Unser nächster und letzter längerer Halt auf dieser Bretagne-Tour ist Tregastel an der Cote de Granit Rose, eines der absoluten Tourismus- und Foto-Highlights der Bretagne.
Der Kalvarienberg von Saint Thegonnec
Auf der Fahrt dorthin legen wir eine längere Rast in Saint Thegonnec ein und vertreten uns die Beine. Im Pfarrgarten der Kirche Notre-Dame-et-Saint-Thegonnec steht eine der schönsten und größten Calvarien der Bretagne. Thegonnec war ein christlicher Missionar im 5. Jahrhundert, der eigenhändig die Steine für den Bau einer Kirche auf einem Karren heranschleppte. Wie viel sein Kirchlein noch mit dem heutigen prächtigen Renaissance-Bau zu tun hat, haben wir nicht herausgefunden.
Wir schauen uns auch die Darstellung der Grablegung Christi in der Krypta des Beinhauses an und besuchen das kühle Innere des Domes.
Frisch gestärkt und ausgeruht machen wir uns auf den letzten Rest des Weges.
Der Zöllnerpfad an der Cote de Granit Rose
Die Cote de Granit Rose ist, wie der Name schon sagt, für ihren rosa Granit berühmt. Aber da liegen nicht einfach irgendwelche Steine herum. Die Naturgewalten haben in ihrem überbordenden Spieltrieb eine orgiastische Sinfonie aus Stein geschaffen. Waghalsig balancieren tonnenschwere Felsen übereinander, schlossartig türmen sich Granitplatten waghalsig übereinander, an jeder Wegbiegung gibt es fantastische Wesen und Gesichter in den bizarren Felsen zu entdecken.
Der bretonische Fernwanderweg hat hier einige seiner spektakulärsten Abschnitte. Nur da, wo die Ortschaften an der Küste liegen, wird der Fernwanderweg von Privatgrundstücken ohne Durchgangsrecht einige Male kurz unterbrochen. Oder die hohe Flut schneidet den schmalen Strandabschnitt, der für die Wanderung vorgesehen ist, ab. Wir mussten teilweise weite Umwege laufen, das machte aber nichts.
Der ewige Kampf mit den Stellplatz-Schranken
Mitten in Tregastel fahren wir den großzügig bemessenen, aber effizient eng eingeteilten Stellplatz für die Wohnmobile an. Wieder stehen wir vor einer Zugangsschranke, zu der wir vor der Durchfahrt das Sesam-öffne-dich herausfinden müssen. Solche Bezahlschranken gibt es mittlerweile überall, und gefühlte hundert verschiedene Systeme, die meist ohne Bargeld funktionieren.
Bald haben wir herausgefunden, wie das System in Tregastel funktioniert und können einen der wenigen noch leeren Stellplätze nahe der Zufahrt besetzen. Hier können wir gut beobachten, wie sich auch die französischen Wohnmobilisten mit dem automatisierten System schwertun. Also ganz so blöd wie wir uns selbst vorkommen, sind wir dann doch nicht.
Einsatz des Grauverlaufsfilters
[caption id="attachment_27254" align="aligncenter" width="920"] Men Ruz, Ploumanac’h, Bretagne[/caption]
[caption id="attachment_27255" align="aligncenter" width="920"] Men Ruz, Ploumanac’h, Bretagne[/caption]
Phare de Men Ruz mit Gaufilter. Im Vergleich mit und ohne Verlaufsfilter.
An diesem Bildbeispiel ist gut zu erkennen, dass es beim Einsatz des Verlaufsfilters nicht nur um das Abdunkeln des Himmels geht, sondern darum, dass das ganze Foto besser durchzeichnet ist. Also, die dunklen Stellen werden heller, die hellen Stellen werden dunkler. Wir warten übrigens zwei Tage auf nennenswerte Wellen oder eine Andeutung eines Sonnenuntergangs, aber da tat sich nichts.
Am Phare de Men Ruz
Wir holen die Räder aus der Heckgarage, schnappen unsere Fotoausrüstung und radeln ins Nachbarort zu einer der bekanntesten Stellen der Cote Granit Rose, dem Plage Saint Guirec in Ploumanac’h.
Für uns ist das der Startpunkt für den Fußweg zum Phare de Men Ruz und zum Eiffel-Haus, die mitten in dieser phantasmorgischen Granitwelt einen buchstäblich herausragenden Platz gefunden haben.
Das Meer spielt gerade Ebbe, Wellen sind nicht nennenswert, und der Himmel präsentiert sich nachmittaglich heiter und wolkenlos. Das sind jetzt nicht die Bedingungen für dramatische Küstenszenen, aber hier am Zöllnerpfad (das ist der Fernwanderweg) ist es fast unmöglich, keine guten Aufnahmen zu machen. Man muss sich halt nur den Gegebenheiten anpassen.
Erst als die Sonne schließlich untergeht, machen wir uns wieder auf den Rückweg.
Noch ein Fotobeispiel für den Grauverlaufsfilter – Phare de Men Ruz mit Gaufilter.
An der Küste von Tregastel
Am nächsten Morgen stehen wir wieder vor der Sonne auf und erkunden den Zöllnerpfad in westlicher Richtung immer an der Küste entlang. Die Boote in der Bucht von Sainte Anne schaukeln träge im stillen Wasser, gerade ist noch Flut. Wie Scherenschnitte wirken die Felsen und Bäume luftig leicht und schwebend im Gegenlicht des frühen Morgens. Wir sind ganz allein unterwegs und genießen diese traumhafte Lichtsstimmung in aller Ruhe.
Aber bald geht es nicht weiter. Am Strand entlang geht nicht wegen der Flut, auf der Landseite versperren Zäune und Mauern das Durchkommen. Nach einigen hundert staubigen Straßenmetern können wir endlich wieder auf den Küstenpfad einbiegen und haben Ausblick auf die sonderbarsten Felsformationen. Tête de Mort in Ploumanac’h (Totenkopf) und Dé (der Würfel) sind wahrscheinlich die berühmteste Formation dieses Küstenabschnittes.
Als wir an der Ile Renote vorbei um die Landzunge herumgewandert sind, kommen wir am Greve Blanche, dem großen weißsandigen Strand an. Inzwischen steht die Sonne recht hoch und die Flut ist so weit zurückgegangen, dass wir zur Ile aux Lapins, der Haseninsel laufen können.
Die Kanincheninsel
Zwischen den Stränden de la Grève Blanche und Plage Grève Rose in Tregastel liegt eine kleine Felseninsel, die Ile aux Lapins. Die Kanincheninsel liegt nur 300 Meter vom Festland entfernt und ist bei Ebbe trockenen Fußes erreichbar.
Ihren Namen hat die Insel entweder von zwei mächtigen Granitblöcken, die wie Hasenohren geformt sind, oder einfach, weil sich dort eine stattliche Anzahl Kaninchen tummeln.
Unter einem der riesigen überhängenden Felsen hatte sich ein Einsiedler mit Rufnahmen Zantig eine Behausung gebaut, die er bis zu seinem Tod 1968 bewohnte. Der Fels heißt seitdem Roche Zantig. Reste der Mauern und die Feuerstelle sind heute noch gut zu erkennen.
Fotografisch verausgabt, wollen wir den Rückweg zum Stellplatz quer durch die Stadt abkürzen, verlaufen uns aber irgendwie in den Gassen. Gefühlt hätte die längere Route an der Küste entlang bestimmt nicht viel länger gedauert.
Die bizarre Küste im Osten von Ploumanac’h
Nach einer Mittagspause mit Einkaufen, Essensaufnahme und Ausruhen machen wir uns diesesmal wieder mit dem Rad auf in die andere Richtung. Der Zöllnerpfad an der Ostküste von Ploumanac’h bis hinauf zum Phare de Men Ruz ist ebenfalls ein herausragender Abschnitt des Fernwanderweges. Die schaukelnde Flasche, Napoleons Hut und der balancierende Felsen sind nur einige der vielen fantasievollen Formationen an diesem Weg.
Wir laufen hin, wir laufen her, vor und zurück, und suchen die besten Ausblicke. Diese Gegend ist einfach nicht an einem Tag zu erkunden. Kleine Seitenpfade führen uns zwischen den Felsgruppen hindurch, oft geht es auf einer Landzunge hinaus übers Meer. Irgendwann können wir einfach nicht mehr, unsere optische Aufnahmekapazität ist überschritten, und die Sonne geht auch schon wieder unter. Müde, hungrig aber unendlich glücklich schleichen wir zu unseren Fahrrädern und machen uns auf den Rückweg.
Begrünung des Wanderpfades und der Küste
In den letzten Jahren hat sich viel an diesem Küstenabschnitt getan. Es gibt neue Zäune und Mauern, die den Strom der Touristen in vernünftige Bahnen lenkt. Hier ein Foto aus dem Jahr 2005 im Vergleich zu 2019.
Didi Hallervorden im Gummiboot
Den folgenden Morgen gehen wir dafür etwas gemächlicher an, wir spazieren am Hafen in der Bucht von Ploumanac’h entlang.
Plötzlich schippert ein winziges Gummiboot mit Außenbordmotor und zwei angeregt Französisch redenden älteren Herren auf den Anleger zu. Gabi fotografiert gerade die Boote im Hafen, da passt ein kleines bewegtes Gummiboot perfekt ins Motiv.
Aber moment mal: Was macht hier ein kleines Boot mit Motor? Die Fischer hier nutzen kleine, unmotorisierte Boote, um damit zu ihren Kuttern zu rudern, alle anderen Boote mit Motor sind wesentlich größer.
Das Rätsel löst sich schnell auf. Das kleine Boot kommt von der Ile de Costaeres, und der Bootsführer ist der Besitzer des dortigen Schlosses, der einen Bekannten am Ufer absetzt. Gabi hat den Besitzer gleich erkannt, es ist Didi Hallervorden, der trotz seiner 84 Jahre erstaunlich rüstig und fit wirkt, wie er so mit seiner winzigen Nussschale über das Meer kutschiert. Getraut haben wir uns allerdings nicht, Didi Hallervorden anzuquasseln, wir wollten ihm nicht auf die Nerven gehen. Aber für uns als Hallervorden Fans war es ein geniales Erlebnis!
Der Leuchtturm Nantouar
Der Bretagne-Teil unserer Reise neigt sich unaufhaltsam dem Ende zu. Noch ein kurzer Fotostopp am Leuchtturm Nantouar, östlich von Perros-Guirec, dann sind wir Richtung Saint Malo unterwegs. Es ist Ostersamstag und Saint Malo völlig überlaufen. Wir fahren deswegen weiter und übernachten in Cancale am Pointe du Grouin, bevor wir die Bretagne endgültig verlassen und die Normandie durchqueren.
Im moment arbeite ich an einer umfangreichen Galerie mit großen Fotos der Insel Ouessant. Kannst schon mal reinschauen.
In unserem Leuchtturm Kalender 2019 sind übrigens vier Leuchttürme aus der Bretagne.