Sept Îles – Basstölpel in der Bretagne
Wir verweilen bereits einige Tage in Tregastel-Plage, da frage ich vorsichtig bei meinem wenig seetauglichen Gatten nach, ob wir mal auf die sieben Inseln fahren könnten. Er stimmt dem Vorschlag voll und ganz zu. Ich solle aber bitte alleine fahren. Auf Seekrankheit könne er gerne verzichten. Das ist mir auch recht. Ich liebe Inseln, ganz speziell die Bretagne-Inseln. Und ich liebe Leuchttürme. Auf der größten Insel Ile des Aux Moines, der Insel der Mönche, steht ein richtig schöner Leuchtturm und der Anbieter hat auch Touren mit Besuch der Insel im Programm.
Sieben? naja…
Übrigens reden und schreiben alle Medien und Touristen-Informationen von den „Sieben Inseln,“ dabei sind es in Wirklichkeit nur fünf Inseln, die zwei anderen „Inseln“ sind nur zwei kleine Felsgruppen. Da passierte irgendwann in ferner Vergangenheit einmal ein Übersetzungsfehler vom Bretonischen ins Französische, und das ist dann nie wieder korrigiert worden. Den Vögeln und mir ist das aber herzlich egal!
Planung ist, wenn das Wetter dich auslacht
Das Wetter zeigt sich seit Tagen von seiner hervorragenden Seite. Es ist sonnig, nicht sonderlich warm, und hie und da schweben ein paar Wölkchen am Himmelsblau. Das ist mein Traumwetter für eine solche Tour. Wir fahren gleich zum nächsten Tourist-Office und ich buche für knapp 24 Euro eine Bootsfahrt mit Inselbesichtigung für den nächsten Morgen. Meine Vorfreude ist groß, ich kann es kaum erwarten.
Der Anbieter der Touren, Armor Navigation, muss die Abfahrtszeiten seiner Boote nach Ebbe und Flut richten, um überhaupt an der Ile aux Moines anlanden zu können. Nur bei ausreichend hohem Meeresspiegel hat das Boot eine Chance, am Landungssteg anzulegen. Mein gebuchter Ausflug startet schon früh um neun Uhr morgens. Das gefällt mir als Fotografin ganz gut, denn da sollte das Licht noch morgendlich weich sein.
Îsle aux Moines – die Insel der Mönche
Die Insel, auf der der Leuchtturm steht, ist die größte Insel im Septett. Im 14. und 15. Jahrhundert waren Mönche des Franziskaner-Ordens auf die Insel gegangen, um dort in Einsamkeit zu beten. Aus dieser Zeit stammt dann auch der Name „Insel der Mönche.“ Da kamen sicher nicht einmal am Tag Touristenboote an.
Verhüterli für die Kamera
Entgegen aller Planung und Wettervorhersagen, hängen an diesem frühen Vormittag dichte Wolken am Himmel. Die Sonne schafft einfach keinen Durchbruch, als wir zur Inseltour ablegen. Ich sitze trotzdem glücklich oben auf dem Boot im Freien und finde schnell nette Mitpassagiere, die mir das Notwendigste von dem, was die gesprächigen Tourguides erklären, aus dem Französisch übersetzen.
In Saint Malo hat meine neue Kamera ja unfreiwillig eine kräftige Dusche mit Meerwasser abbekommen. Das sollte jetzt auf gar keinen Fall noch einmal passieren. Diesmal habe ich die Kamera samt Objektiv mit einem zwar unschönen, nicht ganz praktischen aber effektiven Regenschutz eingehüllt. Das Boot schaukelt zwar ganz schön hin und her, Gischt spritzt hin und wieder übers Boot aber wir bleiben alle halbwegs trocken. Und das scheint auch so zu bleiben und wir wiegen uns in Sicherheit. Doch plötzlich klatscht eine hohe Welle an den Bug des Schiffes und die Gischt geht über das ganze Boot. Die meisten Reisenden auf dem oberen Deck haben ihren Teil Meerwasser abbekommen, inklusive mir. Aber meine Kamera nicht! Die Schutzhülle hat sehr gut dichtgehalten! Trotz durchnässter Hose strahle ich übers ganze Gesicht in Anbetracht meiner Voraussicht.
Cote de Granit Rose vom Meer aus
Die Tour führt uns anfangs entlang der Küste, wo die Felsen Grimassen ziehen und der Leuchtturm Men Ruz majestätisch auf uns herabblickt. Interessant, diese Küste, deren verschlungene Pfade wir nun schon oft entlang gewandert sind, von einer anderen Perspektive aus zu sehen. Ich versuche, mein Fotografier-Bedürfnis im Zaum zu halten, aber es klappt natürlich überhaupt nicht.
Es sieht auch bei dem bedeckten Himmel wahnsinnig schön aus. Wäre die Sonne auch noch rausgekommen, würde ich das vor lauter Begeisterung ja fast nicht aushalten.
Eine lustige, gut gelaunte und vor Energie sprühende Niederländerin ist ebenfalls ohne Begleitung unterwegs, und wir schließen uns in unserer Begeisterung zusammen. Wir passen sehr gut zusammen. Ich bin genauso voller freudiger Energie wie sie, und wir haben beide unsere Kameras schussbereit in den Händen.
Dann endlich kommt die Isle aux Moines in Sichtweite. Die größeren Inseln sehen anders aus, als die kleineren vorgelagerten, landnäheren Inseln. Sie sind höher und sie sind deutlich heller. Bald finde ich heraus, warum das so ist.
Über eine lange Hängebrücke auf die blühende Insel
Der Landungssteg, der einzige Zugang zur Insel, wurde vor ein paar Jahren während eines Sturms beschädigt und konnte oder durfte aus Sicherheitsgründen nicht wieder aufgebaut werden. Zur Zeit dürfen die Besucher der kleinen Insel über eine lange und stark schaukelnde Hängebrücke zum Inselfestland schwanken. Jacinta, meine neue Freundin und ich, schleichen hinter zwei gehbehinderten Bootspassagieren her, die nur sehr langsam vorankommen. Das kostet uns wertvolle Zeit. Denn für die vorgesehenen 45 Minuten Aufenthalt ist die kleine Insel dann doch zu groß.
Ich kann dir aber vorab schon sagen: Das ist ein Traum dort.
Die helle Farbe, die aus der Ferne auffällt, kommt vom dichten Blütenteppich, der sich über die gesamte Insel zieht. Sowas habe ich noch nicht gesehen. Ich muss mich beherrschen, dass ich nicht andauernd in Freudenrufe ausbreche. Das breite glückliche Lächeln im Gesicht muss reichen, sonst denken die Leute, die Gabi spinnt ja! Über meine Beauty-Orgasmen hatte ich im Blog schon einmal berichtet. Diese Insel ist eine potente Beauty-Orgasmus Location!
Verpasse das Boot nicht!
Am liebsten wäre es mir, ich würde das Boot verpassen. Dann hätte ich mehr Zeit und Ruhe für die Erkundung. Aber eine Warnung hängt drohend in der Luft. An diesem Tag wird kein weiteres Ausflugsboot mehr anlanden können.
In den 45 Minuten schaffe ich es eiligen Schrittes einmal um die Insel herum. Wenn man, wie ich, andauernd die Eindrücke genießen und fotografieren möchte, ist das sehr knapp. Als eine der letzten Passagiere schwanke ich wieder über die Hängebrücke auf das schaukelige Boot zurück.
Zur Basstölpelkolonie der Bretagne – die südlichste der Welt
Jetzt muss ich mein Teleobjektiv auspacken. Wir fahren zur Insel der Basstölpel und Lummen, ein paar Papageitaucher gibt es dort auch, und dann kommt für wenige Minuten sogar die Sonne hinter den Wolken hervor.
Der Vogelfelsen ist ebenfalls weiß, aber aus einem anderen Grund. Den kannst du dir bestimmt denken (kleiner Hinweis: kommt hinten raus). Auf den Felsen herrscht ein stetiges Kommen und Gehen der gewaltigen Seevögel. Basstölpel haben eine Spannweite von 1,80 Meter. Die sieben Inseln sind das größte Seevogelschutzgebiet in Frankreich und erst seit 1976 Naturschutzgebiet.
Die Kolonie hier in der Bretagne ist die südlichste Basstölpelkolonie der Welt. Die Basstölpel hatten wohl auf dem berühmten Bass Rock in Schottland nicht mehr ausreichend Platz und sind Richtung Süden ausgewichen. Für mich natürlich hoch interessant, weil ich auch den Bass Rock in der Nähe von Edinburgh schon besuchen konnte.
Die Wahnsinnigen – „Fou de Bassan“
Auf Französisch heißen die Basstölpel „Fou de Bassan“, der Wahnsinnige des Bass Rocks. Den Namen „Der Wahnsinnige“ bekamen die Vögel aufgrund des tollkühnen Jagdstils. Aus circa 30 Metern Höhe stürzen sich die Basstölpel ins Meer und erreichen dabei eine Geschwindigkeit von 80 km/h. Sie müssen die Flügel schräg nach hinten anlegen, damit sie sich dabei keine Knochen brechen. Die angepeilte Makrele oder Sardine schnappen sie sich dann in 5 bis 6 Metern Wassertiefe. Ganz ehrlich, so gute Augen hätte ich auch gerne.
Basstölpel können wegen ihrer Größe nicht gut von Land aus starten, ähnlich wie die Albatrosse auf der Südhalbkugel. Sie brauchen steile Felsen, von denen sie sich sozusagen herunterfallen lassen können. Hier auf den Sieben Insel hilft ihnen noch der Wind beim Starten. Deswegen liegt die Kolonie nur auf der steilen Seite der Felsenküste. Nur da sind auch die Windbedingungen ideal.
Auch wenn Basstölpel, wie in dieser Kolonie, in Ausnahmefällen einmal den Felsen und sogar die Region wechseln, sind sie ansonsten sehr treu. Wenn sie fünf Jahre alt sind, suchen sie sich einen Partner und bauen gemeinsam auf dem Felsen ihr Nest. Jedes Jahr kehren sie mit diesem Partner zum gleichen Nest zurück.
Die Kolonie verspeist etwa 15 Tonnen Fisch täglich. Soviel Fisch gibt es natürlich in der näheren Umgebung nicht. Ich denke, die Fische sprechen sich auch ab und flanieren nicht inselnah, jedenfalls nie sehr lange. Die Basstölpel fliegen bis zur Südküste Englands zur Nahrungssuche.
Leider ist das Fliegenlernen für die jungen Basstölpel ziemlich kompliziert. Jedes Paar zieht nur ein einziges Küken hoch. Und nur die Hälfte de Jungvögel schafft es tatsächlich, den ersten Flug zu überleben. Über diese Flugversager freuen sich wiederum hungrige Möwen.
Diese Informationen werden von den begeisterten Tourguides auf dem Schiff erzählt. Für ausländische Touristen gibt es Flyer mit der Übersetzung. Das ist sehr praktisch, alles später in Ruhe nachlesen zu können. Denn während der Tour kann ich mich voll und ganz auf die Eindrücke vor Ort und natürlich die Fotografie konzentrieren.
Ich werde jetzt nicht über alle Vogelarten so viel berichten, wie über die Basstölpel, die mit ungefähr 15.000 Paaren den größten Teil des Vogelschutzgebietes ausmachen.
Auf den Inseln brüten außerdem etwa 250 Papageitaucher-Paare, 10 Tordalken-Paare und weniger als 10 Trottellummen-Paare.
Schon auf dem Boot fange ich an zu überlegen, ob und wann ich wieder hinfahren kann. Leider schaffe ich es die nächsten Tage nicht mehr. Vielleicht besuche ich diese Insel auf der Rückreise im Sommer nochmal. Dann könnte ich sie zu unterschiedlichen Jahreszeiten sehen.
Fototipp für die sieben Inseln
• Fotoausrüstung: Ich hatte eine Kamera mit dem 100-400mm und eine mit dem 24-105mm Objektiv dabei. Das war ideal, weil ich auf dem Schiff oder der Insel keine Objektive wechseln musste.
• Nimm einen Regenschutz für die Kamera mit. Sicher ist sicher.
• Schau vor der Buchung die Wettervorhersage an. Ist zwar, wie in meinem Fall, nicht 100%-ig sicher aber zur groben Planung empfehlenswert. In der Nebensaison kannst du es auch drauf anlegen und bei guten Bedingungen einfach spontan schauen, ob noch ein Platz frei ist.
• Dreh für die Vogelfotografie auch an sonnigen Tagen die ISO-Empfindlichkeit hoch, damit du wirklich kurze Belichtungszeiten hast. Mindestens 1/1500 Sekunde empfehle ich. Besser noch kürzer.
• Ein Teleobjektiv ist natürlich von großem Vorteil. Ich fotografierte mit einem 100-400mm Zoom. Mehr wäre zwar noch besser, aber noch mehr Tele ist aufgrund des Schaukelns des Ausflugbootes schwierig zu händeln.
• Wenn die Sonne rauskommt und du Basstölpel fotografierst, belichte eine Blende unter, sonst frisst das Weiß im Gefieder aus.
• Buche die längere Tour und besuche unbedingt die Isle aux Moines. Vor allem wenn du Inseln und Leuchttürme magst.
Begleite mich auf die Insel Bass Rock in Schottland
Leuchttürme der Bretagne mit Landkarte