Das Hafenstädtchen Binic
Wir fahen weiter um die Bucht von Saint-Brieuc herum nach Binic, dort gibt es einen Stellplatz.
Binic hatten wir auf all unseren Bretagne-Reisen außen vor gelassen, warum wissen wir auch nicht. Binic ist ein wunderschönes Hafenstädtchen, natürlich mit einem Leuchtturm am Ende des Hafenkais. Das ist so ein richtig schöner Hafenleuchtturm: relativ groß, aus Stein, am idealen Ort und er eignet sich super gut als Fotomotiv. Für uns als Leuchtturmliebhaber lohnt es sich, auf gutes Licht zu warten.
Im Reiseführer ist Binic als Familien-Urlaubs-Seebad deklariert, aber irgendwie fühlen wir uns hier auch ohne Kinderanhang wohl. Den besonders großen Wochenmarkt am Donnerstag verpassen wir leider, den hätten wir gern angesehen. Unsere Exkursionen in das Hafengebiet beginnen mit einem Aufwärmspaziergang, denn der Wohnmobil-Stellplatz liegt hinter dem Ort in einem Wäldchen. Gut geschützt vor dem momentan herrschenden starken Ostwind aber etwas dunkel. Wir wissen nie, wie das Licht im Hafen wohl gerade wirkt und laufen andauernd los um zu schauen. Zum Schreiben und Fotos sichten kommen wir so natürlich nicht.
Wir legen während der beiden Tage einiges an Kilometern zurück. Für die 3 km vom Stellplatz in den Hafen lohnt sich das Rad nicht, da wir die Strecke mehrmals täglich laufen, haben wir abends zig Kilometer auf dem Schrittzähler des Smartphones.
Meistens bleiben wir zwei Nächte
Auf dieser Reise bleiben wir auf schönen Stellplätzen und wir finden fast nur schöne Stellplätze, jeweils mindestens zwei Nächte. Das Entschleunigt unsere Reise. Aber noch wichtiger, nur so bekommen wir annähernd ein Gefühl für die Region. Im Wechsel der Gezeiten erscheinen die Landschaften und vor allem die Hafengebieten in völlig anderem Bild. Dazu noch die Wetterwechsel und schon bieten sich unglaublich viele Möglichkeiten für Fotos.
Wir bewegen das Mobil also nicht jeden Tag und wenn wir fahren dann meist nur 40 bis 50 Kilometer. Unglaublich, wie sehr sich die Landschaft schon auf solch kurzen Strecken verändert. Noch langsamer zu reisen wäre wohl vorteilhaft. Wir arbeiten dran. Mein Traum: den Küstenpfad zu erwandern.
Der Hafen und Küstenpfad in Saint Quay-Portrieux
Wir bewegen uns langsam in die Richtung der Ile de Bréhat.
Am späten Morgen halten wir in Saint Quay-Portrieux, einem Haupthafen der ehemaligen Islandfischer. Von hier liefen vor zwei Jahrhunderten ganze Flotten von Schonern aus. Bis hoch nach Island und bis nach Neufundland in Kanada schipperten diese Langleinenfischer auf der Suche nach dem Dorsch. Von so einer halbjährigen Reise kam lang nicht jedes Schiff zurück. Einige Tausend Seeleute sind so samt ihren Schiffen auf Nimmerwiedersehen verschollen.
Der Hafen ist heute noch kommerziell gut genutzt, aber der Jachthafen mit den privaten Booten ist um einiges größer als der Fischerhafen. Auf unserer Wanderung auf dem Küstenwanderpfad bläst uns der stürmische Ostwind fast vom Weg herunter. Der Küstenpfad ist hier besonders schön mit weißen Zäunen abgesichert. Unter uns knallen die Wellen, das Meer ist blau, der Himmel auch. Der Wind ist kühl, wir laufen aber seit wir vor circa vier Wochen nach Frankreich kamen mit kurzen Hosen.
Hafenleuchtturm St Quay
Phare De L’ile Harbour
Das Hafenstädtchen Paimpol
Wir übernachten in Paimpol, einem weiteren Städtchen, das für seine Islandfischer Bekanntheit erlangt hat. Der Ostwind hat noch einen Zahn zugelegt, so wird das eine unruhige laute Nacht, weil der Stellplatz genau im Wind liegt. Hier bleiben wir nur eine Nacht, der Wind ist einfach zu stark und das Städtchen nicht ganz so schön wie Binic.
In Paimpol laufen wir durch die engen Gassen mit Fachwerkhäusern und natürlich um den Hafen herum. Die Strände laden hier eher nicht zu langen Strandspaziergängen wie in Binic ein, hier finden wir keinen Sand, eher Matsch.
Unser Hauptziel in dieser Gegend ist die Ile de Bréhat, mal sehen, wie die Fährüberfahrt bei diesem Wind vonstatten geht. Am Pointe de l’Arcouest müssen wir erst einmal einen geeigneten Stellplatz finden. Der große Parkplatz vor dem Fährterminal hat für unsere alte Kiste eventuell eine zu steile Ausfahrt. Bei der Suche nach einer Alternative bleiben wir fast in den engen Gässchen stecken. Die Campercontact App liefert für den Stellplatz falsche Koordinaten. Schließlich finden wir in ebenso schmalen Gassen einen günstigen und gut gelegenen Campingplatz in der Chemin du Rohou. Fast hätten uns Wanderer wieder aus der Gasse gescheucht. Die wussten nicht, dass am Ende ein Campingplatz liegt und sie konnten sich nicht vorstellen, dass wir mit dem relativ großen Mobil weit kommen würden. Uff, eng und steil mag ich ja gar nicht. Also besser aufpassen in dieser Ecke der Bretagne.
Wir erkunden die Gegend, die Küstenpfade und den weiten Strand am Ostende der Landspitze. Etwas kleines Felliges pflügt vor unseren Augen durch die Wellen und hat anscheinend viel Spaß. Das nasse fellige Wesen entpuppt sich als Rauhaardackel der gar nicht wasserscheuen Art. Wir kommen mit seinem Frauchen, einer Niederländerin, ins Gespräch, die sich vor einiger Zeit hier ein Haus gekauft und sich niedergelassen hat.
Sie erzählt uns über die mondänen Villen an der Landspitze. Die reichste Frau Frankreichs, Chefin und Gründerin von L’Oreal hat hier die Villa ganz an der Spitze. Und der stürmische Ostwind wäre ja so was von ungewöhnlich. Eigentlich läge dieser Strand windgeschützt und die Luft hier sei nie zu kalt. Sie war ganz begeistert, dass ein paar der reichen Anwohner große Ländereien gekauft hätten, um die Landspitze zu erhalten, und vor Bebauung zu schützen.
Gegen Abend wandern wir den Küstenpfad in westlicher Richtung. Erst geht es über grobkieseligen Strand, was die Fußgelenke mächtig strapaziert, dann wendet sich der Pfad ins Land und führt durch den Küstenwald mit alten Bäumen, von der Küste selbst aber keine Spur. Uns gefallen die gewaltigen Bäume, deren Blätter im Wind rauschen. Also kehren wir wieder um und folgen den sporadisch angebrachten Hinweisen für den Wegeverlauf.
So landen wir plötzlich mitten in abgeernteten Brokkoli-Feldern. Hier und da stehen noch ein paar vergessene Köpfe, damit stopft sich Gunter die weiten Taschen seiner Weste voll. Damit haben wir Brokkolivorrat für die nächsten drei bis vier Tage, und der ist wirklich lecker, so richtig frisch vom Feld.
Jetzt aber schnell ins Bett, Morgen geht es früh raus, runter zur Fähre und ab auf die Insel.