Bei Sturm und Regen getestet: meine Ausrüstung auf der Radtour
Vor der Reise hatte ich eine Packliste angefertigt, jetzt kommt der Testbericht. Monatelang hab ich meine Ausrüstung in Benutzung gehabt und kann nun sehr gut Urteile darüber fällen.
Bei einigen Ausrüstungsgegenständen muss man nicht sonderlich auf die Qualität achten, um eine gute Reise zu haben – Wasserflaschen, Essgeschirr und Socken müssen keine exquisiten, handgefertigten Einzelstücke sein, da tut es auch das, was man zuhause sowieso im Schrank hat. Auch die Zahnbürste und Sonnencreme werde ich hier nicht weiter ausführen.
Wenn man aber am falschen Ende spart, macht die Reise bald keinen Spaß mehr. Mit undichter Regenkleidung und einem Fahrrad, das man alle 50 Kilometer reparieren muss, kommt man nicht weit.
Dieser Beitrag soll jenen helfen, die selbst eine Radreise planen (oder campen gehen wollen) und vielleicht die Neugierde jener befriedigen, die zwar selbst so etwas nicht vorhaben, sich aber fragen, was man für so eine Unternehmung dabei hat.
Es muss keine neues Rad sein – nur ein Gutes!
Mein Fahrrad ist zwar mit 25 Jahren schon älter als ich, doch es läuft noch wie geschmiert (das ist es ja auch). Viele der Teile sind noch original, auch die Gangschaltung, die Räder und alle Kugellager. Wenn man sie ordentlich pflegt, bereiten sie einem unterwegs keine Sorgen.
Bei den Reifen macht es Sinn, die extra zähe Variante zu kaufen. Die wiegen dann zwar ein paar Gramm mehr, doch Glasscherben und Nägel beißen sich daran die Zähne aus, und man sitzt nicht alle paar Tage im Gras und flickt einen Platten. Ich hatte auf der ganzen Reise nur eine Reifenpanne, obwohl ich über Unmengen an Unrat geradelt bin.
Ich fuhr auf Continental Touring Plus Reifen, mit denen ich sehr zufrieden bin
- Pro: sie sind unglaublich zäh, fahren sich aber trotzdem gut
- Contra: Sie sind zäh. Sie auf die Felgen zu bekommen ist ein Kampf, und sie sind ein wenig schwerer als andere Reifen
Beim Sattel kann man auch ruhig ein bisschen mehr ausgeben, immerhin wird man unzählige Stunden lang darauf sitzen. Da mein alter Sattel langsam durch war, schaute ich mich in den Radreise-Foren im Internet um, was denn da empfohlen wird, und stieß auf den Brooks B17. So wie dieser Sattel von Langstreckenfahrern angebetet wurde konnte er so schlecht nicht sein. Es ist ein Ledersattel, und als solcher ist er formbar. Mit der Zeit passt er sich dem Allerwertesten des Radlers an, und wird dadurch sehr gemütlich.
- Pro: Sehr gemütlich, wenn er mal eingefahren ist.
- Contra: Es dauert eine Weile, bis er eingefahren ist, man muss ihn pflegen und er sollte nicht nass werden, und er ist teuer.
Packtaschen – unkaputtbar und dicht wie ein U-Boot
Irgendwo muss der ganze Kram rein. Die Form und Farbe der Taschen ist eigentlich egal, doch eines müssen sie sein: wasserdicht. Am besten, man holt sich zwei dieser Taschen aus Lastwagenplane, denn da kommt wirklich kein Tropfen durch. Ich fuhr mit den bekannten Ortlieb Fahrradtaschen, doch die von RED tun es auch.
Es macht auch noch Sinn, sich Tragegurte für die Taschen zu holen. Ich hatte keine und vermisste sie manchmal sehr, zum Beispiel, wenn ich 5 Stockwerke auf Treppen hoch laufen musste.
Die Ortlieb Taschen lassen sich problemlos am Rad befestigen, es passt viel rein und sie sind zäh wie gegerbte Elefantenhaut. Ich bin total zufrieden! Allerdings muss man einen Haufen Scheine aus der Tasche kramen.
Das Zelt und die Isomatte waren nicht in einer eigenen Tasche, die wickelte ich an nassen Tagen einfach in einem Rucksacküberwurf ein, dadurch blieben sie auch trocken.
Regenklamotten – hier bitte nicht sparen!
Ich fuhr nach Schottland, also mussten meine Regenklamotten für alles bereit sein. Es regnete zwar nicht immer, aber wenn, dann richtig. Ich hatte von Vaude neben dem Zelt eine Regenjacke, eine Regenhose und wasserdichte Fahrradschuhe zur Verfügung gestellt bekommen, und die wurden vor allem auf der Isle of Skye auf die Probe gestellt.
Die Yaras Regenjacke hatte ich mir in Knallorange schicken lassen, denn ich werde gerne gesehen, wenn ich auf schmalen Straßen mitten im Norgendwo unterwegs bin. Da es meistens bei Regenwetter nicht so viel kälter ist als wenn es bewölkt ist, darf man keine dicke Regenjacke mitnehmen. Die Jacke sollte wirklich nur den Regen fernhalten. Man muss bedenken, dass Radfahren enorm wärmt, und in einer dicken Jacke wird es bei sportlicher Betätigung so heiß, dass man darin ein Brot backen kann.
Die Jacke von Vaude war schön dünn, ich konnte sie also bei Bedarf überziehen ohne gleich ins Schwitzen zu geraten, und sie ließ sich relativ klein verstauen.
Im Laufe der Zeit ließ zwar der Abperleffekt etwas nach, doch sie blieb dicht. Ich muss sie nochmal imprägnieren.
Die Yaras Regenhose hielt auch dicht wie ein Stummer im Kreuzverhör, allerdings wurde es in ihr schnell zu heiß. Warmes Regenwetter ist meiner Erfahrung nach das schlimmste, denn wenn man nicht von außen nass wird, dann schwitzt man. Doch wenn es kalt und nass war, war die Regenhose unverzichtbar. Sie war perfekt auf meine Bedürfnisse als Radfahrer zugeschnitten – der Hosenboden war verstärkt und man konnte sie an den Waden mithilfe von Klettverschlüssen enger machen. Dadurch scheuerte sie nicht am Sattel durch, und die Hosenbeine gerieten nicht in die fettige Kette.
Schuhe – sie müssen sich gleichzeitig zum Radeln und zum Laufen eignen
Ich fuhr mit Pedalen, in die man seine Schuhe einklicken konnte, meine Schuhe hatten also kleine Metallplatten im Profil versenkt. Sie sind primär zum Radfahren gedacht, doch im Gegensatz zu anderen solchen Schuhen kann man auch bequem in ihnen laufen. Ich machte auch oft kleine Wanderungen mit den Leuten, die ich traf, also mussten sie auch abseits der Pedale brauchbar sein.
Auch was ihre Wasserfestigkeit anging kann ich sie loben, doch bei tagelangem Regenwetter lief irgendwann doch das Wasser oben rein. Dagegen helfen nur Galoschen.
- Pro: Gemütlich, dicht und eigenen sich zum Radfahren genauso wie zum Laufen
- Conta: Kosten vielleicht etwas mehr als der ein oder andere ausgeben mag. Sie sind es aber wert.
Eine Warnweste hatte ich eigentlich immer an. Die Regenhose hatte ich manchmal auch schon an, wenn ich Regen nur vermutete.
Zelt – das „Zuhause“ muss dicht und stabil sein
Zwar hatte ich bereits ein billiges Zelt im Keller liegen, doch dem traute ich es nicht zu, dem schottischen Wetter standzuhalten. Ich suchte nach etwas widerstandsfähigerem und stieß auf das Vaude Mark L 2P, welches mir Vaude freundlicherweise zum Test zur Verfügung stellte.
Ich wählte ein Zwei-Mann-Zelt, immerhin würde ich viele Abende darin verbringen, und meine Ausrüstung sollte auch darin Platz haben. Der Extra-Raum bedeutete zwar auch Extra-Gewicht, doch dieser Kompromiss war es mir wert.
Als erstes fiel an dem Zelt auf, wie leicht und schnell es aufzubauen ist. Das Gestänge liegt außen, das Zelt muss nur eingehängt werden. Die Zelthaken sind robust und dank ihrer dreiseitigen Form lassen sie sich nicht verbiegen. Allerdings fehlt etwas, womit man sie wieder aus der Erde ziehen kann. Ich kaufte etwas Schur und behob das Problem selbst. Außerdem wurden ein paar Haken zu wenig geliefert – ich musste noch ein paar vom alten Zelt mitnehmen, um alle Leinen befestigen zu können, falls nötig.
Die Zelthaken verbiegen sich dank der drei „Flügel“ nicht, allerdings werden sie ohne Schnur geliefert, ohne die man sie kaum aus dem Boden bekommt.
Was die Wetterfestigkeit angeht, kann ich nichts außer Lob für das Zelt aussprechen. Selbst im tagelangen Regen blieb es innen trocken. Im Wind blieb es auch, wenn ordentlich befestigt, genau so stehen wie es sollte.
Das Zelt ist gut verarbeitet, allerdings ist der Boden so dünn, dass ich trotz aller Vorsicht (ich beseitigte stets spitze Zweige und Steine, bevor ich es aufstellte) irgendwann ein kleines Loch im Boden hatte. Ich ließ mir einen Floorprotector nachsenden, um weitere Schäden zu vermeiden. Dabei handelt es sich um eine zweite Plane, die man unter das Zelt legt, um es zu schützen. Zum Glück nahm der Floorprotector nicht sonderlich viel Platz weg. Ich konnte ihn noch zusammen mit dem Zelt in die Zelttasche stopfen.
Ein weiteres Problem war, dass die Zeltstangen sich eines regnerischen Abends nicht mehr zusammenstecken ließen, weil ein dünneres Stangensegment in der dickeren Stange verschwand. Ich wurde zum Glück von einem Farmer gerettet, der mein Problem erkannte und mir ein langes Stück Draht zur Reparatur besorgte. Danach verklebte ich die Stangen und behob das Problem endgültig.
Ups! Die Stange passt nicht mehr in das Loch. Hätte mir nicht ein netter Farmer geholfen, der zufällig vorbeikam, hätte ich doof da gestanden
Um es kurz zu machen:
- Pro: Sehr schnell und leicht aufgebaut, wetterfest, praktisch in der Benutzung, bezahlbarer Preis.
- Kontra: Es gibt einige Verarbeitungsfehler, die sich aber leicht selbst beheben lassen (Zelthaken mit Schnur versehen, Zeltstangen vorsorglich kleben). Der Boden ist etwas zu dünn und braucht Verstärkung.
Fazit: Wenn man mit den behebbaren Mängeln leben kann, ist es ein gutes und verlässliches Zelt für alle Wetterlagen, die ein schottischer Sommer zu bieten hat.
Ich hatte ein Zwei-Mann-Zelt gewählt, um noch gemütlich meine komplette Ausrüstung mit hinein nehmen zu können
Natürlich kann man eine Tour auch mit günstigerer Ausrüstung machen. Letztes Jahr war ich im billigen Zelt und mit meiner alten Regenjacke unterwegs, eine Regenhose hatte ich gar nicht dabei. Die Tour war klasse, aber wir hatten Glück, dass es nicht windig war (unser Zelt bog sich bereits bei einer moderaten Brise durch) und nach ein paar Regentagen in Dänemark hatte ich eine Erkältung. Das tat zwar der Tour kaum einen Abbruch, doch in Schottland war es noch eine Ecke kälter und nasser. Die Ausrüstung, die man braucht, hängt natürlich immer vom Reiseland und der Jahreszeit ab :)
Kamera EOS M
Die Fotos wurden mit der EOS M, unserer kleinen Reisekamera aufgenommen.
Der Bericht zur Fahrrad Tour hat mir schon gut gefallen und daher interessierte mich der Ausrüstungsbericht auch ganz besonders. Danke dafür.
Ich habe ebenfalls ein Vorgängermodell deines Zeltes und bin auch hochzufrieden damit!
Danke für deinen Kommentar!
Um den Zeltboden zu schützen hatte ich dann ja den Floorprotector :)
Ja, man muss die Sättel vor allem von unten einfetten. Mir sagte man, dass man das gute Stück in den ersten Wochen mehrmals einfetten soll, danach nur ganz selten. Der Sattel muss ja erst einmal weich und geschmeidig werden, um sich an die Anatomie des Fahrers anzupassen. Meiner war nach ca. 1000km richtig gemütlich geworden, wobei er vorher auch okay war.
Hallo Esra !
Ich denke du hast alles richtig gemacht mit deiner Ausrüstung. VauDe ist eben auch ein erfahrener Hersteller, wir haben selber noch 2 Vorgängermodelle von deinem Zelt im Keller liegen. Mit einem dieser Zelte war mein Sohn jetzt in Irland unterwegs und er hat die gleichen guten Erfahrungen gemacht wie du.
2 Tipps vielleicht noch. Wenn der Untergrund mal etwas steinig oder „spitz“ ist, so legt man die Isomatte besser unter das Zelt als hinein, dadurch hat man keine Komforteinbuße und der Zeltboden wird geschützt. Einen guten Pflegehinweis für den Brookssattel habe ich von unserem Fahrradhändler bekommen: Man sollte den Sattel nach dem Neukauf und anschließend einmal im Jahr, ganz dick mit Lederfett von unten (nur dann funktioniert es) einstreichen und anschließend in die Sonne legen. Wir haben das bei einem neuen Sattel letztens erst gemacht und ich muss sagen, der Sattel „säuft“ das Fett regelrecht.
Alles Gute !
Lutz