Wohnmobil Panne und Wanderung zum Old Man of Storr
Schon früh machte ich die Familie mobil. Ich wollte vor dem Touristenansturm wieder von der einspurigen, teilweise relativ steilen Straße wieder weg sein. Und das war auch gut so, denn als wir um 8:00 Uhr das letzte Stück fuhren kamen uns einige Fahrzeuge, meist Baustellenkleinlaster entgegen gebraust. Das steile Schotterstück pakten wir recht gut. Doch nach einer Weile, glücklicherweise auf einer guten, breiten Straße schebberte das Wohnmobil ganz gewaltig. Das hörte sich absolut gar nicht gut an. Sicher sprühten wir hinten Funken, denn wir stellten schnell fest, dass der Schwingarm der Luftfederung verbschiedet hatte und auf dem Asphalt schleifte. Wir kamen uns in etwa so vor wie bei Top Gear, wo auch immer mal wieder Fahrzeuge mit Funken und machtigem Krach auseinander fallen – doch diesmal fanden wir es nicht lustig. Bis nach Portree wären es noch 11 km, Gunter sicherte das Teil etwas, wir fuhren langsam weiter. Doch schon nach nur wenigen Metern schebberte es noch lauter. Nein, das würden wir so nicht schaffen, wenn wir weiter führen wäre womöglich noch mehr defekt??
Ich stieg aus, ein Adler wurde von zwei Krähen verfolgt und er wehrte sich artistisch. Und ganz nah noch dazu. Was für ein blöder Moment für so ein Erlebnis. Das Handy zeigte kein Signal, noch blöder – kein Handynetz. Ich hielt einen Schreinerwagen an, der konnte uns aber auch nicht helfen. Wir sollten etwas die Straße lang laufen, da gäbe es sicher wieder Netz, das wäre hier etwas „patchy“ – löchrig. So lief ich also entlang der Straße….
und rief beim ADAC an. Die Verbindung war nicht wirklich gut, mehrfach brach sie ab. Man war das anstrengend. Schließlich kam ich durch. Und dann hatte der nette Herr wirklich viel Zeit, fragte dies und das, aber erstmal nichts bezgl unserer Panne. Doch wie viel Guthaben auf unserem Prepaid Handy noch drauf war wußten wir nicht. Ich sagte es ihm und es ging etwas flotter weiter. Er würde etwas organisieren, doch wir sollten am Telefon bleiben und warten. Blöd, wir hatten noch nicht gefrühstückt, weil wir doch vor den vielen Autos aus der single Trach road raus sein wollten, jetzt standen wir uns an der Straße mit frischen, spritzigen Kies in voller Sonne die Beine in den Bauch. Es rief keiner an, doch nach ca. 2 Stunden kam ein netter Automechaniker. Ich hatte das Problem am Telefon schon geschildert, so hatte er auch eine halbwegs passende Schraube für das Teil dabei. Vor Ort wurde das Womo dann notdürftig zusammengeschraubt. Wir folgten dem Mechaniker dann nach Portree, wo die Schraube perfekt eingepasst wurde. So war der morgen also vergangen, strahlender Sonnenschein, wunderschöne fotogene Wölkchen. Well, zum Glück war nicht mehr passiert! Doch das defekte Teil der Luftfederung bekamen wir nicht:-( Dumm, wie lange, bis die nächste Schraube der ungefederten Belastung nicht mehr standhalten würde??
Wir versuchten das Teil, ein wenige cm kleines T-Stück, welches drei Schläuche verbindet, im nahegelegenen „Baumarkt“ zu finden. doch ohne Erfolg – eine kleine Chance gäbe es: bestellen! Wir bauten das Teil aus, vermaßen alles und der hilfsbereite Verkäufer tat sein Bestes, uns zu helfen. Es wäre in Inverness wahrscheinlich auf Lager. Er würde uns telefonisch vom Erfolg seiner Suchaktion unterrichten.
Unsere Vorräte waren komplett aufgebraucht. Der Kühlschrank ist relativ klein, unsere drei Jugendlichen – und auch Gunter, sehr, sehr hungrig. Doch ich auch – vor allem, wenn ich mal wieder den ganzen Tag im Wind über Felsen geklettert bin. Auf Anhieb fanden wir keinen Supermarkt, so fragten wir in der Touristeninfo. Liefen bei der Gelegenheit durch den Ort und kamen direkt mit den Natur Touranbietern – vor allem Seeadler – ins Gespräch. Wir aßen ein paar richtig leckere Pommes! Sicherheitshalber kaufen wir jetzt immer eine „Probeportion“, wenn die gut ist dann die restlichen. Doch hat das den großen Nachteil, dass dann jeder aus allen Schüsselchen isst und da bekomme ich immer fast nichts ab…
Dann kauften wir in einem Food Co Op ein, sehnten uns doch schnell wieder nach einem Tesco, die es anscheinen im Westen nicht gibt.
Dann wollten wir in der Nähe von Portree einen Platz zum Übernachten finden. Das war gar nicht so einfach, wie gedacht. Wir fuhren, immer schön langsam und immer wieder wenigstens ein wenig Druck auf den Federung pumpend, und fanden nicht wirklich was Nettes. Gunter wollte am Kiltrock parken, der Wasserfall ist übrigens fast völlig ausgetrocknet. Ein paar kleine Tröpfchen fallen noch ins Meer!! Mir war das Gelände jedoch so eingezäunt, ich fühlte mich so gefangen und wäre gern noch ein klein wenig gelaufen. Also fuhren wir zum Old Man of Storr, einem Felsen in den Bergen, der 50m in die Höhe ragt. Ein Wanderung führt hinauf, sie bietet einen traumhaften Blick über das Tal, kleine Seen, die grandiosen Felsen und bis zum Meer und der vorgelagerten Insel. Draußen lauerten nur so die Migdes, der Wald war großflächig abgeholzt, ein riesiger Kran verlud mit lautem Gebrumm noch die großen Baumstämme. Hmm, ob wir da noch hochwandern sollten? Es war zwar schon nach 19:00 Uhr, doch es ist je sehr lange hell. Wir fragten schließlich eine ältere Dame, die gerade von oben kam, wie lange die Wanderung denn dauerte? So 1 Stunde, denn es ginge nur bergauf. Ok, das war mir recht. Ich mußte etwas vom morgendlichen Adrenalin wieder abwandern. Gunter traute sich nicht wegen der millionen migdes, er würde dann in etwa 2 h das Essen vorbereiten. Die „Kleinen“ wollten den Strand erkunden, denn die Region ist bekannt für die Fossilien. Der Weg dorthin ist auch ziemlich weit und zahlreiche in Stein gehauene Stufen führen die Steile Küste hinunter zum Meer.
Esra rannte den Berg nur so hoch – ich kam kaum nach. Schnaufte und schwitzte und kämpfte mit den Migdes. Das giftige Zeugs gegen die bissigen Biester bekommt mir nicht gut. Wenn ich nämlich schwitze läuft es mir in die Augen, wenn die Augen dann brennen reibe ich mit den Händen, die ich aber auch eingerieben habe und alles wird nur noch schlimmer. Also, da hilft nur schnell weiterlaufen und noch mehr schwitzen. Es war relativ warm für schottische Verhältnisse:-)
Wir verpassten wohl etwas den ausgezeichneten Pfad und liefen, besser kletterten direkt zu den monumentalen Felsen. So direkt unten zu stehen ist schon beeindrucken, jedoch fotografisch nicht festhaltbar und auch nicht ungefährlich. Also entfernten wir uns so schnell als möglich und brachten einen zum fotografieren geeigneten Abstand zwischen uns und den Felsriesen. Die Schafe blökten und das war das einzige Geräusch, welches wir nun noch hörten. Lautlos liefen wir über das weiche Gras, atmeten die klare, midgetfreie Luft in tiefen Zügen. Wir waren allein. Leider schaffte es die Sonne nicht, diese pitireske Szene ins beste Licht zu setzen. Ein noch höherer Berg hinderte sie daran. In der Ferne regneten Wolken ab, sie strahlten in der untergehenden Sonne in allen Farben. Nein, meist waren es Rottöne:-) Ich fotografierte die im dunklen Schatten liegenden Felsen trotzdem, jetzt war ich ja schon mal hier oben. Wir warteten eine dreiviertel Stunde in der Hoffnung, dass es ein paar schwache Sonnenstrahlen wohl über die Bergkuppe packen würden, doch vergeblich. So machten wir uns auf den Rückweg. Die Schafe hatten sich jetzt, wo keiner – ja fast – mehr da war ins Gelände und ich versuchte sie als Vordergrundfotomotiv zu missbrauchen. Sie waren wenig kooperativ. Durch den dunklen Wald liefen wir zurück, der Abstieg war wesentlich leichter, doch im Wald mußten wir drauf achten nicht zu stolpern. Dann kamen wir wieder in Midgesgebiet! Wahnsinn, wie aggressiv diese Biester an dem Abend waren. Teilweise waren sie so dicht, dass ich Schwimmbewegungen machte um durch zu kommen. Sonst verkriechen sie sich in allen zugänglichen Körperöffnungen, man kann nicht mehr durch den Mund und auch nicht durch die Nase atmen, es treibt einen fast in den Wahnsinn, wenn sie zu hunderten – so kam es mir jedenfalls vor – in den Ohren krabbeln und surren. Hätte ich mir doch nur so ein Netz für den Kopf gekauft!!
Nun, wir kamen schließlich unten an. Der vorher vollgeparkte Platz war leer, bis auf unser Mobil in dem das Fett schon in der Pfanne zischte. Doch Amy und Noah waren nicht zurück. Das machte nicht nur mich, sondern auch Gunter nervös, so setzten wir uns gar nicht erst, sondern liefen sogleich in die andere Richtung. Wir kamen nicht zum Strand, da liefen uns die beiden schon entgegen. Noah hatte ein großes Teil eines Ammoniten gefunden. Die Lämmer liefen Amy hinterher und liesen sich streichen. Was für ein schönes Bild!
Amy war entsetzt, denn am Strand lag ein totes Schaf, welches wohl die steile Küste hinunter gefallen war, doch war sie auch von den zutraulichen Lämmern begeistert.
Wir aßen frisches Gemüse zu abend und da die Midges so überhand nahmen, dass sie sich sogar durch die Gummis der Womofenster drückten, beschlossen wir an einen höher gelegenen Teil der Küste zu fahren, in der Hoffnung, dort im Wind zu stehen. Ja, ich weiss, wir hatten uns vor ein paar Tagen noch über das Gebrüll des tosenden Sturmes beschwert:-) Doch wir waren uns alle einig: wir hätten gern den Sturm wieder, die Blutsauger nerven wesentlich mehr.
Leider ging unser Plan nicht auf. In der Nacht nahmen die Biester unser Mobil ein. Sie quetschten sich überall durch. Mit juckte es gewaltig, doch ich reagiere lange nicht so stark auf die Stiche wie Gunter. Der leidet enorm. Die Kids haben auch Stiche aber es ist aushaltbar. Jedenfalls ging ich in der Nacht zusammen mit Gunter auf die Minibeisser los, der Schlaf litt logischerweise drunter. Doch wir hatten mal wieder die Gelegenheit, hoch über dem Meer um ca. 4:00 Uhr den roten Sonnenaufgang unter Wolken zu bestaunen.
Hi Ihr lieben – wir freuen uns ja wirklich immer sehr über unsere treuen Leser und Kommentatoren:-)
Sandra: Danke für die Idee. Ich will das machen, evtl als ebook, mal sehen, wie wir da weiterkommen. Die Berichte machen zwar sehr viel Mühe, halten aber auch unsere Erlebnisse fest. Da wir so viel erleben, ist es besser, alles gleich aufzuschreiben. Versuche ich das später nach zu holen, ist es nicht mehr authentisch.
Falls Ihr einen Stopp in Deutschland machen wollt auf dem Weg nach Schweden, seid ihr bei uns sehr willkommen! Wir müßten bis dahin auch daheim sein:-)
Lutz: vielen Dank für Deine Hilfe! Dummerweise war die Luftfederung vom Vorbesitzer eingebaut, also weder Fiat noch Niesmann. Mercedes half uns ja dann ganz unkompliziert. Das Teil ging nur am falschen Ort kaputt!
Maria und Jenny: ich habe andere Camper gefragt. Bei denen waren die Fenstergummis dicht?! Und bei uns litt hauptsächlich Gunter. Wir bekamen auch Stiche ab, reagierten aber nicht so schlimm und hatten wesentlich weniger als er. Ich würde Euch Schottland trotzdem sehr empfehlen: es ist einfach absolut genial! Und an der Ostküste hat man wesentlich weniger Probleme. Außerdem hätten wir einfach diese Netze für über die Rübe kaufen sollen, dann wären die Wanderungen angenehmer gewesen.
Mutti: ja, die Berichte sind immer wichtig, wenn man unterwegs ist. Vor allem, wenn man mit Kindern reist. Wir lesen selbst noch oft in den Berichten aus den USA und Neuseeland.
Dagmar: das ist schön, dass Du auch mit uns reist:-) DAs mit dem Kiltrock fand ich auch ziemlich heftig. Alle kleinen Bäche waren fast ganz trocken. Für Fotos weniger gut, für den Whisky ja übrigens auch. In den letzten Tagen wurden die Bäche jedoch gut aufgefüllt!
viele liebe Grüße
Gabi & gang
hallo,
und schon wieder sooooo… schöne Bilder. Ich hoffe Eurer Wo-Mo ist weider repariert….obwohl Ihr ruhig noch weiter von meiner Lieblings-Insel berichten dürft ! Fast ist es als wär man mit dabei.
Aber was ist das denn: Kilt Rock ohne Wasser !? Ich kenn den Wasserfall auch „rückwärts“ , so viel Sturm, dass ein Foto fast unmöglich war.
Ich wünsche Euch weiterhin gute Fahrt und viele Midges-freie Erlebnisse !
Dagmar
Boah, das klingt ja furchtbar! Durch die Dichtungsgummis hindurch?? Dann sind die Viecher ja schlimmer als die neuseeländischen Sandflies!
Wäre ja für mich schon fast ein Grund, Schottland von der Bucketlist zu streichen…
Ich wünsche euch viel Durchhaltevermögen und Staphisagria!
Hallo ihr lieben Reicherts,
ich leide mit euch, wenn ich so lese,wie euch die Mückenplagen.das wäre gar nichts für mich.
Aber die schönen Eindrücke und Fotos entschädigen dann doch wieder ein wenig.
LG Maria
Hallo !
Prima „Jagderfolge“ erziehlt man, wenn man die Mücken mit Haarlack (extra stark) einsprüht.
Gruß
Lutz
Hallo !
Wir sind damals (1991) von der anderen Seite zum Old Man of Storr gelaufen. Um mal die Größenverhältnisse einschätzen zu können, habe ich schnell mal dieses Foto hochgeladen
(http://www.panoramio.com/photo/74406117). Der helle Fleck unten in der Mitte – da sitzt ein Mann.
Habt ihr denn das Ersatzteil bekommen ?
Hier ist die Adresse vom Niesmann+Bischoff Handelspartner in GB:
Travelworld RV
Halesfield 14
GB TF7 4QR Telford Shropshire
Tel.: +44 (8452) 3 050 33
Fax : +44 (8452) 3 050 35
E-Mail: ross@usrv.co.uk
Internet: http://www.travelworldrv.co.uk
Vielleicht kann man euch eine entsprechend spezialisierte Werkstatt empfehlen.
Gute Fahrt !!!
hi, ja ein Buch über solche Reise und Abenteuer wäre nicht schlecht. Hier könnten die Kinder später noch viel lesen und auch eure Enkel. Mein Hit heute ist, der Old Man of Storr mit den Schafen im Vordergrund, aber auch die anderen Aufnahmen sind nicht zu verachten. Ach ja wenn einer eine Reise tut, dann hat er viel zu erzählen… Aber auch die Erinnerungen nimmt euch keiner mehr.
lg edeltraud
Hello
Ist ja sagenhaft, was ihr täglich so erlebt! Eure Berichte sind fesselnd und machen immer wieder neugierig auf eure neuen Erlebnisse! Es liest sich echt wie ein Buch und man wartet gespannt auf die Fortsetzung! Einfach genial!
Ich schreibe selber auch Reiseberichte, wenn wir länger unterwegs sind und weiss, wieviel Energie und Zeit darin steckt… darum: Vielen, vielen Dank für alles, inkl. natürlich die wunderschönen Bilder! (Mein Favorit diesmal: Durch den Wald zum Old Man Storr) Übrigens: in 17 Tagen gehts für uns los Richtung Süd-Schweden ;-)
Ihr solltet euch wirklich Gedanken darüber machen, ob ihr eure Reiseberichte nicht in Form eines Buches veröffentlichen wollt, so viel Authentizität, das ergbit sicher einen guten Absatz! ;-)
Nun, ich hoffe, eure weitere Reise birgt nicht mehr ganz so viele Überraschungen, und wenn, dann auf jedenfall nur Schönes!
Liebe Grüsse
Sandra