Tag 2 der Radtour: Endlich den Kanal gefunden!
Tag zwei unserer Radtour begann sehr früh und mit einer erstklassigen Aussicht vor der Haustür (bzw. Zelteingang). Es war halb 6 Uhr morgens, kaum eine Wolke am Himmel und ein dünnes Tuch aus Nebel hatte sich über die ganze Landschaft gelegt, was ihr einen magischen Charakter verlieh. Es gelang mir nicht wirklich, diese Stimmung artgerecht zu fotografieren.
Da es draußen noch ein bisschen frisch war, kuschelten wir uns nochmal ganz kurz in den warmen Schlafsäcken ein. Plötzlich war es halb 9. Der Blick nach draußen war auch nicht mehr so nett wie zuvor. Der Neben war fort und der Himmel war nun wolkenverhangen. Wir frühstückten Müsli mit Joghurt, knabberten Kekse und füllten unsere Wasservorräte wieder auf. Um 10 Uhr kamen wir los. Heute würden wir an den Göta-Kanal fahren, dem wir dann quer durch Schweden folgen würden.
Uns war nach einem warmen Zweitfrühstück, also fuhren wir nicht weit, sondern bogen in den nächsten McDrive ein. Wir bestellten an der rauschenden und knackenden Sprechanlage vier Portionen Pommes, und bekamen dann zwei ausgehändigt. Hm. Naja, dann ist es eben billiger. Nach den Pommes (die waren schnell weg!) holten wir im Baumarkt noch schnell einen weiteren Rucksacküberwurf, um das Gepäck auf meinem Rad besser zu schützen, und neue Heringe. Dann machten wir uns daran, aus Norrköping heraus und nach Süden weiter zu fahren, so schwer würde das auch ohne eine Karte doch nicht sein.
Wie man sich irren kann. Auf unseren früheren Reisen sind wir ja gelegentlich auf Irrgärten und Labyrinthe gestoßen – zum Beispiel auf den einen im gallischen Dorf in der Bretagne, oder einen tollen Irrgarten in einem englischen Garten… so was isst Norrköping zum Frühstück! Wir kamen einfach nicht aus dieser Stadt heraus. Ob es an der fehlenden Fahrradinfrastruktur lag, unserem Mangel an Kartenmaterial oder einem bösen Fluch, den eine Hexe auf uns gelegt hat, weiß ich nicht. In Göteborg, einer ungleich größeren Stadt, würden wir uns zwei Wochen später ohne weiteres zurechtfinden.
Jetzt waren wir aber in Norrköping und nicht in Göteborg, und nach zwei geschlagenen Stunden des Herumirrens hatte sich an unserer Situation kaum etwas geändert. Der einzige Weg aus Norrköping heraus schien eine der vielen Autobahnen zu sein. Wir hatten fast jeden Stadtteil schon gefühlte drei mal besucht als uns endlich jemand erlöste. Ein Mädchen schickte uns eine Straße entlang, die irgendwann an einem See endete, an dem wir auf Trampelpfaden entlangfahren konnten. Wir kamen in ein Dorf namens Lindö, aus dem eine Landstraße herausführte. Geschafft! Nach über drei vollen Stunden und einem ganz schönen Umweg waren wir wieder auf dem richtigen Weg. Leider war ich in Norrköping zu genervt, um Fotos zu machen.
Die Landschaft machte unsere Frustration bald wieder vergessen. Sie war nicht spektakulär, sondern einfach nur schön. Es machte richtig Spaß, einfach nur der Straße zu folgen und die Wiesen und Wälder zu betrachten.
Unser Ziel war Mem, der Anfangspunkt des Göta-Kanals. Von dort aus würden wir am Wasser entlang nach Westen fahren, vorbei an den größten Seen Schwedens, bis nach Göteborg.
Wir fuhren gemächlicher als am Vortag, denn bis zum Kanal war es nicht mehr weit und wir hatten ja genug Zeit. Die letzten beiden Kilometer bis nach Mem machten besonders Spaß, weil es leicht aber stetig bergab ging. Mem liegt an der Ostsee und daher auf Meereshöhe.
Wir bekamen auch gleich Kanal-Action mit, denn ein Boot wurde geschleust. Wir machten also eine Pause und schauten uns den gemächlichen Vorgang an. Es dauerte eine Weile, bis das Wasser aus der Schleuse abgelassen war. Auch die Schleusentore bewegten sich in Zeitlupe. Aber es eilte ja auch nicht.
Als das Boot wieder auf seinem Weg und unsere Neugierde befriedigt war, entschieden wir uns zum Weiterfahren. Wir wollten den nächsten Campingplatz aufsuchen und dort übernachten, auch wenn wir noch lange nicht so weit gefahren waren wie am Tag zuvor. Der Radweg am Göta-Kanal war toll. Man fuhr direkt am Wasser entlang, keine zwei Meter vom Ufer entfernt. Und an den Böschungen gedieh die Vegetation prächtig. Es war so grün!
In Söderköping, der nächstgelegen größeren Siedlung, kauften wir im Supermark was zu Essen und machten uns dann auf zum Campingplatz. Um fünf vor 7 kamen wir an, die Rezeption hatte laut einem Schild bis 7 Uhr auf, doch es war niemand dort. Von einem anderen Camper erfuhren wir, dass man heute vorzeitig Feierabend gemacht hatte. Wir stellten uns also unangemeldet einfach irgendwo hin. Einer der Plätze direkt am Kanal war noch frei, wie schön. Es nieselte, also warteten wir mit dem Zeltaufbauen noch und aßen erst mal zu Abend. Es gab ein schweres Körnerbrot mit viel Käse. Kulinarisch waren wir nicht sehr wählerisch – wir kauften nicht nach den Kriterien lecker und abwechslungsreich ein, sondern billig und kalorienreich. Immerhin verbrannten wir auch viele Kalorien, und irgendwo müssen die wieder herkommen. Wir schliefen wieder sehr früh ein.
Ja, mach nur so weiter, Esra! Klasse und informativ geschrieben. Man merkt, die Reiseberichterei färbt ab bzw. fällt der Apfel wirklich nicht weit… Weisst ja, ich lese deine Texte immer gern. :)
und natürlich auch Grüße von den anderen – Amy, Noah und Gunter!
na, klasse! Die Fotos sehen toll aus. Ihr hattet ganz schön viel Regen – wir nicht ….
Freue mich auf den nächsten Bericht, mein Sohn.
Alles liebe, Gabi