Mary und Tommy Isbister – Holzboote und Geigen, Burland Croft Trail
Im letzten Beitrag schrieb ich bereits über den Burland Croft Trail, den wir besuchen wollten. Vor allem waren wir an den Musik-Instrumenten von Tommy, Lilies Schwager, interessiert. Gestern hatte es wegen der kurzfristig zustande gekommenen Bootstour nicht geklappt. Nun war unser letzter Tag auf den Shetlands gekommen, die Sonne schien.
Wir hatten noch nichts gepackt. In den letzten Monaten hatten wir die Unterkunft fast jede Woche gewechselt, jetzt waren wir Packprofis! In zwei Stunden war all unser Kram im Auto verstaut, die Wohnung sauber und aufgeräumt. Diesmal ist die Planung etwas komplizierter, die Rückreise würde drei volle Tage dauern. Wir organisierten unsere Taschen entsprechend. Achteten aber jetzt darauf, nicht zu viel mit auf die Fähren zu nehmen, denn es belastet nur.
Die nächste richtige, warme Mahlzeit würden wir auch erst wieder daheim zu uns nehmen können. Wir kochten ein Mittagessen, auch, wenn es noch nicht ganz Mittag war, aßen gemütlich, packten eine Menge Bean Burritos für unterwegs ein, schmierten Brötchen und legten Äpfel und Bananen mit dazu.
Jetzt hatten wir viel Zeit bis zur Abfahrt der Fähre am Abend. Das vollbeladene Fahrzeug machte schließlich erstmals am Burland Croft Trail Halt. Kaum waren wir ausgestiegen, fanden wir uns von den verschiedenartigsten Hühnern umgeben – Noah und Amy blieben gleich stehen und schauten sich die Tiere genauer an.
Wir liefen zum Haus, klopften an die Tür und stellten uns vor: Lily hätte uns geschickt und von Tommy und den Insturmenten und Booten erzählt, die er baut. Wir wurden in die warme Stube gebeten. Geigen lagen auf den Schränken, ein Cello stand in der Ecke. Mary rief Tommy hinzu. Er kam im Arbeitsoverall von draußen rein und nahm sich die Zeit, uns alles zu erklären.
Das Arbeiten mit Holz liegt Tommy im Blut. Beim Bauen und Restaurieren von Booten hat er viel über die Eigenschaften der verschiedenen Hölzer gelernt. Sein großes Interesse an klassischer Musik weckte in ihm das Verlangen, es mit dem Bau einer Geige zu versuchen. Er nahm Urlaub, belegte einen Geigenbaukurs, beschaffte sich das nötige Spezialwerkzeug. Allerdings fing er erst nach Jahren des Überlegens an, seine erste Geige zu bauen. Viele weitere Geigen folgten, immer getrieben von dem Verlangen, noch etwas Perfekteres zu schaffen und sein neu erlangtes Wissen wieder anzuwenden. Das vorläufig letzte Stück aus Tommies Musikwerkstatt ist ein ausgewachsenes Cello. Ihn hatte es gereizt, sich dieser neuen Herausforderung zu stellen.
„Diese Geige habe ich aus shetländischen Holz gebaut“ meint er und streckt uns breit grinsend ein Instrumet entgegen. „Wald in Shetland?“ fragen wir zurück. „wirklich?“ Er erzählt: Einmal bot sich die Gelegenheit, an Bergahorns heranzukommen. Der Baum stand auf dem Grundstück eines alten Freundes, der in die Neue Welt ausgewandert war, und sollte jetzt weg. Tommy wusste noch, dass sein Freund diesen Baum als kleines Kind gepflanzt hatte, und als dieser wieder einmal Shetland besuchte, sprach er ihn darauf an. Sei Freund war von der Idee angetan, er bestellte direkt eine Geige aus diesem Holz!
Hast Du Lust auf eine kurze Hörprobe?
Instrumente anzusehen, mit den Fingern über das glatte, fein gefertigte Holz zu streichen, das Finish zu riechen ist eine schöne Erfahrung. Doch Musikinstrumente haben eine Aufgabe: sie sollen klingen. Mir lief Gänsehaut über den Rücken, als Tommey zum Spielen ansetzte. Es muß nicht mal ein richtiges Lied sein. Es reicht sogar, dass Tommy einfach mit dem Bogen über die Saiten streicht. Dieser satte Klang! Für mich grenzt das an ein Wunder, dass ein kleiner Holzkasten solche Töne produzieren kann!
„Wollt ihr auch meine Boote sehen?“ meint Tommy. Wir nicken im Einklang. Seit wir unterwegs sind, steckt grenzenlose Neugier in uns. Natürlich möchten wir die Boote sehen und etwas über deren Herstellung erfahren. „Es dauert genauso lang, ein Boot zu bauen wie eine Geige. Viel Unterschied bei der Bearbeitung des Holzes sehe ich auch nicht. Das kommt auf’s Gleiche raus“ Es sei schwierig, gutes wetterfestes Holz zu finden. Die Qualität ist nicht mehr die wie vor 30 ig Jahren. Viele Kunden gibt es nicht mehr, die industriell gefertigen Boote sind viel billiger. Sie haben längst nicht den Flair eines Holzbootes.
In Shetland werden nicht mehr seetüchtige Boote oft als Dach für einen Schuppen verwendet. Auch Mary und Tommy haben eines dieser traditionellen Bootshäuser für ihre reinen Shetland Enten und Hühner. Einer der vier Bordercollies bringt abends die Gänse ins Bett. Mary will uns das vorführen. Die Hündin Tess schaut auf den Befehl nur kritisch drein. Doch nicht so früh am Tag! Sie ist viel zu schlau für diese Spielchen. Wir lachen über den pfiffigen Hund und die Sonne lacht mit uns. Dabei ist es mir nicht zu Lachen zumute! Ich will hier nicht weg! Auf den Inseln geht es mir einfach nur tierisch gut!
Das Burland Croft Trail hat eine Webpage.
Unser letzter Tag war schließlich so ereignisreich, dass ich ihn auf mehrere Blogbeiträge verteilen werden. Die nächsten Beiträge folgen nun aber dicht aufeinander.
Übersichtsseite Shetland
Zum nächsten Blogbeitrag:
Hallo in die Runde,
ich habe gestern etwas über den Verbleib alter Boote auf Gotland gehört: sie werden auf den Mauern der Grundstücke aufbewahrt, damit ihre Ruhe und Kraft auf die Bewohner übergeht. Schöner Gedanke, oder?
LG
Schiffe und Geigen – irgendwie passt das zusammen… ich kanns aber nicht erklären, aber es ist stimmig.
Das Bootshaus – wenn man ohne weitere Infos so eines aus der Ferne sieht würde man denken, dass da jemand sein Boot auf Steinen trocknet oder so. Da merkt man wie wichtig es ist auch mit den Leuten zu reden um den Dingen auf den Grund zu gehen.
Ich finde es klasse, dass ihr das macht – und mit uns teilt!
Claudia
Genial der Schiff-Geigen-Cellobauer!
Wie Ricarda schon schreibt, sein fröhliches, wenn nicht gar gütiges Gesicht ist überaus sympathisch! Dies alles war bestimmt eine weitere Bereicherung für euch… und machte den Abschied von der Insel wohl noch schwieriger als er sonst schon war…!?
Ein Boot als Dach über den Hühner- und Entenköpfen… welch Idee! Nützlich und sieht erst noch toll aus!
Hoffe ihr könnt noch lange von euren Erlebnissen zerren…
Liebe Grüsse
Sandra
Wahnsinn welch eine Begabung dieser Mann hat !
Baut Boote, Geigen und sogar ein Cello…..ist wirklich bewundernswert was er alles schafft ! Hut ab !
Und er macht einen so freundlichen und vor allem fröhlichen Eindruck, es war sicherlich mehr als interessant ihn kennenzulernen.
Das Enten- und Hühnerhaus mit Bootsdach gefällt mir übrigens sehr gut ! Ist eine tolle Idee.
Sonniger Gruß aus dem Sørlandet, Ricarda