Reisefotos in Lightroom bearbeiten
Der Ratgeber für die erfolgreiche Reisefotografie
Die Reise ist zu Ende, du bist wieder zuhause und der Alltag hält langsam Einzug, während deine Gedanken noch nicht ganz angekommen sind. Auf dem Computer warten jetzt hunderte Bilder darauf, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Für ein Dasein nur als Datei auf einer Festplatte sind sie viel zu schade. Mach was draus!
Vielen deiner Fotos steht eine Karriere im Internet bevor, einige werden als Print oder Großdruck an der Zimmerwand enden, andere schaffen es in ein Reise-Fotobuch, in deinen Kalender für das nächste Jahr oder in eine Multimedia-Show. Freue dich also auf lange Abende mit deinen Reisebildern, und genieße die Erinnerungen, die damit wieder frisch und lebendig werden.
1. RAW Entwicklung ist wichtig
Die Kamera sieht nicht auf die gleiche Art wie das Auge. Das Auge bewältigt durch Adaption einen viel größeren Kontrastumfang, und hat eine fast perfekte automatische Farbanpassung. Dein Gehirn verbindet die Bilder mit Erlebnissen und Gefühlen.
Ziel bei der Bearbeitung ist es, den eigenen Eindruck der aufgenommenen Szene im Bild darzustellen, anders gesagt, das Bild mit deiner Erinnerung zur Deckung zu bringen. Darum ist die Bildbearbeitung ein zutiefst persönliche Angelegenheit und ein entscheidender Schritt zum fertigen Bild, welches deine Empfindungen und Emotionen transportieren soll.
Bilder, wie sie aus der Kamera kommen, sind oft gut, aber selten fehlerfrei. Die Landschaft könnte noch mehr Biss vertragen, die Farben in den Bildern vom Museum sind zu farbstichig, das Portrait ist zu bunt, dem Sonnenuntergang fehlt irgendwie die Stimmung, und der Himmel ist ausgefressen. All diese Probleme kannst du am Computer beheben.
2. Die Monitor-Kalibrierung
Das A und O einer erfolgreichen Bildbearbeitung beginnt mit der richtigen Einstellung deines Monitors. Wenn die nicht stimmt, zeigen deine gedruckten Bilder Farb-, Kontrast- und Helligkeitsabweichungen gegenüber eurer Bildschirmwiedergabe, und sehen auch auf anderen Geräten nicht richtig aus. Eine präzise Methode, deine Bildschirme richtig einzustellen, ist die Monitorkalibrierung mit einem Colorimeter.
Wenn dir das zu kompliziert oder zu kostspielig ist, musst du nach Augenmaß vorgehen.
Das ist nicht perfekt, aber besser als gar nichts. Ab Windows 7 bietet Microsoft eine simple manuelle Farb-Kalibrierung unter den Anzeigeeinstellungen an. Gute Print-Labors bieten Testbilder zum Download und dazugehörige Fotoausdrucke an. Du vergleichst den Testprint mit der dazugehörigen Datei auf dem Monitorbild und erkennt gleich gröbere Farb- und Kontrastabweichungen. Mit den Helligkeits-, Kontrast- und Farbreglern des Monitors kannst du die Bildschirmwiedergabe dem Testprint anpassen.
Testbild von FUJIFILM für die Kalibrierung des sRGB-Monitorfarbraums.
© FUJI Photo Film GmbH Europe
Du kannst auch nach »Testbilder für Monitorkalibrierung“ googlen, lade dir einige davon herunter und lasse sie von deinem Labor entwickeln. Dann hast du eine Datei und die passende Fotovorlage zum Abgleich dazu.
3. Fotos im RAW-Format »entwickeln«
In Reisefotografie Teil 3 „Einstellungssache“ haben wir dazu geraten, zumindest die unter schwierigen Lichtbedingungen gemachten Fotos im RAW-Format zu fotografieren. Die Bearbeitung dieser Dateien, auch Entwicklung oder RAW-Konvertierung genannt, machen wir mit Adobe Photoshop und Lightroom im Abo Modell
Lightroom is ein mächtiges Werkzeug mit einer Vielzahl an Einstellungen.
Das Programm ist
- Datenbank,
- Sortier- und Auswahlwerkzeug,
- Raw-Konvertierung und
- Bildoptimierung in einem.
Es hilft uns zur Vorbereitung der Bilder für das Web, für den Druck oder für Diashows. Trotz der Komplexität empfehlen wir Adobe Lightroom auch für Einsteiger in die Bildbearbeitung , weil die Software extrem viel Möglichkeiten bietet, nach ein wenig Einarbeitung unheimlich viel Mühe und Zeit spart, und dazu erstaunlich viele Details aus den RAW-Fotos herausholt.
Im Gegenlicht hat der Himmel kaum Strukturen. Hier zeigt das RAW-Format eindrucksvoll, wie viel Detail in den ausgebleichten Himmelspartien schlummert und nur darauf wartet, hervorgeholt zu werden.
Zum kostenlosen Ausprobieren kannst du dir bei Adobe.com die Vollversion vom aktuellen Lightroom herunterladen und im vollen Umfang 2 Wochen lang nutzen. (Die Bedingungen ändern sich dauernd. Lies genau nach).
Über das Arbeiten mit Lightroom gibt es viele Bücher und Unmengen von Video-Anleitungen im Internet. Zum Einarbeiten empfehlen wir unbedingt ein Buch oder einen Lightroom Kurs. Wenn dein Interesse geweckt ist und du tiefer in die Materie einsteigen willst, besuche einfach die Lightroom-Foren im Web.
Für Leute, die von Lightroom 5 oder 6 auf das Abo Modell umsteigen wollen, bieten wir ein individuelles Coaching an. Der Umstieg ist trickreich und kann anstrengend sein.
Die folgenden Hinweise gelten gleichermaßen für die Bearbeitung von RAW und JPG-Bildern. Lightroom verändert die originalen Dateien nicht, sondern protokolliert die Bearbeitungsschritte separat. Falls eine Bildoptimierung völlig in die Hose gegangen ist, kannst du einfach den „Zurücksetzen“ Button drücken und wieder von vorne anfangen, dem Bild ist nichts passiert. Du kannst auch verschiedene Versionen des gleichen Bildes erstellen. Wenn du eine geänderte JPG-Datei einmal unter dem Originalnamen gespeichert hast, ist die Ursprungsdatei futsch.
Wenn du also mit JPG-Dateien arbeitest, immer vor der Bearbeitung ein Backup der Original-Datei anlegen!
Das Gras etwas leuchtender, die Berge etwas kontrastiger, und die Wolken am Himmel aus dem Weiß herausgeholt. Die Wolken haben wir stärker abgedunkelt, um das Potential der Software zu verdeutlichen.
Für die hier gezeigten Vergleichsbilder haben wir extreme Lichtsituationen gewählt, um das Leistungsvermögen von Lightroom zu demonstrieren. Die Mehrzahl deiner Bilder wird nicht so krasse Kontraste erhalten, aber es ist trotzdem beruhigend, im Bedarfsfall gute Werkzeuge zur Hand zu haben.
Besser ist es natürlich, schon bei der Aufnahme die Kontrast zwischen Himmel und Vordergrund mit Filterhaltern und Grau-Verlaufsfiltern, zu dämpfen.
3.1 Bilder importieren
Als ersten Schritt kopierst du die Fotos deiner Reise in einen Ordner auf die PC-Festplatte. Das kannst du selbst im Explorer erledigen, und hinterher Lightroom anweisen, die Bild-Daten in den Lightroom-Katalog zu importieren. Diese Funktion nennt sich Importieren. Im Bibliotheksmodul verschaffst du dir einen Überblick über die Fotoflut und markierst schon mal deine Favoriten für die spätere Bearbeitung.
3.2 Bilder bearbeiten
Im Entwicklungsmodul rufst du die markierten Bilder auf und probierst erst einmal, was die automatische Bildoptimierung von Lightroom mit deinem Bild anstellt. Bist du damit noch nicht zufrieden, nimmst du mit den Reglern für Belichtung, Kontrast, Schatten und Lichter, und zusätzlich denen für Klarheit, Dynamik und Sättigung die feineren Anpassungen vor.
In diesem Arbeitsschritt siehst du, wie Lightroom effektiv Details aus abgesoffenen dunklen und ausgefressenen hellen Stellen herausholt. Strukturen werden sichtbar, die vorher nicht zu erkennen waren. Diese Entwicklung funktioniert auch mit JPG-Dateien, allerdings nicht in dem Ausmaß und Umfang, wie mit RAW-Dateien.
Die Grundeinstellungen im Lightroom-Entwicklungsmodul regeln die Farbabstimmung, die Helligkeit und den Kontrast.
Unter dem Menü Objektivkorrekturen aktivierst du die Profilkorrektur und das Entfernen der chromatischen Aberration. Damit werden die Abbildungsfehler des eingesetzten Objektivs oder der Kamera korrigiert, also Verzerrungen und Farbsäume eliminiert.
Im Menü Details findet ihr die Unterpunkte Schärfen und Rauschreduzierung.
Die Schärfeeinstellungen kannst du für den Anfang auf den Grundeinstellungen belassen. Ich schärfe die Fotos mit einer Stärke von circa 60 und nutze die Maske. (Schiebe den Maskieren Regler bei gedrückter ALT Taste). Die Regler für die Rauschunterdrückung brauchst du nur für Bilder, die mit hoher Empfindlichkeit aufgenommen worden sind, und bei denen das Rauschen deutlich sichtbar ist. Die KI gesteuerte Rausunterdrückung von Lightroom dauert relativ lang ist aber beeindruckend.
Ich nutze zur Zeit lieber das Plugin Denoise von Topaz.
Für den Anfang lasse die Schärferegler auf den Standardeinstellungen. Richtiges Schärfen ist abhängig von Bildrauschen, Größe und Verwendungszweck und setzt Erfahrung voraus.
Insbesondere bei Zeitrafferaufnahmen und Bildserienkannst du komplette Bildstrecken mit einem Klick synchron bearbeiten. Du optimierst ein Bild aus der Serie und wendest im Anschluss daran die Einstellungen mit Synchronisieren auf alle anderen Bilder an.
3.3 Bilder exportieren
„Bilder exportieren“ ist der nächste Schritt zum fertigen Bild. Du erstellst damit nach der Bearbeitung eine Arbeitskopie des Bildes.
Dabei legst du Speicherort, Dateinamen, Bildgröße, die Endschärfung und andere Parameter fest.
Jeder der nachfolgenden Verwendungszwecke benötigt unterschiedliche Einstellungen: kleinere Bilder fürs Internet, Bilder im 16:9 Format für eine Diashow, oder hochauflösende Dateien für hochwertige Ausdrucke in verschiedenen Formaten und auf verschiedenen Trägermaterialien.
Ein Ausschnitt aus den Exporteinstellungen. Hier wird das bearbeitete Bild für den Verwendungszweck optimiert und im gewünschten Format und Größe ausgegeben.
Deine Arbeitskopie muss für eine optimale Qualität dem Endprodukt angepasst sein.
Eine Postkarte braucht eben eine geringere Pixelzahl als ein Poster. Zu kleine aber auch zu große Datenmengen sind ungünstig. Du solltest die Datei nicht in Originalgröße zum Printen im 10 x 15 cm Format schicken. Im Printlabor wird sonst die Größe vor dem Drucken heruntergerechnet, aber nicht mehr geschärft. So geht Bildqualität verloren.
Für das 10 x 15 cm Format stellst du im Exportmodul die Größe der Datei auf 1000 x 1500 Pixel ein, und die Schärfung für den Druck auf Glanzpapier. Du kannst die Größe auch in cm angeben, da musst du aber auf die dpi (Pixel/Zoll) achten.
Damit die Dateien nicht allzugroß werden nutze ich eine Einstellung von 220dpi. Bei ganz großen Formaten kannst du niedringere Einstellungen nuzten, weil man zum Beispiel 1,20m lange Fotos nicht aus 30 cm Abstand anschaut. Vor allem, wenn sie auf Leinwand gedruckt sind.
Als Faustregel für die Dateigröße kannst du folgende Regel anwenden:
100 Pixel pro Zentimeter (250 dpi) und JPG-Komprimierung auf 80 %
Für einen 20 x 30 cm Abzug ergibt das eine Größe von 2000 x 3000 Pixel. Die Ausgabedatei ist dabei etwa 1 MB groß.
ACHTUNG: Beim Export von bearbeiteten JPG-Dateien solltest du diese unbedingt in einem separaten Export-Ordner speichern, damit du nicht versehentlich die Originaldateien überschreibst.
3.4 Noch zwei allgemeine Tipps
Zoome am Bildschirm nicht zu weit in die Bilder hinein, wenn du die Bildqualität beurteilen willst. Die Darstellung am Monitor übersteigert den Eindruck der Körnigkeit. Bei 100% Zoomstufe lässt sich das Bild recht zuverlässig beurteilen und du erkennst Verwacklungsunschärfen.
Höhere Zoomstufen machen nur Sinn beim direkten Vergleich von Bildern, um zum Beispiel das schärfste Exemplar aus einer Serie zu ermitteln.
Sichere unbedingt deinen Lightroom Katalog
Alle Bearbeitungsschritte aller entwickelten Bilder speichert Lightroom in einer Katalog-Datei mit der Endung .lrcat. Geht die verloren oder ist defekt, ist die Arbeit von vielen Tagen und Wochen umsonst gewesen. Mit Lightroom kannst du Backup-Dateien anlegen, ich empfehle dir trotzdem, regelmäßig diese Backup Datei auf eine externe Festplatte zu sichern.
Im Lightroom-Bibliotheksmodul stehen links die Bildordner und die selbst erzeugten Sammlungen.
3.5 Lightroom kann noch mehr
Du kannst direkt in Lightroom Bücher zusammenstellen. Die Standardeinstellungen sind für den online Anbieter Blurp optimiert. Es ist jedoch auch möglich ein pdf zu erstellen. Ich frage mich selbst übrigens gerade, warum ich das noch nie gemacht habe? Naja, die Gestaltungsmöglichkeiten reichen mir einfach nicht aus. Für einfache Buchprojekte ist die Funktion sicher sinnvoll.
Ich stelle hin und wieder eine online Galerie für Verlage aus ausgewählten Fotos zusammen.
Mit Lightroom kannst du sehr einfache Diashows zusammenstellen.
3.6 Alternativen zu Adobe Photoshop Lightroom
Nicht jeder will sich gleich mit einer so komplexen Software auseinandersetzen, braucht nicht alle Funktionen, oder hat keine Lust, so viel Geld dafür auszugeben.
Für diejenigen, die gerne nach Freeware Ausschau halten, empfehle ich einen Blick auf die herstellereigene RAW-Software, die mit den Kameras geliefert wird. Diese bietet zwar nicht so viele Einstellmöglichkeiten und Funktionen, ist dafür aber einfacher in der Bedienung.
Der wahrscheinlich mächtigste Freeware-Konverter ist RAW-Therapee. Er ist ähnlich komplex aufgebaut, wie Adobe Lightroom, und bietet ebenfalls eine verwirrende Vielzahl von Einstellmöglichkeiten. Aber auch dazu gibt es wertvolle Anleitungen und Videos im Internet.
Alternative kostenpflichtige Programme
DxO Photolab, Capture One Pro, oder ACDSee Pro sind alle RAW-Konverter, die Geld kosten. Diese Programme sind nicht ganz so umfangreich wie Lightroom, legen aber unterschiedliche Schwerpunkte, das könnte sie eventuell für dich interessant machen.
Aber auch populäre Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop Elements, oder die
Bildbearbeitungsprogramme von Ashampoo und Magix, bieten RAW-Konvertierung an, wenn auch mit geringerem Funktionsumfang und weniger präzisen Einstellungen.
Nach Sonnenuntergang war die bretonische Küste in kräftiges Blau getaucht. Den Blaustich haben wir ein klein wenig angepasst, was mehr Farben ins Bild bringt, und der Kontrast wurde angehoben.
4. Bilder fürs Internet
Bilder in ihrer Originalauflösung auf Blogs oder in Foren hochzuladen ist unsinnig. Zum einen erzeugt das bei Up- und Download unnötig viel Datenverkehr, und auf den Endgeräten werden die Fotos dann doch wieder herunterskaliert. Oder die gängigen Internet-Plattformen verkleinern sie automatisch. Dabei wird meist nicht nachgeschärft, was aber unbedingt notwendig wäre, ansonsten wirkt das Bild fusselig und verliert den Biss.
Ganz abgesehen davon, werden hochauflösende Fotos gerne geklaut. Deswegen zeigen wir unsere Fotos im Internet mit 1400 Pixeln Breite, in besonderen Fällen auch mal in Full-HD-Größe, aber nie in Vollauflösung.
Wer zum Verkleinern nicht Lightroom nehmen kann oder will, für den gibt es Miniprogramme wie „Der Grandiose Bildverkleinerer“ (der heißt echt so!). Aber auch Bildbetrachter wie Faststone, XnView oder IrfanView beherrschen die Größenveränderung mit wenigen Klicks.
Software Tipp: FastStone Image Viewer
Hallo Gunter,
Danke für die Erinnerung, mich endlich mit der RAW-Konvertierung auseinanderzusetzen! Das ist wirklich gut erklärt und macht „Alt-Analogern“ Mut.
Liebe Grüße
Michaela (die euch auch noch anruft, wegen Stativen und der mich mit Gabi verbindenden gemeinsamen Liebe zu Leuchttürmen und dem wilden Norden ;-)