze verabschiedete sich Michelle, um mit einem Zug nach Hause zu fahren. Ihr Urlaub war knapp bemessen und so konnte sie insgesamt nur eine Woche unterwegs sein. Bei mir rief zwar keine Arbeit, doch auch ich musste bald einen Zug nehmen, damit ich rechtzeitig in Kiel war, um die Fähre noch zu erwischen. Wie ärgerlich! Gerne wäre ich die ganze Strecke gefahren.
Zum Glück traf ich Michelle, eine Krankenschwester aus Kassel. Sie war auch mit dem Rad unterwegs, und zu zweit war die langweilige Landschaft viel leichter auszuhalten.
In Deutschland musste ich einen Zug nehmen, um die Fähre noch zu schaffen.
Von Kiel nach Göteborg fährt man über Nacht.
Das Land der Roten Häusschen und endlosen Wäldern – Schweden
Als ich in Schweden ankam, änderte sich die Landschaft wieder. Es ist übrigens ein ganz anderes Erlebnis, wenn lange Zeit unterwegs ist und ein Land nach dem anderen besucht, statt nach zwei Wochen gleich wieder nach Hause zu fahren. Denn dann vergleicht man irgendwann die Länder untereinander, und nicht mehr mit Deutschland.
Schweden ist so eine Art Kompromiss zwischen Schottland und Holland, was den Anspruch an Radfahrer angeht. Es gibt keine hohen Berge und keinen ewigen Gegenwind, doch es ist dort auch nicht flach und langweilig. Eigentlich ist Schweden perfekt zum Radfahren geeignet, wenn man es gemütlich angehen will.
Man kann es natürlich auch sportlich statt gemütlich angehen, um große Strecken auf einmal zu meistern. Genau das tat ich auch. Ich wollte nämlich so schnell wie möglich bei meinen Freunden in Schweden sein, die ich schon viel zu lange nicht gesehen hatte. Sie veranstalteten wie jedes Jahr ein einwöchiges Festival für Freilerner, also Leute, die genau wie ich nicht zur Schule gehen oder gegangen sind.
Ich überrasche meine schwedischen Freunde und besuche das Freilerner Festival
Jedes Jahr hatte ich viel davon geredet, dass ich auch endlich mal kommen würde, und jedes Jahr wurde dann doch nichts daraus. Wir kamen eine Woche zu spät oder konnten nur im Winter kommen, das Wohnmobil war kaputt, etc… Also kündigte ich dieses Jahr meinen Besuch nicht so lautstark an. So klappt es vielleicht!
Ah, Schweden! Hier mach Radfahren richtig Spaß. Fiesen Wind oder hohe Berge machten mir hier nur selten das Leben schwer.
….und Wildcampen ist auch erlaubt!
Genau auf dieser Straße bin ich auch letztes Jahr gefahren, als ich mit meiner damaligen Freundin unterwegs war.
Mit all der Vorfreude im Gepäck fuhr es sich tatsächlich sehr leicht, ich legte sie 420 Kilometer von Göteborg nach Askö in zweieinhalb Tagen zurück. An einem sonnigen Mittag kam ich die kleine Schotterstraße entlanggefahren, an der die Farm meiner Freunde liegt. Sie deckten gerade einen Tisch unter dem Apfelbäumen als ich kam, pünktlich zum Mittagessen. Ich sorgte für eine große Überraschung, denn ich hatte ja wie gesagt nicht erwähnt, dass ich kommen würde.
Auf meiner ganzen Reise machte ich hier die längste Pause, ich blieb drei Wochen.
Ich half noch ein paar Tage mit den Vorbereitungen für das Freilerner Festival, immerhin kamen 150 Leute. Als sie schließlich kamen, fing die wohl beste Woche des Jahres an. So viele Leute auf einem Haufen, die alle auf die gleiche Art und Weise verrückt waren wie ich und meine Freunde! Es war prächtig!
Auf dem Camp bauten Andrew und Kyle ein Floss
Freilerner-Treffen in Schweden
Das Programm war sehr stark auf Freizeitaktivitäten ausgelegt und wurde größtenteils spontan erfunden. Jeden Tag standen Fußball, Cricket oder irgendwelche anderen Ballspiele auf dem Plan, wir bauten eine Kartoffelkanone, veranstalteten Spiele im Wald, ließen ein Floß zu Wasser und spielten nachts so lange in der Scheune Karten und Gesellschaftsspiele, bis die Sonne wieder aufging. Einige Leute hatten ihre Instrumente dabei, und es dauerte nicht lange, da hatten wir eine Band. Es machte Spaß, mal unter so vielen Freilernern zu sein. Auf einmal waren die wenigen, die in die Schule gingen oder gegangen waren, die „anderen“.
Freddie und Kai geben ein kleines Konzert.
Und schon ist eine Band draus geworden!
Auf der großen Wiese haben wir immer irgendwelchen Unsinn gemacht. Hier: Kartoffelkanone.
Oder wir haben eine alte Muskete (von 1815!) gefeuert
Es war Juli, aber manchmal waren alle angezogen, als wäre es Oktober.
Als die Woche vorbei war, schliefen wir erst einmal ein paar Tage lang.
Irgendwann war es dann Zeit, weiter zu fahren, und ich war wieder alleine.
Nach drei Wochen war es Zeit, sich wieder nach Süden aufzumachen.
Auch hier am Göta-Kanal war ich letztes Jahr gewesen.
Ich reise allein und bin nie einsam
Hab ich eigentlich schon einmal erzählt, wie toll es ist, allein zu reisen? Diese Reise war meine erste längere Tour, die ich ganz alleine gemacht hab. Keine Familie und keine Freundin dabei, nur mein Rad und ich. Aber einsam war ich nie, denn als Alleinreisender kam ich extrem leicht ins Gespräch mit den verschiedensten Leuten. Zum Beispiel geschah es mehrmals, dass sich meine Wege mit denen anderer Reisender kreuzten – und prompt hatte ich für ein paar Tage Gesellschaft. Wenn ich in einen Pub oder ein Café kam, wurde ich oft einfach so angesprochen („Hey, bist du in dem Siffwetter ganz bis hierher geradelt?! Wow! Setzt dich doch zu uns!“). Wenn man zu zweit oder gar zu fünft reist passiert das bei weitem nicht so oft – immerhin hat man seine Gesprächspartner ja schon dabei, und die Leute wollen nicht stören.
Ich konnte auch viele meiner Freunde besuchen, die in Nordeuropa verteilt sind. Hätte ich noch jemanden dabei gehabt, wäre das schwer geworden – wenn ich eine Woche bei einem Freund auf der Couch chrashe kommt es komisch, wenn ich einfach meinen Mitreisenden ungeladen mitbringe.
Und natürlich war ich so unabhängig wie noch nie! Alle Entscheidungen über die Route, das Essen oder den Schlafplatz lagen bei mir, es gab keine Diskussionen oder Kompromisse, die irgendwen unzufrieden stimmen.
Um von Meinen Freunden bei Stockholm nach Malmö an der Südspitze Schwedens zu radeln brauchte ich fünf Tage. Hier sind noch ein paar Bilder von der Strecke.
Wie idyllisch! Blauer Himmel, Sonnenschein, rote Häusschen… fast wie in einem Kinderbuch.
Mein treues Rad, lief die ganze Reise über ohne Probleme.
Hmpf. jemand hat das Kinderbuch zugemacht und einen von diesen finsteren schwedischen Krimis aufgeschlagen.
Alte amerikanische Autos sind in Schweden sehr beliebt.
ich besuchte noch ein paar Servas-Gastgeber. Unter anderen kam ich bei diesen Jungs unter.
Wieder in Deutshland. Auf der Fähre traf ich noch einen anderen Radler, zusammen fuhren wir nach Rostock rein.
Der Leuchtturm in Warnemünde.
In Rostock verbrachte ich einige Tage bei Clemens und Sebastian.
Alles in allem bin ich fast 4.000 Kilometer mit dem Rad gefahren (Und noch ein paar mehr mit Fähren und einem Zug). Ich war fast 3 Monate lang unterwegs, verbrachte die Hälfte der Zeit unterwegs und die andere bei alten Freunden oder neuen Bekannten. Es war einer der besten Sommer meines Lebens!
Ich fuhr mit dem Zug nach Hause, weil ich eiligst noch Unterlagen für die Universität einschicken musste.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2015/11/bearb-3591k.jpg534800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2016-02-23 15:29:572018-09-27 10:31:13Sommer-Radtour, Teil 7: warum es von Vorteil ist, allein unterwegs zu sein
Vor der Reise hatte ich eine Packliste angefertigt, jetzt kommt der Testbericht. Monatelang hab ich meine Ausrüstung in Benutzung gehabt und kann nun sehr gut Urteile darüber fällen.
Bei einigen Ausrüstungsgegenständen muss man nicht sonderlich auf die Qualität achten, um eine gute Reise zu haben – Wasserflaschen, Essgeschirr und Socken müssen keine exquisiten, handgefertigten Einzelstücke sein, da tut es auch das, was man zuhause sowieso im Schrank hat. Auch die Zahnbürste und Sonnencreme werde ich hier nicht weiter ausführen.
Wenn man aber am falschen Ende spart, macht die Reise bald keinen Spaß mehr. Mit undichter Regenkleidung und einem Fahrrad, das man alle 50 Kilometer reparieren muss, kommt man nicht weit.
Dieser Beitrag soll jenen helfen, die selbst eine Radreise planen (oder campen gehen wollen) und vielleicht die Neugierde jener befriedigen, die zwar selbst so etwas nicht vorhaben, sich aber fragen, was man für so eine Unternehmung dabei hat.
Es muss keine neues Rad sein – nur ein Gutes!
Das voll beladene Rad. Ich wählte die gelben Taschen, weil sie von weitem schon gut zu sehen sind
Mein Fahrrad ist zwar mit 25 Jahren schon älter als ich, doch es läuft noch wie geschmiert (das ist es ja auch). Viele der Teile sind noch original, auch die Gangschaltung, die Räder und alle Kugellager. Wenn man sie ordentlich pflegt, bereiten sie einem unterwegs keine Sorgen.
Bei den Reifen macht es Sinn, die extra zähe Variante zu kaufen. Die wiegen dann zwar ein paar Gramm mehr, doch Glasscherben und Nägel beißen sich daran die Zähne aus, und man sitzt nicht alle paar Tage im Gras und flickt einen Platten. Ich hatte auf der ganzen Reise nur eine Reifenpanne, obwohl ich über Unmengen an Unrat geradelt bin.
Pro: sie sind unglaublich zäh, fahren sich aber trotzdem gut
Contra: Sie sind zäh. Sie auf die Felgen zu bekommen ist ein Kampf, und sie sind ein wenig schwerer als andere Reifen
Beim Sattel kann man auch ruhig ein bisschen mehr ausgeben, immerhin wird man unzählige Stunden lang darauf sitzen. Da mein alter Sattel langsam durch war, schaute ich mich in den Radreise-Foren im Internet um, was denn da empfohlen wird, und stieß auf den Brooks B17. So wie dieser Sattel von Langstreckenfahrern angebetet wurde konnte er so schlecht nicht sein. Es ist ein Ledersattel, und als solcher ist er formbar. Mit der Zeit passt er sich dem Allerwertesten des Radlers an, und wird dadurch sehr gemütlich.
Contra: Es dauert eine Weile, bis er eingefahren ist, man muss ihn pflegen und er sollte nicht nass werden, und er ist teuer.
Packtaschen – unkaputtbar und dicht wie ein U-Boot
Irgendwo muss der ganze Kram rein. Die Form und Farbe der Taschen ist eigentlich egal, doch eines müssen sie sein: wasserdicht. Am besten, man holt sich zwei dieser Taschen aus Lastwagenplane, denn da kommt wirklich kein Tropfen durch. Ich fuhr mit den bekannten Ortlieb Fahrradtaschen, doch die von RED tun es auch.
Es macht auch noch Sinn, sich Tragegurte für die Taschen zu holen. Ich hatte keine und vermisste sie manchmal sehr, zum Beispiel, wenn ich 5 Stockwerke auf Treppen hoch laufen musste.
Die Ortlieb Taschen lassen sich problemlos am Rad befestigen, es passt viel rein und sie sind zäh wie gegerbte Elefantenhaut. Ich bin total zufrieden! Allerdings muss man einen Haufen Scheine aus der Tasche kramen.
Das Zelt und die Isomatte waren nicht in einer eigenen Tasche, die wickelte ich an nassen Tagen einfach in einem Rucksacküberwurf ein, dadurch blieben sie auch trocken.
Mein „Cockpit“
Regenklamotten – hier bitte nicht sparen!
Ich fuhr nach Schottland, also mussten meine Regenklamotten für alles bereit sein. Es regnete zwar nicht immer, aber wenn, dann richtig. Ich hatte von Vaude neben dem Zelt eine Regenjacke, eine Regenhose und wasserdichte Fahrradschuhe zur Verfügung gestellt bekommen, und die wurden vor allem auf der Isle of Skye auf die Probe gestellt.
Die Yaras Regenjacke hatte ich mir in Knallorange schicken lassen, denn ich werde gerne gesehen, wenn ich auf schmalen Straßen mitten im Norgendwo unterwegs bin. Da es meistens bei Regenwetter nicht so viel kälter ist als wenn es bewölkt ist, darf man keine dicke Regenjacke mitnehmen. Die Jacke sollte wirklich nur den Regen fernhalten. Man muss bedenken, dass Radfahren enorm wärmt, und in einer dicken Jacke wird es bei sportlicher Betätigung so heiß, dass man darin ein Brot backen kann.
Die Jacke von Vaude war schön dünn, ich konnte sie also bei Bedarf überziehen ohne gleich ins Schwitzen zu geraten, und sie ließ sich relativ klein verstauen.
Im Laufe der Zeit ließ zwar der Abperleffekt etwas nach, doch sie blieb dicht. Ich muss sie nochmal imprägnieren.
Die Regenjacke hält dicht
Selbstportrait in Schlechtwettermontur
Die Yaras Regenhose hielt auch dicht wie ein Stummer im Kreuzverhör, allerdings wurde es in ihr schnell zu heiß. Warmes Regenwetter ist meiner Erfahrung nach das schlimmste, denn wenn man nicht von außen nass wird, dann schwitzt man. Doch wenn es kalt und nass war, war die Regenhose unverzichtbar. Sie war perfekt auf meine Bedürfnisse als Radfahrer zugeschnitten – der Hosenboden war verstärkt und man konnte sie an den Waden mithilfe von Klettverschlüssen enger machen. Dadurch scheuerte sie nicht am Sattel durch, und die Hosenbeine gerieten nicht in die fettige Kette.
Schuhe – sie müssen sich gleichzeitig zum Radeln und zum Laufen eignen
Ich fuhr mit Pedalen, in die man seine Schuhe einklicken konnte, meine Schuhe hatten also kleine Metallplatten im Profil versenkt. Sie sind primär zum Radfahren gedacht, doch im Gegensatz zu anderen solchen Schuhen kann man auch bequem in ihnen laufen. Ich machte auch oft kleine Wanderungen mit den Leuten, die ich traf, also mussten sie auch abseits der Pedale brauchbar sein.
Auch was ihre Wasserfestigkeit anging kann ich sie loben, doch bei tagelangem Regenwetter lief irgendwann doch das Wasser oben rein. Dagegen helfen nur Galoschen.
Pro: Gemütlich, dicht und eigenen sich zum Radfahren genauso wie zum Laufen
Conta: Kosten vielleicht etwas mehr als der ein oder andere ausgeben mag. Sie sind es aber wert.
Eine Warnweste hatte ich eigentlich immer an. Die Regenhose hatte ich manchmal auch schon an, wenn ich Regen nur vermutete.
Zelt – das „Zuhause“ muss dicht und stabil sein
Zwar hatte ich bereits ein billiges Zelt im Keller liegen, doch dem traute ich es nicht zu, dem schottischen Wetter standzuhalten. Ich suchte nach etwas widerstandsfähigerem und stieß auf das Vaude Mark L 2P, welches mir Vaude freundlicherweise zum Test zur Verfügung stellte.
Mein Zelt in der nassen Landschaft Schottlands. Es hielt immer dicht
Ich wählte ein Zwei-Mann-Zelt, immerhin würde ich viele Abende darin verbringen, und meine Ausrüstung sollte auch darin Platz haben. Der Extra-Raum bedeutete zwar auch Extra-Gewicht, doch dieser Kompromiss war es mir wert.
Als erstes fiel an dem Zelt auf, wie leicht und schnell es aufzubauen ist. Das Gestänge liegt außen, das Zelt muss nur eingehängt werden. Die Zelthaken sind robust und dank ihrer dreiseitigen Form lassen sie sich nicht verbiegen. Allerdings fehlt etwas, womit man sie wieder aus der Erde ziehen kann. Ich kaufte etwas Schur und behob das Problem selbst. Außerdem wurden ein paar Haken zu wenig geliefert – ich musste noch ein paar vom alten Zelt mitnehmen, um alle Leinen befestigen zu können, falls nötig.
Die Zelthaken verbiegen sich dank der drei „Flügel“ nicht, allerdings werden sie ohne Schnur geliefert, ohne die man sie kaum aus dem Boden bekommt.
Das Gestänge ist außen, was den Aufbau sehr schnell und einfach macht
Was die Wetterfestigkeit angeht, kann ich nichts außer Lob für das Zelt aussprechen. Selbst im tagelangen Regen blieb es innen trocken. Im Wind blieb es auch, wenn ordentlich befestigt, genau so stehen wie es sollte.
Das Zelt ist gut verarbeitet, allerdings ist der Boden so dünn, dass ich trotz aller Vorsicht (ich beseitigte stets spitze Zweige und Steine, bevor ich es aufstellte) irgendwann ein kleines Loch im Boden hatte. Ich ließ mir einen Floorprotector nachsenden, um weitere Schäden zu vermeiden. Dabei handelt es sich um eine zweite Plane, die man unter das Zelt legt, um es zu schützen. Zum Glück nahm der Floorprotector nicht sonderlich viel Platz weg. Ich konnte ihn noch zusammen mit dem Zelt in die Zelttasche stopfen.
Ein weiteres Problem war, dass die Zeltstangen sich eines regnerischen Abends nicht mehr zusammenstecken ließen, weil ein dünneres Stangensegment in der dickeren Stange verschwand. Ich wurde zum Glück von einem Farmer gerettet, der mein Problem erkannte und mir ein langes Stück Draht zur Reparatur besorgte. Danach verklebte ich die Stangen und behob das Problem endgültig.
Ups! Die Stange passt nicht mehr in das Loch. Hätte mir nicht ein netter Farmer geholfen, der zufällig vorbeikam, hätte ich doof da gestanden
Um es kurz zu machen:
Pro: Sehr schnell und leicht aufgebaut, wetterfest, praktisch in der Benutzung, bezahlbarer Preis.
Kontra: Es gibt einige Verarbeitungsfehler, die sich aber leicht selbst beheben lassen (Zelthaken mit Schnur versehen, Zeltstangen vorsorglich kleben). Der Boden ist etwas zu dünn und braucht Verstärkung.
Fazit: Wenn man mit den behebbaren Mängeln leben kann, ist es ein gutes und verlässliches Zelt für alle Wetterlagen, die ein schottischer Sommer zu bieten hat.
Das Zelt muss einfach in dem Gestänge „eingehängt“ werden
Ich hatte ein Zwei-Mann-Zelt gewählt, um noch gemütlich meine komplette Ausrüstung mit hinein nehmen zu können
Natürlich kann man eine Tour auch mit günstigerer Ausrüstung machen. Letztes Jahr war ich im billigen Zelt und mit meiner alten Regenjacke unterwegs, eine Regenhose hatte ich gar nicht dabei. Die Tour war klasse, aber wir hatten Glück, dass es nicht windig war (unser Zelt bog sich bereits bei einer moderaten Brise durch) und nach ein paar Regentagen in Dänemark hatte ich eine Erkältung. Das tat zwar der Tour kaum einen Abbruch, doch in Schottland war es noch eine Ecke kälter und nasser. Die Ausrüstung, die man braucht, hängt natürlich immer vom Reiseland und der Jahreszeit ab :)
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2015/09/bearb-2628.jpg533800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2015-10-06 17:36:132021-10-10 15:22:01Bei Sturm und Regen getestet: meine Ausrüstung auf der Radtour
Achtung, dieser Beitrag ist sehr bildlastig. Ich konnte mich nicht entscheiden, welche ich rauswerfen sollte, jetzt sind sie eben alle drin!
– Wind und Whisky –
Langsam wurde es Zeit für mich, wieder nach Süden zu fahren. Ich hatte die Fähre nach Amsterdam bereits gebucht, im Anschluss an die Schottlandreise wollte ich gleich nach Schweden weiterfahren.
In den nördlichen Highlands machte das Radfahren nur bei Windstille Spaß. Da man weit und breit kaum drei Bäume am Horizont ausmachen kann, gibt es nichts, um den Wind etwas auszubremsen. Wie gewohnt blies mir ein starker Gegenwind ins Gesicht und holte im Laufe eines Tage eine beachtliche Anzahl an Flüchen und Schimpfworten aus mir heraus, da ich trotz meiner Anstrengungen nur eine sehr überschaubare Geschwindigkeit aufrecht erhalten konnte. Teilweise war der Gegenwind so stark, dass ich selbst bergab in die Pedale treten musste, um nicht stehen zu bleiben!
Die Landschaft im Norden Schottlands ist karg und weit. Hier fühlt sich der Wind richtig wohl, weil ihn keine ollen Bäume ausbremsen.
Blick aus meiner „Haustür“
Was dort oben an Wäldern fehlt, das wird mit Whisky-Destillerien wieder wett gemacht. In der Speyside-Region stehen mehr Destillerien als irgendwo anders in Schottland, alle paar Kilometer kommt man an einer vorbei. Leider hatte ich nie die Gelegenheit, eine genauer zu besichtigen, da entweder die Zeit fehlte, ich zu spät kam oder es zu teuer war. Ich fand aber direkt neben der Dalwhinnie-Destillerie einen schönen Platz zum Zelten.
Mein treues Vaude-Zelt vor der Dalwhinnie Destillerie
Eine Eideckse am Wegesrand
Typisch Schottischer (und oregoner) Humor
Wildcampen im Wald
Nocheinmal Servas und ein zufäliges Frühstück in Edinburgh
Auf halbem Weg zwischen Edinburgh und Glasgow traf ich Val, eine Servas-Gastgeberin, die im kleinen Dörfchen Muthill lebte. Wir kamen sehr gut miteinander zurecht und ich blieb drei Tage statt den üblichen zwei. Kurz nach mir tauchten noch mehr deutsche Besucher bei ihr auf. Es war eine Familie aus der Nähe von Aachen, die sich von ihren kleinen Kindern nicht davon abhalten ließen, mit einem Land Rover und einem großen Zelt die Highlands zu bereisen (ich finde generell jeden sympathisch, der mit Kindern reist.)
Im kleinen Dörfchen Muthill machte ich ein weiteres Mal Halt bei einer Servas-Gastgeberin
Val (rechts) bekam außer mir noch mehr Besuch aus Deutschland, das Haus war schön voll
Die berühmte Eisenbahnbrücke bei Edinburgh
Je weiter südlich ich kam, desto mehr Bäume und sogar Wälder tauchten auf, und die Berge wurden von Hügeln ersetzt. Das Vorankommen war nun viel einfacher, und ich konnte weiter fahren. Je früher ich in Newcastle ankäme, desto mehr Zeit würde ich dort haben, mit Alicia, einer Freundin von mir, die Gegend zu erkunden und Dinge zu unternehmen.
Ich fuhr wieder durch Edinburgh, hielt mich allerdings nicht dort auf, weil es regnete. In einer Kleinstadt nicht weit von Edinburgh schlug ich mein Zelt an diesem Abend auf. Am nächsten Morgen rief mich eine Frau von ihrem Gartenzaun zu sich, als sie mich aus meinem Zelt kommen sah. Was sie wohl will? Darf man hier etwa nicht campen? Es ist doch überall erlaubt? Ich lief mal zu ihr.
„Guten Morgen!“ rief sie und fragte freundlich, ob ich denn gut geschlafen hätte.
Dann: „Sag mal, willst du Frühstück haben?“
Was für eine Frage! Einen Radfahrer zu fragen ob er Hunger hat. Das wäre, als wenn man einen Hund fragen würde, ob er ein Schnitzel will. Natürlich nahm ich das Angebot dankend an. Sie wollte wissen, wo ich überall schon gewesen bin, ich erzählte ihr von meiner bisherigen Reise. An diesem Tag kam ich wirklich nicht sehr früh in die Gänge – um 11 saß ich noch plaudernd in ihrer Küche.
Es regnete, als ich durch Edinburgh fuhr
Warum es toll ist, allein zu reisen
Am Anfang meiner Reise machte ich mir noch Sorgen wie wohl werden würde, ganz alleine unterwegs in Schottland. Diese ewige Fahrerei alleine, abends einsam im Zelt, niemand, mit dem ich reden könnte…
Doch meine Sorgen waren unbegründet. Was ich nämlich nicht wusste: wenn man alleine unterwegs ist, kommt man viel mehr mit Leuten in Berührung. Ganz oft sah mich jemand vorbeifahren, den einzelnen Radfahrer, und lud mich kurzerhand zu einem Tee ein. Ist ja nur einer, da geht das ganz einfach. Ich hatte allergrößte Freiheit bei der Planung, ich musste ja keine Rücksicht auf Mitreisende nehmen. So konnte ich einfach mal eine Woche in Glasgow bleiben oder mich mit anderen Radlern zusammentun und mit denen ein paar Tage fahren.
Das passierte mir nämlich auch hin und wieder, dass ich jemanden traf und dann einen oder mehrere Tage mit dieser Person verbrachte. Ich wurde von einer alten Dame in ihr Gästezimmer eingeladen, von Pfadfinderinnen aufgenommen, in Edinburgh bekam ich Frühstück, mit anderen Radlern furh ich zusammen herum. Und dann war ja noch Servas, was als Einzelperson wirklich sehr praktisch ist. Ich war zwar alleine unterwegs, aber ich war nie einsam!
Und wenn ich mal stunenlang durch die weite, leere Landschaft raldelte, dann hatte ich Zeit zum Nachdenken. Oder ich sang laute, selbstgedichtete Lieder; es war ja niemand da, den es störte!
Das Wetter was sehr wechselhaft, wie immer. Immerhin macht der Regen die Landschaft schön satt und grün
Zurück nach Newcastle, nach ca. 1500km
Schließlich verabschiedete ich mich aber doch, und im Laufe des Tages brachte ich doch noch ein wenig Land zwischen mich und Edinburgh. Am nächsten Tag war ich schon in England. Die Hügel waren hier kleiner als in Schottland, doch sie waren auch zahlreicher und fieser. In den Highlands geht es teilweise kilometerlang bergauf, doch es ist oft nur eine schwache, stetige Steigung. In England muss man fast jeden halben Kilometer einen kleinen, gemeinen Hügel erklimmen, nur um auf der anderen Seite gleich den nächsten zu sehen. Bäh!
Auf der anderen Seite gab es viel Wald. Ich fuhr durch den Kielder Forest Park, auf der Karte als großer grüner Fleck erkennbar, der gleichzeitig den kürzesten Weg darstellte. In Null Komma Nix war ich wieder in Newcastle.
Auf dem Weg nach Newcastle fuhr ich durch den Kielder Forest
An der Grenze nach England. Tschüss Schottland!
Mit diesen beiden Kanadiern verbrachte ich einen Abend plaudernd in deren Zelt
Sich in Newcastle zurecht zu finden war weitaus schwieriger als in Edinburgh und Glasgow. In den beiden schottischen Städten sind die Straßen mehr oder weniger gerade und überschaubar, doch ich Newcastle ist das Straßennetz eher ein Labyrinth. Es ist, als hätten die Stadtplaner einst eine große Landkarte genommen, einen Haufen Schnüre drauf geworfen, und dann die Straßen einfach da gebaut, wo die Schnüre lagen.
Schließlich fand ich doch noch zu Alicias Haus, wo ich vier Tage blieb. In Newcastle und Umbegung wird es einem bestimmt nicht langweilig, jeden Tag hatten wir irgendwas auf dem Plan, Museen, Innenstadt, ein Kletterpark, Grillparty – die letzten vier Tage in Großbritannien waren nicht schlecht!
Wieder in Newcastle mit Alicia, bei der ich ein paar Tage verbrachte
Die Gateshead Millenium Bridge in Newcastle
Ein Kaffeehaus in Newcastle
Alles im Lot aufm Boot? Ja! Überfahrt nach Amsterdam
Irgendwann musste ich dann doch zum Fährhafen. Ich fuhr wieder mit DFDS, diesmal ging es statt mit der „King Seaways“ mit der „Princess Seaways“ über die Nordsee. Radfahrer, merkt euch das für später: Wenn ihr die Wahl habt, fahrt mit der Princess. Da kommt mal als Radfahrer viel einfacher rein und auch wieder raus. Bei der King Seaways muss man warten, bis alle anderen von Schiff gefahen sind, bevor man selbst dran ist.
Die Überfahrt war sehr schön, vor allem, weil ich gute Gesellschaft hatte. Ich verquatschte mich am Fährhafen mit zwei englischen Radlern, und wir verbrachten den gesamten Abend zusammen. Erst verkosteten wir ein paar selbstgebraute Biere, die die beiden gemacht hatten, dann setzten wir uns in eine der vielen Bars und hörten Live-Musik. Es wurde recht spät, viel Schlaf bekam ich nicht diese Nacht.
Wieder auf der Fähre zurück nach Amsterdam
Meine sehr gemütliche Kabine
Diese beiden Radler aus England vernichteten mit mir große Mengen ihres selbstgebrauten Biers
Das Frühstücksbuffet war toll
Hmm!
Ich war nicht der einzige Radler auf dem Schiff
Am Morgen frühstückte ich noch einmal ordentlich (das Buffet war schön groß!) und traf dann den Rest meiner Familie in Ijmuiden am Fährhafen. Sie würden am nächsten Tag nach Großbritannien fahren, also verbrachten wir einen Tag zusammen, bevor ich weiter nach Schweden fuhr. Darüber berichte ich dann im nächsten Beitrag! Hier ist noch eine Landkarte von Schottland mit meiner Route drauf:
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2015/09/Scotland-klein-2618.jpg533800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2015-09-13 23:40:242018-09-27 10:41:05Sommer-Radtour, Teil 6: von Inverness zurück nach Newcastle
Endlich hatte ich die Isle of Skye an der Westküste Schottlands erreicht. Ich wollte erst eine Woche dort verbringen und mein Zelt an allen schönen Ecken der Insel aufpflanzen, doch ich hatte einen gravierenden Fehler gemacht: Ich hatte meine Rechnung ohne das Wetter gemacht. Am ersten Tag waren 14 Sonnenstunden vorhergesagt, der tatsächliche Wert lag eher um die Null. Es regnete allerdings an diesem Tag noch nicht, was ihn wettertechnisch zum besten Tag auf Skye machte.
Ich kam morgens mit der ersten Fähre von Mallaig aus auf die Insel und entschloss mich, als erstes den Südzipfel von Skye zu erkunden. Die Straße verlief wie eine Wellenkurve. Es ging entweder herauf oder herunter, ein ebenes Stück war kaum zu finden. Je näher ich dem Ende der Insel kam, desto dünner wurde die Straße, bis sie schließlich in einem Schotterpfad endete, dem ich nicht weiter folgte. Am Straßenrand neben einem kleinen Häuschen fand ich eine Kiste mit der Aufschrift „Cake Box“. Wenn man einen Radfahrer fangen will, ist das genau der richtige Köder. Kaum hatte ich die Kiste gesehen war auch schon der Deckel auf und ich inspizierte den Inhalt. Ich fand eine Auswahl verschiedenster Kuchen und eine Honesty Box, in die ich eine Pfundmünze steckte.
Lisa-Jane mit ihrem Hund Toby
Ich genoss gerade die Aussicht und futterte mein Stück Kuchen, da kam die Besitzerin der kleinen Hütte (und der Kuchenkiste) raus und fing an, sich mit mir zu unterhalten. Wir standen bestimmt 20 Minuten an ihrem Gartenzaun, ich auf der einen Seite, sie auf der anderen, und plauderten über die Insel, ihren Hund, Kuchen, und Gott und die Welt. Plötzlich schaute sie ganz erschrocken und ruft „Mist, ich hab ja mein Brot im Ofen ganz vergessen!“. Sie eilte in ihre Küche und winkte mich hinter ihr her. Das Brot war zum Glück noch nicht zum Brikett geworden, es roch sehr lecker. Lisa-Jane (das war ihr Name) schnitt ein paar Scheiben davon ab und bot sie mir an, dazu braute sie eine Kanne Kaffee. Im Gegenzug erzählte ich, wo ich bisher schon überall gewesen war und zeigte ihr Fotos von meiner Reise. Ich finde es toll, wie schnell man in Schottland Leute trifft und wie gastfreundlich sie alle sind!
Nach ein paar Stunden bei Lisa-Jane fuhr ich weiter. Ich folgte der einzigen Straße auf der Insel, die nach Norden führt, und fand mich gegen Abend in Carbost wieder, nicht weit von der Talisker Bay. In der Bucht selbst konnte ich leider nicht campen (es lagen überall Steine und Schafdreck auf den Wiesen herum), also gab ich mich mit dem Glen zufrieden, das hinter der Bucht lag. In dieser Nacht begann es ordentlich zu regnen. Zuerst störte mich das nicht weiter, ich saß ja in meinem Zelt und blieb trocken. Als es dann aber am späten Morgen immer noch nicht aufgehört hatte, fand ich mich damit ab, dass ich einen Tag im Regen verbringen würde, und fuhr los.
Die Straße, die von einem Ende der Isle of Skye zum anderen führt
Mein Übernachtungsplatz unweit der Talisker Bay
Ein typisches Abendessen – Müsli, Brötchen mit Frischkäse, und Schockoriegel
Blick in die verregnete Landschaft
Eine kapelle bei Carbost
Dafür sind diese Spiegel doch da, oder?
Viele meiner Pläne für Skye fielen ins Wasser (haha), denn was bringt die schönste Aussicht vom höchsten Hügel, wenn man nicht weit sieht und es schüttet. Leider bringen die Bilder das Wetter nicht ordentlich rüber, denn ich habe die Kamera ja nur dann aus der Tasche geholt, wenn es mal kurz nicht regnete. Ich machte an diesem Tag viele Pausen, jede Kneipe und jedes Café auf dem Weg steuerte ich an, um etwas Warmes zu mir zu nehmen und das Wetter draußen zu lassen. Die Leute, die ich in den Cafes traf, warfen mir abwechselnd beeindruckte und mitleidige Blicke zu, und wie immer wurde ich oft angesprochen.
Aufgrund des Wetters wollte ich doch nicht so lange auf der Isle of Skye bleiben, also machte ich mich am dritten Tag wieder auf den Weg nach Osten. An der Ostküste Schottland ist es generell trockener als an der Westküste.
Ausblick über ein Loch irgendwo zwischen der Westküste und der Ostküste
Auf dem Weg zwischen den Küsten regnete es immer noch, was eigentlich nicht weiter schlimm gewesen wäre – man kann sich ja in Pubs und Cafes unterstellen. Leider gab es keine Pubs und keine Cafes an der kleinen Straße, auf der ich unterwegs war. Es regnete, an jeder Kurve machte ich mir Hoffnung, dass dahinter eine Siedlung auftauchen würde, und immer waren es nur noch mehr Hügel, Lochs, und nasses Moorland. Nach 40 Kilometern kam ich endlich an einem Hotel vorbei, in dem ich ein halbe Stunde Trockenheit genießen konnte. Es war ein feiner Schuppen, also kosteten meine Fischsuppe und mein Kako so viel wie sonst geich drei volle Mahlzeiten, doch in dem Moment war es mir egal. Haupsache, es gab was Warmes! Ich hängte meine Regenjacke über eine Heizung, denn nach vielen Stunden Dauerbeanspruchung war auch meine sonst so verlässliche Regenjacke stellenweise nass geworden. Irgendwann ließ der Regen nach und ich konnte weiter fahren.
Ein Hotel mitten im Nirgendwo, dort konnte ich Rast machen
Am Ende des langen Tages erreichte ich die Black Isle bei Inverness. Es wurde spät und ich machte mich auf die Suche nach einem Schlafplatz, konnte aber keine freie Wiese finden, um mein Zelt aufzuschlagen. Zufällig stolperte ich aber über eine Gruppe Pfadfinderinnen, die in ihrem Clubhaus eine Party veranstalteten und mich kurzerhand dazu einluden. Es gab ausschließlich Cocktails und Speisen, die Schokolade enthielten, was meinem hungrigen Magen sehr gefiel (zum Glück habe ich eine hohe Toleranz für Süßes!). Ich durfte die Nacht auch noch im Clubhaus verbringen, wofür ich sehr dankbar war, denn ich konnte meine Regenklamotten gut trocknen und das Zelt mal lüften.
Mein Camp im Pfadfinderclubhaus, wo ich sehr dankbar für ein Dach über dem Kopf war
Der Leuchtturm bei Fortrose
Ölbohrinseln vor der Black Isle
Am nächsten Tag war das Wetter gleich viel besser, und ich nutze den Sonnenschein, um die Black Isle zu umrunden. Abends wollte ich mir in einem Pub etwas Kaltes gönnen, stolperte aber mitten in eine große Hochzeitsgesellschaft. Drei Schotten, die nicht zur Hochzeit gehörten, winkten mich prompt zu ihrem Tisch herüber „Hey, wir gehören auch nicht dazu, setz dich zu uns!“
Drei Schotten luden mich ein einem Pub beim Culoden Battlefield zu einem Drink ein
Mein nächstes Ziel war das Haus von meinen dritten Servas Gastgebern, die sehr ländlich lebten (sprich, mitten im Nirgendwo). Es war schön, auf einem so großen Grundstück entspannen zu können. Wobei wir uns nicht den ganzen Tag entspannten – ich half Phil, dem Vater der Familie, einen Tag lang beim Holzhacken und Rasenmähen. Außerdem gingen wir Vögel beobachten, backten Kuchen und Pizza, und ich machte mal wieder Wäsche.
Als nächstes ging es durch die Highlands wieder nach Süden, ich befand mich ja gerade in der Nähe von Inverness, recht weit im Norden. Doch das kommt im nächsten Beitrag. Bis dann!
Bei Phil und seiner Familie verbrachte ich zwei Nächte
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2015/08/Scotland-klein-2505.jpg533800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2015-08-28 12:12:242018-07-27 17:29:43Sommer-Radtour, Teil 5: Von der Westküste an die Ostküste im Regen
Diesen Teil des Reiseberichtes schreibe ich von zuhause aus. Nach etwa 80 Tagen hat die Reise ein Ende – zwar habe ich es in dieser Zeit nicht ganz um die Welt geschafft, doch wenn man bedenkt, dass ich über die Hälfte der Zeit bei Freunden und netten Leuten verbrachte, dann sind 3.700km gar nicht so übel, finde ich. Jetzt wird als erstes der Reisebericht vollendet!
Raus auf Glasgow, rein in die Highlands!
Regenwetter
Nach einer Woche in Glasgow hatte ich genug vom Stadtleben und entschied, meine Reise in Richtung Norden fortzusetzen. Der durchgehend blaue Himmel entschied mehr oder weniger zur gleichen Zeit, dass er nun lange genug blau gewesen war, und es fing an zu regnen, kaum war ich aus den bebauten Gebieten heraus. Frechheit!
Aber was will man machen. Auf einer Radtour muss man wasserfest sein. Unterstellen kann man sich nicht wenn man im Niemandsland unterwegs ist, ich wühlte also meine Regenklamotten aus meinen Taschen und stellte sie auf die Probe. Der Outdoorausrüster Vaude hatte mir ein paar Produkte zum Testen gegeben, unter anderem eine Regenjacke, eine Regenhose und meine wasserdichten Schuhe. Bisher hielt alles so dicht, dass ich abends im Zelt immer mit trockenen Klamotten mein Abendessen verzehren konnte, auch wenn es den Tag über sehr viel geregnet hatte.
Die Landschaft wurde immer beeindruckender, je weiter ich nach Norden fuhr
Viel Verkehr war ja nicht…
Leute treffen durch Servas
Ich hatte mir vorgenommen, mal Servas auszuprobieren. Das ist eine Organisition, die im Namen der Völkerverständigung Reisende und gastfreundliche Leute zusammenbringt. Ich hatte ein älteres Paar kontaktiert, das in einem kleinen Dörfchen mitten in den Highlands wohnte. Ich fand das Haus ohne große Schwierigkeiten und wurde von Bob und Maureen empfangen, einem ehemaligen Universitätsdozenten und einer ehemaligen forensischen Psychiaterin. Bob war nebenbei als Guide in einem nahegelegenen Kriegsgefangenenlager aus dem Zweiten Weltkrieg tätig, und nach dem Abendessen gab er mir eine private Tour über das Gelände.
Im Cultybraggan Camp waren damals bis zu 4.000 Deutsche Kriegsgefangene untergebracht, und als sogenanntes „Black Camp“ wurde es vornehmlich als Lager für die besonders hartgesottenen Nazis genutzt. Unter anderem gab es einen Vorfall, wo fünf Gefangene einen Mitgefangenen ermordeten, der ihnen als Verräter der nationalsozialistischen Idee vorkam. Das Camp bestand aus etlichen Nissen Hütten, einfachen Gebilden aus Wellblech. Bob erzählte, dass man die Bauteile für eine solche Hütte auf einen Lastwagen bekäme, den man man nach dem Zusammensetzten der Teile gleich in der Hütte parken konnte. Praktisch!
Einige der Nissenhütten im Cultybraggan Camp, in dem mich Bob am Abend herumführte
Maureen und Bob beim Kuchenvernichten
Ich blieb zwei Nächte bei Bob und Maureen und zog dann durch die Highlands weiter. Der Tag an dem ich weiter fuhr war einer der besten Radfahrtage auf der bisherigen Tour. Die Straße (dort oben gibt es oft nur eine Straße, auf der findet der gesamte Verkehr statt. So viel war es aber nicht) wand sich zwischen Bergen und Tälern nach Westen, in Richtung der Isle of Skye. Teilweise fuhr ich einige Kilometer lang bergauf, doch das zahlte sich immer aus, wenn ich auf der anderen Seite wieder herunter rasen konnte.
Das Wetter war ziemlich gut und es war Wochenende, also waren viele Freizeitfahrer unterwegs. Busse und Wohnwagen rollten gemächlich durch die Landschaft, und etliche Motorräder summten wie Bienen und Wespen darum herum. An einem Aussichtspunkt bot ein stolzer Jaguar-Besitzer an ein Foto von mir zu machen, und als er fertig war röhrte und brummte es wie auf einer Rennstrecke, als ein Supersportwagen nach dem anderen auftauchte. Ein Schottischer Sportwagenclub machte gerade eine kleine Tour.
Langsam begannen sich vor mir Berge aufzutürmen
Eine Gruppe betuchter junger Leute fuhr ihre Sportwagen spazieren
Ein Jaguarfahrer war so nett, ein paar Bilder von mir zu machen
Es dauerte eine Weile, bis ich durch dieses Tal gefahren war
Eine Bergabfahrt, die ich nach langem Klettern wohl verdient hatte
Ich kam an zahllosen Lochs vorbei
Ich hab die Westküste erreicht!
Nocheinmal Servas – Rumtuckern in einem 95 Jahre alten Wagen
Irgendwann kam ich nach Mallaig, von wo aus die Fähre zur Isle of Skye fährt. Da es allerdings schon spät war und das nächste Boot erst am folgenden Tag fahren würde, rief ich noch einen Servas-Gastgeber an. Ranald und Su wohnten in Arisaig, gerade um die Ecke, und nahmen mich gerne auf. Genau wie Bob und Maureen waren sie schon ein wenig in die Jahre gekommen, wie viele andere Servas-Gastgeber im Norden Schottlands. In kleinen Siedlungen mitten im Nirgendwo ziehen die jungen Leute eben alle weg. Macht ja auch nichts, immerhin haben ältere Leute meist die lustigsten Geschichten zu erzählen.
Ranald stellte sich als exzentrisches Unikum von einer Person heraus, genau wie seine Frau Su. Er hatte einen 95 Jahre alten Wagen in der Garage stehen, einen „Varley Woods“. Ranald erklärte mir stolz, dass es wahrscheinlich der letzte Wagen dieser Firma auf der ganzen Welt sei.
„Willst du mal darin fahren?“, fragt er mich dann. Was für eine Frage! Natürlich!
Ranald kurbelt sein Auto an
Wir zogen uns lustige Hüte über die Ohren, ich schnappte meine Kamera, und los ging’s im rollenden Museumsstück. Knatternd und etwas ruckelig rollte der Wagen aus der Garage. Eineinhalb Tonnen einfachste Technik, jedoch nicht ohne Stil. Wer Sicherheit groß schreibt, fühlt sich in so einem Fahrzeug nicht wohl – Anschnallgurte und Nackenstützen wurden erst viele Jahrzehnte nach dem Bau dieser Maschine erfunden, und Bremsen hatte sie auch nur hinten. Wenn man feste genug auf das Pedal trat, hielt der Wagen sogar nach einer Weile an…
Die Gangschaltung war nicht synchronisiert, man konnte einen bestimmten Gang also nur bei der genau richtigen Geschwindigkeit einlegen. Wenn Ranald zu schnell oder zu langsam zum Schalten fuhr, ließ ihn die Gangschaltung das mit einem lauten Knirschen wissen. Es kam aber auch nur einmal vor, da er nach vielen Monaten der Restauration erst wieder das Gefühl dafür bekommen musste.
Während der halbstündigen Tour bekam ich ein Gespür dafür, wie weit sich Fahrzeugtechnik im letzten Jahrhundert weiterentwickelt hatte. Dennoch hatte sich das Grundprinzip des Automobils kaum geändert: Ein Verbrennungsmotor unter der Haube, der Benzin in Kraft und Abgase umwandelt, vier Reifen, ein Lenkrad und drei Pedale. Wir haben vielleicht die Kurbel an der Stoßstange abgeschafft und die Autos sicherer und schneller gemacht, doch neu erfunden wurden sie nie.
Nach zwei Nächten bei Su und Ranald nahm ich die Fähre auf die Isle of Skye und fuhr dann nach Osten, an die andere Küste. Darüber schreibe ich dann im nächsten Bericht.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2015/08/bearb-2175.jpg533800Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2015-08-23 21:18:242018-07-27 17:29:35Sommer-Radtour, Teil 4: Mit dem Rad durch die Highlands
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