In Hindeloopen suchten wir erfolglose ein Leuchtfeuer. In der Karte war eins verzeichnet, im Besucher Zentrum wusste niemand was davon. Nun, da sind wir umsonst durch die engen Gassen gefahren.
Hafenstädtchen Harlingen
Wir fahren weiter nach Harlingen. Dort parken im Hafen, wo wir auch den Stellplatz vermuten. Doch der liegt auf der anderen Seite des Ortes. Von der Hafenmauer oder besser Promenade aus blicken wir direkt auf den viereckigen, 24 Meter hohen Leuchtturm, wie er zwischen den Wohnhäusern steht. Da steht der knapp 100 Jahre alte Turm genau richtig. Offiziell leuchten tut er seit 1998 nimmer, dafür dient er jetzt als außergewöhnliches Gästehaus für maximal zwei Personen. Billig ist der Spaß nicht, eine Übernachtung kostet locker über 300 Euro. Aber was für eine Aussicht.
Der Übernachtungsplatz für Wohnmobile liegt am Ortsrand bei der Einfahrt zum Fährhafen. Er macht auf den ersten Blick einen industriell unromantischen Eindruck, liegt aber direkt am Hafenwasser und ist gar nicht so übel. Zu Fuß ist man ganz schnell in der Stadt und im Hafen.
Der Leuchtturm in Harlingen ist jetzt Ferienwohnung
Im Hafen von Harlingen
Der Hafenleuchtturm in dem ein Fischrestaurant ist
Der Leuchtturm von Harlingen
Harlingen bietet eine Menge Sehenswürdigkeiten mit seinem malerischen Zuiderhafen, den Grachten und Zugbrücken, den gepflasterten Gassen und imposanten Gebäuden. Beim morgendlichen Bummel durch die Straßen und entlang der Grachten genießen wir die Ruhe und die entspannte Atmosphäre des Städtchens. Die stadttypische Hektik will hier so gar nicht aufkommen.
Das architektonisch etwas aus der Rolle fallende Hafengebäude „t Wad“ ist nicht nur fotogen, hier gibt es auch leckeren frischen Fisch. Vom Hafen hier legen die Fähren nach Terschelling und Vlieland ab.
Wir genießen das Ambiente, radeln durch die Gassen, machen zahlreiche Fotostopps und kommen zur Ruhe. Ich schaue sehnsüchtig nach den Inseln hinüber. Da würde ich gern hinfahren.
Kleiner Hafenleuchtturm in Den Oever
Doch vorerst bleiben wir auf dem Festland. Weiter geht unsere Leuchtturm-Tour über den Abschlussdeich nach Den Oever. Eigentlich wollen wir hier beim Leuchtturm auf dem Stellplatz übernachten, die Gegend wirkt aber industriell unaufgeräumt und wenig einladend. Der 1885 fertiggestellte gusseiserne Leuchtturm hat schon einige Umzüge hinter sich, bevor er auf dem Molenende des Hafens landete. Hier steht er nun inmitten von Maschinenteilen, Kabeltrommeln und ähnlichem Gerümpel. Eindrucksvolle Aufnahmen, die die Landschaft mit einbeziehen, sind da schlecht machbar. Und die Lauferei die Mole vor und zurück, hat Gabis Knie ziemlich mitgenommen. Der Leuchtturm stand in Sichtweite, also zu nah für’s Rad, trotzdem sehr anstrengend zum Laufen.
Hafenleuchtturm von Den Oever
Geschäftiges Treiben in Den Oever
Hafenleuchtturm von Den Oever, das Wetter sieht toll aus auf dem Foto, aber es war kalt und stürmte!
Hafenleuchtturm von Den Oever, die Treppe war offen, ich lief nur zur Hälfte hoch, der Sturm war zu heftig.
Gabi im Hafen von Den Oever
Weiter nach Den Helder zum Leuchtturm Langer Jaap und Leuchtturm Schulpengat
Den Helder ist nicht weit entfernt, und der dortige komfortable Wohnmobilstellplatz liegt mitten im Marinemuseum. Zum Leuchtturm Lange Jaap und dem Küstenwachturm, dem Leuchtturm Schulpengat in Huisduinen sind es allerdings noch ein paar Kilometer. Kein Problem, wir haben ja die Fahrräder dabei, und Radfahren tut Gabis Knie gut.
Der lange Jaap ist mit seinen fast 64 Metern der höchste gusseiserne Leuchtturm Europas. Der sechzehneckige Turm besteht aus zusammengeschraubten Eisenplatten und wiegt über 500 Tonnen. Das Leuchtfeuer des 140 Jahre alten Bauwerkes reicht volle 54 Kilometer weit über die Nordsee.
Dagegen ist der Schulpengat ein Winzling. In Betrieb seit 1948 hat der viereckige Bau eine Höhe von 18 m. Er steht auf einem 10 Meter hohen Hügel, sein Licht reicht immerhin noch 26 Kilometer weit über das Meer.
Immer am Deich lang erreichen wir die Türme, als es schon anfängt, dunkel zu werden. Heute haben wir echt Pech mit dem Wetter. Es stürmt und uns genau ins Gesicht. Das Radfahren ist Arbeit. Wir können die Räder kaum in der Bahn halten und strampeln uns einen ab. Da der Sturm uns die Tränen in die Augen treibt, sehen wir auch kaum noch etwas. Den Versuch, oben auf dem Deich zu fahren müssen wir schnell aufgeben. Da ist der Sturm so stark, dass er uns seitlich wegbläst. Fotografieren ist schwierig, weil der Sturm am Stativ und den Kameras rüttelt. Wir fotografieren trotzdem und atmen die frische Luft tief in unsere Lungen hinein.
Der Rückweg im Dunkeln auf der Außenseite des Deichs zurück zum Marinemuseum macht wesentlich mehr Spaß, mit kräftiger Rückenwindunterstützung schaffen wir die Strecke in Rekordzeit. Im Mobil brutzeln wir uns zum Abschluss des Tages ein leckeres Abendessen, das haben wir jetzt verdient.
Morgens radelten wir natürlich nochmal zu den beiden Leuchttürmen. Da hatte der Wind nachgelassen und das Licht war wunderschön.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2019/01/MG_8108.jpg6671000Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2019-01-03 15:05:242021-10-10 12:49:33Leuchttürme am IJsselmeer, von Harlingen nach Den Helder, Niederlande
Wir suchten ein Reiseziel voller Leuchttürme und Fahrradwege. Das fanden wir in den Niederlanden am IJsselmeer. Unser erstes Ziel ist das Städtchen Urk.
Von der Mitte von Deutschland und zum IJsselmeer in den Niederlanden sind es gerade mal 450 Kilometer. Das ist für uns die kürzeste Strecke zum Meer. Mit dem Wohnmobil in einer halbwegs angenehmen Tagestour erreichbar.
Das IJsselmeer, ein Meer wird zum See
Das IJsselmeer in Urk im herbstlichen Sonnenuntergang
Was für uns eine Tour um das IJsselmeer besonders attraktiv macht, sind die vielen Leuchttürme, die am IJsselmeer und an der benachbarten Nordseeküste stehen.
Wobei Meer in diesem Fall relativ ist
In den Niederlanden heißt jeder See „Meer.“ Das IJsselmeer ist der größte Binnensee der Niederlande und war tatsächlich einmal ein Teil des Meeres. Ein Teil der Nordsee. 1932 wurde der Abschlussdeich fertiggestellt, der die Meeresbucht Zuiderzee (hier heißt der Meeresarm seltsamerweise Zee = See) von der Nordsee abtrennt.
Der Badestrand von Urk liegt vor einem ausgedehnten Windpark
Das IJsselmeer wird auch auf weiteres der größte See der Niederlande bleiben, auch wenn schon große Teile, wie zum Beispiel die neue Provinz Flevoland, eingedeicht und trockengelegt wurden. Das wurde möglich, weil es nach der Abtrennung des Zuiderzees keine Gezeiten mehr gab. Der südliche Teil des IJsselmeers wurde 1976 durch den Binnendeich abgetrennt und wurde zum Markermeer. Der ursprüngliche Plan war, das Markermeer trockenzulegen.
Radfahren ist nicht nur am IJsselmeer populär, Hier ein Fahrrad in Urk
Aber keine Angst, dieses Vorhaben wurde schnell ad acta gelegt. Als ideales Freizeit- und Erholungsgebiet sind die Seen viel wertvoller. Es ist immer noch sehr viel IJsselmeer übrig zum Schwimmen, Plantschen, Paddeln, Segeln, Wind- und Kitesurfen, oder einfach nur zum Anschauen. Da der Rückfluss vom Meer jetzt fehlt, haben sich IJsselmeer und Markermeer über die Jahre zum Süßwassersee gewandelt. Tief ist der See ja nicht, bis auf ein paar ausgebaggerte Fahrrinnen liegt die Seetiefe zwischen zwei und fünf Metern. Das hat uns jetzt nicht gestört, auf uns wirkt es trotzdem wie ein richtiges Meer. Und der Vorteil ist: Im Sommer wärmt es sich gut auf, und im Winter kann man Schlittschuhe darauf laufen.
Das Hafenstädtchen Urk
Das Septemberwetter zeigt für die folgende Woche ein stabiles Hoch über Westeuropa, wir räumen schell unsere Siebensachen und die Kameraausrüstung in unser Wohnmobil und düsen endlich los.
Gegen Abend, genau zum Sonnenuntergang, erreichen wir das niederländische Hafenstädtchen Urk, eines der vielen malerisch verträumten Backsteindörfer, die wie Schmucksteine die Ufer des IJsselmeers säumen. Ah, wie genial das doch ist! Wir steigen aus dem Mobil und riechen den Hafenduft, in der Ferne sehen wir den Leuchtturm von Urk.
Zu Fuß werde ich es nicht schaffen, also schnell die Räder aus dem Kofferraum befreien und los geht’s. Wir fahren mit den Kamerarucksäcken auf dem Rücken quer durch das Städtchen zum Leuchtturm.
Reusen hängen zum Trocknen im Hafen von Urk
Fischernetze im Urker Hafen
Radwege in Urk
In den ziegelgepflasterten Gassen von Urk gibt es keine Radwege. Jeder fährt so, wie es ihm gefällt, und jeder passt ein bisschen auf den anderen auf. Die Autofahrer müssen hier eine Engelsgeduld haben, aber sie wirken alle freundlich und verstehend.
Das ist eines der Dinge, die wir an den Niederlanden schätzen gelernt haben: Die Infrastruktur und die Einstellung der Bevölkerung sind aufs Radfahren ausgelegt. Im Zweifelsfall haben Räder die Vorfahrt. Und da jeder Autofahrer und Fußgänger auch Radfahrer ist, stimmt das gegenseitige Verständnis.
Radfahren macht in den Niederlanden noch mehr Spaß!
Der Vuurtoren (ausgesprochen Fyrtoren) van Urk, wie er auf niederländisch heißt
Der Leuchtturm von Urk
Am Leuchtturm angekommen zaubert die Sonne einen malerischen Untergang an den Horizont und badet den Turm in rot-orangenem Licht. Der 1844 aus Ziegelsteinen erbaute Urker Leuchtturm steht auf der höchsten Erhebung von Flevoland, 18,5 Meter über dem Meer. In den Straßen gehen die Lichter an und wir schlängeln uns zwischen Spaziergängern und Radlern gemächlich zurück zum Hafenstellplatz.
Boote im milden Herbstlicht in Urk
Orca im Hafen von Urk, Niederlande
Der Hafen von Urk, Niederlande
Im Hafen von Urk, Niederlande
Krabbenboot, Urk, Niederlande
Eine endlose Kette von Windrädern in Urk
Den Schafen scheint das „Wuusch-wuusch“ der Windräder nicht den Appetit zu verderben
Vor Urk liegt eine ausgedehnte Windparkanlage auf und vor dem IJsselmeerdeich im Meer. Nach unserem frühmorgendlichen Besuch des Leuchtturms beschließen wir, am Deich entlang die Windräder abzufahren. Oh wie doch die Perspektive täuschen kann. Trotz kräftigem Rückenwind scheinen wir unserem Ziel keinen Schritt näher zu kommen. Die Windräder sehen so dicht gedrängt aus, doch wir fahren und fahren und es dauert, bis wir wieder mal eines erreichen. In der Ferne tauchen immer weitere auf. Die Schatten der Flügel streichen majestätisch über uns hinweg.
„Mähgeräte“ am Urker Deich
Irgendwann treffen wir auf eine Schafherde, die ihrer Aufgabe, das Gras des Deiches kurz zu halten, mit Gusto nachkommt. Nachdem die Schafe mehr oder weniger willig als Fotomodelle posiert haben, kehren wir wieder um. Der Rückenwind hat sich, oh Wunder, in einen Gegenwind verwandelt, und mit ein paar Fotostopps brauchen wir etwa doppelt so lange für den Rückweg.
Auf dem Rückweg nach Urk am windradbestückten Deich entlang
Strandpromenade am Leuchtturm von Urk, Niederlande
Besichtigung des Leuchtturms von Urk
Nach einer ausgedehnten Stadt- und Hafenerkundung klettern wir am Nachmittag auf den Leuchtturm, die Besitzerin hat uns auf Anfrage freundlicherweise geöffnet.
Von oben herab haben wir einen wunderbaren Überblick über die Landschaft, die wir tagsüber mit dem Rad erkundet hatten.
Panoramablick auf Urk vom Leuchtturm herunter
Hier geht es hoch zur Aussichtsplattform
Gunter auf dem Leuchtturm von Urk
Blick aufs IJsselmeer, Niederlande
Straßenlaterne, Urk, IJsselmeer
Ein besonderer Fels – dorthin rudern die Frauen des Dorfes, wenn sie schwanger werden wollen!
Das Städtchen Lemmer und sein Leuchtturm
Dann machen wir uns bei schon tiefstehender Sonne über baumgesäumte Landstraßen zu unserem nächsten Ziel auf. In der Dämmerung erreichen wir Lemmer. Leicht außerhalb der Ortsmitte finden wir einen Stellplatz im Yachthafen und schwingen uns umgehend auf die Räder, um den Lemmer Leuchtturm im letzten Licht des Tages mit der Kamera einzufangen. Der Originalturm von 1857 wurde 1968 demontiert. Dieser Turm ist ein Nachbau, der 1993 für den Film „De Vuurtoren“ (Der Leuchtturm) errichtet wurde.
Der Lemmer Leuchtturm ist ein Nachbau des Originals für eine Filmkulisse
Aber wie frustrierend, der Leuchtturm steht ziemlich unromantisch vor einer architektonisch kaum inspirierten Werfthalle. Auf der Suche nach fotogenem Hintergrund, müssen wir im Yachthafen kreuz und quer herumlaufen, worauf Gabis Knie mit Protestschmerzen reagiert. Die Entfernungen sind zu nah für’s Rad und zu weit zum Laufen. Wir werden die optimale Fortbewegungsmöglichkeit noch finden müssen.
Der Lemmer Leuchtturm vom Jachthafen gesehen
Das kleine Licht am Ende der Mole des Lemmer Hafens
Dann parkt dummerweise noch im Sonnenuntergang ein Auto direkt vor dem Leuchtturm und ruiniert jede Fotomöglichkeit. Die zwei korpulenten Tussies da drin kurbeln die Scheiben herunter und qualmen fleißig vor sich hin. Aussteigen wollen die nicht. So ein Scheiß. Und die schauen sich noch nicht mal den Sonnenuntergang an.
Na wenigstens steht am Ende des Hafens ein kleines Hafenlicht, das als Fotomotiv mehr hergibt.
Blick nach oben in den Lemmer Leuchtturm
Den folgenden Morgen radeln wir zum Leuchtturm und anschließend zum Bummeln und Vorräte einkaufen in das Städtchen, bevor wir dann weiter die Küste hinauf nach Norden ziehen.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2018/12/MG_7491.jpg6671000Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2018-12-21 11:17:352023-03-18 12:31:39Das IJsselmeer und der Leuchtturm in Urk, Niederlande
Buch: »Wir dackeln durch Europa«, Reisetipps für Leuchtturm- und Hundefreunde – 192 farbige Seiten, Hardcover Buch in DIN A 5 quer. mit Fadenbindung: 30,70 Euro inkl. Versand DE
„Worauf haben wir uns nur eingelassen?“ fragen sich meine Freundin und ich beim Anblick des Weges vor uns. Der Asphalt ist zu Ende. Auf grobem Schotter geht es bei 18% Steigung und etlichen Serpentinen den Hang rauf. Die Reaktionen der entgegenkommenden Radfahrer weiter unten im Tal hätten eine Vorwarnung sein können: Einer rief uns laut „Respect!“ zu, als er an uns vorbeifuhr, andere gaben uns Daumen hoch oder schauten beeindruckt. Sie dachten bestimmt, wir wissen, was auf uns zukommt. Da haben sie falsch gedacht. Alles, was wir über den Rallarvegen wissen, ist, dass er uns Richtung Osten bringt (da wollen wir hin) und dass er vor einer Ewigkeit neben einer Eisenbahnstrecke angelegt wurde, damit die Eisenbahnarbeiter zu den Gleisen gelangen konnten. Die Sache mit dem groben Schotter und dem sehr einseitigen Höhenprofil der Strecke lernen wir gerade dazu.
„Ist es okay, wenn ich hier schiebe?“ fragt Josi. Sie ist manchmal besorgt, dass Schieben ein Zeichen von Schwäche ist, und fährt in der Regel jede noch so steile Straße mit mir hoch. „Ich glaube, das können wir gar nicht fahren“ antworte ich, und steige auch vom meinem voll beladenen Reise-Rad ab. Wir mühen uns ab, die 30 kg schweren Räder über den losen Schotter diese Straße hoch zu hieven. Unsere Räder sind einfach nicht für solche Strecken gemacht, wir haben schmale Straßenreifen auf den Felgen.
Uff! 17 solcher Kurven führen hier den Hang rauf.
Erschöpft, aber glücklich.
Von oben betrachtet lässt uns die Straße staunen: da haben wir es hoch geschafft.
Das Dilemma mit dem Proviant
Nach zwei Stunden Knochenarbeit haben wir das Schlimmste hinter uns, der Weg wird ebener und wir steigen wieder auf unsere Räder. Noch 60 Kilometer liegen vor uns, es wird bald dunkel, und wir haben nicht mehr viel zu Essen dabei – die Plackerei hat unseren Appetit in die Höhe getrieben und den Proviant dezimiert. Zumindest um einen Schlafplatz machen wir uns keine Sorgen, denn in Norwegen darf man wildcampen. Nur: Wenn der Rallarvegen weiterhin so schwer befahrbar ist, brauchen wir den gesamten nächsten Tag dafür. Wir haben nur noch ein paar Bananen, eine Packung Kekse, etwas Müsli und Schokolade dabei – ohne zusätzlichen Proviant wird es eng. Was machen wir jetzt? Zurückzufahren kommt nicht in Frage. Nachdem wir so viel Mühe investiert haben, um die bisherigen 1.000 Höhenmeter zu sammeln, fahren wir sie sicher nicht einfach wieder runter. Eine zweite Option wäre die Bahn. Zwar führt nach Myrdal, eine Siedlung mit zehn Häusern, keine Straße, aber es gibt einen Bahnhof. Wir könnten also den Rallarvegen einfach überspringen.
Wir fragen einen entgegenkommenden Radfahrer, wie denn der Weg beschaffen war, den er die letzten 60 Kilometer gefahren ist. „Ganz schlimm“, meint er, „Mit euren Reifen wird das nichts. Nehmt lieber den Zug.“ Ich will diesen Gedanken zögerlich zur Debatte stellen und ernte prompt einen empörten Blick von Josi. Wir warten also kurz ab, um die nächsten Entgegenkommenden zu fragen. Zwei Meinungen sind besser als eine. Es kommt ein Paar mittleren Alters um die Kurve. „Ach was, das geht schon. Ihr seid noch jung,“ lautet deren Meinung. „Der Weg ist sehr anstrengend, aber er lohnt sich!“ Wir entscheiden uns, der optimistischen Einschätzung mehr Vertrauen zu schenken. Es wird schon schief gehen!
Mein Rad muss viel mitmachen.
Endlich oben angekommen.
Der Weg ist beschwerlich.
Neben dem Rallarvegen rauscht ein Gebirgsfluss.
Die Aussichten hier oben sind nicht schlecht.
Über das ungeplante Reisen
Wenn wir gewusst hätten, was uns hier erwartet, hätten wir uns diesen Weg nicht zugetraut. Jetzt merken wir, dass es doch geht – und sind sehr froh darüber, dass wir zufällig hier her geraten sind. So müssen wir unsere Komfortzone verlassen und werden dafür reich belohnt. Die ganze Reise gleicht einer Kette von spontanen Entscheidungen. Wir haben ein paar Orte im Kopf, die wir gerne besuchen wollen, doch der Weg dazwischen wird kurzfristig erkundet. Schließlich bietet uns das Reisen per Fahrrad die perfekten Voraussetzungen für diesen Reisestil, und das wollen wir ausnutzen. Mit dem Zelt auf dem Gepäckträger ist die Freiheit einer Radreise perfekt.
Als wir auf den Rallarvegen treffen, sind wir schon seit einer Woche in Norwegen unterwegs, und während dieser Woche kamen wir schon einige Male aus dem Staunen nicht mehr heraus. Doch die Landschaft hier oben stellt alles Vorherige in den Schatten. Wir befinden uns über der Baumgrenze, kantige Berghänge sind mit Restschnee aus dem Winter gespickt und kristallklare Bergseen säumen den Schotterweg. Bei der Kulisse macht es uns nichts aus, dass der Weg fordernd und hin und wieder auch frustrierend ist.
Da es bald dunkel wird, halten wir Ausschau nach einem netten Plätzchen für unser Zelt. Es nieselt und ist nicht gerade warm hier auf dem Hardangervidda Plateaufjell. Viele der Flächen neben der Straße sind sumpfig und feucht, es dauert eine Weile, bis wir das Zelt auf einem relativ guten Stück Boden ausrollen können. Da wir seit knapp einer Woche nicht mehr geduscht haben, steigen wir auch noch kurz in den See direkt vor unserem Zelt, aber lange halten wir das eiskalte Wasser nicht aus. Zum Glück sind die Daunenschlafsäcke schön warm.
Nach einigem Suchen finden wir einen Zeltplatz direkt an einem See.
Ein prachtvoller Tag auf dem Fjell
Am nächsten Morgen scheint zum ersten Mal die Sonne an einem gänzlich blauen Himmel. Die nächtliche Kälte liegt zwar noch im Tal, aber ein prächtiger Tag kündigt sich an. Zum Glück! Die Schotterpiste wäre ein Alptraum in Regenwetter, daher ist der erste trockene Tag ein Segen. Wir fahren bald nach Sonnenaufgang los, damit wir den Rest des Weges noch am selben Tag hinter uns bringen können. Für einen weiteren Tag reicht der Proviant nicht mehr. Etliche Radfahrer kommen uns an diesem Tag entgegen, beinahe alle auf den Leihrädern, die sie sich am anderen Ende des Weges gemietet haben, nachdem sie mit dem Zug auf das Plateau gefahren waren.
Wir schaffen die Strecke gut, müssen nur in Ausnahmefällen schieben. Irgendwann erreichen wir den Höchsten Punk des Weges, bei 1.343 Metern über Normalnull. Um dort hinzukommen, sind wir allerdings knapp 2.000 Höhenmeter hochgefahren, es geht ja nicht stetig rauf, sondern auch manchmal wieder runter. Wir sind mächtig stolz auf uns, posieren vor dem Schild, genießen die Aussicht. Hinter der nächsten Kurve lauert sogar noch eine Überraschung: hier oben steht mitten im Niemandsland, zwischen Bergseen und kargen, felsübersähten Berghängen, ein kleines Café. So doof ist das gar nicht, denn der stete Strom von Radfahrern sorgt für Kunden, die beinahe garantiert Hunger haben. Nur: Die Frau hinter der Theke kann keine Kartenzahlungen annehmen. Das ist in Norwegen ein Problem, denn Bargeld ist hier beinahe ausgestorben. Wenn es eine rote Liste für gesellschaftliche Praktiken gäbe, dann würde bei den besonders bedrohten Arten das norwegische Bargeld stehen. Wir haben bisher immer die Kreditkarte genutzt (und sollten auch bis zum Ende damit an jeder Pommesbude Erfolg haben). Bis auf einen 20€ Schein haben wir nichts, doch nachdem wir ein bisschen um den Wert desselben gefeilscht haben akzeptiert sie ihn für eine üppige Bestellung mit Heißgetränken, Waffeln, und Kuchen. Ein Traum an diesem Tag.
Am nächsten Tag herrscht gutes Wetter.
Langsam aber stetig kommen wir vorwärts.
Tatsächlich leben in dieser Steinwüste auch Menschen.
Hier in Norwegen gibt es schon ab 1.000 Metern keine Bäume mehr.
Das Wasser in den Bergseen ist sehr klar.
Hier musste ich einfach ein Panorama machen.
Kamera auf Stein gelegt; Zehn Sekunden Selbstauslöser; rennen und auf’s Rad springen.
Kaum zu glauben, aber das beste Wetter der Reise hatten wir am höchsten Punkt – wo von September bis Mai Schnee liegt.
Hier war der Weg weniger perfekt.
Pfützen sind gute Fotorequisiten.
Über das Radeln auf der E7 und Rabauken am Steuer
Irgendwann gegen Abend entlässt uns der Rallarvegen bei 1.000 Meter über dem Meeresspiegel wieder auf eine wundervoll asphaltierte Fernstraße, die E7. Das gefällt uns viel besser, als diese Höhenmeter auf grobem Schotter runter zu fahren. Wir rollen also mit hohem Tempo in die nächste Siedlung und decken uns dort als erstes wieder mit Proviant ein. Nach einer Nacht auf einer kleinen abgelegenen Wiese geht es dann auf der E7 weiter in Richtung Oslo. Die Straße ist tatsächlich als Fahrradroute ausgewiesen, und die Auto- und Lastwagenfahrer sind sehr rücksichtsvoll und angenehm. Erst nach etwa 50 Kilometern ergibt sich ein Problem: Parallel zur E7 führt für wenige Kilometer eine Seitenstraße, auf die uns ein kleines Schild für Radfahrer verweist. Gleichzeitig deklariert ein gut sichtbares Verbotsschild, dass ab hier keine Radfahrer mehr auf der E7 sein dürfen. Als die kleine Seitenstraße kurz darauf wieder in die E7 mündet, sagt uns ein kleines Schild wieder, dass die E7 eine Fahrradroute ist. Leider haben das die anderen Verkehrsteilnehmer nicht mitbekommen. Sie haben noch das Verbotsschild vor wenigen Kilometern im Kopf und fahren jetzt, als hätten wir hier nichts zu suchen.
Das Problem mit der Routenführung wiederholt sich noch einmal, und je näher wir an Oslo kommen, desto unangenehmer wird die Straße. Der Preis für das größte Arschloch auf der Straße geht an den Fahrer eines Reisebusses. Die Straße verfügt nur über jeweils eine Spur pro Richtung, und gerade ist die Spur des Gegenverkehrs voll. Es wird noch etwa 20 bis 30 Sekunden dauern, bis wir wieder überholt werden können. Von hinten hören wir den Reisebus anrauschen, und wie immer können wir an den Geräuschen der Fahrzeuge abschätzen, ob die schnell oder langsam fahren und ob sie abbremsen. Der Bus ist eindeutig mit vollem Tempo unterwegs, und die Bremsen bleiben unberührt. Auf die andere Spur kann der Bus nicht ausweichen, der will uns also einfach so überholen. Oh fuck! Josi lenkt ihr Rad in den Straßengraben und ich halte meines so gut ich kann auf der weißen Begrenzungslinie, während der Bus mit einer Handbreit Abstand an mir vorbeischießt. Was für ein Drecksack! Ich rufe ihm wüste Beschimpfungen hinterher und wünsche ihm den Teufel an den Hals, aber natürlich hört er das nicht.
Die (eigentlich recht ruhige) E7.
Eine neue Herausforderung
Um dem Verkehr aus dem Weg zu gehen, verlassen wir wenig später die E7 und fahren auf einer kleinen Seitenstraße nach Oslo weiter. Wir sind an diesem Tag schon über 80 Kilometer gefahren und sind nur minder begeistert von dem Schild, das uns gleich zu Beginn der neuen Straße informiert: 8% Steigung für die nächsten zwei Kilometer. Über 15 Kilometer geht es bergauf, wir sammeln etwa 800 Höhenmeter. Als wir oben ankommen, ist die Sonne schon untergangen. Wir finden bald einen Schlafplatz und gehen nicht zu spät schlafen, denn am nächsten Tag wollen wir die 130 Kilometer nach Oslo in einem Rutsch schaffen. Wir haben Servas-Gastgeber kontaktiert, dort wollen wir zwei Nächte bleiben.
Im nächste Reisebericht schreibe ich über Oslo und den Weg nach Stockholm!
Genug von der E7! Weiter geht’s auf der 287.
Das Wetter ist wieder wie gewohnt.
Nervige Blök-Viecher (dazu mehr im nächsten Beitrag).
Wieder sind wir knapp bei der Baumgrenze (aber noch drunter).
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2018/11/MG_8384-Pano-Bearbeitet.jpg6001200Esrahttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngEsra2018-11-25 21:54:152021-04-03 16:54:00Abseits des Asphalts, jenseits der Baumgrenze – ungeplantes Radreisen in Norwegen.
Da wir wie schon im vorherigen Blogbeitrag erwähnt nicht reisen konnten, wuchsen wir an anderen Aufgaben. Wir möchten unsere Erlebnisse trotzdem mit dir, lieber Leser, teilen. Es geht letztendlich nämlich nicht nur um die Kaninchen, die wir geretten haben, sondern um unsere Erkenntnisse. Die wichtigste: Zeit ist LUXUS und wir sind uns dessen genießerisch bewusst!
Elf einwöchige Kaninchen ohne Mutter
Diesen Sommer hatten wir den fraglichen Luxus, viel Zeit zu haben – Gabis Knieverletzung hatte uns zuhause festgenagelt, ans Wegfahren war nicht zu denken. Da erreichte uns ein Hilferuf von einer Freundin, zwei Tage vor ihrer Abreise in den Sommerurlaub war ihnen eine Kaninchenmutter gestorben und hatte elf einwöchige Kaninchenbabys hinterlassen. Der Plan, die Jungen mit der Mutter bei den Eltern zu lassen war damit obsolet. Die Eltern (im fortgeschrittenen Rentenalter) wären mit der Handaufzucht so vieler Baby-Kaninchen überfordert gewesen.
Gabi hörte sich die traurige Geschichte an und dachte: „Was solls, wir haben ja Zeit.“ Und versprach, die elf Minikarnickel für eine Woche aufzunehmen. Letztendlich wurden doch viel Wochen draus.
Wir hatten vor etlichen Jahren auch sechs Beaglewelpen großgezogen, allerdings mit Hundemutter, und das war schon anstrengend genug.
Minikaninchen
Der Pappkarton unterm Tisch
Da stand nun der Pappkarton, bei uns im Wohnzimmer unterm Tisch. Später zogen die Kleinen in einen scheinbar riesigen Käfig um, in der sich elf winzige Wesen wärmesuchend aneinanderkuschelten. Wären nicht die großen Ohren gewesen, es hätten auch Ratten- oder Katzenbabys sein können. Zwei Tierbaby-Nuckelfläschchen und Bio-Ziegenvollmilch waren alles, was wir anfangs zum Füttern benötigen würden.
Alle zwei Stunden füttern, fast rund um die Uhr
Und sehr, sehr viel Zeit mussten wir aufwenden. Alle zwei Stunden brauchten die Jungen ihre Milchration. Die Kleinen hatten aber keine Ahnung, wie sie an die Milch aus den Nuckelflaschen drankommen. Sie mussten das erst noch mühsam lernen. Das erforderte viel Geduld und einen sehr sanften Umgang mit den Kleinen von unserer Seite.
Amy, Noah und Gabi taten ihr Bestes, den Kaninchen nacheinander die Milch einzuflößen. Kaum war das elfte Baby versorgt, konnten sie beim ersten wieder anfangen. Neben der Fütterung mussten auch die Kaninchenbäuche massiert werden. Nur so können Tierbabies pinkeln und kacken und würden keine lebensbedrohliche Verstopfung bekommen. Wir wurden oft nassgepinkelt und freuten uns sehr darüber. Dann waren wir nämlich mit dem Streicheln erfolgreich gewesen.
Damit die Jungen rund um die Uhr betreut waren, verzichteten wir auf unsere Nachtruhe. Glücklicherweise sind wir zu fünft, wir konnten also in Schichten füttern. Meistens waren es aber Amy und ich, die zur Stelle waren. Die Jungs mussten wir bei massiver Müdigkeit überreden, doch auch früh aus den Federn zu fallen.
So klein waren die in der ersten Woche
Sind diese Füßchen nicht perfekt?
Das Leben in meiner Hand
Das ist übrigens Rocky
Die Statistik war gegen uns
Trotz unseres unermüdlichen Einsatzes standen die Chancen für die Kaninchenbabys nicht gut. In so frühem Alter die Mutter zu verlieren, bedeutete fast das Todesurteil für den ganzen Wurf. Statistisch gesehen könnten wir froh sein, zwei oder drei von den elf Jungen durchzubekommen. Das war für uns der größte Stress, nicht das füttern und Saubermachen des Kästchens, sondern die Sorge um die kleinen Kaninchen. Es nahm uns extremst mit, wenn eines der Kleinen schlapp machte und wir hilflos da standen und alles gekümmere nicht half. Die Kanninchen, die im Sterben lagen quälten sich. Sie schienen Krämpfe zu haben und krümmten sind. Eine von uns hielt das geschwächte Kleine dann ständig am Körper. So verloren wir in der ersten Woche drei schwache Kaninchen, die nicht richtig trinken konnten. Jedes Einzelne war für uns ein großer Verlust.
Rockys Kampf ums Überleben
Nach und nach lernten die Kleinen, besser zu trinken, sie waren schneller mit der Nahrungsaufnahme fertig und legten an Gewicht zu. Nur einer machte uns ständig Sorgen, er nahm kein einziges Gramm zu. Amy hat den Winzling Rocky getauft, weil er sich so tapfer gegen sein drohendes Schicksal stemmte, ein richtiger kleiner Kämpfer. Wir schauten in der Zeit die Rocky Filme an. Beim Füttern spielten wir die Filmmusik ab. Das wurde so ein Ritual.
Tagelang versuchte Amy alles, um Rocky am Leben zu erhalten, leider vergeblich. Irgendwann war Rocky so schwach, dass er (vielleicht war es auch eine Sie) klammheimlich aus dem Leben schied. Das war noch das Schlimmste, er starb nicht wie die anderen in unseren Händen, sondern allein in der Kiste. Amy hatte ihn nur kurz zwischen die Geschwister geparkt und er hat einfach aufgehört weiterzuleben. Das war der traurigste Moment unseres Kaninchenabenteuers.
Das kleines Wunder in unseren Händen
Zum Ausgleich war der Rest der flauschigen Bande extrem anhänglich. Kaum tauchte eine menschliche Hand im Käfig auf, schwupps saß schon ein Karnickel drin. Wir waren jetzt als Ersatzmutter anerkannt.
Einen seltsamen Zwischenfall hatten wir noch. Manchmal fiel ein Kanninchen beim Trinken in Ohnmacht. Es trank schnell und gierig, anscheinend zu schnell, dann krampfte es und schwupps war es komplett schlaff. Rappelte sich dann aber wieder auf. Eines morgens, Amy fütterte allein, weil wir alle noch so müde waren – Amy gehört übrigens für ihre Aufopferung der Kaninchenorden verliehen – kam Amy mit einem weiteren toten Kanninchen weinend an mein Bett gerannt. Was für ein Stress…
Wieder eins, welches zu hastig getrunken hatte und dann schlagartig weg war. Aber diesmal rappelte er sich nicht auf. Das Herzchen schlug nicht mehr, er war tot. Da es aber gerade erst passiert war, dachte ich, dass Herzmassage den Kleinen vielleicht wieder lebendig machen könnte. Er war ja putzmunter gewesen, kurz zuvor und nicht so kränklich wie die anderen, die bereits im Garten ruhten. Die Wiederbelebung half, ich hauchte ihm Luft in das geöffnete Mündchen und massierte den winzig kleinen Oberkörper mit zwei Fingern und tatsächlich schafften wir es. Ein WUNDER!
Rocky, viel zu klein. Die Geschwister wogen bereits das doppelte
Kaninchen
Kuscheln in der kleinen Kiste
Amy und eins der kleinen Kaninchen
So schöne Öhrchen
So schöne Öhrchen
Der macht die Grätsche, Kaninchen
Diese perfekten kleinen Wesen in unserer Hand – das Wunder Natur
Das ist es übrigens, was uns am meisten veränderte in dieser Zeit. Diese Lebenslust der kleinen Kaninchen zu spüren. Sie wollten leben und taten alles dafür. Richtige Kämpfer waren das. Sie waren so winzig und so perfekt. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Diese süßen, kleinen Pfötchen, die Mäulchen, als sie die Augen öffneten und uns anschauten. Die Öhrchen, die sich schließlich immer größer aufstellten. Und dann hoppelten die Kleinen immer munterer in ihrer Kiste herum. Wir versuchten sie so schnell als möglich von der Ziegenmilch wegzubekommen. Die tut Kaninchen nicht wirklich gut, aber Kaninchenmilch gibt es ja nirgends zu kaufen.
Sieht schon wie ein Kaninchen aus
Jetzt reichts – der Rest überlebt!
Jetzt waren nur noch sieben, sechs-ein-halb – wenn wir den wiederbelebten in Betracht ziehen – von den ursprünglich elf Kaninchen, und wir hofften inständig, dass das Zehn-kleine-Negerlein-Spiel vorbei war. Die Hoffnung trog nicht, die kleinen Hoppler tranken fleißig ihre Milch und fingen schon an, geschabte Karotten und Löwenzahnblätter zu knabbern.
Schon bald konnten wir gar nicht genug Löwenzahn aus unserem Garten heranschaffen, so gefräßig war die Karnickelschar. Wir mussten den Sammelradius gewaltig erweitern. Löwenzahn aus den Weinbergen war verboten, wegen der Pestizid-Kontamination. Mit der Karotten-Löwenzahn-Salat-Diät legten die Kaninchen fleißig an Gewicht zu und wollten auch aus ihrem Käfig ausreißen, noch passten sie zwischen den Gitterstäben durch. Keine gute Idee, denn ständig lauerte die tödliche Gefahr in Form von unserem Tigerdackel Grindel im Wohnzimmer. Grindel hatte die Kleinen buchstäblich zum Fressen gern, und wir mussten schon in der Flaschenfütterungsphase schwer aufpassen, dass sie keines der Babys wegschnappte. Auf diese Art wollten wir auf gar keinem Fall eines verlieren.
Zum Glück sind Kaninchen Vegetarier
Die Kaninchen wurden immer »verfressener«. Das war schon ein Schauspiel, wenn man das Grünzeugs und die Karotten in den Käfig legte. Ich war zu der Zeit extrem froh, dass Kaninchen Vegetarier sind, sonst hätte ich meine Hand nicht mehr in den Käfig gehalten.
Nach drei Wochen Intensivpflege waren die sieben Überlebenden über den Berg. Jetzt fraßen die Mini-Karnickel ohne Unterlass, das Knabbern und Mampfen war eine ständige Hintergrundgeräuschkulisse. Sie hoppelten und sprangen munter in ihrem Käfig herum und waren absolut handzahm. Man brauchte nur die Hand in den Käfig zu halten, da sprang schon einer der Hoppler hinein und kuschelte.
Das war auch gleichzeitig der Lohn unserer Mühen. Mit den völlig anhänglichen Kaninchenjungen konnten wir wunderbar spielen. Nur unser Dackel zeigte weiterhin leichte bis mittelschwere Symptome von Eifersucht.
Leider ging auch diese Phase zu Ende und die sieben flauschigen Fellknäuel mussten wieder zurück zu ihren Besitzern. Der Abschied fiel uns schwer, die Kaninchen hinterließen eine sichtbare Lücke, so waren sie in der kurzen Zeit Teil unseres Alltags geworden.
Zeit ist Luxus und wertvoller als Geld
Uns wurde bewusst, dass ZEIT ein großer Luxus ist. Ja, vielleicht ist in der heutigen Zeit, ZEIT der größte Luxus. Wir möchten die Erfahrung mit den Kaninchen nicht missen. Wir sind daran gewachsen und die kleinen Kaninchen auch. Es hat uns als Familie mal wieder enger zusammengebracht. Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Luxus. Zeit mit der Familie zu haben.
Zumindest konnten wir stolz darauf sein zusätzlich zu all der Erfahrung, der Statistik ein Schnippchen geschlagen zu haben. Sieben von elf einwöchigen Waisen hatten überlebt und wuchsen zu stolzen blauen Wienern heran. Davon haben wir uns einige Wochen später überzeugt, als wir unsere Freundin besuchten. Aus unseren winzigen Pflegekindern waren richtige große Brummer geworden, und sie kannten uns noch! Sie drängelten sich richtig vor, um uns zu begrüßen. Auch Kaninchen sind richtige Charaktere. Wir konnten sie, obwohl sie optisch nicht zu unterscheiden sind, noch unterscheiden. Mission accomplished.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2018/11/P7210741.jpg7501000Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2018-11-18 14:08:032021-04-03 16:54:10Kampf der Kaninchen gegen die Statistik, 7 : 4 für die Reicherts
In unserem Blog wurde es im letzten Jahr schlagartig sehr ruhig. Ruhiger, als wir es selbst als gut finden. Wir möchten auf der einen Seite unsere Leser nicht hängen lassen, auf der anderen Seite geht es manchmal nicht anders. Unsere Newsletter-Abonnenten informierten wir bereits über die Gründe, warum es so wenig neue Blogbeiträge gab, im Blog selbst haben wir bisher nicht darüber berichtet.
Jetzt wird es ausnahmsweise persönlicher, als es uns eigentlich lieb ist. Mit einem Blog in der Öffentlichkeit zu stehen, hat nicht nur Vorteile. Was an unserem Leben ist privat, was berichtenswert? Wo ziehen wir die Grenzen? Worüber berichten wir, wenn wir nicht reisen wollen oder können?
Wir schrieben so wenig Blogbeiträge, weil wir ganze elf Monate nicht verreisen konnten und in dieser Zeit auch kaum fotografierten. So lange am Stück waren wir in den letzten 19 Jahren nicht sesshaft gewesen!
Der Reigen der Krankheiten beginnt schon im Herbst.
Gunter verletzte sich im letzten Herbst am Knie. Der Arzt war der Meinung, mit guter Schonung heile das auch ohne Operation. Der abrupte Bewegungsmangel nach einem Sommer des ständigen Unterwegs- und Aktivseins wirkte sich drastisch auf den Stoffwechsel aus. Mein Mann entwickelte einen akuten Diabetes. Das warf uns kräftemäßig weit zurück. Mit der Situation mussten wir erstmal zurechtkommen und vor allem mal langsamer machen.
Gunter am Computer daheim
Können Reiseblogger Urlaub machen?
Da kommt doch gleich ein weiteres Problem von Reisebloggern und Fotografen auf: Können wir überhaupt Urlaub machen?
Die kurze Antwort darauf: Nein!
Wir können keinen »Urlaub« machen. Kaum sehen wir eine neue Landschaft, fotografieren wir, recherchieren, überlegen, was wir über eine Region herausfinden können, damit wir darüber Interessantes aufzuschreiben in der Lage sind. Sind wir zuhause, sitzen wir am Rechner, bringen das Haus auf Vordermann, oder arbeiten auf, was während der langen Reisen liegen geblieben ist. Ob zuhause oder unterwegs, wir finden kaum die Möglichkeit oder gönnen es uns nicht, Erholungspausen zu machen.
Nun, Selbständige sind müssen immer aktiv sein. Das ist, wie damals in der Schule oder an der Uni, wo ich immer das Gefühl hatte, nicht genug gelernt zu haben. Also ein ständiges schlechtes Gewissen, welches über einem schwebt und keine tieferen Entspannungsphasen zulässt.
Ich möchte nicht meckern. Ich liebe meinen Job. Aber genau da liegt die größte Gefahr. Die unbedingt nötigen Ruhephasen für den Körper und den Geist gönnen wir uns zu selten, auch oder gerade weil das, was wir tun, soviel Spaß macht.
Ich arbeite mit Hochdruck an meinem Heimat-Fotobuch
In der Zeit, als Gunter sein Knie schonen musste, klapperte ich fotografierend alle Feld- und Wanderwege der Heimat ab. Einige hundert Kilometer legte ich zu Fuß und per Fahrrad zurück. Zum Glück war mir das Wetter wohlgesonnen. Die Fertigstellung des Bildbandes »Spaziergang durch Selztal« war hektisch, der sollte noch für das Weihnachtsgeschäft auf den Weihnachtsmärkten fertig werden. Der Kampf mit dem neuen Design-Programm, die Suche nach der günstigsten und schnellsten Druckerei, das Nachbessern und das Marketing war mega anstrengend. Wir druckten hunderte Flyer und verteilten sie in den Briefkästen, liefen wieder zig Kilometer und standen viele Stunden lang in der beißenden Kälte auf den Weihnachtsmärkten.
Baum und Weinberge – Eines der Fotos aus dem Selztalbuch
Nach dieser turbulenten Zeit haute es mich und den Rest der Familie um. Wir fingen uns eine echte Grippe ein. Alle Ärzte waren über die Weihnachtsfeiertage ausgeflogen, zwischen den Jahren waren auch die Notaufnahmen hoffnungslos überfüllt und wenig hilfreich. Die flaschenweise vertilgten Hustensäfte verschafften keine Linderung, Lutschbonbons widerten mich schließlich an, die Halsschmerzen blieben trotz der eklig süßen, klebrigen Dinger. Erst in der zweiten Januarwoche kam ich bei einem Arzt durch. Diese blöde Grippe hatte nicht nur bei uns daheim zugeschlagen. Die meisten Arztpraxen waren entweder geschlossen oder hatten nur ein Not-Team. Für mich war dieser Termin jedoch reichlich spät. Meine Grippe hatte eine schwere Lungenentzündung ausgelöst. Ohne Antibiotika und Kortison würde ich nicht auf die Beine kommen. Na ich will jetzt nicht alles im Detail beschreiben. Das Jahr fing scheiße an und ging auch so weiter. Ich vertrage keine Medikamente. Das Antibiotikum setzte eine gesundheitliche Abwärtspirale in Gang. Dazu noch der nicht enden wollende Fluglärm, der mich fast in den Wahnsinn trieb.
Ein komplizierter Beinbruch und die langwierige Heilung
Ja, und dann kam dieser saublöde Beinbruch im Kniegelenk. Eine unbedachte Bewegung im Bad mit fatalen Folgen. Eine Operation mit sieben Schrauben und einer langen Platte im Bein macht wenig Spaß, noch viel weniger, wenn man keine Schmerzmittel verträgt und die Schwestern im Krankenhaus das partout nicht verstehen wollen. Der Arzt meinte nur, von Schmerzen stirbt man nicht. Nicht direkt jedenfalls.
Schauben und Platte im Bein
Noah macht Abi
Noah hatte von Januar bis März sein Abi als Externer Prüfling absolviert. Wir hätten in dieser Zeit trotz der Wehwehchen reisen wollen/müssen, aber darauf verzichtet, weil Noah unsere Unterstützung brauchte. Die Prüfungen fanden alle in Ludwigshafen statt. Das ist schwierig zu erreichen von unserem kleinen Kaff Bubenheim aus. Aber er brauchte nicht nur fortbewegungstechnisch Unterstützung. Das Abi als Externer ist schon ganz schön stressig. Ganz besonders, weil Noah auch kurz vor der Prüfung vier Wochen mit dieser blöden Grippe fest im Bett gelegen hatte.
Nun, unser Sohn hielt zu guter Letzt sein Zeugnis in den Händen.
Reisereif hänge ich im Krankenhaus fest
Wir waren inzwischen mehr als Urlaubs – Reisereif – und dann machte dieser saudoofe Unfall alles kaputt.
Die Fluglärmbelästigung ging auch munter weiter. Die Wetterlage mit ständigem Ostwind war noch nie so lang so stabil gewesen. Die dicken Brummer drehen am Berg hinterm Ort ein und fliegen wie Perlen an der Kette in tausend Meter Höhe direkt über unser Haus. Und zuhause kann ich diesem Lärm nicht entkommen.
Fluglärm macht krank
Das Ingelheimer Krankenhaus, in dem ich operiert wurde, ist nur acht Kilometer von unserem Heimatort entfernt. Seltsamerweise genoss ich selbst in dieser Stresssituation die Abwesenheit von Fluglärm, als ich auf der Station lag. Ich nahm diese Ruhe vom Himmel bewusst wahr und genoss sie. Am »Boden« war es alles andere als ruhig: Die Türen knallten, die Schwestern trampelten über den Flur, Autoverkehr und Baulärm von draußen und generell der Geräuschpegel einer wuseligen Kleinstadt. Das machte mir aber kaum was aus. Da wurde mir richtig bewusst, wie belastend der Fluglärm über unseren Köpfen ist.
Ich suchte jedenfalls eine Lösung für das bevorstehende Problem. Dem Fluglärm wollte ich nicht hilflos ausgesetzt sein. Außerdem weiß ich, dass Bewegung beim Stressabbau hilft. Wahrscheinlich stimmt das für jeden Menschen, für mich als absoluten »Draußenmenschen« stimmt das nochmal mehr.
Hilfe – ich brauche Natur und Bewegung!
Schon im Krankenhaus schaute ich auf meinem Smartphone nach, ob es nicht eine Fahrradalternative für mich gibt. Ich wollte/musste raus in die Natur, egal wie. Wochenlang in einem Zimmer festzusitzen ist für mich der absolute Horror. Auf Ebay fand ich ein Handbike in erreichbarer Nähe. Ich brauchte einige Überzeugungskraft bis mein Gatte mich schließlich nach Rüsselsheim fuhr. Unsere lieben Kids legten übrigens zusammen und zahlten für das fast 500 Euro teure Rad.
Ein Handbike als Rettung
Ich konnte nicht mal richtig an Krücken laufen und hatte noch die Fäden im Bein, das saß ich bereits im Handbike.
Die erste Fahrt endete mit einer Ernüchterung: Ich kurbelte mich einmal um die Kirche. Schon an der ersten sanften Steigung, die mir mit dem normalen Rad nie aufgefallen war, blieb ich kläglich hängen. Gunter musste mich die letzten hundert von den fünfhundert Metern schieben. Danach war ich fix und fertig. Ob ich es jemals schaffen würde mit dem Ding irgendwo hinzufahren?
In den nächsten Tagen und Wochen kämpfte mich durch. Mein Wille, den weiten Himmel, die Getreidefelder und die Bäume zu sehen war übermächtig. Ich verausgabte mich fast jeden Tag. Kam schließlich bis ins zwei Kilometer entfernte Schwabenheim. Auf dem Rückweg brauchte ich noch Anschiebehilfe den Hang hoch. Die Armmuskeln sind eben mehr dazu gemacht, eine Kamera zu halten oder Einkäufe zu schleppen als den gesamten Körper plus Gefährt irgendeinen Hang hinauf zu radeln. Die Muskeln brannten, aber mein ganzer Körper fühlte sich danach lebendiger und stärker an. Also fuhr ich weiter in sonnigem Wetter mit dem Handbike durch die Gegend.
Schon nach knapp zwei Wochen traute ich mich erstmals, die 8 km nach Ingelheim zu radeln. Es gibt nur zwei kurze Steigungen auf der Strecke, ansonsten geht es meist bergab oder geradeaus. Das Handbike und ich fuhren an diesem Tag mit dem VW Bus zurück. Danach schaffte ich es immer aus eigener Kraft. Die kurzen Pausen, die ich anfangs noch nötig hatte, möchte ich nicht verheimlichen. Irgendwann musste ich auch auf dem Rückweg nicht mehr zum Krafttanken anhalten, sondern nur noch, um die schönen Ausblicke zu genießen. Mein Ziel, auch mit gebrochenem Bein möglichst viel Bewegung und Naturgenuss zu bekommen hatte ich mit meinem Handbike erreicht und ich bin unendlich dankbar dafür. Die Muskeln, die ich im Rücken, der Brust und in den Armen ausbildete, fühlten sich auch jetzt noch wunderbar an.
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Nach ein paar Wochen spüre ich die Muskeln
Die Getriedefelder werden schon gelb
Steigungen sind mit dem Handbike extrem anstrengend
Ich habe es nach Ingelheim geschafft
Auf dem Weg zur Physio
Handyfotos von einem der Radausflüge
Zum Glück gibt es bei uns soviele Wirtschaftswege
Zum Glück gibt es bei uns soviele Wirtschaftswege – so tolle Wolken
Wir bieten ein individuelles Online-Fotocoaching an
Da wir sowieso zuhause festsitzen und trotzdem fotografisch irgendwie aktiv sein wollen, haben wir ein Online-Fotocoaching-Angebot entworfen. Für Interessierte bieten wir hier ein auf die persönlichen Erfordernisse zugeschnittenes Beratungspaket an.
Unserer Erfahrung nach bleiben viele Hobbyfotografen, egal ob Anfänger oder Fortgeschrittene, unter ihren fotografischen Möglichkeiten. Sei es die effektive Nutzung der Ausrüstung, die Fotografiertechnik und Bildgestaltung oder die Nachbearbeitung.
Hier packen wir gezielt an und helfen euch weiter.
Das Angebot steht noch: Individuelles Fotocoaching
Gabi bei der Arbeit, Ostseeküste
Vom Handbike übers EBike wieder zum eigenen Fahrrad
Der Sommer wurde heißer. Die Fahrten mit dem Handbike sind anstrengender als mit dem normalen Rad, deshalb waren sie sehr schweißtreibend. Da kam mir der Zufall zu Hilfe. Auf einer meiner Ausflüge traf ich eine Freundin, die fuhr ein paar Tage später zur Kur nach Sylt. Sie lieh mir für diese drei Wochen ihr EBike. Zu der Zeit hatte ich mein Bein soweit gedehnt, dass ich anfangen konnte, richtiges Rad zu fahren. Die Kraft reichte aber noch nicht ganz für mein »normales« Rad. Da kam das EBike gerade recht. In der ersten Woche traute ich mich noch nicht drauf, aber in der zweiten Woche packte ich es. Ich musste einfach die Chance nutzen, so wieder ins Radfahren reinzukommen. Nach drei Monaten konnte ich übrigens immer noch nicht ohne Krücken gehen. Das Radfahren mit Motorsupport machte riesigen Spaß. Leider kam viel zu schnell die Zeit, das Rad wieder zurückzugeben. Ich war trotzdem unendlich dankbar für diese Möglichkeit. Herzliches Dankeschön dafür an Emmi.
Gabi auf dem E-Bike
Wir entwarfen einen Plan, um wieder normal Rad zu fahren. Gunter wollte auch mal das Handbike fahren und Armmuskeln aufbauen. Also fuhr Gunter damit nach Ingelheim – die einfachere Strecke, und ich fuhr mit meinem Rad. Auf dem Rückweg tauschten wir die Räder. Das machten wir solange, bis mein Bein kräftig genug war, die ganzen 16 km durchzuhalten. Cool, was?
Meine Lektionen 2018
Versuch das Beste draus zu machen
Nach so einem Unfall wieder auf die Beine zu kommen, ist langwierig, anstrengend und frustrierend. Ich habe versucht, das Beste draus zu machen. Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis ich wieder »richtig« laufen kann, aber ich bin auf dem Weg. Für mich ist Bewegung und Naturerlebnis wichtig, so habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, beides zu bekommen.
Ohne Geduld geht gar nichts
Geduld war die zweite Lektion. Jeden Tag ein klein wenig weiter reicht schon aus. Ich ging jeden Tag an meine Grenzen. Ohne die Bewegung hätte ich den Stress bestimmt nicht so gut verarbeiten können.
In der Langsamkeit liegt der Genuß
Langsamkeit kann man auch genießen. Ich nahm die Landschaft aus der tieferen Perspektive des Handbikesitzes wahr, eine ganz neue Sichtweise. Und an Hängen war ich auch wesentlich langsamer unterwegs. Ich hatte trotz körperlicher Anstrengung Zeit, die Kornblumen am Rand der Felder zu bewundern, den Blick über die grünen Weizenfelder gleiten zu lassen und in Ruhepausen die Wolken zu betrachten.
Natur kann ich auch vor der Haustür genießen
Auf den Radtouren genoß ich die Natur, die kleinen Dinge wirklich sehr bewußt. Das tat mir unendlich gut. Ich lernte, dass es nicht immer das Meer und grandiose Landschaften sein müssen. Dass man die Naturverbundenheit auch in den eigenen Händen halten kann, erlebten wir übrigens sehr intensiv, als eine Freundin mit einem Problem auf uns zu kam, welches uns wochenlang beschäftigen sollte. Davon aber morgen mehr! Ein bischen Spannung muss sein.
So, jetzt bist du lieber Leser auf dem Laufenden.
In die Niederlande zum Radfahren und Seeluft schnuppern
Im Oktober waren wir endlich wieder unterwegs. Zum Testen meiner Mobilität ging es in die Niederlande. Die Holländer haben ein perfektes Radwegenetz und man kommt mit dem Drahtesel fast überall hin. Es gibt auch keine hohen Berge, da kann man richtig gut und ohne Überanstrengung wieder ins Radfahren hineinkommen.
Die beste Therapie für mich ist die Fotografie. Ich wollte versuchen, mich »gesund zu fotografieren«. Das klappte besser, als ich dachte. In den nächsten Tagen folgen die Blogbeiträge über die Leuchttürme am IJsselmeer und die beiden Inseln Schiermonnikoog und Ameland.
Parallel zu den Gesundheitsproblemen leiden unsere Fahrzeuge
Unser VW T 4 läuft wieder
Einige haben bestimmt mitbekommen, dass unser VW-Bus im letzten Sommer die Grätsche gemacht hat. Der Zahnriemen ist gerissen und zuerst hieß es, die Kiste ist schrottreif.
Motor kaputt – was nun?
Erst wollten wir den Bus zum Ausschlachten veräußern. Dann holten wir von überall Informationen und Ratschläge ein, fanden aus Zufall einen fähigen KFZ-Meister mit Rennsporterfahrung im Nachbarort, und siehe da, unser geliebter T4 ist doch reparabel, wenn auch nicht billig. So war unser Bus im Februar wieder einsatzbereit. Der ursprüngliche Plan, Esra mit dem Bus nach Schweden zu fahren scheiterte ja bereits an der Lungenentzündung.
Endlich repariert ein fähiger Mensch unser Womo
Mit dem Wohnmobil gab es auch Ärger. Schon auf der Spanien-Portugal-Tour quietschten die Bremsen. Das Problem verschlimmerte sich. Wir tauschten die Bremsen, das Quietschen blieb, jetzt wurde auch das Hinterrad heiß. An eine größere Tour war so nicht zu denken, wir dachten schon daran, unser Wohnmobil mit dem Schaden an einen Bastler zu verkaufen.
Dann kam Gabis Beinbruch, eine Reise kam kurzfristig nicht in Betracht, obwohl wir immer darauf hofften, wenigstens einen kurzen Trip zu machen. Dass es sich so lange hinzieht, war uns anfangs nicht bewusst.
Als letzten Versuch stöberten wir im Internet auf der Suche nach unserem alten Fiat-Transporter-KFZ-Meister. Der kennt die Kisten aus dem Effeff, war leider nicht mehr in der ursprünglichen Werkstatt angestellt.
Langer Rede kurzer Sinn, wir fanden unseren Spezialisten wieder, wenn auch nicht ganz in der Nähe. Mit zwei Anläufen war der Fehler gefunden und das Mobil erfolgreich repariert. Nicht gerade billig, aber auf jedem Fall preiswert. Die wenig hilfreichen und noch wesentlich teureren Service- und Reparaturversuche bei der lokalen Werkstatt ein Jahr zuvor hätten wir uns da sparen können.
Unser Übernachtungsplatz am När Leuchtturm
Jetzt steht unser Wohnmobil fahrbereit im Hof und wartet nur darauf, bis Gabi so weit gesundet ist und es wieder auf große Tour gehen kann. Der Plan für den Sommer 2018 war übrigens Schottland und dort vor allem die Inseln gewesen.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2018/11/P7080621.jpg7501000Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2018-11-13 13:01:432021-12-16 19:31:31Unsere Herausforderungen im Jahr 2018 – Krise als Chance