Cancale ist die Austernhauptstadt der Bretagne. Für uns Wohnmobilisten gibt es schöne Stellplätze und für Fotografen traumhafte Fotomotive – vor allem, wenn man sich gemeinsam mit all den Feinschmeckern im Hafen tummelt. Wir runden unsere Fototour kulinarisch ab.
Eine neue Batterie für unser Womo
Schon seit ein paar Tagen schwächelt die Starterbatterie unseres Fahrzeugs. Vor Jahren sind wir schon einmal wegen einer leeren Batterie in der Normandie hängengeblieben. Da waren wir gerade am Arsch der Welt, und das Weiterkommen hat uns sehr viel Geld, Zeit und Mühe gekostet. Das passiert uns diesmal nicht. In in einem großen Supermarkt bei Saint Malo finden wir eine passende Batterie. 139 Euro ärmer baut Gunter sie auf dem Parkplatz direkt ein. Ich drehe den Schlüssel des Wohnmobils rum, alles klar.
Stellplatz auf den Klippen
Wir sind jetzt wieder in der Bucht von Mont Saint Michel. Die Fahrt zum kostenlosen Stellplatz unweit der Spitze der Halbinsel, dem Pointe du Grouin, dauert nur 20 Minuten. An der Straße parken sieben oder acht Wohnmobile hoch über den Klippen mit Panoramablick über das Meer. Wir finden ein halbwegs ebenes Plätzchen. Innerhalb weniger Minuten erreichen wir auf dem schmalen, holprigen Wanderpfad die Landspitze. Auf solchen Pfaden brauche ich dringend feste Wanderschuhe und meine Kniebandage, um mein noch unsicheres Knie zu unterstützen. Es ist trotzdem erstaunlich, wie gut ich auch bereits weite Strecken laufen kann. Wir legen etwa 10 Kilometer am Tag zu Fuß zurück, oft kommen da noch 15 Kilometer mit dem Rad dazu. Vorsichtig klettern wir über die Felsen, fotografieren die Steilküste und die Strömungsmuster des Meeres. Zum ersten Mal auf dieser Tour machen wir auch Langzeitaufnahmen. Den kleinen Leuchtturm sehen wir an diesem Abend nur weit in der Ferne pastellig im Dunst des Meeres. Der Leuchtturm Pierre-de-Herpin weist 15000 Schiffen pro Jahr den Weg um die gefährlichen Klippen.
Die Halbinsel Grouin eignet sich bestens zum Wandern.Tief unten in Meereshöhe gibt es laut Landkarte zahlreiche Grotten.
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Noch vor Sonnenuntergang entschließen wir uns, den südlich von Cancale liegenden Stellplatz anzufahren. Ich möchte nahe am Ort sein und im Sonnenaufgang den Leuchtturm und den Hafen fotografieren.
Die beiden Cancales, Cacale Oberstadt und Cancale Hafen
Cancale besteht aus zwei Stadtteilen, der Oberstadt und dem Hafen La Houle. Wir stehen 45 Meter hoch über dem Meer, sehen es vom durch Hecken geschützten Stellplatz jedoch nicht. Am nächsten Morgen sind wir früh unterwegs und erreichen über einen Waldpfad innerhalb von 15 Minuten den Hafen. Die Sonne schafft es kaum durch den Dunst zu dringen. Die wenigen Boote schaukeln in der Flut. Es ist noch ruhig. Ein paar Jogger sind unterwegs und Leute mit Hunden, die mal müssen. Vom berühmten Sandstrand ist nichts zu sehen, das Wasser schwappt bis an die Hafenmauern. Auch die Austernbänke sind vor unseren Augen verborgen. Cancale ist die selbsternannte Austernhauptstadt. Das ist unschwer an den Reihen Restaurants und Austernläden und Buden zu erkennen. In gefühlt jedem Laden gibt es Austern.
Gerade werden Kisten in die kleinen Buden unterhalb des Leuchtturms Phare de la Fenêtre am Quai Admis en Chef Thomas eingeräumt. Die kleinen Eckchen Strand, die von der Flut verschont bleiben, zeigen auch, worum es in dieser Stadt geht. Kein Sand ist am Strand zu sehen, nur Austernschalen. Vom Hafenwasser aus schaut mich eine Robbe selbstsicher an. Wir genießen scheinbar beide den Moment des Augenkontakts.
Die morgendlichen Fotos wirken genauso freundlich, wie es sich anfühlt. Friedlich, sanft, ruhig und bildhübsch.
Ich darf auf dem Rückweg wieder mein Bein trainieren. Es geht steil bergauf zum Stellplatz.
Zum Ausgleich für die Beine fahren wir mittags Rad. Einfach ist das bei den Hügeln hier aber auch nicht.
Wie fühlt es sich an, eine Auster zu schlürfen?
Von der morgendlichen Ruhe ist gegen 11:00 Uhr nichts mehr zu spüren. Das Licht ist grell, die Sonne blendet. Überall sind Menschen unterwegs. Ich hatte ja erwähnt, dass Cancale die Austernhauptstadt ist. Wenn ich die Muscheln sehe, macht mich das erst einmal nicht kulinarisch an. Aber ich bin unendlich neugierig. Wie schmecken die Dinger überhaupt? Austern müssen frisch verzehrt werden. Am besten am Tag der Ernte. Das ist in Cancale kein Problem, sie wachsen hier direkt in Sichtweite. Ich entschließe mich, heute zum ersten Mal in meinem Leben Austern zu verspeisen. Deswegen schleiche ich auch um diese Stände herum, checke die Preise und schaue, was die anderen Kunden machen.
Wie isst man eine Auster?
Wie isst man eine Auster? Mir sind das obligatorische Dutzend Austern für den Anfang zu viel. Casanova soll wegen der aphrodisierenden Wirkung der Austern empfohlen haben, 50 Austern pro Tag zu verspeisen. Mir reichen erstmal sechs Austern, die bekomme ich mit etwas Überredungskraft. Die Verkäuferin knackt die Austern direkt vor dem Kauf mit einem speziellen Gerät auf, legt sie auf eine Servierschale, dazu gibt es eine halbe Zitrone und ein Plastikmesser zum Lösen des Tieres aus der Schale. Vor dem Leuchtturm parkt ein Oldtimerbus, dort kaufen die Leute ihren Wein, der zu einem Austernfrühstück gehört. Dummerweise verzichten wir darauf. Es ist noch zu früh für Wein, denken wir. Aber den Austern ist egal, wie spät es ist. Da gehört einfach ein Glas Wein dazu.
Neben uns sitzt eine Gruppe netter Franzosen, einer davon kann ein wenig Englisch und der erklärt uns, wie das mit dem Essen geht. Man löst die Auster von beiden Schalen vorsichtig mit dem Messer und träufelt ein wenig Zitrone darüber. Dann schließt man die Augen, öffnet den Lippen, lässt die Muschel hineinlaufen, hält sie eine kleine Weile im Mund und schluckt sie dann in einem Stück hinunter. Austern werden lebend verzehrt. Die Tatsache macht mir ein wenig zu schaffen. Wie es geschmeckt hat? Nach Meerwasser und nussig. Glibberig fühlt sie sich im Mund an. Die Zitrone gibt dem Ganzen eine fruchtige Note.
Austern sind übrigens sehr gesund.
Sie enthalten jede Menge Mikronährstoffe aber keine Kohlenhydrate und Fette. Deswegen eignen sie sich ideal als Vorspeise.
Nach diesem außergewöhnlichen Erlebnis radeln wir den Berg hinauf zum Hauptort. Vor der Kirche sprudelt Wasser in einem Brunnen. Auch der hat mit Austern zu tun. In ihm steht die Skulptur zweier Muschelwascherinnen.
Auch mit dem Fahrrad machen mir die Hügel zu schaffen. Der Wind ist kalt und ich habe mich deswegen warm angezogen. Aber beim Radfahren stören die Klamotten. Das Strampeln mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken ist beschwerlich und schweißtreibend. Wenn ich dann verschwitzt eine Fotopause mache, friere ich mir den Allerwertesten ab. Aber, ich bin die ganze Zeit so aufgeregt und begeistert, dass ich keine Erkältung einfangen kann. Das mit dem Gesundfotografieren scheint zu funktionieren. Vielleicht liegt das aber auch an den Austern?