Sturm am Cabo Espichel, ein riesiger Möwenschwarm in Fonte de Telha
Der Leuchtturm am Cabo Espichel
Am Cabo Espichel steht hoch auf den Klippen ein Leuchtturm, den wir unbedingt fotografieren wollen. Dort oben auf den Steilklippen ist es nicht windig, überhaupt nicht, nein, es stürmt wie die Sau. Wir können uns im Freien kaum auf den Beinen halten. Also beschließen wir, uns erst einmal auszuruhen, das Licht ist eh noch zu hart. Doch neben uns auf dem großen Parkplatz parkt ein fetter Tourbus, daneben ein Getränkestand, ein Generator knattert fröhlich aber lautstark vor sich hin. Hier scheint irgendeine Veranstaltung zu sein. Über Lautsprecher kommen ständig blecherne Ansagen. Der Sturm rüttelt kräftig an unserem Wohnmobil, das ist wirklich keine gute Mischung für eine gepflegte Mittagsruhe.
Wir laufen deshalb los, um die Gegend etwas genauer anzuschauen. Ein kurzer Blick in die Klosteranlage des Santuario de Nossa Senhora und uns ist klar, das ist keine »normale« Veranstaltung. Da ist eine Filmcrew am Werk. Darum können wir leider das Fort und die Kirche nicht besichtigen. Aber drum herum ist nichts abgesperrt, hier können wir unbehelligt laufen. Die Umgebung ist beeindruckend, die Gebäude auch. Eine fantastische menschenleere Naturkulisse. Nur mit dem Sturm müssen wir auf der Steilküste wirklich aufpassen. Die Böen reißen uns fast von den Beinen, und die Wanderpfade enden ohne Warnung direkt an der Kante. Urplötzlich geht es unvermittelt lotrecht abwärts. Von der Klippenkante bis zum Ufer sind es fast 130 Meter. Und das ohne Geländer, auf rutschigem Geröll am Küstenpfad und bei kräftigem Sturm. Da wird es uns an ein, zwei Stellen richtig mulmig.
Die kleine Kapelle der Ermida da Memória steht direkt am Rand der Klippen, früher war das ein berühmter Wallfahrtsort. Hier soll die Jungfrau Maria auf einem riesigen Maultier die Klippen hochgeklettert sein. Die Spuren des Maultiers hätten sich im Fels verewigt. Nur waren das keine heiligen Maultierhufe, wie man heute weiß, sondern Dinosaurierabdrücke.
Der Leuchtturm am Cabo Espichel, der mit seinen 32 Metern kein kleiner Turm ist, wirkt aufgrund der immensen Höhe der Küstenklippen unscheinbar und fast schon mickrig. Da wird uns wieder klar, dass alles relativ ist.
Wir wandern durch unwegsames, karges Gelände und fühlen uns wie in einen Spagettiwestern hineinversetzt. Leere, Weite, Wüste, nackte Felsen, stachlige Gewächse, und über allem heult der Wind, fehlt nur noch das Tumbleweed.
Der Himmel ist blau – sonst nichts. Einfach nur knallblau. Kein einziges Wölkchen ist zu sehen. Ob sich das fotografisch lohnt, hier bis zum Sonnenuntergang zu warten? Die Filmcrew ist immer noch aktiv, samt Generator und Lautsprecher. Ruhe werden wir hier nicht finden. Wir sind nach einigen Stunden auf den Füßen wortwörtlich durch den Wind und erschöpft. Spät am Nachmittag fahren wir schließlich weiter und verpassen damit die Dinosaurierfußspuren in den Felsen ganz in der Nähe, was mich hinterher doch ziemlich frustriert. Jetzt müssen wir nur noch einen Stellplatz für die Nacht finden, wenn möglich mit etwas weniger Wind.
Sardinenfischer und ein riesiger Möwenschwarm am Praia de Fonte de Telha
In Fonte de Telha gibt es laut unserem französischen Stellplatzführer einen Platz direkt am Strand. Wir fahren durch den herrlich duftenden Pinienwald, als uns der Navi links in einen steilen, sandigen Weg schickt. Am Fuß der Klippe angekommen geht es über eine Sandpiste zwischen Klippe und Strand am Meer entlang, bis wir auf so etwas wie einen Parkplatz treffen. Etliche Mobile stehen dort, wir finden aber schnell einen freien Platz. Keine drei Meter vor dem Mobil beginnt der Sandstrand. Wirklich außergewöhnlich ist der Strand allerdings nicht. Die breiten Traktorspuren im Sand stören den Gesamteindruck. Auf der meerabgewandten Seite am Fuß der Klippen stehen überwuchtere Aussteigerhütten, die noch aus der Blütezeit der Hippiebewegung stammen können. Die Strandbars sind in deutlich besserem Zustand und nicht gerade preisgünstig.
Etwa einen bis zwei Kilometer weiter im Süden sehe ich ein Boot fast direkt am Strand liegen, zahlreiche Menschen und noch viel mehr Möwen. Mein Interesse ist sofort geweckt, und ich quäle mich schwer stapfend durch den weichen Sand dorthin. Fischer haben mit dem Traktor ein großes Netz mit Sardinen an den Strand gezogen. Auf einer Plane liegen Unmengen Sardinen, die vor Ort in Kisten sortiert werden. Die Möwen stehen neben den Fischern im Sand und warten auf Abfälle. Ein alter Labradormix rafft sich alle paar Minuten auf und humpelt auf gichtigen Beinen bellend auf die Möwen zu. Die fliegen ohne große Aufregung kurz auf und setzen sich dann wieder. Sobald einer der Fischer Beifang ins Meer wirft, stürzt sich die Vogelmasse laut kreischend mit einem Riesenspektakel drauf. Die Möwen in der abendlichen Stimmung über dem Meer und sind extrem fotogen.
Ich möchte aber, dass Gunter, der gerade das Abendessen zubereitet, das auch sieht. Also laufe ich eilig den ganzen Weg wieder zurück. Und dann wieder hin, bevor alle Fische sortiert und verpackt sind. Cooles Fitnesstraining ist das heute Abend. Die zweite Tour hat den Vorteil, dass ich im Mobil den eher wenig genutzten Metzblitz greifen kann.
Im Sonnenuntergang schießen wir dann unsere besten Bilder. Manchmal muss man eben Glück haben und zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Aber man muss auch gewillt sein, dann die Mühe einer anstrengenden Wanderung auf sich zu nehmen, auch, wenn man gerade extrem müde und hungrig ist.
Am nächsten Morgen wachen wir mit Wellenrauschen und Möwengeschrei auf. Sonnenaufgangsstimmung gibt es nicht. Die Sonne steigt über den Klippenrand und sofort ist es Tag. Im klaren hellen Licht des Tages sieht Fonte de Telha recht unaufgeräumt und etwas heruntergekommen aus. Noch scheint der Ort fest in der Hand von Langzeitaussteigern zu sein. Aber überall wird gebastelt, repariert und geputzt, da wird diese Hippie-Idylle sicherlich bald dem Massenansturm der Sommertouristen weichen.
Mir ist etwas bange vor der steilen Auffahrt auf die Hauptstraße. Gestern ging es ja recht gut hinunter, aber jetzt muss unter altes Wohnmobil auf zum Teil rutschigem Untergrund auch wieder da hoch. Im ersten Gang fahre ich hangaufwärts und merke, dass das Geholper und die Sandstellen unserem Flair gar nicht behagen. Aber wir kommen doch heil oben an und weiter geht es durch den dünner werdenden Pinienwald, der bald von Siedlungen abgelöst wird. Im dichter werdenden Verkehr erreichen wir die über drei Kilometer lange Ponte 25 de Abril, eine der größten Brückenkonstruktionen weltweit. Auf dem Oberdeck wälzt sich träge der sechsspurige Autoverkehr über den Tejo, unten drunter fährt zweispurig der Zugverkehr.
Wie es uns im Verkehr ergangen ist, folgt im nächsten Blogbeitrag.
Roadtrip Atlantikküste Spanien, Portugal, Frankreich
Weiter mit nächstem Artikel:
Oh wie schön…..es geht weiter mit den Berichten :-)
Und dann gleich wieder so schöne Strandbilder ! Das letzte Möwenbild ist diesmal mein Favorit !
Kann mir gut vorstellen, daß es interessant und vor allem mal sehenswert war, die Sardinenfischer (samt Möwen) zu beobachten.
Liebe Grüsse
Tolle Fotos, das macht richtig lust mal hinzufahren. Ich war bisher noch nie in Portugal.
Freue mich schon auf Eure nächsten Berichte
Liebe Gabi, wunderschöne Fotos sind das und ich lese gern, was du schreibst! Wie ist es denn, zu zweit zu sein nach den langen Jahren des Familienreisens? Könnt Ihr das weiter empfehlen? Ihr beide sehr richtig gut aus auf den Fotos! Bin gespannt auf weitere Berichte! Ich habe meine kurze Reise ans Meer für dieses Jahr schon beendet und fand es diesmal ziemlich kalt. Liebe Grüße Ina
Hallo Gabi,
ich bin ein 5 Reicherts Fan. Ich lese die meisten Eurer Berichte( z. B. Nordlicht ist super)
und bewunder die zahlreichen Fotos.
Eine kleine Sache ist mir aufgefallen beidem „Seidenfischer-Foto“. Ich will kein „Rosinenpicker“ sein, aber der Horizont fällt deutlich nach rechts ab.
Vielleicht hast Du das bei der anfallenden Arbeit auch nur übersehen.
Gruß
Hans-Dieter