Das Cap Sizun und Audierne
Wir sind seit ein paar Tagen am Cap Sizun. Wir wechseln zwar ständig den Übernachtungsplatz, bleiben aber zwischen Audierne und dem Pointe du Van.
Diese Region ist ein großer Kontrast zur Nordküste der Bretagne, von der wir uns zuvor kaum lösen konnten. Hier wechseln sich gewaltige, grandiose Steilküsten mit Sandstränden und kleinen Küstenorten ab. Für unser PS-schwaches Mobil sind die zum Teil engen und steilen Straßen eine Herausforderung. Nun, eher für mich als Fahrerin, ich habe da immer meine Bedenken. Aber bisher haben wir es überall hinauf und hinunter geschafft.
Der Stellplatz in Audierne liegt direkt am Fluß Goyen, fußläufig sind wir in wenigen Minuten in der Stadt. Zum Leuchtturm an der Hafenmole sind es zwei Kilometer, zum Fähranleger zur Ile de Sein noch ein gutes Stück weiter. Da nehmen wir dann lieber das Fahrrad.
Pointe de Brezellec
Wir kennen die Region natürlich von früheren Reisen und suchen nun die Ecken, die wir bisher nicht erkundet haben. Am Pointe Brezellec, ein paar Kilometer östlich vom Pointe du Van, stehen wir mit dem Wohnmobil direkt auf der Klippenspitze. Das Wetter ist biestig stürmisch und kalt. Lange Wanderungen sind anstrengend. Trotzdem sind wir zu den besten Zeiten immer an der Steilküste unterwegs. Überall blüht es zwischen den Felsen auf der kargen Erde. Darunter strahlt uns das Meer blau und türkis an, als könnte es kein Wässerchen trüben. Basstölpel schießen zum Beutefang immer wieder hinab ins Wasser. Die kommen sicher von den Sept Iles hier her zum Essen. Felsen türmen sich zu Kunstwerken auf, hinter jeder Biegung lauern neue Aussichten.
Unser Wohnmobil-Nachbar raucht bei geöffnetem Fenster eine Zigarette nach der anderen. Ich grüße freundlich und wir kommen ins Gespräch. Durch Rucksack und Stativ bin ich unverkennbar Fotografin – darauf werde ich sehr oft angesprochen. Wir sind trotz Sprachbarriere schnell in ein philosophisches Gespräch vertieft. Unser Nachbar liebt die Natur, er angelt leidenschaftlich, ich erfreue mich an der Natur und fange sie durch die Kamera ein. Wir beide lieben die Bretagne. Das verbindet uns. Wir tauschen unser kleines Bretagne Buch gegen fünf Makrelen. Diese kurzen Gespräche mit Menschen aus der Region genieße ich ganz besonders.
Facebook Freunde treffen
In Plouhinec treffen wir Facebook-Freunde. Es schon interessant. Über Jahre hinweg sehe ich fast jeden Tag die Fotos von Ursula und Matthias. Jetzt treffen wir uns in der legendären Bar Buvette in Pors Théolen. Fredi, Ursulas Mann kommt aus Bingen, die Welt ich echt klein. Als wir gerade beim zweiten Wein sind, kommt zufällig Matthias mit Frau und Hund und schnell photophilosophieren wir.
In den nächsten Tagen trinken wir bei Matthias und Judy einen Kaffee und wir dürfen in einem warmen Badezimmer duschen. Mit einen grandiosen Ausblick noch dazu. Für Wohnmobil Reisende ist eine Dusche in einem Haus immer ein Vergnügen.
Bei Ursula und Ferdi probieren wir Langustinos, die nach der Pfiemelei ziemlich gut schmecken. Um satt zu werden, halte ich mich dann doch lieber an Fisch. An diesem Abend treffen wir auch Mareike, die mit ihren drei Hunden in der Bretagne unterwegs ist.
In Zukunft werde ich zu den in Facebook geteilten Fotos die Leute kennen. Solche Facebook Gruppen sind schon toll, wenn sie Menschen auch im richtigen Leben zusammenbringen.
Nur seltsamerweise habe ich bei diesen Treffen gar keine Fotos gemacht und kann jetzt auch nichts zeigen.
Nebelstimmungen fotografieren
Wir flüchten abends relativ spät vor dem Nebel am Pointe du Van nach Audierne. Wenn der Nebel kommt, ist es so biestig feuchtkalt, das wird uns im Wohnmobil schnell unangenehm. Wir möchten nachts nicht die Heizung laufen lassen. Als wir die Straße von Esquibien zum Stellplatz fahren, fällt uns eine gewaltige Zypresse auf dem Hügel auf. Sie thront richtig über der Stadt. Sie muss sehr alt sein. In Audierne bleibt uns nicht viel Zeit. Wir laufen die etwa zwei Kilometer zum Leuchtturm und erleben einen Sonnenuntergang, der zwar nicht spektakulär ist, aber nach drei, vier Tagen regnerischem Wetter das Herz erfreut. Der Nebel kriecht nun auch hier über die Hügel in die Stadt. Es wird dunkel, als wir gerade an einigen verlassenen im Verfall befindlichen Häuser vorbeilaufen. Irgendwie gruselig mit dem Nebel, vor allem, weil Gunter, der gern Krimis liest, von Jack the Ripper zu reden anfängt. Die Lichter in der Stadt und im Hafen wirken gespenstisch wunderschön. Wir haben das Stativ natürlich dabei und der Rückweg dauert wegen der Fotostopps genauso lang wie der Hinweg. Der Nebel im Hafen von Audierne ist ein wunderbares Fotomotiv. Über diese Fotos freue ich mich später am meisten.
Samstag ist Markttag in Audierne. Es ist windstill und ich bin schon vor Sonnenaufgang unterwegs. Diese Ruhe auf dem Wasser und im Hafen. Die Marktstände werden gerade aufgebaut. Ich laufe durch die engen Gassen zu den Kirchen und fotografiere im morgendlichen Dunst. Auf dem Markt treffe ich Ursula und später gehen Gunter und ich nochmal gemeinsam los. Diese Zypresse hat es uns angetan. Ob wir sie auf dem Hügel finden?
Monterey Zypresse in Audierne
Ja klar, sie ist der größte Baum in der Region und wir sind schnell da. Und was für ein Glück. Die Haus- und Gartenbesitzer machen sich gerade auf den Weg zum Markt und wir laufen uns über den Weg. Sie bemerken unsere ehrfürchtigen Blicke und wir kommen ins Gespräch. Die Zypresse ist 100 Jahre alt und diente den Fischern als Landmark zur Navigation. Ein Leuchtturm-Baum sozusagen. Es ist eine von drei Montrerey-Zypressen dieses Alters am Cap Sizun. Der Baum ist 25 Meter hoch und hat etwa sechs Meter Umfang.
Während der Winterstürme mache ihm der Baum schon manchmal aus Angst. Er zeigt auf die Äste, die ein Profi abgeschnitten hat. Sie sehen aus, wie gefällte Bäume und haben einen eindrucksvollen Durchmesser.
Die Besitzer scheinen sich genauso über das Treffen zu freuen wie wir. Als wir schon eine Weile gesprochen hatten, fragt mich die Frau so wie im geheimen Vertrauen: „Möchtest du den Baum einmal anfassen?“ Ja, aber natürlich würde ich mir den Baum gerne genauer anschauen und ihn anfassen. Umarmen geht bei dieser Größe nicht. Wir dürfen den Garten besichtigen und den Baum berühren. Als wir unter der Zypresse stehen und den enormen Stamm nach oben schauen spüren wir die Kraft und erleben auch ein Gefühl von Zeit. Der Garten der beiden würde unseren Kids gefallen. Überall blüht es im eher unaufgeräumten, nicht gemähten Gras. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf etwas treten. Diese kurze spontane Begegnung hat uns riesig gefreut.
Hier noch ein paar Infos zu den Monterey Zypressen:
Die Monterey-Zypresse, auf lateinisch Cupressus macrocarpa var. lambertiana ist die größte der kalifornischen Zypressenarten. Du kennst vielleicht die Fotos von der Lone Cypress am 17-Mile-Drive bei Carmel, das ist die berühmteste ihrer Art.
Die Monterey-Zypresse ist ein immergrüner Baum mit ausladender schirmartiger Krone. Wild wird der Baum 20 bis 25 Meter hoch, mit einem Stammdurchmesser von gut einem Meter. In „Gefangenschaft“ unter Idealbedingungen kann sie allerdings Wuchshöhen von bis zu 34 Metern erreichen, mit einem Durchmesser von über drei Metern. Unser Exemplar in Audierne hat es noch nicht ganz so hoch geschafft, das kann aber noch werden. Ein Problem bei stürmischem Wetter sind ältere Äste. Die neigen zum Abbrechen und sollten regelmäßig entfernt werden. Das macht der Zypresse nichts aus, sie ist sehr wachstumsfreudig.
Natürliche Vorkommen gibt es fast keine mehr, den größten Bestand gibt es im kalifornischen Point Lobos State Park. Glücklicherweise hat die Monterey-Zypresse als Zierbaum ihren Weg weltweit in Gärten und Parks gefunden.
Die Monterey-Zypresse mag feuchtes Meeresklima und kühle Sommer. In wärmeren Gebieten ist sie extrem krankheitsanfällig.