Carnac und Auray sind Reiseziele, die kein Bretagne Urlauber verpassen sollte. Lies hier, warum das so ist.
Das kleine Städtchen Carnac steht nicht wegen der zahlreichen Sandstrände auf unserem Reiseplan. Auch nicht wegen der urig bretonischen Stimmung der in die Jahre gekommenen ehemals weißen Häuser im Ortskern. Carnac ist berühmt wegen der beeindruckenden Megalithenfelder nördlich der Stadt. Warum wir bisher immer daran vorbei fuhren, ist mir selbst ein Rätsel.
Die Menhire von Carnac
Wir hatten im Hinterkopf, dass die Felder eingezäunt sind und die Einlasszeiten sich mit dem besten Fotolicht nicht vereinbaren.
Die Vorsaison bis Ende März bietet Leuten wie uns Fotografen enorme Vorteile – die Felder sind offen, und Tags- und Nachts frei zugänglich. Der Nachteil liegt auf der Hand – es ist kalt, die Bäume sind noch ziemlich kahl.
Wir freuen uns trotzdem, genau jetzt hier zu sein.
Dolmen in Carnac
Wohnmobilstellplatz in Carnac
Wir parken das Wohnmobil im engen, von Bäumen beschatteten Stellplatz mitten in Carnac und packen die Räder aus. Nur ungefähr drei Kilometer weiter sehen wir die ersten Megalithenfelder. Beeindruckend reicht hier als Adjektiv nicht aus. Es ist nicht allein die unglaublichhe Anzahl der Steine, die uns begeistert. Historiker zählten hier 2792 Steine auf einem 4 Kilometer langen Feld. Wir stehen mit unseren Kameras und einem Stativ inmitten der 0,80 bis 6,5 Meter hohen Megalithen und rätseln »Warum stehen die hier? Und wie kamen die hierher? Und wann?« Die Historiker sind sich auch nicht sicher zum Warum und Wie? Wie schafften die das ohne großes Werkzeug?
Die Vögel zwischtern munter vor sich hin, es ist ruhig. Ein paar Hecken blühen, ein dezenter Frühlingsgeruch hängt in der Luft. Sogar der Wind hält sich heute einmal zurück. Ab und zu klickt eine unserer Kameras, ansonsten genießen wir diese meditative Stimmung.
Außer uns sind nur zwei Fotografen vor Ort, wir kommen uns nicht in die Quere. Es sind ausreichend Steine für jeden da.
Ein paar Fakten zu den Menhiren und Dolmen
Das Wort „Menhir“ leitet sich aus dem Bretonischen Maen = Stein und Hir = Stein, ab. Also langer Stein. In Deutschland sind diese Felsgebilde als Hinkelsteine bekannt und durch Asterix und Obelix zu großer Popularität gelangt. Menhire werden auch als Megalith = Großer Stein bezeichnet. Auch Dolmen sind Megalithen.
Die bretonischen Menhire sind ungefähr 6000 bis 7000 Jahre alt, einzelne Steine erreichten schon Mal eine Höhe von über 20 Metern und 280 Tonnen Gewicht (Locmariaquer). Die größen, heute noch stehenden Menhire sind unter 10 Meter hoch.
Der Begriff Dolmen stammt aus einem Keltischen Dialekt: Tolmen = Steintisch. Meistens sind das Hünengräber, bestehend aus zwei Reihen Tragsteinen, über die eine großer Deckstein gelegt wurde. Da kam es schon Mal vor, dass Menhire zweckentfremdet wurden (was ist eigentlich ihr Zweck?) und als Baumaterial für Dolmen dienen durften. Oft sind oder waren die Dolmen unter einem Erdhügel verborgen. Auch sind sie nicht immer das eigentliche Grab, sondern kennzeichnen den Eingang zu unterirdischen Grabkammern.
Die bretonischen Dolmen haben meist die Form einer allée couverte. Ein schöner Ausddruck, der überdeckte Allee bedeutet.
Weitere Menhire und Dolmen in der Bretagne
Auf und vor der Ile Grande an der Nordküste der Bretagne findest du zwei Dolmen. Lies im Bericht über die Ile Grande nach.
Große Hinkelsteine in Erdeven
In der Nähe von Carnac, in Erdeven findest du ein weiteres großes Feld mit Menhiren. Hinkelsteine in Erdeven
Dolmen an der Cote Sauvage
An der Cote Sauvage findest du einen wunderschönen, sehr gut erhaltenen Dolmen de Mane-Kerioned, Cote Sauvage.
Der größte Menhir der Bretagne
Der größte Menhir, Loqumariaquer der Bretagne steht nicht mehr. Er liegt zerbrochen in Loqmariaquer
Lange Radtour auf der Suche des Dolmen
In den Wäldern um die Region herum verstecken sich weitere Dolmen und Menhire. Auf der Suche nach einem bestimmten Dolmen verfahren wir uns mit dem Rad. Es gibt so viele Gassen und Straßen in der Bretagne, dass die Navigation auch mit Smartphone schwierig ist. Wäre hier jeder Dolmen und Megalith ausgezeichnet, würden man vor Schildern die Straßen nicht mehr sehen.
Nach gut zehn Kilometern geben wir auf, das Fahren auf der Hauptstraße macht uns wenig Spaß. Wir fotografieren lieber weiter die Menhire auf dem großen Steinfeld. Das Licht wird besser, wir wünschen uns ein paar fotogene Wölkchen, aber der Himmel bleibt absolut wolkenlos.
Die Strände von Carnac
Gegen Abend radeln wir zu den ein paar Kilometer vor Carnac liegenden Stränden. Die Luft ist jetzt wieder kalt, wir schwitzen und frieren gleichzeitig. Wir schauen uns einen Stadtstrand nach dem anderen an. Die Stadt hat wirklich viel für die Besucher zu bieten.
Auf dem Stellplatz herrscht jetzt absolute Ruhe, tagsüber waren Gärtner mit schwerem und lautem Gerät am Werkeln.
Wolkenlos und kalt
Seit Tagen genießen die Touristen und Bewohner einen strahlend blauen, wolkenlosen Himmel. Tagsüber sind die Temperaturen angenehm. Der Wind ist kalt, aber die Sonne wärmt.
Wir sind wegen des wolkenlosen Himmels eher frustriert. Das Wetter ist für uns als Fotografen zu gut! Da schaut die Sonne morgens über den Horizont und schickt direkt ziemlich grelles Licht über das Land. Wir bleiben zum ersten Mal auf dieser Tour morgens bis 8:00 Uhr im Bett und schlendern erst nach dem Frühstück noch einmal durch die Straßen von Carnac. Aber es ist noch sehr ruhig, die Lädchen sind noch nicht geöffnet, auch die Kirchentür ist noch verschlossen.
Hafen St. Goustan, Auray
Nach der üppigen Portion Hinkelsteine verlassen wir gegen Mittag Carnac in Richtung Auray. Wir wollen uns den malerischen kleinen Hafen und die mittelalterliche Innenstadt ansehen.
Wir treffen Freilerner
Kaum haben wir auf dem Stellplatz vor dem Hafen von St. Goustan unser Wohnmobil zum Stehen gebracht, unterbricht ein fußballspielender etwa zehn Jahre alter Junge seine Beschäftigung und fängt ein Gespräch mit uns an. Er auf Französisch, wir auf Englisch verständigen wir uns gutgelaunt aber mit ein wenig Mühe. So ein aufgeweckter Junge! Das passiert sehr selten, dass Jugendliche so einfach eine Unterhaltung mit uns anfangen. Wir sind uns sicher, dass der Junge ein »homeschooler« oder Freilerner ist. Über den Stellplatz schallen Gitarrentöne. Der Gitarrist ist der Vater des Jungen, ein Künstler und Techno-DJ. Ich suche das Gespräch mit ihm, jetzt bin ich neugierig geworden. Er erklärt, dass sein Sohn nicht zur Schule geht, sondern frei lernt. Die Familie lebt ganzjährig im Mobil. Dass unsere Kinder genauso aufgewachsen sind schrieben wir hier bereits über das Freilernen. Hast du vielleicht schon gelesen?
Auray
Wir spazieren die kurze Strecke steil hinunter zum Hafen, der im grellen Mittagslicht liegt. Fotografisch gibt der von alten Fachwerkhäusern umsäumte Hafen so nicht viel her, abends wäre definitiv die bessere Zeit, aber so lange wollen wir nicht ausharren. Es ist Lunchtime und die Creperien sind rappelvoll.
Wir laufen hinauf in die Altstadt von Auray und sehen uns dort um, inklusive der eindrucksvollen Kirche St. Gildas. In Auray gab es mal eine mächtige Burg aus dem 13. Jahrhundert. Davon ist leider kaum noch was übrig, die Burg wurde auseinandergenommen und steht jetzt als Festung Le Palais auf der Belle Ile.
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Kirche Saint Gildas
Der wichtigste Pilgerort der Bretagne ist Sainte Anne d’Auray
Heute haben wir anscheinend unseren religiösen Tag. Nach der Kirche Saint Gildas sehen wir uns die sechs Kilometer entfernte Basilika Saint Anne d’Auray an. Dieser gewaltige Dom ist die wichtigste bretonische Pilgerstätte. Vielleicht laufen auch deswegen die vielen jungen Leute hier ziemlich andächtig herum. Ob die vielleicht auf Pilgerreise sind?
Im Jahr 2017 besuchten wir die beiden großen Wallfahrtsorte Lourdes im Süden Frankreichs und dann Fatima in Portugal. Saint Anne d’Auray fühlt sich beim Besuch ähnlich an. Der große Platz vor der Basilika lässt den freien Blick auf das gewaltige Bauwerk in seiner ganzen Pracht zu. Es riecht noch leicht nach Weihrauch, als wir die glanzvolle Basilika betreten. Wir stellen den Auslöser der Kamera auf leise, drehen die ISO hoch und machen ein paar Aufnahmen.
Nach einigen nötigen Einkäufen suchen wir einen Platz für die Nacht. Saint Cado ist unser Ziel, ein winziges Dörfchen auf einer klitzekleinen über eine kleine Straße zu erreichende Insel im Mündungsbereich der Etel. Bekannt ist der Ort vor allem wegen des kleinen Wächterhäuschens auf der winzigen Insel Nichtarguer. Die Hütte des Austernwächters ist eines der bekanntesten Fotomotive der Bretagne. Davon aber mehr morgen…
Wir nutzen auf dieser Reise zwei Reiseführer und finden beide sehr brauchbar und informativ.
Bretagne Reiseführer von Michael Müller
Mit dem Wohnmobil in die Bretagne
In unserem Leuchtturm Kalender 2019 sind übrigens vier Leuchttürme aus der Bretagne.