Tag 5 der Rad-Tour. Fahrt um den Vätternsee, und die einzige Panne der Tour.
Als wir am Vortag losgefahren waren, wussten wir noch nicht, wie wir um den Vätternsee herum kommen würden. Auf der Karte sah es aus, als gäbe es keinen sonderlich direkten Weg. Wir würden uns wohl auf irgendwelchen Landstraßen um den See Schlängeln müssen.
Glücklicherweise fanden wir dann, als wir den See erreicht hatten, heraus, dass eine ausgeschilderte Radroute um ihn herum führte. Prima! Überall standen Schilder mit einem Fahrrad und der Aufschrift „Runt Vättern“ darauf.
Nur kurz zur Info. Auf dieser Rourte sind wir in Schweden von A nach B gekommen. insgesamt etwa 800km.
Natürlich bedeutet in Schweden ein Radwegschild keineswegs, dass es auch einen Radweg gibt. Die Route verlief fast ausschließlich auf Landstraßen. Das machte natürlich nichts, denn die waren so leer, dass man problemlos darauf fahren konnte.
Wir fuhren aus Motala heraus, die Sonne schien, ein paar einsame Schäfchenwolken machten am ansonsten strahlend blauen Himmel einen verlorenen Eindruck, und der Wald um uns herum war grün und dicht und still. Idyllisch! Wir genossen die Landschaft. An unseren Packtaschen hing an jeder Schlaufe und an jedem Verschluss irgendein Kleidungsstück, denn Anja-Melanie hatte gestern Wäsche gemacht. Sie hatte darauf vertraut, dass es sonnig sein würde und alles schön brav trocknen würde. Mutig gepokert, aber es funktionierte. Wir sahen allerdings recht kurios aus, mit all er Wäsche an den Rädern.
Wir fuhren und fuhren, und mir schien es, als müsste ich selbst bergab in die Pedale treten – wohl zu wenig Luft auf den Reifen. Mit prallgefüllten Reifen fährt es sich am leichtesten, also hielten wir, um sie wieder auf zu pumpen.
Nun sollte man eigentlich wissen, dass ein vollbeladenes Reiserad nicht sonderlich stabil steht. Wenn dann auch noch einer mit einer Pumpe am Vorderrad herum tüftelt ohne dass jemand das Rad festhält, dann fällt es um. Genau das tat mein Rad auch sehr schnell, und nahm die Pumpe, die noch fest am Ventil steckte, gleich mit. Sie verkantete sich in Gabel und Rahmen.
Egal, heben wir es wieder auf und weiter geht’s. Gerade als ich den kleinen Vorfall vergessen hatte, fing mein Vorderrad an, komische Geräusche zu machen. Es war platt. Oh je. Immerhin hatte ich endlich mal die Gelegenheit, mein Können als Fahrradmechaniker unter Beweis zu stellen. Ich nahm das Vorderrad heraus und inspizierte den Schlauch. Das Loch war am Ventil. Anscheinend hatte der kleine Vorfall kurz zuvor das Ventil abgerissen. Flicken kann man so etwas nicht, da muss ein neuer Schlauch her. Zum Glück hatten wir einen dabei.
Es dauerte eine Weile, bis das Vorderrad wieder wie neu war, und als ich endlich fertig und stolz drauf war, präsentierte sich uns ein neues Problem: Das Rad passte nicht mehr ganz mittig in die Gabel hinein. Als sich die Pumpe verkantet hatte, war wohl etwas verbogen worden. Na toll! Ich fluchte und schimpfte auf mein armes Fahrrad und meine eigene Dummheit, die Bäume um uns herum lernten an diesem Tag einige interessante neue Wörter. Schließlich reparierte ich die leicht verbogene Gabel, indem ich ein winziges, winziges Steinchen zwischen Achse und Gabel steckte und alles wieder befestigte. So hatte ich wieder alles schön mittig.
Alles in allem Dauerte die Fahrrad-OP knapp zwei stunden.
Wir fuhren weiter durch die leere Landschaft. Wir trafen zwei andere Radreisende, die die Strecke Göteborg-Stockholm fuhren, also im Grunde unsere Route, nur in entgegengesetzter Richtung, Wir plauderten ein paar Minuten lang.
Irgendwann verlief die ausgeschilderte Route auch mal auf der Schnellstraße. Erst waren wir uns der Sache nicht ganz sicher, immerhin wurde hier etwas schneller gefahren als auf den anderen Landstraßen, doch auch hier ließen einem die Autofahrer beim Überholen die ganze Spur. Es kamen sowieso kaum welche vorbei. Eigentlich war es sogar sehr angenehm auf der Schnellstraße, denn der Asphalt war schön glatt. Au ja.
In der nächsten Siedlung packte uns der Hunger. Es war sinnlos, nach einer Einkaufsmöglichkeit Ausschau zu halten – das Dorf in dem wir uns befanden hatte kaum mehr Einwohner, als ein Supermarkt Angestellte hat. Wir hockten uns auf den Bürgersteig und aßen Müsli ohne Geschirr. das heißt, wir futterten das trockene Müsli mit den Fingern und tranken zu jeder Handvoll einen Schluck Milch aus dem Tetrapack. Dazu gab es Obst und Zimtrollen, wie gewohnt. Das Essen schmeckte wie immer aufgrund unseres großen Hungers königlich.
Nicht mehr weit von Askersund, der Stadt am Nordzipfel des Vätternsees und unserem Ziel für diesen Tag entfernt, führte uns ein Radwegschild einmal querfeldein in die Pampa. Wir folgten ihm, und fanden uns kurz darauf auf einer kaum befahrbaren Schotterpiste mitten im Nirgendwo wieder. Sie verlief an einer Stromleitung, führte also nicht dort hin, wo wir hin wollten. Wir suchten einen Weg zurück zur Straße, wussten dann aber nicht, wo wir uns befanden. Zu unserem Glück hielt ein Autofahrer und zeigte uns auf der Karte, wo wir waren. Nur noch etwa 10km von unserem Ziel entfernt! Wir bedankten uns, und fuhren diese 10km unter einem immer noch schön blauen Himmel. Die Wäsche war mittlerweile so gut wie trocken.
Den Campingplatz in Askersund fanden wir in Null Komma nichts, und wurden dort auch noch angenehm überrascht, denn im Campingplatzladen gab es alles zum halben Preis. Es war Saisonende, und das Zeug musste raus. Ich holte viel, unter anderem Eier, die ich uns in der Campingplatzküche briet. Dazu musste ich nur erst ein Stück Butter borgen, denn wir hatten keine. Mit vollen Mägen und an einem Platz direkt am Vätternsee schliefen wir wieder früh ein.
Und noch dazu schmutzige Arbeit, die Reifen waren niccht gerade sauber. Ich hatte dann ne Weile lang schwarze Finger, haha :D
Oh ja! Ich hab die Anderen gefragt, ob sie uns welche aus Schweden mitbringen können!
Wie gesagt, uns hat unterwegs alles gut geschmeckt, da wir wegen dem vielen Fahren konstant einen Bärenhunger hatten (vor allem ich). Uns ist nie was überdrüssig geworden.
Vänern ist nicht mehr sehr weit weg… :)
Ach ihr Ärmsten, Fahrrad-OP und Waschtag – das artet ja in Arbeit aus. Schön, dass ihr die Tour trotzdem genießt! Könnt ihr nach all der Zeit eigentlich schon wieder Zimtschnecken sehen bzw. essen?
Bin ja jetzt gespannt, was du vom Vänern erzählen wirst. Mariestad seh ich schon …
HG Gabi