Ja, aber warum fahren wir zurück nach Quiberon? Weil wir den Plan, zur Ile d’Houat zu fahren, noch nicht aufgegeben haben.
Der 1. April ist einer von drei Tagen im Monat, an denen die Fähre eine Stunde früher fährt als an all den anderen Tagen. Wir möchten wenigstens die ersten Stunden der Tagestour im weichen Morgenlicht erleben und das ist uns das frühe Aufstehen allemal wert. Die Entscheidung, welche der beiden Inseln wir besuchen sollten fiel uns schwer. Gabi tendiert zur kleineren Hoedic, die etwas wilder sein soll. Die Insel ist 2,5 km lang und ideal für Wanderungen entlang der Küste. Gunter zieht die 5 km lange Insel Houat vor, weil es sich dort lohnt Fahrräder mit zu nehmen. Laut Plan interpretieren wir eine Gebühr von 7,50 Euro für die Mitnahme eines Rades. Wir einigen uns also auf Houat.
Abends packen wir neben dem Kamerarucksack noch unsere Fahrradtaschen mit warmen Pullovern, Futteralien und Wasser, was man so für einen Tagesausflug auf eine kleine Insel braucht. Dann versuchen wir, etwas früher einzuschlafen. Klappt natürlich nicht.
Früh zur Fähre nach Hoedic
Morgens in der Frühe, es ist noch dunkel draußen, springen wir raus aus den Federn, huschen ab ins Bad zum Waschen, schnell die Fahrräder raus aus dem Kofferraum, Taschen dran, Rucksäcke auf, und los strampeln wir die knapp fünf Kilometer in der Kälte zum Fährhafen. Voller Erwartung stehen wir am Ticketschalter der Fährgesellschaft. Die junge Frau am Schalter spricht leider kein Englisch und verweist auf ihre Kollegin, die in zehn Minuten da sein soll.
Fährräder nach Houat sind zu teuer
Da fangen schon die Probleme an. Die Kollegin meint, Fahrräder mitnehmen wäre sinnlos und viel zu teuer. Die Preise in den Broschüren sind Einzelfahrten und kein Zwei-Wege-Ticket. Also 15 Euro pro Fahrrad. Schnell beraten wir, wie wir den Tag noch retten können? Wir lassen nicht locker, wollen trotzdem noch zur Insel.
Um ohne Fahrräder zur Insel zu gelangen, müssen wir die Radtaschen loswerden. Also geben wir Gas und hetzen zurück zum Wohnmobil, packen das Nötigste um und spurten wieder zurück und kaufen als letzte an diesem Morgen Tickets. Und das alles in einer guten halben Stunde. Wir schaffen es gerade in der letzten Minute auf die Fähre.
Der Hafen von Houat
Spontan zur kleineren Ile d’Hoedic
Am Schalter haben wir uns spontan für die kleinere Schwester der Ile d’Houat, die Ile d’Hoedic entschieden. Wenn wir keine Fahrräder mitnehmen, dann können wir auch die kleinere Insel besuchen. Es ist aber nochmal teurer dahin zu kommen. Was so nicht in den Tarifen der Broschüre erwähnt wird. Wir zahlen 60 Euro für die Fahrt hin und zurück.
Erst mal gestresst von dem morgendlichen Fitnesstraining stehen wir auf dem Oberdeck der Fähre und genießen die Fahrt im Sonnenaufgang. Der Tag beginnt wesentlich diesiger, als die ganze letzte wolkenlose Woche, das bringt mehr Stimmung ins Bild. Wir sind stolz, dass wir trotz der Anlaufschwierigkeiten das Inselprojekt nicht aufgegeben haben. Jetzt sitzen wir fast allein auf dem Oberdeck und erfreuen uns am Licht, der würzigen Seeluft und den Leuchttürmen in der Ferne.
Während des obligatorischen Zwischenstopps im Hafen der Ile d’Houat dürfen wir ausgiebig die Klippen bewundern. Der Höhe der Küste nach zu urteilen, dürfte der Küstenwanderweg für Gabis noch nicht ganz wiederhergestellte Wanderfähigkeiten eine ziemliche Herausforderung sein. Wir kommen wir eine halbe Stunde später auf der Ile d’Hoedic an. Die wirkt vom Meer aus kleiner und flacher. Zu Fuß sollte die Erkundung kein Problem darstellen. Die spontane Entscheidung für Hoedic scheint die richtige gewesen zu sein. Was haben wir für ein Glück!
Ein Tag auf der Ile d’Hoedic
Die Sonne steht immer noch tief, das Morgenlicht umschmeichelt die Insel. Die erste Frage nach dem Betreten von Hoedic ist, linksrum oder rechtsrum. Wir sehen uns zuerst einmal das Dorf an. So früh am Morgen ist noch nicht viel los. Der kleine Laden und die Cafes sind noch geschlossen, nur ein Traktor fährt Baumaterial durch die Gegend. Ein Border Collie sieht uns, freut sich und schießt auf uns zu. Den treuen Hund können wir lesen wie ein offenes Buch. Der hat Langeweile und sucht sich Spielpartner. Die Freude die er bei unserem Anblick fühlt sehen wir dem ganzen Hundekörper an. Die Ohren stehen nach oben, er wedelt mit dem Schwanz und ist insgesamt quirlig wie ein Gummiball. Wir sehnen uns so sehr nach einem Hund, dass der treue Border Collie uns wohl genauso lesen kann, wie wir ihn. Wir sind ein perfektes Team und das wird jetzt auch stundenlang so bleiben.
Südküste von Hoedic
Wir gehen linksrum Richtung Südküste los, inklusive Border Collie. Auf schmalen Fußpfaden wandern wir durch Heidelandschaft, der Geruch von Ginster hängt intensiv in der Luft. Der wächst hier großflächig fast überall und fängt gerade Anfang April an zu blühen. Das alte Fort in der Inselmitte macht uns jetzt nicht so an, es wirkt ebenso deplaziert, wie der eine oder andere deutsche Bunker aus dem zweiten Weltkrieg. Am Südstrand laufen wir über den ultrafeinen hellen Sand, in der Ferne schimmert der Phare des Grand Cardinaux im Gegenlicht. Das Zwitschern und Piepen der Singvögel, ein sporadischer Möwenschrei und das sanfte Wellengeplätscher unterstreichen noch die Ruhe und die friedliche Stimmung der Insel. Ach, diese Ruhe! Nur das Rauschen des Meeres in der Ferne und der freudig herumhüpfende Border Collie. Wir sind allein in der Natur. Keine Brummen von Autos in der Ferne und kein Aufheulen eines Mopeds im Kreisverkehr. Die Insel ist bis auf den ein oder anderen Traktor autofrei.Wir müssen nur aufpassen, keinen Sonnenbrand einzufangen. Eine gute Sonnenbrille ist auf den Inseln mit der klaren Luft extrem wichtig.
Der Border Collie bringt uns Stöckchen und Steinchen. Er ist so aufgeregt und aufgekratzt. Mit einem Stock im Maul findet er noch einen interessanten Stein und tut sich schwer, beides auf einmal zu transportieren. Was für eine Freude für Hund und Mensch. In den zwei Stunden, die wir gemeinsam wandern schießen wir kaum ein Foto ohne Hund. Immer springt er vor unsere Linse.
Im Café kocht man ungern Kaffee – trinkt lieber einen Wein
Nach zweieinhalb Stunden kehren wir mit müden Füßen und unserem Border Collie ins Dorf zurück. Wir haben zwar ein paar Essensvorräte dabei, würden aber gerne Essen gehen. Leider hat noch keine Creperie oder das Hotelrestaurant des Ortes geöffnet. Im Tabakladen/Boulangerie gibt es wirklich nur Baguette und Pain au Chocolat, im einzig geöffneten Café nur Cidre und Wein. Einen Laden, in dem wir Wasser kaufen könnten, finden wir nicht. Die ein Liter Wasserflasche hatten wir mit den Radtaschen im Wohnmobil zurückgelassen, damit wir nicht allzu viel schleppen müssen.
Die urige Besitzerin des Cafés schaut uns nur verständnislos an, als wir einen Kaffee bestellen wollen. Widerwillig rückt sie zwei Tassen raus, nachdem sie erst umständlich diverse Magazine einsortiert hat. Sie wird fast grantig, als ein weiterer Gast Kaffee möchte. Die anwesenden Einheimischen witzeln schon über die Situation und geben uns zu verstehen, dass man hier nur Wein oder Cidre trinkt, auch um 11 Uhr morgens. Die anderen sitzen alle vor ihren alkoholischen Getränken.
Die haben hier auf der Insel ihre ganz eigenen Regeln. Das kennen wir ja schon von der Insel Ouessant, wo man sich im Auto nicht anschnallt. Wir sitzen also vor dem Café, trinken Kaffee und essen die mitgebrachten Eier mit dem gekauften Baguette und knabbern unsere Karotten. Ein Ehepaar und eine junge Frau kommen ins Café, sie sind wahrscheinlich die einzigen anderen Touristen an diesem Tag.
Unserem Border Collie ist das Nichtstun wohl zu langweilig und er hat sich andere Opfer zum Spielen gesucht. Gerade verfolgt er einen Traktor, welcher Baumaterial durch die Landschaft karrt, und beißt ihm in die Hinterreifen.
Vier Monate auf Hoedic – würde ich sofort machen
Wir sitzen also in der Sonne, der kühle Wind streicht uns über den Nacken, besser doch den Schal anziehen. Gabi hört jemanden auf Englisch reden und spricht den netten Herrn direkt an. Er ist Deutsch, kommt aus Hamburg und wohnt vier Monate auf Hoedic. Ach, das wäre auch was für uns. Die Ruhe und das schlichte Leben auf der Insel gefällt uns jetzt schon richtig gut. Kein Verkehr, das Cafe hat ein, zwei Stunden geöffnet und dann treffen sich alle zum Reden und Wein trinken. Alle Hunde laufen frei herum, jagen Eidechsen, die sich auf der Suche nach Wärme in der Sonne hinter den Steinen hervortrauen. Es fühlt sich so unendlich friedlich und ruhig an. Es wäre so schön, wenigstens eine Woche hierbleiben zu können…
Die nordöstliche Landzunge Hoedics
Der Nachmittagstrip geht auf die nordöstliche Landzunge, die auf der Landkarte verheißungsvoll mit einer Vielzahl von geschützten Sandstränden lockt. Im Licht der grellen Mittagssonne ist das Fotografieren normalerweise nicht optimal. Aber hier leuchtet das Meer knallig blau und kontrastiert mit dem feinen goldenen Sand der Strände.
Felsige Vorsprünge trennen die Strände voneinander und geben ihnen ein geschütztes, intimes Flair. Keine andere Menschenseele ist weit und breit zu sehen. Die Sandflächen sind jungfräulich, keine einzige Spur ist darauf zu finden. Nur Vögel und Kaninchenspuren vielleicht. Das Strandwandern ist das reinste Vergnügen.
Wandern auf der Insel Hoedic
Hier oben in der Landspitze wird das Gehen anstrengender, dauernd geht es auf und ab über felsige Pfade, und immer neue Aussichten und Strände tun sich vor unseren Augen auf. Wir können uns kaum sattsehen, was für ein Genuß! Eine Stunde vor der Fährabfahrt kommen wir motivüberladen zurück zum Fährhafen und lassen uns kurz auf den Stühlen vor dem jetzt geschlossenen Café nieder. Unser Border Collie kommt um die Ecke geschossen und schnurstracks auf uns zu. Er schaut uns mit seinen treuen braunen Augen an, stuppst Gunter kurz mit seiner Nase an, als will er sich für unsere Gesellschaft bedanken, und zieht gemächlich weiter.
Wir setzen uns bis zur Fährabfahrt auf die flachen Felsen am Strand nebenan und beobachten die hereinkommende Flut. Gabi sammelt Jakobsmuscheln, die jemand weiter oben auf die Felsen gekippt hat. Eine Scholle schwimmt nah am Strand und schaut zu uns herauf. Die Rückfahrt auf der Fähre im leicht dunstgefilterten Nachmittagslicht verläuft total entspannt, jetzt ist es ein wenig wärmer als in der Früh. Die Inselstimmung wirkt auch noch nach.
Für uns steht fest: Hoedic ist für uns eine Trauminsel. Hier möchten wir unbedingt länger hin, damit wir diese wunderschönen Strandbuchten im besten Licht fotografieren können und um für ein paar Tage Abgeschiedenheit und Ruhe erleben zu können.
Was hälst du von so ganz kleinen Inseln? Würdest du auch auch gern länger wohnen? Oder wäre es dir zu abgeschieden?
Warum steht in der Überschrift Entenküken? Übersetzt heißt Houat Ente und Hoedic Entenküken!