June und ihre Shetland Ponies
Vor einigen Tagen hatte ich bei verschiedenen Leuten nachgefragt, wer sich am besten mit Shetland Ponies auskennt. So fand ich eine Email-Adresse heraus, schrieb gleich darauf die Email, und June antwortete direkt. Wir mailten ein paar Mal hin und her, und telefonierten auch. Die Gespräche mit June waren herzerfrischend einfach und direkt, das tat mir richtig gut. Aus June sprüht die Begeisterung, nicht nur für die Ponies, sondern für das Leben. In ihrem sympatischen, typisch shetländischen Akzent schwappt diese Passion dirket in mein Ohr und durchströmt meinen ganzen Körper. Nach jedem Gespräch hatte ich ein fröhliches Grinsen auf dem Gesicht. Natürlich freue ich mich jetzt ganz besonders drauf, sie und ihre Ponies persönlich kennen zu lernen.
Wie schon seit Tagen lacht die Sonne wieder über die weite shetländische Landschaft. Trotz der Freude auf die Ponies verlassen wir an diesem Tag unseren Leuchtturm in Eshaness nur sehr ungern, vor allem wegen der wilden Wellen, die sich mit Urgewalt gegen die Klippen werfen. Der Schlafmangel der letzten Nächte hat einen nagenden Kopfschmerz hinterlassen, sehr konzentriert bin ich leider nicht.
Mit den Ponies am Strand
Wir treffen uns am Strand, wo June ein paar Leute zusammengetrommelt hat. Aveleen würde mit ihren Töchtern auf Shetland Ponies reiten. Ja, auch Erwachsene, sofern sie nicht zu übergewichtig sind, können auf den starken Ponies reiten. Außerdem zeigt June uns das traditionelle Geschirr, mit dem die Ponies früher Torf transportierten.
Das Licht ist mittäglich hart, die Flut hat nicht viel vom Strand übrig gelassen, trotzdem ist es eine Freude, die Shetland Ponies in Aktion zu sehen. Die kleinen Töchter von Avaleen haben nicht nur Spaß am Reiten, sie spielen auch ausgiebig mit ihren drei, vier Hunden, die zwischen uns herumtollen.
Ponies sind traditionell Arbeitstiere
Von June erfahren wir sehr viel über die Ponys: „Niemand kennt sich mehr mit den alten Traditionen aus!“, meint sie. „Shetland Ponies waren ein wichtiger Teil eines Crofts. Sie wurden für den Transport des Peats (des Torfs) eingesetzt. Wenn überall Torf gestochen wurde, fanden die Tiere selbstständig ihren Weg zu ihrer Torfstellen. Sie liefen einfach den ganzen Tag von der Farm meist die Hügel hinauf zum Torf. Zum Pflügen wurden zwei Ponies im Gespann genutzt. Früher ging man auch mit Shetland Ponies einkaufen. Da hing dann der geflochtene Einkaufskorb an einer Seite, die Oma lief nebenher und strickte dabei noch! Da hatten die Menschen noch mehr Zeit und sie halfen sich auch gegenseitig!“
„Ein echtes Shetland Pony ist mindestens 28 Zoll (70 cm) hoch, sonst sind sie nicht zur Arbeit zu gebrauchen“, meint June, „diese ganz kleinen Ponies mag ich nicht wirklich“
June selbst ist etwa 1,60 m groß, ihre Figur ist unter der neonfarbenen weiten Jacke nicht auszumachen, die Füße stecken in gelben Gummistiefeln. „Ha, ihr bekommt jetzt nasse Füße am Strand. Ein echter Shetländer trägt nur Wellies, morgens rein, abends wieder raus!“ lacht sie, als wir am Strand immer wieder den Wellen ausweichen müssen. Die Hunde tummeln sich klatschnass im Wasser, spielen mit Tang. Avaleen meint, sie müssen jetzt langsam los, die Ostereier verstecken. Es ist ja Ostersonntag, das hatte ich ganz vergessen.
Schmusestunde auf der Ponyweide
Wir fahren gemeinsam zur Pony-Weide. June rast im roten Pickup vor, ich versuche ihr zu folgen, ohne irgendwelche Verkehrsregeln zu brechen. Wir halten an der Weide, klettern über den Zaun, was nicht ganz so einfach ist. Aber wenn June es packt, dann werden wir da auch drüber kommen. Wir sind schließlich etwas größer. Den Eimer mit Leckerlies in der Hand ruft die Pony-Närrin nach ihren Lieblingen. Ihr Labrador, der flink und geschickt über den Zaun gesprungen ist, hüpfte fröhlich um uns herum. Da komamen schon die Ponies auf uns zugerannt. Kaum sehen sie uns, halten sie inne. June lachte sich eins, „Ha! Jetzt wissen sie nicht, was das soll, normalerweise komme ich allein!“ Die Neugier überwiegt allerdings schnell, und schon bald galoppieren sie eines nach dem anderen auf uns zu. Bei manchen Ponies schwenken die Bäuche lustig hin und her.
„Die sind schwanger, in zwei, drei Wochen ist es soweit. Wenn die Geburt länger als 20 Minuten dauert, dann stimmt etwas nicht. Dann muß ich reagieren.“
June setzt sich ins trockene Gras der Weide, die Ponies kommen und knutschten sie ab. Eins nach dem anderen will schmusen.
„Setzt euch auch mal, dann kommen sie zu euch. Sie müssen mit jedem Nasenloch einmal an euch riechen, dann kennen sie euch.“
Ich setze mich ins Gras, Amy neben mir auch. Die Ponies kommen, schnüffeln an unseren Gesichtern. Reflexartig ziehe ich zurück. „Nein, lass mal, die sind ganz sanft.“
Ich lasse sie, und das ist ein Erlebnis. Das ist wie eine Meditation. Ein Zur-Ruhe-kommen. Eins sein mit dem kleinen Pferd. Sanft sind sie, die Nüstern weich wie Samt, der Atem duftet nach frischem Heu. Es kitzelt und macht Spaß. Das ist nochmal ganz was anderes als am Zaun zu stehen und sie zu streicheln. Unter dem Pony liegen und sich abknutschen zu lassen. Falls ihr mal so eine Gelegenheit bekommt, lasst sie euch nicht entgehen.
Bald lassen sich auch die Jungs und mein Mann Gunter nieder und kuscheln mit den Minipferden. Esra lacht und genießt, Noah meint, die hätten Mundgeruch. Immer schön cool bleiben.
Wir klettern über die Zäune und fahren ans andere Ende der Weide. Diesmal laufen wir den Hang hoch. Von oben haben wir wieder diese traumhaft Aussicht. Wieder ruft June, wieder galoppieren Ponies glücklich in unsere Richtung. Wir befühlten die Bäuche der schwangeren Ponies, die Fohlen spürten wir noch nicht.
Ich verpasse den Ponies eine Pediküre
„Wollt ihr noch mehr Ponies?“ fragte June. Ja, klar! Wir fahren zur Grundschule, wo die Hengste stehen.
„Immer, wenn beim Spielen auf dem Schulhof der Ball zu den Ponies springt haben die Kinder Angst, den wieder zu holen. Nur ein Junge ist mutig genug!“ June ist amüsiert, wie schon den ganzen Tag. Was für eine gut gelaunte Frau!
„Ich zeige Euch mal, wie man die Hufe schneidet.“ Auf dem Schulhof fängt sie den ältesten Ponyhengst ein. Der ist damit allerdings nicht sehr zufrieden und schaut misstrauisch drein. Schnell, bevor er und sein Kumpane auf den Schulhof kacken, laufen wir wieder mit ihnen zurück auf die Weide. June schneidet mit einer Zange einen Huf zurecht. Wir können gut sehen, wie das Pony hinterher besser stehen kann. Es war nötig gewesen.
„Jetzt bist Du dran!“ June reicht mir die Zange. Ich hatte gefragt, wie schwer das Schneiden ist, jetzt kann ich es selbst versuchen. Es ist gar nicht so anstrengend, ich hätte gedacht, man bräuchte mehr Kraft. Das abgeschnittene Hornteil bekomme ich als Souvenir!
„Unsere Hunde fressen das gern, ist voller guter Sachen wie Calzium und anderen Mineralien!“ Kaum sagt sie es kommt ihr schwarzer Labrador von hinten angesaust und klaut einen Hufnagel.
Als June auch die Vorderhufe gestutzt hat, bindet sie das Pony wieder los. Jetzt wird es lustig. June reißt die Arme hoch und scheucht die beiden Hengste quer über die Weide. Wir sollen dabei Fotos von den wild rennenden Ponies machen. Die beiden kappeln sich, spielen, rennen, beissen sich in den Hintern und gehen sogar in die Luft. Leider kommt da der Autofokus meiner Kamera nicht immer mit. Schade. Aber die Fotos der spielenden Hengste sind schon was Besonderes. June weiss, was Fotografen glücklich macht.
Kleiner Hengst und dicke Eier
„Da drüben sind auch noch ein paar Ponies“ Ob wir die auch sehen wollen? Selbstverständlich! Wieder folgen wir ihrem roten Pick up. June zeigt uns ein besonders kleines Pony, kräftig gedrungenes. Der ist nicht nur sehr klein, teuer ist der noch dazu. „Die Besitzerin nennt ihn „Golden Balls“, weil es ein Hengst ist und er zur Zucht genutzt werden soll.“ Der Grund für diesen Namen ist, so erzählt uns June, dass der kleine Hengst besser Eier aus Gold hat, bei dem Preis! Wir lachen: „Wie kommt der denn an die Damen heran, der kleine Racker?“
Es ist immer Tag der offenen Tür auf den Shetland-Inseln
Damit beenden wir die Pony-Show und verabschieden uns von June. „Wenn ihr in der Nähe seid, kommt einfach rein. Wenn wir nicht daheim sind, geht trotzdem rein, trinkt einen Kaffee oder geht aufs Klo. Das machen alle hier. Lassen die Häuser offen. Wenn der Briefträger kommt und muß mal, dann geht er auch einfach rein.“ Wir haben viel gelernt an diesem Tag. Aber die beste Wikipedia oder das beste Buch kann einem nicht vermitteln, wie es ist, unter einem Shetland Pony zu sitzen und von ihm geschmust zu werden, ganz sanft und zart. Das muss man erlebt haben! Danke June! Das war ein absolut genialer Tag!
Nachdem June in ihrem roten Pickup davongebraust ist, merken wir dass wir ganz in der Nähe der Steilklippen sind, die wir vor einigen Tagen wegen des heftigen Windes nicht richtig aufnehmen konnten. Es ist fast windstill, die Sonne scheint schon den ganzen Tag, so fahren wir wieder dort hin und fotografieren das klare grünblaue Wasser und den hohen Felsen.
Die letzte Nacht in Eshaness
Unsere letzte Nacht im Leuchtturm steht uns bevor. Oh, Schreck! So schnell ist eine Woche um. Was bin ich froh, dass wir die beiden Leuchttürme als Unterkunft gebucht haben, obwohl sie etwas außerhalb unseres Budgets liegen. Das Wohnen in einem Leuchtturm ist ein Erlebnis, das wir niemals vergessen werden!
Auf der Rückfahrt sind die Straßen nach Eshaness nass, hier hat es geregnet. Wolken verzierten den Himmel, die nasse Landschaft ist wundervoll frisch und extra bunt. Kaum zurück, laufe ich die Klippen entlang und dann zum Meer hinunter. Am Horizont färbt die untergehende Sonne die tiefhängenden Wolken zart rosa, die Wellen rauschen, überschlagen sich, knallen an die steilen Felswände. Unser lustiges Drachenloch faucht auf halber Stärke. Ich fotografiere unten am Wasser, Gunter ist oben bei den Klippen geblieben.
Wir sind den ganzen Tag ununterbrochen in der Sonne und im Wind unterwegs gewesen. Unsere Gesichter glühen, und wir sind rechtschaffen müde. Wir laden noch die Pony-Bilder runter und sichern die Beute auf Festplatten, was dauert. Es ist wieder spät geworden. Esra hatte sich mit seiner Freundin verabredet. Ich muss also nochmal raus und zur nächsten Schule fahren, das dortige WiFi anzapfen und auch den Blogbeitrag hochladen. Das ist im dunklen Auto schwierig, denn ich kann die Tasten des Notebooks nicht sehen. Wieder zurück essen wir schnell zu Abend. Jetzt packe ich nichts mehr zusammen, das muss Morgen früh auch noch ausreichen. Ich will sowieso nicht weg von hier.
Übersichtsseite Shetland
Zum nächsten Blogbeitrag:
Hi Maria,
wir haben in letzter Zeit fast immer Glück mit dem Wetter :-)
So macht das noch mehr Spaß! und die Fotos sammeln sich auf den Festplatten!
Ich versuche trotz dauerndem Pinkeldrang, nicht weniger zu trinken. Shetland ist so dünn besiedelt, da hocke ich mich auch mal zu den Schafen auf die Weide :-)
liebe Grüße
Gabi
Hi Claudia,
Ja, wir hatten wirklich alles! Sonne, traumhafte Landschaften, das blaue Meer, nette Leute und diese ganz außergewöhnlichen Tiere! Dann noch im Leuchtturm wohnen! Und Sterne, Nordlicht, Wellen……
Liebe Grüße
Gabi
Ja, das war ein ganz besonderer Tag! Hätte Euren Kids auch gefallen! Und nicht nur denen ….
liebe Grüße
Gabi
Hi Mutti,
immer weiter und noch eine Insel. Wir erleben so viel in Shetland. Das wäre auch eine Reise für Dich gewesen :-)
liebe Grüße
Gabi
Hi Ricarda,
jetzt kommen endlich meine Antworten auf all Eure lieben Kommentare!
Das Wohnen im Leuchtturm war tatsächlich DAS Erlebnis! Jetzt wünsche ich mir natürlich noch mehr, ein Jahr, vielleicht. Das wäre ein guter Zeitrahmen :-)
Das Ponyerlebnis war genial!
liebe Grüße
Gabi
Hallo Gabi,
spannend zu lesen ist dein Bericht über die Bekanntschaft mit den Ponies, und zu lesen, dass die Haustüren offen stehen und jeder einfach mal aufs Tö gehen darf, sagt mir sehr zu mit meiner Konfirmandenblase*ggg*.Aber inzwischen gibt es ja auch andere Möglichkeiten wie Trichter oder Beutelchen mit Silikat.
Die Fotos sind wieder genial,und dass ihr soviel Glück habt mit dem Wetter…wenn Engel reisen*lach*.
Ich wünsche euch eine angenehme Fährfahrt.
LG Maria
Super! Alleine um die Sonne hätte ich euch beneidet, dann noch Ponys dazu, eine nette Bekanntschaft und Klippen und Meer… Fantastisch!
WAS FÜR EIN TAG!
Hi Ursula,
noch haben wir eine Woche! Zur Fährfahrt, die wir gestern buchten, ist allerdings wieder Sturm angesagt!! MIST! Hoffe, es wird nicht zu schlimm! Ich hätte gern etwas mehr Zeit hier auf Shetkand und ein klein wenig Ruhe zwischendrin :-)
All Euche Kommentare beantworte ich, wenn das Internet wieder besser funktioniert!
liebe Grüße
Gabi
ein herrlicher Tag mit den Ponies war das für euch alle. Schmusen, Knuddeln die Nähe spüren und auch noch Pediküre, Erlebniss pur.
Der Drache am Abend und die Klippen, super Aufnahmen.
Schon wieder Abschied nehmen, bin schon gespannt wohin eure Reise nun geht.
lg edeltraud
So ist das, Ponies werden bei uns oft etwas mitleidig belächelt, aber wenn man sich mal mit ihnen beschäftigt, lernt man ganz tolle Wesen kennen.
Schade, dass ihr schon wieder weiter ziehen müsst. Die Wellen sind so genial.
Alles Gute weiterhin, vor allem eine ruhige Fährüberfahrt ;-)
LG Ursula
Also Eure Kuschelstunden mit den Ponies müssen ja wirklich Spaß gemacht haben. Und dann noch eine Lehrstunde in Pony-Pediküre….
War wieder ein traumhafter Tag für Euch !
Und auch wenn das Abschiednehmen vom Leuchtturm schwerfällt….wünsche Euch auf alle Fälle eine gute Weiterfahrt !