Na, ganz so gefährlich ist es in Wirklichkeit nicht. Als hier der Vulkan seine Lava und Asche über das Land verteilte, lag Shetland noch am Äquator. Das alles passierte im Devon und ist immerhin schon 400 Millionen Jahre her, und seitdem ist erdgeschichtlich ja einiges geschehen. Relativ gesehen ist dieses Alter für Sheltland ungefähr die Teenagerphase, denn die ältesten Gesteine der Inselgruppe lassen sich auf fast 3 Milliarden Jahre zurückdatieren.
Jetzt aber wieder in die „neuere“ Zeit vor 400 Millionen Jahren. Damals lag das Gebiet, was heute Shetland und Schottland ist, in Äquatornähe als Bestandteil des Großkontinents Pangäa. Es war heiß und trocken, auch mal heiß und feucht, und es darf bezweifelt werden, dass die damals existierenden Lebensformern sich so weit ins Kontinentinnere vorgewagt hatten. Wirbeltiere hatten noch nicht das Land erobert, und die meiste Action ging in den Meeren und an den Küsten ab.
Eshaness, Vulkan, Shetland
Hier saß also unser Eshaness Vulkan am Ende eines breiten Tales und speite fleißig Lava und Asche vor sich hin. Der Auswurf bildete rasch einen steilen Kegel aus der zusammengepressten Vulkanasche und dem viel festerem Lavagestein, ähnlich dem Fujiama in Japan.
Irgendwann im Laufe der Jahrmillionen hatte es sich ausgespuckt, Wind, Wetter und Wellen haben den erloschenen Vulkankegel abgetragen, die Kontinente haben sich abgespalten und sind weitergewandert, und die Felsformationen wurden mehrfach gekippt und zusammengefaltet.
Auf den Überresten sitzen wir nun für eine Woche in der Wohnung des ehemaligen Leuchtturmwärters. Die dunklen und steilen Klippen rund um den Leuchtturm sind die festen Lavagesteine des Vulkans. Was so als steile Insel, Turm oder Felsnadel im Meer davor herumsteht, sind Kerne der alten Magmaschlote.
Was sich ebenfalls als Echo der Vergangenheit bewahrt hat, ist die urtümliche, wilde Atmosphäre. Der Mensch konnte hier nicht gestaltend in die Küstenlinie eingreifen, auch wenn er die von der Brandung in den Fels gespülten Höhlen gerne als Zuflucht und Versteck für Schmuggelware genutzt hat.
Und wenn sich die Gewalten des Erdinneren schon lange ausgetobt haben, ruft der rauhe Nordatlantik ehrfurchtgebietend die Naturgewalten ins Gedächtnis zurück, wenn ein Sturm aufzieht.
Dann schießen die Wellen über die mehr als 50 Meter hohen Klippen hinaus. Sie reißen Geröll und auch fussballgroße Felsen mit sich und schleudern sie über den Rand der Klippen auf die dahinterliegenden Wiesen. Die brodelnde Brandung rast mit donnerndem Getöse in die lichtlosen Felsspalten und wird an deren Ende explosionsartig in die Höhe katapultiert.
Klippen und Leuchtturm, Eshaness, Shetland
Steilküste, Eshaness, Shetland
Stacks und Schafe, Eshaness, Shetland
Während ich das hier hinschreibe, ist es mir fast unmöglich, das alles zu visualisieren. Wir sehen die rauhe Küste und die herumliegenden Steine. Aber kaum ein Lüftchen weht, die Sonne scheint zwischen den wenigen träge herumsegelnden Wolken hindurch, und die Schafe weiden friedlich auf den Klippen.
Nun ja, diese heftigen Stürme gibt es auch nicht jede Woche, aber zwei bis drei pro Jahr sind immer drin. Zumindest hatten wir hier und da etwas Wind, und der hat uns schon gereicht, denn er ging bei den niedrigen Temperaturen durch bis auf die Knochen und verleidete uns die Fährfahrt hier hoch.
Und jeder, dem wir begegnen, betont, das das momentane ruhige und sonnige Wetter absolut außergewöhlich wäre. Diese Beteuerungen verfolgen uns schon auf der gesamten Reise. Ich weiß nicht, ob das Segen oder Fluch ist, jedenfalls fehlt uns bis jetzt der richtige Schlechtwettereindruck, der zu jedem Shetland- und Schottlandbesuch gehört. Aber so richtig traurig darüber sind wir auch nicht. Während das restliche Großbritannien und auch Mitteleuropa im Schneechaos versinkt, lassen wir uns, zwar bei winterlichen Temperaturen, von der Sonne umschmeicheln, so lange das Wetter hält.
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/04/Eshaness-4486.jpg400600Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-04-03 18:31:152019-07-04 15:55:45Eshaness – Hilfe! Wir sitzen auf einem Vulkan.
Bei unserer Ankunft im Leuchtturm hatte Frank erwähnt, dass er Leuchtturmwärter war; auch hier in Bressay. Ich war damals extrem „fährfertig“ gewesen, konnte deswegen den Journalisten in mir nicht einschalten. So griff ich zum Telefon, fragte einfach nach, ob wir ein Interview mit ihm machen könnten! Franks Frau war dran und sehr nett. Er würde sich telefonisch bei uns melden, meinte sie. Doch das Telefon blieb stumm. Nur noch ein einziger Tag war uns im Bressay Lighthouse vergönnt. Notfalls würden wir dieser kleinen, vielseitigen Insel einfach noch einen Besuch abstatten um die Gelegenheit zu bekommen, mit Frank zu sprachen. Kaum hatte ich diesen Gedanken gefasst, da fuhr ein kleines rotes Auto auf den Hof. Frank stieg aus, wir liefen raus. Ich fragte ihn nach einem kurzen Interview. „Ach, besser nicht“ meinte er bescheiden.
Neugier – Fragen an den Leuchtturmwärter
Die große Neugier in mir brach trausend-Fragen-stellend aus mir heraus. Wir erzählten, er beantwortet alle Fragen, merkte gar nicht, dass ein Interview einfach nur ein nettes Gespräch sein konnte. Frank übte den Beruf des Leuchtturmwärters 34 Jahre lang aus. Er hörte 1989 auf, weil die Leuchttürme so nach und nach automatisiert wurden. Frank hatte seinen Dienst auf allen berühmten sogenannten „Rock Lighthouses“ gemacht. Er war auf Bass Rock (den mit der großen Basstölpelkolonie in der Nähe von Edingburgh – schaut im Sommer Schottland Reisebericht nach), auf dem nörlichsten Leuchtturm Schottlands, Muckle Flugga vor der Insel Unst auf einem Leuchtturm vor Oban, auf der entlegenen Fair Isle. All diese Leuchttürme würde ich gerne mal sehen! Was für ein Job!
Frank und Gunter
Frank hätte seine Arbeit sehr geliebt, er war aber auch froh, nach 34 Jahren etwas anderes tun zu können. Alkohol ist auf den Leuchttüren strengstens verboten. Schläft ein Leuchtturmwärter ein einziges Mal im Dienst ein, wird er entlassen! Zu viel hing damals von seiner Arbeit ab, Fehler wurden nicht toleriert. In Bressay zum Beispiel wurde die Drehung der Fresnellinse durch ein Gewicht im Turm erzeugt. Dieses Gewicht mußte in gewissen Zeitabständen hochgekurbelt werden. Verpasste ein Wärter das Aufziehen, tönte ein Alarm beim „Principal Lighthousekeeper“, das war Franks Position gewesen. Und dann gab es Ärger!
Die Famlien der Leuchtturmwärter auf Shetland
Drei Familien lebten zusammen in den Häusern hinter dem Leuchtturm. Sie seien immer sehr gut miteinander ausgekommen. Allerdings wurde die Nutzung der gemeinsamen Räumlichkeiten auch ganz genau festgelegt. Die Frau des Principle Keepers durfte zum Beispiel Montags die Wäsche waschen. Im Originalbau des Leuchtturms gab es keine Toiletten in den Häusern. In Wind und Sturm mußten die Familien die Hütten außerhalb aufsuchen. Jede Familie hatte eine Außentoilette! Jetzt wurde für die Touristen extra ein Bad mit Toilette angebaut. (Vielleicht ist es deswegen kälter hier?)
Frank hatte einen dicken Schlüsselbund, er wollte uns den Leuchtturm zeigen, doch leider paßte keiner der Schlüssel mehr. Schade! Aber wir schauten zusammen den Maschinenraum an. Dort wurde das Nebelhorn mit Pressluft versorgt. Drei schwere, massive Motoren waren dafür nötig. Der Nebel kam meist im Sommer, dann mußte das Pressluft betriebene Nebelhorn alle zwei Minuten tönen.
Eshaness Leuchtturm, Shetland
WINDSTILL!
unser neues Domizil, Eshaness Lighthouse
Bressay Fähre
Tanks für die Komprimierte Luft
GischtFenster
der Blick aus dem Wohnzimmerfenster, Bressay
Fähre zum Festland Shetland – Gespräche mit Einheimischen
Wir verabschiedeten uns von Frank, vom Leuchtturm und der Insel Bressay. Nicht ganz, wir verpassten mal wieder die Fähre! Die nächste würde erst in 1,5 Stunden fahren, das gab uns Zeit für eine letzte Inselrundfahrt. Die Sonne lachte, der Wind war fast warm und zart. Ich wollte nocheinmal den Lerwick Hafen fotografieren, diesmal im Sonnenschein. Auf der Höhe parkte ich das Auto, da schaute freundlich grüßend eine Frau über eine Mauer. Ich dachte, die Mauer wäre Teil einer Hausruine, es war aber ein Garten und von Anfang an dazu erbaut. Schnell kamen wir ins Gespräch, sie erzählte, ich fragte hie und da nach.
Kaninchenplage auf Shetland
Das sind diese lockeren Momente mit fremden Menschen, die ich so sehr genieße. „Das ist ein gutes Leben hier auf der Insel“, meinte sie. Wir bauen unser Gemüse und die Kartoffeln selbst an. Die Mauer hier dient nicht nur als Windschutz, sie schütz unser Grünzeug vor allem vor den hungrigen, wild buddelnden Kaninchen. Die Mauer war komplett mit einem Netz überzogen, als extra Schutz vor den kleinen Eindringlingen. „Wir wollen das Netz noch über die Mauer ziehen und so eine Falle für die Kanninchen machen. Wenn die dann versuchen über die Mauer zu springen, was sie auch tun, wenn sie das leckere Gemüse riechen, dann landen sie in der Falle und danach in unserem Kochtopf!“ sagte sie lachend, als ich gerade fragen wollte, warum niemand die Kaninchen, die die ganze Insel durchlöchern, fängt. Auch Frank hatte kurz davor über diese Plage gesprochen. „4000 werden jedes Jahr geschossen, doch es macht keinen Unterschied“.
Die Kaninchen seien sehr lecker, weniger Fett als die Hühner. Sie werden auch Unterirdische Hühner genannt.
Die Gärtnerin erzählte weiter: „wir haben Hühner, Schafe und unser ältester Sohn ist Fischer. Er fährt raus um Hummer aber auch Haddock zu fangen. So können wir uns bestens selbst versorgen! Immer im Einklang mit der Natur um uns herum.“ In den dunklen nassen Wintermonaten würde sie Quilten und die Sachen dann auf dem Markt verkaufen. Wir quatschten angeregt, Gunter wollte nochmal versuchen den Hügel hochzufahren, doch die Zeit lief uns davon. Jetzt, wo ich gerade erfahren hatte, wo wir langfahen müßten. Wir fotografierten unterwegs nochmal die Robben, die nicht mehr ganz still dalagen, sondern sich hie und da auch mal drehten, herum robbten oder sich sogar die Nase kratzten. Fast hätten wir die Fähre verpasst! Wir schafften es in letzter Minute. Da die Sonne schien, der Wind nachgelassen hatte, stieg ich auch erstmals während der Fahrt aus dem Auto und fotografierte die Fährfahrt.
Im Tesco kauften wir ein, dann machten wir uns auf Richtung Norden. Wir hatten uns für 16:00 Uhr mit den Caretaker Michael verabredet, dann würden wir erstmals „unseren“ zweiten Leuchtturm sehen! Ich war sehr neugierig darauf. Dei Fahrt war angenehm, jetzt sahen wir neue Landschaften. Bei der Landenge Mavis Grind, nur 33 m breit, kann man auf der einen Seite die Nordsee, auf der anderen den Atlantik sehen! Das ist die einzige Stelle in England, wo man an der Nordsee stehend einen Stein in den Atlantik werfen kann, vorausgesetzt, man kann gut werfen! Wir werden das mal versuchen. 33 m sind dafür dann schon relativ viel.
Stacks von Stenness
In Stenness liefen wir an den Strand, suchten im Strandgut herum und fotografierten die Stacks vor der Küste. Michael, der den Leuchtturm in Eshaness betreut, begrüßte uns und zeigte uns erklärend herum. Auch hier wieder viel Platz, drei schöne Schlafzimmer und ein gemütliches Wohnzimmer. Fantastisch. Die fotogensten Klippen liegen direkt vor der Tür. Michael meinte, es wäre wohl sein größter Fehler gewesen, den Leuchtturm zu verkaufen. Er hätte 12 Jahre darin gewohnt, damals sei es aber noch sehr kalt gewesen. Wir lachten später, als wir in einer Schublade in der Küche sechs Bettflaschen fanden!
In den letzten Tagen hatte ich auf meinem Kindle das Buch von Shona Krauskopf „The last Lighthouse“ gelesen. Dort beschreibt eine Amerikanerin die Suche nach einem schottischen Leuchtturm. Über viele Jahre hatte sie mit ihrem Mann versucht einen Leuchtturm zu kaufen, den letzte Leuchtturm, nämlich der in Eshaness, ersteigerten sie schießlich. Sie hat den Leuchtturm vor ca. sechs Jahren wieder verkauft, besucht Schottland und „ihren“ Leuchtturm, doch jedes jahr einen Monat lang.
Auf dem Parkplatz standen zwei Wohnmobile, ein toller Übernachtungsplatz. Mit einem älteren Herrn fing ich ein Gespräch an, seine Schwester hätte Probleme damit ihre Kamerabatterien zu laden. Ich bot an, sie im Haus einzustecken. Das nahm sie dankbar an. Wir liefen los um zu fotografieren. Nachts könnte es laut Vorhersage Nordlicht geben, und darauf wollte ich mich vorbereiten. Mit unserem Womonachbarn verabredeten wir uns für den Abend, wir könnten ja gemeinsam fotografieren. Leider hingen Wolken am Horizont, den Kometen würden wir also schon mal nicht auf ein Foto bannen können. Schade!
Es zeigte sich kein Nordlicht. In der Nacht war es sehr kalt, ich lief mit meinem Norwegeranzug draußen herum und fror trotzdem noch. So setzten wir uns auf einen Tee drinnen zusammen, erzählten und schauten Fotos an. Ein insgesamt sehr netter Abend.
Wir widmeten den ganzen Tag unserer Insel Bressay. Warum immer so viel fahren? Auf der kleinen Insel ist es abwechslungsreich und traumhaft schön.
Eine Robbe schwimmt im alten Hafen
Frierend auf den Felsen stehend begrüßte ich früh morgens allein die Robbe im alten Hafen. Jetzt war mir auch klar, warum die sich so viel Fett angefuttert hat. Ich wollte mich gerade nicht im Wasser tummeln, der Robbe machte es anscheinend Freude. Gegen 9:00 liefen wir im Sonnenschein alle zusammen den Berg hinauf zum Vogelfelsen und dann weiter, wieder hinunter entlang der Küste. Ein Wanderpfad führt bis zum Hafen nach Noss, vier Stunden soll man dafür einplanen. Leider haben wir keine Möglichkeit, von Noss wieder zum Leuchtturm zu kommen, also war es nicht sinnvoll, die ganze Strecke zu wandern. Wir wurden alsbald von einem üblen Schafgatter aufgehalten, das Problem war gelöst. Es war so fest verknotet und verschlossen, dass wir das als Hinweis deuteten, dieses Schafsweide unbetreten zu lassen. Am Zaun entlang kamen wir nur bis zum nächsten Gatter und was lag da denn am Boden? Ein Exschaf! Fell und saubere Knochen.
Bressay Lighthouse, Shetland
Schafskelett
Praktischer Biologieunterricht und ganz spontan! Wir verglichen die Wirbel mit denen, die wir vor einigen Tagen auf Great Bernera gefunden hatten. Wesentlich kleiner waren sie. Ob das doch keine Robbe war, die wir damals eingepackt hatten? (davon hatte ich noch gar nicht berichtet, was? Hole ich dann nach!)
Vor allem der Schädel war interessant. Wir bauten das obere Schädelteil und die Unterkiefer zusammen, drapierten es auf der Mauer und fotografierten das grinsende, ehemalige Schaf. Dann steckten wir die drei Teile in den Fotorucksack! Das Schaf reist mit nach Deutschland!
Exschaft auf der Mauer, Shetland
Making of „Schafschädel“
Carpe Diem
Windig müde breiteten wir das Mittagessen. Ich hibbelte schon wieder rum, raus will ich! Manchmal komme ich mir vor wie so ein kleiner, verspielter, neugieriger Hund, der immer um die Familie kreist. Ich laufe dahin und zurück und dann in die andere Richtung und zurück. Ich verbringe jede Minute des Tages mit Tageslicht draußen am Meer! Schaue über die Wellen, beobachte die Vögel und Robben und fotografiere.
Wir zogen schließlich mit dem Wagen los um die Insel genauer zu erkunden. Es scheint wilde Shetland Ponies zu geben, wir suchten, hielten Ausschau, fanden sie nicht. Einige vielversprechende Straßen endeten auf den Schrottplätzen der Farmen. Parken konnten wir an einigen Stellen, die wir gern angesehen hätten, nicht.
Beim Bootsanleger zur Insel Noss soll es öfters Wale und Delfine zu sehen geben. Wir parkten und Esra und ich liefen hinunter. Die anderen zogen es vor, mit dem Fernglas im windgeschützten Auto das Meer ab zu suchen. Mir gefiel die Gegend ausgesprochen gut. Das Meer war wild, die Küste abwechslungsreich, die Wellen knallten auf die Felsen. Es lag zwar viel Müll am Strand, viele potenzielle Flaschenpostflaschen, aber sie waren alle leer! Vor kurzem wurde vor Shetland von einem Fischerboot die älteste je gefundene Flaschenpost an Land gezogen. Ich muß nochmal nachlesen, wie alt sie war (schwierig mit dem langsamen Internet!) Vielleicht hat jemand Lust mal zu googln?
Typische Mauer und Landschaft, Bressay
Meerestimmung, Bressay, Shetland
Mit dem Seemann im Gespräch
Die Bressay Sund Fähre und Lerwick
Wir trafen einen älteren Mann in der typischen gelben und orangen Fischermannsölkeidung. Winddicht und daher warm! Sollten wir auch jetzt drüber ziehen, denn der Wind kühlt mächtig aus.
Der ehemalige Seemann war ein echter Bressay Insulaner, hier aufgewachsen und zur Schule gegangen, dann zur See gefahren. Er war voller Geschichten von fernen Ländern, wir interessierten uns aber besonders für diese kleine Insel. Ja, das Leben wäre früher hart gewesen. Als fünfjähriger hätte er jeden Tag die zwei Meilen zur Schule laufen müssen. Im winterlichen Shetland Wetter eine Herausforderung für kleine Kinder. Wenn man bedenkt, dass es ihm über 60 Jahre später noch so im Gedächtnis hängt. Die weiterführende Schule in Lerwick war dann ein Internat, die Strecke mit der Fähre, die bis in die 70er Jahre wesentlich kleiner gewesen war, und der Fußweg wären zu viel gewesen. Wenn man bedenkt, wie einfach und schnell das heute geht. „Wenn man Monate lang auf See ist, kann man die Landschaft hier sehr bewußt genießen!“ meinte unser Gesprächspartner gerade. Vielleicht ist das der Grund, warum ich Inseln so mag! Die Freiheit, die Weite, die frische Luft,nach einer anstrengenden Fährfahrt mit all den Einschränkungen, vor allem bezüglich der Atemluft, man nimmt sie intensiver wahr!
„Wale habe ich hier nur ein einziges Mal in den 72 Jahren meines Lebens gesehen! Das wird überbewertet.“ Wir hielten trotzdem Ausschau, Glück gehört ja auch dazu.
Auf der Suche nach einem alten Friedhof landeten wir versehentlich auf einem seltsamen, gerümpeligen Bauernhof. Zahlreiche Hühner liefen umher, mitten in den herumliegenden Farmutensilien. Die Häuser sahen sehr trist aus. Würde ich hier wohnen, ich hätte Angst in der Nacht! Schließlich stolperten wir auch über den Friedhof, mit Blick auf das Meer und dicken Regenwolken.
Es zog sich zu, Regen fiel theatralisch herab, nee, fotogen vom Himmel! Wir betrachteten die Fähre aus der Ferne, Lerwick im Hintergrund – es sah klasse aus! Ich schlich noch etwas um den Leuchtturm herum, aber von Horizont zu Horizont war es tief blau, schwere Regenwolken verzierten den Himmel, die Wellen ruhten sich aus und es wurde schnell dunkel. Unsere Nachbarn, die wohl im Leuchturm wohnen um absolute Ruhe zu haben – sie reden kaum mit uns – parkten den Wagen. Ich lief sockig raus um zu fragen, ob unser Bus so gut stehen würde und sie genug Platz hätten. Da sah ich den Himmel! Himmel Hergott! Kann man hier nicht mal die Füße hochlegen! Ich drechte um, meinte schnell, ich muß wohl nochmal raus, schnappte die Kamera, das Stativ, vergass aber Handschuhe und Mütze und los, wieder den Berg hoch. Der Himmel schien rot, knallrot! Kitschig rot! Das muss ich doch aufnehmen, hätte ich wenigstens an die Handschuhe gedacht, aua! Na, das bläst ja eh nur der Wind durch! Ich hielt aus, Gunter stand unten im T-Shirt und fotografierte, er huschte aber bald wieder in die warme Stube!
Bressay Lighthouse, Shetland
Nachtaufnahmen machen oder nicht?
Die Chancen auf Nordlicht waren gut. Der Schweinehund in uns wollte einen Tee trinken, oder besser noch Whisky zum Aufwärmen. Ich schaffte es Gunter zu überreden, allein war es mir auf den steilen Klippen nicht wohl. Wir fotografierten nochmal eine ganze Weile, aber der Himmel blieb dunkel, es waren auch kaum Sterne am Himmel, ein feiner Nebelschleier lag über uns.
Jetzt hatten wir eine ca. 230 km lange Fahrt nach Pennan vor uns. Anfangs ging es sehr schnell, die Straßen waren frei, das Wetter trüb. Keine Fotostopps waren nötig. Nach Inverness ging die Fahrt sehr langsam voran, jetzt häuften sich die Kreisel, die Autos auf der Straße und es war dunkel. Je näher wir gen Pennan kamen, desto steiler und enger wurden die Straßen. Die Straßen waren matschig, es muss viel geregnet haben in der letzten Zeit. Vor der Abfahrt nach hinunter Pennan hatte ich etwas Angst, sie ist steil, wir sind sie schon gelaufen. Im Auto sitzend kam es uns noch steiler vor. Ich rate niemandem dieses Stück mit dem Wohnmobil zu fahren. Es standen zwar nur 14 % an, doch wir sind uns einig, es sind mehr. UND die Straße ist kurvig und eng. Wir schafften das, fanden schnell unser Cottage und den versteckten Schlüssel. Auf Inseln warten die Häuser einfach offen auf die Mieter, auf dem Festland ist alles verschlossen.
Pennan
Ferienhäuschen in Pennan
Das Häuschen lag nur 20 m vom Meer entfernt, und hatte doch absolut keine Sicht auf das Meer! Erstaunlich. Pennan besteht nur aus zwei Häuserreihen, wir waren in der zweiten Reihe.
Wir hatten drei Zimmer, die übereinander lagen, also viele Treppen, die historisch eng und ungleich waren. Stolperfallen, wir nutzten immer die Handläufe zur Sicherheit. Kalt war es auch noch im Haus. Es dauerte sehr lange, bis es angenehm war. Glücklicherweise haben wir Bettflaschen dabei, ohne die wäre es sehr unangenehm gewesen.
Der Geruch von Pennan
Ich zog abends natürlich durch die Gasse! Es gibt ja nur eine! Dunkel lag das Meer vor mir, der angespülte Tang roch meerig, Gischt und Regen und der Duft nach Torffeuer lagen in der Luft. Hier hält sich der Geruch heißer Bremsen beständig, selbst im starken Wind des Meeres. Dauernd kommt Nachschub. Das Pennan Inn, ein Restaurant und Pub, hatte geöffnet. Mit Esra trank ich einen Whisky. Lecker. Es war so heiß im Pub, dass ich alles so nach und nach auszog, was noch vertretbar war. Als ich mich ohne negativ aufzufallen, keiner weiteren Kleidung entledigen konnte, der Schweiß immer noch meinen müden Körper hinunterrann, beschlossen wir zu gehen. Fast fiebrig erreichte ich das nur 100 m entfernte Cottage, jetzt war wieder frieren angesagt.
Die Telefonzelle aus dem Film Local Hero
Vor einigen Jahren hatten wir zusammen mit unseren schwedischen Freunden „Local Hero“ geschaut. Hier in diesem Ort wurde der sehenswerte Film gedreht. Vor allem ich hatte große Lust, diesen jetzt an historischer Stelle anzusehen. Da wir Fernsehtechnisch nicht versiert sind, tat ich mich schwer mit diesem neuen Gerät. Es war ein Flachbildschirm, einen DVD Player gab es nicht, aber es lagen DVD’s herum. Es müsste also funktionieren?! Nur wie?
Hinten am Bildschirm gab es einen Schlitz, dort musste die Filmscheibe hinein. Leider lief die gebrannte Version nur ohne Ton, wie schade! Wer von Euch kennt denn den Film?
Blick zur Vogelkolonie
Basstölpel
Leuchtturm in Buckie
Crowie
Crowie
Rockpools in Pennan
Nachtleben von Pennan
Aussicht
Gardenstown, noch so ein steiler Ort
Holzboot
Crowie
Klippen bei Troup Head
Rockpools in Pennan
Früh morgens schien die Sonne! Kaum ein Lichtstrahl fand den Weg durch die kleinen Fenster. Der Blick hinaus zeigte uns nur die gegenüberliegende Hauswand. Die Scheiben waren völlig salzverkrustet, was das Bild stark verschwommen zeigte. Ich sprang raus, hinaus ans Meer, nur ein paar Schritte vor der Tür! Genial! Am Ende des Ortes gibt es zahlreiche, und ganz besonders schöne Gezeitenbecken. Rockpools – so heißt auch unser Cottage! Große, farbig perfekt gemischte Kiesel liegen in den Becken, zahlreiche Lebewesen tummeln sich dort. Für Unterwasseraufnahmen ist es viel zu kalt, ich kam nicht mal in Versuchung!
Schade, wir haben den Sturm knapp verpasst
Die Fotografie war schwierig, grelle Sonne hinter den Bergen, dunkel Felsen im Vordergrund, die Kamera schaffte diesen Kontrast kaum. Ich war allein, niemand kam aus den Häusern. Es leben nur etwa 10 Leute im Ort, die meisten der Häuser sind Ferienunterkünfte. Der Ort wirkte trotzdem nicht ausgestorben, hie und da parkte ein Auto, Rauch stieg aus den Schornsteinen. Hundebesitzer führten später ihre Vierbeiner aus. So kam ich auch wieder ins Gespräch mit einer Anwohnerin. Gerade gestern gab es richtig große Wellen hier. Dann spritzt das Wasser die Hafenmauer hoch bis zu den Häusern. Schade, dass Ihr das verpasst habt. Der Gezeitenkoeffizient ist gerade sehr hoch, d.h. das Wasser steht bei Flut höher als sonst. Dazu kam starker Wind aus Norden und schon knallen die Wellen! Das erklärt auch die verschwommene Sicht durch unsere Fenster, auch in der zweiten Reihe.
Küstenort Crowie
Wir zogen los, das Wetter war gut für einen Fotoausflug. Wir begannen mit Crowie, einem historischen Fischerort ähnlich wie Pennan. Crowie ist das besterhaltene Fischerdorf Europas. Der Ort ist mit dem Auto nicht erreichbar, auf der Höhe gibt es einen Parkplatz, den wir nutzten. Gunter und Esra mühten sich mit dem Internet Stick ab, es funktionierte nicht. In Pennan gibt es keinen Mobilfunk, also konnten wir das im Haus nicht testen. Ich lief mit Amy und Noah runter und fotografierte. Was für ein interessanter Ort. Die beiden Internetchecker kamen nach, sie waren nicht erfolgreich gewesen. Der USB Stick verweigerte den Internetzugriff. Nach den Wochen des problemlosen surfens auch ein Erlebnis. Man hat mehr Zeit, die Gegend zu erkunden!
In Buckie schauten wir nach Flaschenpost, dort hatte ich im Sommer eine gefunden. Doch heute gab es nichts, auch gut, es war fast kein Müll am Strand. Dafür stand ein Imbisswagen, fettige Pommesgerüche in den Wind absondernd. Verlockend, das Frühstück lag bereits eine Weile hinter uns, die frische, kalte Luft hatte wieder für Hunger gesorgt.
Vogelkolonie in Troup Head
Einige Naturfotografen hatten wegen der Papageitaucher und Basstölpel Troup Head empfohlen. Wir waren damals nicht sicher gewesen, wie wir mit Wohnmobil die steilen Straßen bewältigen würden. Mit dem VW T4 Synchro trauten wir uns alles. Auch die 20 % Steigungen macht der mit links! Wir landeten im Matsch, auf holprigen Feldwegen, fanden schließlich nach ein paar Sackgassen die auf Farmen endeten, auf eine Parkplatz, der einer riesigen Pfütze glich. Wir quatschten durch den Matsch los, liefen dahin, wo die Vögel am lautesten waren. Die Pfeile hatten in die andere Richtung gezeigt. Wären wir ihnen doch besser gefolgt. Ich weiss, dass die Puffins erst im Mai kommen würden. Jetzt vertreiben die ihre Zeit noch auf dem Meer. Plötzlich sah ich einen Basstölpel über das Meer gleiten! Ah, die sind doch schon da! Genial. Wir liefen zur Kolonie und tatsächlich gab es hier ein sehr geschäftiges Kommen und Gehen. Wir genossen im eiskalten Wind das Spektakel. Noch von der anstrengenden Wanderung durch unwegsames Gelände verschwitzt, blies der Wind unangenehm auf die feuchte Haut.
Wie genial muss das später im Frühling sein, wenn noch die anderen Seevögel da sind? Oben auf der Klippe sahen wir die Puffinhöhlen. Hier muss man sehr nah an die fotogenen Vögel herankommen können! Da muss ich unbedingt nochmal im Frühjahr und Sommer her!
Wir liesen den Abend mit dem Herunterladen der Fotos ausklingen. Ich schrieb keinen Bericht, war zu müde.
Am nächsten Tag regnete es nur, wir waren zwar unterwegs, im Supermarkt und in Fraserburgh, doch fotografieren konnten wir nicht, denn der ständige Nieselregen sammelte sich auf den Linsen der Kameras.
Ich war natürlich trotzdem ständig am Meer unterwegs, morgens und abends und zwischendrin. Wir waren doch neugierig auf mails und ich wollte den Bericht nicht ganz hängen lassen, so fragten wir im Pub, ob es da Internet gäbe. Gab’s! Esra chattete mit der Freundin, ich lud drei Berichte hoch.
Ja, und dann war bereits wieder Packen angesagt, weiter geht’s Richtung Shetland!
https://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2013/03/pennan-4351.jpg467700Gabihttps://www.5reicherts.com/wp-content/uploads/2021/03/Leuchtturm-o.pngGabi2013-03-19 12:02:052021-12-03 15:43:49Wie riecht Pennan? Und warum ist die Telefonzelle so berühmt?
Premiere: unser erstes eBook (und es wird nicht das letzte sein):
Bretagne – Meeresliebhaber im Glück
Ebook Bretagne
Vor einiger Zeit erschien ein ähnlicher Artikel im Magazin „Terra“. Diesen haben wir erweitert , ausgiebig mit Fotos versehen, eine Übersicht der schönsten bretonischen Leuchttürme zusammengestellt und als pdf für Euch in unserem Downloadbereich abgelegt. Klickt auf das Titelblatt, dann kommt Ihr direkt zum eBook!
Wir freuen uns sehr über Rückmeldungen und Anregungen!
Jetzt waren wir schon auf Usedom, da waren wir auch neugierig, wie der Leuchtturm in Polen aussehen würde. So fuhren wir kurzerhand über die Grenze. Und, in Polen waren wir bisher auch noch nie gewesen. Ein neues Land auf unserer Reiseliste, auch, wenn wir nur ein paar Stunden verweilten. Wir werden dieses Land jedoch bald wieder und auch mal länger besuchen. Wir liefen entlang des Strandes, der sah aus, wie auf der deutschen Seite. Ob die Möwen sich was draus machen, wo sie gerade sind? Ist schon komisch – Grenzen – von Menschen gemachte Barrieren. Wir schlenderten noch durch diesen Grenzmarkt. Das war auch mal ein Erlebnis. Diese Unmenge an kleinen Büdchen. Viel Plastikkram und jede Bude hatte das gleiche Angebot. Und Jack Wolfskin Jacken – nein, keine Hosen – in den unmöglichsten Farben. Dummerweise habe ich da die Kamera nicht mitgenommen, das hätte ich Euch mal zeigen müssen, mal was anderes als immer nur Strand.
Aber den Leuchtturm, den habe ich aufgenommen. Besser als gar kein polnisches Foto, oder?
Leuchturm in Swinemünde, Polen, Ostsee
mir gefiel ja diese Mole zum Leuchtturm, Swinemünde, Polen